[Niederbayern] In Straubing werden Stolpersteine verlegt - Stolpern im Kopf

Erstveröffentlicht: 
19.04.2013

Steine im Boden erinnern an Opfer des Nationalsozialismus

Autor: Stefanie Sobek

 

Straubing. Fast ein wenig golden schimmert der Stein im grauen Beton des Bürgersteigs. Auf dem Stein ist ein Name eingraviert, und darunter steht in großen Buchstaben: ERMORDET. Was hat das zu bedeuten? An wen erinnert dieser Stein? Wieso wurde dieser Jemand umgebracht?

Antworten auf diese Fragen bekommt man von dem Künstler Gunter Demnig. Er steckt hinter dem Projekt "Stolpersteine" und hat bereits fast 40 000 solcher Steine verlegt - nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern Europas. Mit diesen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet, vertrieben oder in den Selbstmord getrieben wurden.

In Straubing werden am Mittwoch, 24. April, zehn weitere Stolpersteine verlegt. Beginn ist um 9 Uhr in der Wittelsbacherstraße vor der Synagoge. Der Termin ist öffentlich, jeder kann also dabei sein.

Zwei dieser Steine, die in Straubing in den Boden eingelassen werden, erinnern an die Schwestern Lore und Sabina Baumblatt. Sie wurden im Alter von 16 und 18 Jahren in ein Konzentrationslager gebracht und dort ermordet - zusammen mit ihren Eltern. Mit der traurigen Geschichte der Familie Baumblatt haben sich die Schüler der Klasse 9a des Johannes-Turmair-Gymnasiums beschäftigt - und dabei interessante Details erfahren.

Insgesamt werden in Straubing zehn Stolpersteine verlegt. Jede dieser Gedenktafeln gibt Auskunft über Namen, Lebensdaten und Schicksal des einzelnen Menschen. Die Steine kommen dorthin, wo die Kinder, Frauen und Männer ihren letzten selbst gewählten Wohnort hatten. Das heißt, wo sie gewohnt haben, bevor sie vertrieben oder in Konzentrationslager gebracht wurden. "Auf dem Stolperstein bekommt das Opfer seinen Namen wieder, jedes Opfer erhält einen eigenen Stein - seine Identität und sein Schicksal sind, soweit bekannt, ablesbar. Durch den Gedenkstein vor seinem Haus wird die Erinnerung an diesen Menschen in unseren Alltag geholt", beschreibt der Künstler Gunter Demnig die Intention, die hinter dem Projekt steckt.

Natürlich sind die Steine keine Stolpersteine im wörtlichen Sinn. Die Steine werden ebenerdig in den Boden versenkt. Vielmehr sollen die Bürger der Stadt auf die Schicksale aufmerksam werden, sich Gedanken machen und sozusagen im Kopf stolpern.

Kritik am Projekt

Das Projekt hat allerdings nicht nur Befürworter. In manchen Städten - wie zum Beispiel in München - dürfen keine Stolpersteine auf öffentlichem Grund verlegt werden. Kritiker des Projekts, darunter viele Betroffene, finden es empörend, dass Gedenksteine im Boden verlegt und die Opfer damit sozusagen mit Füßen getreten werden.

In Straubing ist das nicht der Fall. Hier wird das Projekt auch von der jüdischen Gemeinde unterstützt. Man stimmt dem Künstler zu: "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist."

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Stolpersteinverlegung, 24. April, 9 Uhr, Wittelsbacher Straße 11, Straubing