Pressemitteilung #16 vom 08.07.2017
Im Anschluss an den Aktionstag gegen den G20-Gipfel am 7. Juli und die polizeiliche Räumung des Schanzenviertels durchsuchte das LKA Hamburg am 8. Juli das Internationale Zentrum B5 in der Brigittenstraße 5 in St. Pauli. Um 10:45 Uhr stürmten Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten in das Vereinslokal und stürzten sich auf die anwesenden Personen. Ohne Nennung von Gründen wurden die Anwesenden gefesselt und die Räumlichkeiten des Vereins sowie zwei Privatwohnungen im selben Gebäude durchsucht. Auch die Kellerräume des angrenzenden Kinos B-Movie und der Einkaufsgemeinschaft FoodCoop wurden durchwühlt. Bei den Durchsuchungen wurden zwei Personen verletzt, eine Ärztin wurde nicht zu ihnen durchgelassen. Die Razzia wurde vom Landeskriminalamt Hamburg nach Hinweisen des Landesamtes für Verfassungsschutz durchgeführt. Angeblich sollten sich Molotowcocktails in den Räumen befinden, was sich als haltlose Diffamierung erwies.
In der Nacht auf den 8. Juli veröffentlichte die Hamburger Polizei ein „Hinweisportal“ mit dem Aufruf, vermeintlich belastendes Foto- und Video-Material der Proteste hochzuladen. Einen halben Tag nach der Veröffentlichung jubilierte sie, dass „bisher über 1000 Dateien eingegangen“ seien. Durch ihren Aufruf zu Denunziation und Verrat provozierte die Polizei eine private „Online-Hetzjagd“, von der sie sich anschließend scheinheilig distanzierte.
Am 8. Juli fand in Hamburg die Großdemonstration „Grenzenlose Solidarität statt G20“ eines großen linken Bündnisses statt. Die Polizei kontrollierte Teilnehmer*innen bereits während der Anreise zum Kundgebungstreffpunkt. So leitete die Polizei einen Bus der Falken aus Nordrhein-Westfalen direkt in die Gefangenensammelstelle nach Harburg um und stellte dort die Personalien aller Insass*innen fest. Im Camp Altona wollte die Polizei am Morgen Zelt- und Personenkontrollen durchführen, was jedoch durch Vermittlung der Rechtsanwält*innen verhindert werden konnte. Während der Demo kam es zu mehreren Polizeieinsätzen gegen Teilnehmer*innen der Kundgebung. Eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit zog gezielt Hamburger Aktivist*innen aus der Demo.
Im gesamten Stadtgebiet Hamburg sucht die Polizei insbesondere in Hostels und an Bahnhöfen nach internationalen Aktivist*innen. Berichtet wurden insbesondere Fahndungen nach italienischen und französischen Demonstrant*innen, auch nach kurdischen Fahnen wird gesucht. Bereits während der Großkundgebung wurden 15 Italiener*innen festgenommen, darunter eine Europa-Parlamentarierin.
Gegen 15 Personen wurden nach Kenntnis des G20 EA Haftbefehle erlassen, 28 befinden sich in Unterbindungsgewahrsam. Ein Teil der Gefangenen wurde in die JVA Billwerder und die JVA Hanöversand verlegt. Trotz der vorhandenen Kapazität werden Zellen in der Gefangenensammelstelle in Harburg ohne Not überbelegt. So wurden einzelne Zellen mit acht statt mit den vorgesehen fünf Personen belegt. In den Zellen herrschten Temperaturen von über 35 Grad. Entgegen vorheriger Ankündigung gab es für die Gefangenen keine klimatisierten Zellen. Gefangene berichten, dass sie über 24 Stunden lediglich zwei Knäckebrote zu essen bekamen.
Am Sonntag, den 9. Juli, findet um 12 Uhr eine Demonstration zur Gefangenensammelstelle in Harburg statt. Der G20 EA wird auch in den kommenden Tagen Inhaftierte und von sonstiger Repression Betroffene unterstützen.
https://g20ea.blackblogs.org/2017/07/08/razzien-und-festnahmen-zum-ende-...
Bisherige Pressemitteilungen des G20 EA
20.06.2017 #1 G20 EA kritisiert Aussetzung der Versammlungsfreiheit während des G20-Gipfels
21.06.2017 #2 G20 EA missbilligt Polizeipläne für Gefangenensammelstelle
23.06.2017 #3 G20 EA fordert Abschaffung der Grenzkontrollen
30.06.2017 #5 Hausdurchsuchungen in linkem Zentrum und in zwei Privatwohnungen in Hamburg
02.07.2017 #6 G20-Protest-Camp in Entenwerder von Hamburger Polizeieinsatzleiter Dudde verboten
03.07.2017 #7 Hamburger Behörden versuchen Gipfelprotest einzuschüchtern und Infrastruktur lahmzulegen // en // fr
04.07.2017 #8 Hamburger Polizei verbreitet Propaganda und Verleumdung // en
05.07.2017 #9 Aggressiver Polizeieinsatz gegen Camps und Feiernde // en // fr // es
05.07.2017 #10 Trotz Schikane und Verspätung: ZuG20 auf dem Weg nach Hamburg! // en // fr // it // es
06.07.2017 #11 Welcome to Polizeistaat // en // fr // it
07.07.2017 #12 Polizei Hamburg: legal, illegal, scheißegal // en // fr // it
07.07.2017 #13 In Hamburg sagt man Tschüss zum Rechtstaat // en // fr // it
07.07.2017 #14 Knüppel statt Kessel, Wasserwerfer statt wegtragen, Pfefferspray statt Prozess // en // fr // it
08.07.2017 #15 Ganz Hamburg hasst die Polizei // en // fr // it
Verdeckt und aufgedeckt
Am frühen Freitagabend waren die Bullen in Winterhude (Nord-Hamburg) in einem angemieteten Europcar-Transporter mit aufgesetztem Blaulicht unterwegs. Aus der Not heraus spontan angemietet? Oder doch geplant als besonders raffinierte Tarnung? Weißer Tranpsorter, Mercedes Vito oder ein ihm ähnliches Fahrzeug:
Zum Schuss durch das Zivischwein am Freitagabend in der Schanze wurden beim Spiegel Hintergründe recherchiert, offenbar hielt der Bulle einen angegangenen Aktivbürger für einen Kollegen in Zivil: G20-Einsatz: Schuss in der Schanze. Die Twitter-Veröffentlichungen und das zurrückrudern und Umdeuten zu einem "Straßenraub" ohne Gipfelbezug werden Fragen auf.
Im Rahmen der Großdemo am Samstag war u.a. ein Zivilfahrzeug aus Ratzeburg (Kennz. "RZ") mit Blaulicht im Einsatz. Weitere Beobachtungen dieser Art könnten hier gerne geteilt werden. Einige Abteilungen werden wie geplant mit ihren Fahrzeugen angereist sein (siehe Berliner Staatsschutz, Foto unten), aber spätestens mit dem Hilfegesuch am Freitagmorgen an die Bundesländer, werden zusammen mit den Streifen (U.a. aus Bayern, Berlin, SH...) auch Zivilfahrzeuge zu Verstärkung geschickt worden sein.
Weiteres:
Zivischwein nach dem Schuss am warten: https://twitter.com/bckfschaqium/status/883383972285304837
Zivis am HBF, Samstag: https://twitter.com/HhButch/status/883739698107215872
Berliner Staatsschutz beim Beobachten der Demo am Samstag: https://twitter.com/jannis_baer/status/883392797113331716
Repression
Es ist zu erwarten, das noch mehr Repression kommen werden wird. Über alle VS Ämter hinaus bekommen alle internationalen Geheimdienste ihre Spitzelberichte bearbeiten. Diese Infos werden innerhalb der Sicherheitsorgane ausgetauscht. Die Staatsanwaltschaft hat verdeckte Ermittler*innen als Quellen. Weiter können die Staatsanwält*innen in Hamburg in aller Ruhe die Videos auf YouTube / Livestreams von RT Deutsch / Ruptly / N24 downloaden und auswerten. Mittels Handy gibt es noch digitale Spuren auszuwerten. Die werden sich jetzt Zeit lassen. Umso heftiger werden deren Gegenschläge werden.
Tausende Betroffene
Die Anzahl der von Repression betroffenen Menschen wird wohl vierstellig werden. Allein durch die ID-Aktionen bei den kollektiven Abreisen (Busse, vor allem Zug). Als wir von den repressiven Maßnahmen rund um den Hbf gelesen haben waren wir froh, schon im Regionalverkehr abgetaucht zu sein, auch wenn wir die Nacht auf einem Bahnhof verbringen mussten und die Reise noch länger dauern würde. Es war abzusehen was passiert, dennoch sind einige Personen verantwortlich für Repressionen die die Kollektivreisen betreffen. Es gab aufgrund der Maßnahmen am Hbf unzählige Übergriffe auf Menschen, die nicht einmal zum Sonderzug wollten, so wurde mindestens ein Niederländer von den Cops zusammengeschlagen. Es war in diesen Stunden sehr schwierig, aus der Stadt herauszukommen. Danke an die Zug-Orga.
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es auch Funkzellenauswertungen geben (HBF, Schanze, Pferdemarkt, Altona), also entsorgt eure SIM-Karten, wenn ihr die fatalerweise immer noch habt. Durch die vielen filmenden Menschen und selbstinszenierenden Zug-Kommies wird es eine ungeahnte Welle der Repression geben. Seid vorsichtig.
Achja, wem langweilig ist der/die kann bei der Polizei Hamburg Hinweise hochladen. Mit dieser Denunzierungskampagne wollen sie von den vielen Smartphones profitieren. Schickt ihnen via Tor-Browser Katzenvideos oder Videos von Athener Riots. Da fliegen echte, und keine halluzinierten Mollies, und Die Polizist*innen bleiben gelassen.