Wenn Spanier keine "Ware von Politikern und Bankern" mehr sind

Brutale Räumung an der Puerta del Sol

Am kommenden Sonntag sind Wahlen in Spanien und nun drängt ein zentraler Slogan auf die Straßen in den Städten im spanischen Staat: "Wählt sie nicht". Seit Sonntag skandieren das Tausende auf Demonstrationen, die schon am Sonntag in mehr als 50 Städten stattfanden. Es soll denen die Stimme verweigert werden, welche die Krise auf die einfache Bevölkerung abwälzen. Aufgerufen zu den Protesten hatte die Plattform "Wirkliche Demokratie Jetzt". Sie fordert eine "moralische Revolution" und einen Kursschwenk in der Politik. Durchbrochen werden müsse die "Parteiendiktatur" der "PPSOE". Damit wird klar, dass sich der Protest gegen die beiden großen spanischen Parteien richtet, die sich stets an der Macht in Madrid abwechseln, wobei sie sich in der Praxis, auch was Korruption angehe, nicht sonderlich unterschieden. Auf die Gewalteskalation der Polizei am Dienstag hat die Bewegung erfolgreich mit der Ausweitung der Proteste reagiert.

 

Die beiden großen Parteien halten streng am Zentralstaatsmodell fest und stehen fest zur Monarchie, die vom Diktator wieder eingesetzt wurde. Bei einer Partei, die sich "Sozialistische Arbeiterpartei" (PSOE) lässt schon das tief blicken. So können zum Beispiel die Regionen in Spanien nicht einmal wie in Deutschland über den Bundesrat Einfluss auf die Politik im zentralen Madrid ausüben. Entsprechende Reformen werden zwar von der PSOE stets versprochen, aber dann nie umgesetzt. Auch dabei unterscheidet sich die Partei, in der Realität rechte Sozialdemokraten mit einem sehr spanisch-nationalistischem Einschlag, nicht sonderlich von der konservativen Volkspartei (PP). Diese Partei müsste eigentlich als postfaschistisch bezeichnet werden, weil sich in ihr die Franquisten nach dem Ende der Diktatur gesammelt haben. Sie wurde von einem Minister der Diktatur gegründet (bis heute ihr Ehrenvorsitzender) und hat sich nie vom Putsch der Generäle und der Diktatur distanziert. Dass die PP sich populistisch in der Krise als Verteidiger sozialer Rechte aufspielt, nehmen ihr die Demonstranten jedenfalls nicht ab. 

Die neue Bewegung greift die "Ansammlung der Macht in den Händen von wenigen" an, womit "Ungleichheit, Spannung und Ungerechtigkeit erzeugt wird, die zur Gewalt führt, die wir ablehnen", heißt es im Manifest der Plattform. Am "obsoleten und unnatürlichen ökonomischen System" bereicherten sich einige wenige, während es dem Rest nur "Armut und Verzicht" biete. Dass es der Bewegung um wirkliche Veränderungen im spanischen Staat geht, zeigt auch, dass man den üblichen nationalistischen Blick ablehnt, der auch bei den Kommunisten der PCE noch verbreitet ist. Deshalb wurde das Manifest auch in den Minderheitssprachen verfasst hat, womit auch Katalanen, Basken, Galicier … anerkannt werden. Kritisiert wird, dass PPSOE die "Akkumulation von Kapital" über den "Wohlstand der Gesellschaft" stellt und dabei "Ressourcen verschwendet, den Planeten zerstört, Arbeitslosigkeit schafft und unglückliche Konsumenten" schaffe. 

Es zeigt sich, dass vor allem die Jugend im spanischen Staat beginnt aufzubegehren, die "ohne Job, ohne Wohnung, ohne Pension und ohne Angst" auf die Straßen gezogen ist. Die Demonstrationen, vor allem über die sozialen Netzwerke mobilisiert, haben deshalb mehr Menschen auf die Straßen gebracht, als die großen Gewerkschaften am 1. Mai. Hier zeigt sich deutlich, dass immer weniger Menschen - noch weniger die fünf Millionen Arbeitslosen, Rentner oder andere sozial ausgegrenzte - sich noch diesen Gewerkschaften vertreten fühlen, die vor allem eine Klientelpolitik für die Stammbelegschaften machen. Das hatte vor dem 1. Mai schon Juan Díez Nicolás, Soziologieprofessor an der Madrider Universität, festgestellt. In Spanien sind schon fast 50% aller jungen Menschen ohne Job und immer mehr Menschen verlieren ihre Wohnung, weil sie die Hypotheken nicht mehr bezahlen können.

Die spanischen Gewerkschaften, halten trotz härtester Einschnitte ins Sozialsystem, Lohn- und Rentenkürzungen weiter an der Sozialpartnerschaft. Gegen ihre Ankündigungen traten sie gegen die Anhebung des Rentenalters auf 67 nicht zum Generalstreik an, sondern nickten die Reform am runden Tisch ab. Ihre Proteste gegen die Arbeitsmarktreform, die den Kündigungsschutz praktisch beseitigte und Kündigungen noch staatlich subventioniert, wurden ausgesetzt. Damit zeigt sich, dass damit, anders als Regierung und Unternehmen stets behaupten, keine neuen Jobs geschaffen werden. 

Zur größten Demonstration kam es am Sonntag in der Hauptstadt Madrid. Hier sprach der bekannte Politologe Carlos Taibo zu den Versammelten. Er klagte das laxe Vorgehen gegen Steuerparadiese an und wies darauf hin, dass die Sozialdemokraten mitten in der Krise die Vermögenssteuer gesenkt und gleichzeitig die Mehrwertsteuer erhöht haben-  Beim Sparprogramm vor einem Jahr sollten 15 Milliarden eingespart werden, wobei allein das Auffangen einer Sparkasse dann 9 Milliarden Euro gekostet hat. Weitere Institute folgten und die zweite Sparkassenreform wird sogar mindestens weitere 20 Milliarden kosten, während Sozialleistungen geschliffen werden. Taibo wendete sich gegen die Berliner Sirenengesänge, die von der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit singen. Jeder wisse, was das bedeute: "Für die Mehrheit immer niedrigere Löhne, längere Arbeitszeiten, geringere Sozialleistungen und eine allgemeine Prekarisierung." 

Angesichts einer Regierung, die gegen alle Wahlversprechen wie keine zuvor Einschnitte ins Sozialsystem vorgenommen hat, dürften die Aufrufe der PSOE, sie als das kleinere Übel am Sonntag zu wählen, bei vielen Menschen verhallen. Zu versuchen, Angst vor der PP zu schüren, gelingt nicht mehr, schließlich hätte die PP kaum schlimmer gewütet. Allerdings wären die Proteste dann deutlich stärker ausgefallen, wie gegen deren Beteiligung am Irak-Feldzug oder gegen deren Arbeitsmarktreform, die sie nach einem Generalstreik zurücknehmen musste. Was in Katalonien Ende 2010 geschah, wo die Sozialdemokraten die Region mit dem schlechtesten Ergebnis seit dem Ende der Diktatur 1975 verloren haben, wird sich nun an vielen Orten und Regionen wiederholen. 

Dass PPSOE im Baskenland ohnehin erstmals gemeinsam als nationalistische spanische Front regieren, weil sie zuvor gemeinsam die baskische Linke über Verbote ausgeschaltet haben, macht diese PSOE-Argumentation gegen die PP noch schwächer. So scheint es verwunderlich, dass sich an den Protesten der Plattform im Baskenland kaum jemand beteiligt hat. Das liegt daran, dass hier die Lage deutlich anders ist und am Sonntag erstmals wieder eine wählbare linke Alternative besteht, nachdem das Verbot der Linkskoalition Bildu (Sammeln) vom Verfassungsgericht kassiert wurde. Hinter der Koalition stehen auch die baskischen Gewerkschaften, die sich ohnehin gegen den Sozialpakt der spanischen Gewerkschaften stellen, sich konsequent gegen die Einschnitte ins Sozialsystem wehren und dem Unmut schon in drei Generalstreiks eine kräftige Stimme gegeben haben. In den Städten und Regionen des Baskenlands, wo es ohnehin eine sehr lebendige Widerstandskultur gibt, dürfte Bildu am Sonntag bei den Kommunal- und Regionalwahlen für Überraschungen sorgen. Am Dienstag kam es auch im Baskenland zu stärkeren Protestaktionen aus Solidarität mit den Menschen in Madrid, nachdem sie in der Nacht von der Polizei angegegriffen wurden.

 

Die Geschehnisse seit Sonntag 

 

Seit Sonntag wird versucht, den zentralen Madrider Platz - La Puerta del Sol - in das Symbol des Aufstands der "Empörten" zu verwandeln. Die beziehen sich dabei auf das Buch des ehemaligen Résistance-Kämpfers Stéphane Hessel und seinem Bestseller "Indignez vous!" (Empört euch!). Nach dem grandiosen Start am Sonntag soll dieser Platz zum spanischen Tahrir-Platz gemacht werden. Damit lehnen man sich bewusst an die Revolte in Tunesien an, welche die Diktatur gestürzt hat und der Ausgangspunkt für die Proteste in Nordafrika ist, die in Griechenland schon längst angekommen sind. Sie schwappen nun über die Meerenge von Gibraltar auch auf die Iberische-Halbinsel.

"Bewegung 15-M" wird der Aufruhr in Medien schon entpolitisierend nach dem scheinbaren Entstehungsdatum (15. Mai) benannt, um den Inhalt, dass man auch in Spanien gegen ein undemokratisches System kämpft, zu verschleiern. Dabei ist es vor allem die fatale Situation im abstürzenden Spanien, welche viele Menschen empört. Dass sie wirklich keine Angst mehr haben, zeigte sich gestern. Nach dem die Nationalpolizei (unter den Protestlern wegen ihrer Härte auch "Nazis" genannt) einige Hundert Menschen am sehr frühen Dienstag brutal von der Puerta del Sol geräumt hat strömten viele tausend Menschen im Laufe des Tages wieder auf den Platz, um ihn erneut zu besetzen. Dabei beließen sie es nicht, sondern zogen auch zur Plaza de Castilla, um vor dem Gerichtsgebäude die Freilassung der 15 Festgenommenen zu erreichen. Die wurden schließlich von Hunderten unter stürmischen Applaus in Empfang genommen und zur Stadtmitte begleitet.

In der Nacht zum Mittwoch haben dann etwa 2000 Menschen auf dem zentralen Platz in der Hauptstadt übernachtet, um eine erneute Räumung zu verhindern oder vor den Kommunal- und Regionalwahlen am Sonntag den politischen Preis einer brutalen Räumung zu erhöhen. Da die Bewegung Durchhaltevermögen zeigt, wird es vor dem 22. Mai schwierig, sie wegzuprügeln, wie das im Spanien der "Zweiparteiendiktatur" der "PPSOE" durchaus üblich ist. Gegen die wollen nun viele Menschen ihre "moralische Revolution" setzen.  Die PP, die in der Hauptstadt und der Umlandregion regiert, kann ihre übliche harte Hand angesichts der massiven Proteste nicht zuschlagen lassen. Sie erinnert sich noch an 2004, als sie überraschend die Parlamentswahlen verlor. Schließlich will sie der PSOE nun eine schwere Wahlschlappe zufügen und wenn möglich vorgezogene Neuwahlen erzwingen- Da wären Bilder von Polizisten oder Guardia Civil, die auf tausende Arbeitslose einprügeln, nicht wirklich gut. Schließlich versucht sich die Partei in der Krise als deren Vertreter aufzuspielen, um die Parlamentswahlen im nächsten Jahr zu gewinnen. Die regierende PSOE kann, angesichts der Prognosen, die ihr einen schweren Absturz vorhersagen, ebenso wenig auf viele ihrer enttäuschten Ex-Wähler einprügeln lassen, weshalb der Protest gute Bedingungen zur Ausbreitung hat.

Viele der Protestler sind vor allem vom Regierungschef Zapatero enttäuscht, dem 2004 mit dem Abzug der spanischen Truppen aus dem Irak viele Sympathien zuteil wurden. Doch dann folgte ein Bruch der Wahlversprechen nach dem anderen und letztlich stürzte er dann über seine fatale Sozial- und Atompolitik. Hatte er noch vor 17 Monaten Forderungen der Unternehmer als "Angriff auf den Sozialstaat" bezeichnet, machte er 12 Monate den kopernikanischen Schwenk, warf sich den Unternehmern in die Arme, und setzte sie um, wie es auch aus Berlin von ihm gefordert wurde.

Das hat vielen die Augen geöffnet, die diesem "korrupten Zweiparteiensystem, das sie Demokratie nennen" nun eine Absage erteilen. Die gestrigen Bilder aus Madrid und von Demonstrationen in anderen Städten zeigen auch, dass es sich um keine Jugendbewegung handelt. Denn auch die Eltern, viele ebenfalls ohne Job und nicht selten keinerlei Unterstützung mehr erhalten, schließen sich den Protesten an. In 1,4 Millionen Familien sind alle Mitglieder arbeitslos. Als Gewalt des Systems wird deshalb angeprangert, dass man bestenfalls nach dem Ende des Arbeitslosengeldbezug gerade noch 400 Euro für sechs Monate erhält. Danach darf man versuchen, sich über Betteln, Schwarzarbeit oder Diebstahl über Wasser zu halten. Gewalt sei es auch, einen Mindestlohn von 624 Euro im Monat zu erhalten, wenn man überhaupt noch einen Job hat, womit man auch in Spanien nicht weit kommt. Doch fast 50% der jungen Leute haben nicht einmal einen solchen Job. Statt Banken zu stützen fordert ja, zur Stützung des Systems, inzwischen sogar die Weltbank, lieber Arbeitsplätze zu schaffen.

Auch die Kommunikationsmedien sind Ziel der Kritik, weil im spanischen Staat (außer im Baskenland, wo die Medien deshalb ständigen Angriffen ausgesetzt sind, vor allem Parteipresse zu finden ist. El País, gehört zur großen Prisa-Gruppe und damit zur PSOE. El Mundo, ABC, mit ihren Lokalblättern (Diario Vasco, El Correo… ) La Razón stehen hinter PP oder noch weiter rechts. Ähnlich sieht es auch im Bereich der privaten Radio- und Fernsehstationen aus. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird jeweils von der Partei zur Propaganda eingesetzt, die gerade den Staat oder die Region regiert. Ihnen wird auch vorgeworfen, nicht über das Beispiel Island zu sprechen, wo man sich weigert, für die Exzesse der Banken zu zahlen und Banker auch in den Knast gehen mussten. Stattdessen werden Bankenhilfen wie in Deutschland als "alternativlos" dargestellt.

Man darf angesichts des großen Unmuts in Portugal erwarten, dass sich diese Bewegung auch auf das Nachbarland ausweiten wird. Denn dort finden am 6. Juni vorgezogene Neuwahlen statt und zu ersten starken Protesten und Generalstreiks kam es ohnehin schon. Da dem Land mit der gestern verabschiedeten Nothilfe nun ein noch härterer Sparkurs aufgezwungen wird, ja sogar dem Wahlergebnis vorgegriffen wird, weil jede zukünftige Regierung ein festgeschriebener Kurs aufgezwungen werden soll, hebt den Unmut auch am westlichen Rand Europas auf eine neue Stufe. Auch dort wird nun eine enorm steigende Arbeitslosigkeit erwartet, die allerdings mit etwa 11% bisher nur halb so hoch wie in Spanien ist.

© Ralf Streck, den 18.05.2011

 

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steht ja mal gar nix drin. Warum sollte das etwas ergänzen?

Naja mehr als in der vorigen dpa Meldung die sich auf 7Zeilen beschränkte! In dieser kommen wenigstens ein paar Akteure zu Wort und wird wenigstens halbwegs beschrieben warum es diese Proteste gibt!

Wahrscheinlich wird der Platz in Madrid alsbald geräumt, denn der Wahlrat hält den Protest für eine Beeinflussung der Wahl. Das ist unglaublich und wird die Protestierenden nur darin bestätigen, sich noch deutlicher zu empören. Die Argumentation (vor allem jetzt) ist völlig absurd. Man könnte ja noch am Reflektionstag (Sa.) formal argumentieren. Aber im vollen Wahlkampf zu verbieten, für keine Partei konkret einzutreten sondern nur gegen die beiden großen aufzutreten, ist schon ein sehr spanisches Stück und zeigt, warum die Leute gegen eine "Zweiparteiendiktatur" auf die Strasse gehen.

http://www.elperiodico.com/es/noticias/sociedad/policia-sitia-puerta-del...

Wie man auf El Pais sehen kann http://politica.elpais.com/ war der
Platz überfüllt. Stéphane Hessel zeigt sich "freudig überrascht",
dass Spanien aufbegehrt.
http://www.publico.es/espana/376993/stephane-hessel-agradablemente-so
rprendido-de-que-espana-se-indigne
Ich auch!
In etlichen Städten (gesprochen wird von 30) sollen wie auch in
Barcelona, Valencia, Zaragoza, Granada... Plätze bis Sonntag besetzt
werden und bleiben. Auch in Bilbao gab es eine Protestkundgebung, um
den Protestierenden in Spanien von baskischer Seite die Solidarität
zu zeigen.
Ne gute Fotostrecke gibts beim baskischen Fernsehen
http://www.eitb.com/fotos/noticias/sociedad/detalle/660295/protestas-
plataforma-democracia-real-ya/
Für Samstag wurde ne Großdemo angekündigt, um gegen die Entscheidung
des Wahlrats zu protestieren. Denn was da geschieht ist ja keine
Wahlwerbung.
http://www.gara.net/azkenak/05/267042/es/Los-concentrados-Puerta-Sol-
anuncian-una-manifestacion-para-sabado

Sagt mal, warum kommt der wichtige, gute und hintergründige Artikel nicht in die Mitte und ganz oben. In Deutschland berichtet kaum jemand und wenn dann auch nur sehr merkwürdig. Bitte macht nicht das, was auch IndyD schon unglaubwürdig gemacht hat.

Der Artikel ist natürlich in der Mittelspalte, keine Sorge. Danke für die super Artikel, Ralf!

Allerdings war ich nicht der Wunderer ;-)

Der direkte vergleich zu Berlin wäre, wenn ca. 2.500 Menschen auf dem Platz vor dem Roten Rathaus (Alexanderplatz) übernachten würden. Wenn es davor in Berlin eine 10.000 Menschen grosse Demonstration gegeben hätte und in anderen deutschen Städten eine halbe Woche vorher im Verhältnis ähnlich grosse Demonstrationen gab, wäre das dann in Deutschland eine Revolte oder gar eine Revolution?

 

Nein.

 

Ähnlich grosse und noch grössere Demonstration gab es nicht nur in Deutschland - auch in der Anzahl und ähnlichen Forderungen - nur auch in Europa. Das neue ist das Übernachten auf dem Platz mit so einer grossen Anzahl von Menschen. 200 gab es zwar auch in Berlin und ganz sicher auch in anderen europäischen Hauptstädten, aber 2000 haben schon ein anderes Gewicht. Aber noch immer hat das nichts mit Aufstand, Revolte oder Revolution zu tun.

 

Es sind bis jetzt nur Demonstrationen und eine Platzbesetzung, die von wenigen in einen Kontext zu Aufständen in Nordafrika geschrieben werden.

 

In einem Kommentar wurde geschrieben, dass die Leute jetzt "radikaler" werden, weil sie anfangen Banken zu besetzen. Der kommentarschreibenden Person sei gesagt, dass das Wort "radikal" nicht steigerbar ist. Und genau das zeigt schon, dass viele einfach kaum Ahnung haben, wovon sie reden und schreiben. Was mit dem Kommentar gemeint war, ist, dass einige Menschen sich nun trauen, sich über vereinzelte bürgerliche Gesetze hinwegzusetzen.

 

In den Videos ist zu sehen, dass es sich bei den Veranstaltungen nicht um anarchistische und auch um keine demokratisch organisierten Veranstaltungen handelt. Vielmehr sieht es danach aus, ob kleine Gruppen mit ihren Mitteln von oben herab die Sache anheizen. Ich kann mich da allerdings irren, jedoch wurde nichts von entsprechenden Räten oder Versammlungen berichtet, die die Demonstrationen organisieren.  Falls das doch der Fall ist, dann sollten sich sprachkundige und Demokratie-interessierte daran machen, dies zu dokumentieren. Denn "Volksherrschaft" gestaltet sich nicht darin eine Masse an Menschen auf die Strasse zu bringen, sondern zeigt sich u.a. in den Funktionsmechanismen der Mobilisierung, Meinungsbildung und der Abstimmungsverfahren.