Wer einen Nobelpreis oder ein vergleichbares kapitalistisches Artefakt annimmt wirft sich selber auf den Müllhaufen der Geschichte. Redliche Charaktere haben derartige reaktionäre Kompromittierungen immer sofort abgelehnt. Das hat deren Verursacher dazu veranlasst ihre Auswahl auf unredliche Gestalten, juristische Personen und naive Kollaborateure einzugrenzen. Am deutlichsten zu sehen ist dies bei den „Friedenspreisen“ – die bekommen diejenigen auf die sich wahrhaft Friedfertige auf gar keinen Fall stützen sollten. Ein solcher Preis ist wie ein hässliches Markenzeichen auf einem Kleidungsstück das Kinderarbeit, Ausbeutung, Umweltvergiftung usw. signalisiert, und nur in einem Polonaisespiel getragen werden kann. Doch was wie eitler Blödsinn erscheinen mag ist tatsächlich der ätzendste Betrug. Der aufwendige Unfug beabsichtigt falsche Konturen in eine allgemeine Erwartungshaltung einzufügen um so sein unaufrichtiges Geschäft zu verlängern. Aber dazu eine verlogene Trophäe zurückzuschicken ist es erst dann zu spät wenn den letzten die Hunde beißen. Noch besser ist es freilich sie von vornherein auszuschlagen, auch wenn das wie hier ohne Bezug zum Empfänger geschieht. Vielmehr geht es um eine Verfahrensfrage die auch ohne Interesse an der Preisvergabe politisch relevant ist – wie dadurch belegt wird dass der damit verbundene Themenkomplex „zufällig“ von anderer Seite berührt wurde. Die mutmaßlichen Desinformationen zum Oktoberfest-Attentat gleichen allzu sehr einer Karikatur der Vertuschung des Kopfschusses von Bad Kleinen.
Das Vermächtnis des Gundolf Köhler ist bis heute nebelverhangen. Genaugenommen geht es um einen Konflikt zwischen drei Nazis – Helmut Schmidt, Franz-Josef Strauß und Gundolf Köhler. Die ersten beiden traten in einer Kanzlerwahl gegeneinander an, und Köhler entschied die Wahl indem er in München eine Bombe legte, aber es wurde ein unfreiwilliges Selbstmordattentat. Ab hier scheiden sich die Geister ob Köhler ein Gladio-Agent war oder eine unwillige Zielperson, die in der Bedrängnis versuchte sich systemanalytisch zu wehren. Mitversteher scheint es jedoch nicht gegeben zu haben. Ob Gundolf Köhler allein gegen die Gladio kämpfte wie in Amiland Theodor Kaczynski gegen die dortige Buchstabensuppe oder als deren verlängerter Arm agierte wie im Fall des Brabant-Massakers dürfte wohl ebenso umstritten bleiben wie bei Osama bin Laden („Elser-Oswald-Dilemma“).
Wohl deswegen haben die islamischen Basisgruppen in Spanien Köhlers Taktik der Wahlprogrammierung vor zehn Jahren spektakulär emuliert. Im Ergebnis hat Gundolf Köhler Strauß gestoppt, woraufhin Schmidt bald darauf von selbst gestolpert ist, und die Amis von ihren arabischen Komplizen den Kohl kaufen ließen. Rückblickend könnte Köhlers Tod sogar der entscheidende Beitrag dazu gewesen sein dass Strauß in den wenigen Tagen Wahlkampfschlussphase nicht das Improvisationsvermögen aufbrachte die irritierte Öffentlichkeit zu beschwichtigen, und ihm damit der knappe Wahlsieg entging. Die Geduld seiner Partei hatte er bereits zu sehr strapaziert um eine zweite Chance zu erhalten.
Neu ist dass Vergleichbares in diesem Jahr erstmals ohne Gewalt geschehen ist. An die Stelle der Bombe trat der Schneeballeffekt des Internet, ausgelöst durch ein Wahlkampfeigentor. Die Rede ist von der Personenkonstellation Juncker-Schulz-Steinmeier, wobei es wahrscheinlich erscheint dass die Auslösung des „Juncker-Schulz-Syndroms“ von Steinmeier nicht beabsichtigt gewesen war. Bekanntlich verlor Schulz die Kommissarswahl gegen Juncker weil Steinmeier in einem öffentlichen Kontrollverlust derart erbärmlich herumschrie dass sich selbst sein Steuerberater entgeistert abwandte, und damit auch von dem Kandidaten dem dieser damit einen Gefallen zu tun vermeinte.
Schulz wurde abgeschlagen weil er wie Strauß auf eine selbstzerstörerische Stoßrichtung gedrillt war, doch diesmal brauchte es dazu kein Blutvergießen. Strauß als Kanzler wäre wohl im Atomkrieg geendet, und Schulz als Kommissar wahrscheinlich auch. So gesehen ist das Brüsseler Eigentor auch ausgleichende Gerechtigkeit für völkerrechtswidrige U-Boot-Lieferungen. Wie schon bei Strauß war auch bei Schulz das Stoppen so effektiv dass die gesamte demokratische Heuchlerschar nachher mit extremer Wendehalsigkeit jeden Gedanken es anders gewollt zu haben als es dann kam vollständig verdrängte – die Orwellsche Wendung ging so weit dass sogar in England nicht mehr über Schulz gelacht werden durfte, obwohl man es noch kurz zuvor gerne getan hätte aber nicht gekonnt hat.
Doch Zweck der Köhler-Taktik ist es ja nicht eine Wahl für die eine oder andere Partei zu entscheiden, sondern den Verlust so zu verteilen dass das System insgesamt geschwächt wird. Ob die Stärkung der allgemeinen Autonomie das Ziel Köhlers war ist wohl erst nach Auflösung der Gladio-Überbleibsel (BND, MAD, etc.) archivarisch abschließend zu beurteilen. Es hat allerdings den Anschein die in der Aufarbeitung des Mordes an Wolfgang Grams unterschlagene Zeugin taucht jetzt beim Mord an Gundolf Köhler als Fälschung wieder auf. Sollte sich das bestätigen – eine zweite Explosion dürfte anderen kaum entgangen sein so es sie gab – dann wäre ihr Auftreten der Beweis für die Unschuld Köhlers – denn dann wäre seine Gewalt lediglich eine verhältnismäßig angemessene Gegenwehr gewesen um die Gladio-Agenten zu stoppen, auch wenn ihm das über ein symbolträchtiges Beispiel hinaus misslang.
Niemand weiß wie viel der ungeklärten Nazi-Gewalt auch heute noch auf das Konto der Gladio geht. Noch bevor andere sie explizit als die ihre beanspruchen ist eine Zeit genau dann interessant wenn die Haltbarkeit von Verschwörungsausreden zurückgeht. Vieles was bis gestern noch als zu abwegig galt um anklagbar zu sein ist morgen schon wissenschaftlich nachgewiesen, siehe etwa NSA-Spionage. Die Trostpreisvergabe an den ganz ohne materielle Bombe zum Wahlverlierer gemachten Straßburger Marionettenarchitekturparlamentsvorsteher Schulz könnte darauf hindeuten dass hier tatsächlich eine Collage, bzw. genaugenommen eine unverträgliche Geschichtstransplantation vorliegt. Bei der Abwägung dieses Vorwurfs mit diesem Gegenstand gilt es die besondere Pietätlosigkeit zu berücksichtigen. Aber das Zusammentreffen so vieler unwahrscheinlicher Einzelheiten deutet darauf hin dass es sich bei Madrid 2004 nicht um einen Rückschlag sondern um den Rückschlag eines Rückschlags handelte. Aus dem Dornröschenschlaf zu reißen dass das „System Strauß“ nur sehr oberflächlich besiegt worden war und ohne erkennbares Gesicht weiter schwelte vermochte der Schock von Madrid freilich nur wenige klare Köpfe, Schulz und die anderen genannten gehörten nicht dazu.
Doch von Gundolf Köhler zurück zu Karl von Aachen, welcher „der Große“ genannt wird. Zu dessen Zeit konnte im Landesinneren jeder hirnverbrannte Idiot mit Gefolge ein Walfangsouvenir als Existenzbeweis für ein Fabelwesen ausgeben, oder auch nur ein Loch in einem Felsen welches dieses angeblich hinterlassen haben soll. Denn es ist kinderleicht sich vorzustellen wie der heutige Alltag mit so einem „Großen“ wäre: Damit die Lektion nicht nach hinten losgehen kann würden ihn die Leute nicht vor einem Stratosphärenatomkrieg warnen sondern vor Sonnenstürmen, woraufhin der Atommüll in die Sonne schmeißen wollen würde anstatt aufzuhören noch mehr davon zu verursachen. In der Schule lernten wir dass Karl „der Große“ nicht lesen und schreiben konnte, und daher einen einzigartigen Farbstift besaß den nur er benutzen durfte, mit Hilfe dessen er die Urkunden die ihm seine Leute vorlegten signierte indem er ein X darunter malte. Da tat „der Große“ in seiner Soße uns ganz schön leid.
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