Bis zu 300 Menschen aus ganz Schleswig-Holstein beteiligten sich am Samstag, 10. September 2016 am antifaschistischen Aktionstag gegen den Landesparteitag der "Alternative für Deutschland" (AfD) in Rendsburg zu dem das Kampagnenbündnis Nationalismus ist keine Alternative (NIKA) Schleswig-Holstein aufgerufen hatte. Die Versammlung der 117 bereits lange vor offiziellem Beginn in den frühen Morgenstunden angereisten Delegierten der national-chauvinistischen Partei konnte dabei erfolgreich durch lautstarke Proteste unmittelbar vor dem Tagungsort gestört werden. Morgens und am frühen Nachmittag zogen zudem unter dem Motto "Grenzenlos solidarisch gegen den AfD-Landesparteitag!" Demonstrationen durch die Rendsburger Innenstadt, um über den reaktionären Gehalt des rassistischen, hetero-sexistischen und sozial-chauvinistischen Programms der AfD aufzuklären, mit dem die Partei im kommenden Jahr auch in Schleswig-Holstein zur Land- und Bundestagswahl antreten will.
Die antifaschistische Demonstration wurde nahe des Haupteingangs durch Polizeikräfte gestoppt, wo anschließend bei bestem Sommerwetter eine mehrstündige Dauerkundgebung im Stadtpark stattfand. Ein Großteil der AfD-Gegner_innen konnte jedoch relativ problemlos auf die richtige Seite des Gebäudes durchsickern und den dort bei offenen Fenster tagenden rechten Männer und wenigen Frauen in unmittelbarer Nähe mit penetrantem Getröte, Parolen, Böllern und Beleidigungen massiv auf die Nerven gehen. Bereits am Freitag hatten Aktivist_innern der Initiative Rendsburg hilft zudem den Innenhof vorm "Hohen Arsenal" mit großflächigen antirassistischen Kreidemalereien verschönert. Auch die Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD hatte am Morgen eine eigenständige kleine Protestaktion durchgeführt.
Am Rande des Gesamtszenarios tauchte
überflüssigerweise eine Handvoll Neonazi-Fußvolk um Andreas Grabowski auf, das am Parteitag
teilnehmen wollte. Dieses wurde jedoch frühzeitig von der Polizei
festgesetzt und von Antifas beschimpft und verschwand bald wieder. Die
Polizei konnte es sich desweiteren nicht nehmen lassen, drei junge
Passanten des Böllerwerfens zu bezichtigen und diese zu kontrollieren.
Gegen Mittag sorgte der Kieler Rapper LPP mit einem Live-Auftritt für Abwechslung auf der Kundgebung und leutete damit den dritten Akt des Tages ein. Es folgten zwei Redebeiträgen der Antifa-Koordination Lübeck, die sich mit der menschenfeindlichen Programmatik der AfD auseinadersetzte, sowie der Autonomen Antifa-Koordination Kiel, die die AfD als proto-faschistisches Phänomen und gleichfalls Ausgeburt wie auch Verschärfung kapitalistischer Krisenverhältnisse analysierte und zum grenzenlosen Widerstand gegen diese aufrief.
Nach einer anti-nationalen Agit-Prop-Aktion, bei der ein deutscher Adler mit Konfettikanonen
zerschossen wurde, formierte sich eine weiter Demonstration, die
anschließend durch die belebte Innenstadt zog. Auf einer
Zwischenkundgebung legte das Netzwerk Antirassistische Aktion
(nara) Kiel den unverhohlen rassistischen Charakter der AfD offen, eine
Rednerin aus Bad Oldesloe kritisierte den zutiefst patriarchalen und
heterosexistischen Gehalt des Programms der national-chauvinistischen
Sammlungspartei. Am Theater nahe des Bahnhofs endete die Demo
schließlich mit einer kurzen Abschlusskundgebung am frühen Nachmittag.
Einige AfD-Gegener_innen begaben sich auch nach Abschluss dieses
offiziellen Teils zurück zum "Hohen Arsenal" und störten dort den
Parteitag.
In dem an diesem Wochenende in abermals nicht immer ganz harmonischer Atmosphäre verabschiedeten Programm für die im kommenden Jahr bevorstehenden Landtagswahlen träumt die AfD derweil von der militärischen Aufrüstung der Landespolizei mit ausgesonderten Sturmgewehren der Bundeswehr und wartet ansonsten teils wortgleich mit dem bekannten rassistischen, sozial-chavinistischen und patriarchalen Gewäsch der Bundespartei auf.
Insgesamt können die Aktionen gegen den AfD-Landesparteitag als gelungener Auftakt der Kampagne Nationalismus ist keine Alternative im hohen Norden gewertet werden, um auch den bevorstehenden rechten Wahlkampf mit vielfältigem Widerstand zu konfrontieren. Die Beteiligung an den Gegenprotesten war zufriedenstellend und der Parteitag konnte sowohl im Vorfeld als auch am Wochenende selbst effektiv behindert und kreativ begleitet werden. Ein weiterer schleswig-holsteinischer AfD-Parteitag soll bereits im Oktober stattfinden.
BILDERGALERIEN
NIKA Schleswig-Holstein - Flickr
Aufstehen gegen Rassismus Schleswig-Holstein - Facebook
PRESSESPIEGEL
10.09.2016 - AfD-Landesparteitag in Rendsburg: Proteste bleiben ohne größere Zwischenfälle - SHZ
10.09.2016 - Demos gegen AfD-Parteitag in Rendsburg - Kieler Nachrichten
10.09.2016 - Viel Gehupe auf dem AfD-Parteitag in Rendsburg - NDR
12.09.2016 - Entwarnung : Friedlicher Protest mit Provokationen in Rendsburg - SHZ
12.09.2016 - Heimat für Einheimische - taz
AKTUELLE INFOS
Erfolgreich?
War nicht von VER-hindern die Rede? Aber gut, man kann sich alles als "gelungen" schönreden.
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dem kann ich mich nur anschließen. wieso heißt es erfolgreich, wenn das eigentliche ziel nicht erreicht wurde?
es schadet nur den strukturen, wenn es nicht kommuniziert wird, dass es nicht geklappt hat. es müsste diskutiert werden, warum es nicht geklappt hat und daran arbeiten, anstatt es als einen erfolg zu verbuchen, der doch gar keiner ist. das wird die leute wieder dazu motivieren sich auf den faulen hintern zu setzen, weil für so leicht erzielbare "erfolge" braucht man nicht viele menschen, die helfen.
REDEBEITRAG / NIKA-DEMO / 10.9.16 / RENDSBURG
Liebe Rendsburger*innen, liebe Freund*innen und Genoss*innen,
wir sind heute aus ganz Schleswig-Holstein in dieses schöne Städtchen am Nord-Ostsee-Kanal gereist, weil hier an diesem Wochenende ausgerechnet in Räumen der Volkshochschule, im Hohen Arsenal am zentralen Paradeplatz, der Landesparteitag der national-chauvinistischen "Alternative für Deutschland" (AfD) stattfindet. Wir sind gekommen, um dem Zusammentreffen der bis zu 200 Delegierten, die ihre Partei in Stellung für die Land- und Bundestagswahlen im kommenden Jahr in Stellung bringen wollen, mit deutlichem Widerspruch gegen ihre zutiefst reaktionäre Politik der Brutalisierung der menschlichen Lebensbedingungen entlang der bestehenden Herrschaftsstrukturen des krisendurchzogenen neoliberalen Spät-Kapitalismus zu konfrontieren.
Dies verweist bereits auf die zentralen Anliegen unserer heutigen Anwesenheit: Wir wollen einerseits der AfD selbst klar machen, dass wir ihren proto-faschistischen Haufen keineswegs als legitimen Teil des ohnehin weit nach rechts abgedrifteten Parteien-Mainstreams zu akzeptieren bereit sind und sie wo immer es uns möglich ist, mit Widerstand konfrontieren werden. Andererseits, und das ist in Anbetracht von Wahlergebnissen von über 20% für das nationalistische Sammelbecken des verbitterten Menschenhasses aller möglichen Spielarten leider entscheidender, geht es uns darum, unmissverständlich in Erinnerung zu rufen: Die AfD ist keine Alternative zum trostlosen, erniedrigenden, angstvollen und bisweilen mörderischen Bestehenden, sie ist dessen Ausgeburt und sie ist, je stärker man sie macht, dessen nochmalige Verschärfung.
Die AfD wurde ursprünglich von denjenigen Fraktionen des deutschen Kapitals ins Leben gerufen, die in Folge der seit 2008 andauernden globalen Wirtschaftskrise des Kapitalismus aus ihrem spezifischen Klasseninteresse bzw. aus ideologischen Gründen statt auf die Merkel'sche Strategie der Dominanz und Unterwerfung Europas unter deutsche Interessen, auf nationale Abschottung des Standorts Deutschlands zum Erhalt seiner wirtschaftlichen und politischen Macht setzt. Während bei Merkel-Schäuble die Welt wieder am deutschen Wesen genesen soll, was am Beispiel der Erpressung Griechenlands mit erstaunlich offener Menschen- und Demokratieverachtung dann im vorigen Jahr ja auch anschaulich demonstriert wurde, wollte die AfD des Jahres 2013 den Rückzug aus Europa ins Nationale, um die Maschine der Profitmaximierung in Deutschland am Laufen zu halten. Es waren also eher strategische Differenzen zum neoliberalen Mainstream, die das national-liberale Lager als Keimzelle der AfD auf den Weg brachte. Ein äußerlicher Unterschied war von Beginn an jedoch die ideologische Begleitmusik, die die neue Partei für Vordenker der Neuen Rechten attraktiv machte, die nach unzähligen gescheiterten Parteiprojekten nun endlich ihre Chance witterten. Ihnen schlossen sich verschiedene reaktionäre Strömungen an, die in den bestehenden Parteien nicht im gewünschten Maße Einfluss geltend machen konnten: Organisierte Anti-Feministen und Homofeinde, christliche Fundamentalisten, Islamhasser, Verschwörungsspinner, Putin-Fans... Die letzten Berührungsängste der Partei, die einerseits auf die verschiedenen Spektren als Mitgliederbasis angewiesen, zunächst jedoch weiterhin um bürgerliche Seriösität bemüht gewesen ist, wurden endgültig über Bord geworfen, als der Parteiflügel der reinen Kapitalisten um Lucke die Hegemonie über die eigene Partei verlor und diese an die von ihnen gerufenen rechts-ideologischen Geister um die Gaulands, Von Storchs und Höckes überging. Seither hat die Partei sich im Eiltempo endgültig einem offenen völkischen Nationalismus, Rassismus und patriarchal-heterosexistischer Geschlechterideologie zugewandt und ist von besorgtem Bürger über PEGIDA bis zum Nazi-Hooligan offen für rechte Hetzer*innen ohne jedes Tabu. Mit den unzähligen PEGIDA- und geistesverwandten Mobilisierungen zunächst gegen Muslime, seit dem langen Sommer der Migration letztes Jahr zusätzlich gegen Geflüchtete, ist die rassistische Hetze der Hauptgarant der AfD-Wahlerfolge geworden, dem sie sich in Wechselwirkung mit rechtem Straßenmob, der herrschenden Abschottungs- und Abschiebepolitik und nächtlichen Brandstiftern erfolgreich bedient
Trotz aller Inszenierung als Systemopposition und "Partei des kleinen Mannes", das von vielen ihrer Wähler*innen bereitwillig gekauft wird, hat die AfD sich von ihrem bourgeoisen Klassencharakter keineswegs verabschiedet. Ihr Programm sieht vor, den Druck auf die Lohnabhängigen durch abenteuerliche Forderungen wie die Privatisierung von Hartz4, Arbeitszwang, Abschaffung des Mindestlohns, Steuerentlastung für das Kapital usw. weiter zu erhöhen und damit die soziale Unsicherheit, prekäre Lebensbedingungen und den allgemeinen Konkurrenzkampf aller gegen alle zugunsten des Standorts, seiner Konzerne und seiner Reichen weiter zu dramatisieren. Dass sie es dennoch schafft, mit Hilfe der Hetze gegen alles dem von ihr proklamierten nationalen Kollektiv "Fremde", Angehörige aller Klassen für sich zu mobilisieren, ist das wohl deutlichste Merkmal, das das Phänomen AfD mit dem historischen Faschismus teilt.
Die übersteuerte und hemmungslose Hetz-Programmatik der AfD ist lediglich die unmaskierte Kehrseite der selben krisenhaften kapitalistischen Wirtschafts- und Sozialordnung, die die große Koalition der schwarzen, gelben, roten und grünen Neoliberalen mit objektiv betrachtet nur bedingt weniger menschenverachtenden Mitteln bereit sind, im Sinne des deutschen Standorts zu verteidigen und zu verwalten. Immerhin ist es der AfD bislang nur in Interviews möglich, von Schüssen auf flüchtende Menschen an den Grenzen zu träumen. Die Bundesregierung als dominierende Kraft in der EU lässt derweil tagtäglich wissentlich Menschen im Mittelmeer ersaufen, überträgt einem machtbesessenen religiös-nationalistischen Diktator am Bosporus die Drecksarbeit bei der militärischen Geflüchtetenabwehr, zerstümmelt unentwegt das Menschenrecht auf Asyl, ist beteiligt an Krieg und imperialistischer Ausplünderung in aller Welt und unterscheidet sich in der Hetze gegen Geflüchtete und Muslime häufig nur noch im Tonfall - im stetig wiederkehrenden Irrglauben, so mit den AfD-Originalen im Wettbewerb um verprellte Wähler*innenstimmen mithalten zu können.
Sowohl das proto-faschistische Monster der AfD, als auch der neo-liberale Zombie des politischen Mainstreams teilen das Ziel, die bestehende Eigentums- und Wirtschaftsordnung im globalen Maßstab zu erhalten und sind dabei bereit, über Leichen zu gehen. Sie zwingen uns in ein subjektiv oder real prekäres, freudloses, geistig und körperlich verstümmelndes und unbefriedigendes Zwangsverhältnis der permanenten Angst voreinander, damit die Maschine der Mehrwertproduktion weiter läuft. Zu viele spielen dieses Spiel mit, häufig an vorderster Front, ohne dass es dafür die stimulierende Hetze von AfD und Nicht-AfD braucht. Zu tief haben sich die nationalen Grenzzäune, das beschränkte patriarchale und heteronormative Klein-Familienmodell, die Lüge der Alternativlosigkeit und des Glückes Schmied und die Gruselmärchen über "die Fremden" in das kollektive Hirn der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer autoritären Charaktere gebrannt. So wird sich gern als erstes an diesem Baukasten zur Ausgrenzung und Unterdrückung Dritter bedient um der allgegenwärtigen eigenen Angst und Unsicherheit zu begegnen, statt sich mit den vielen anderen von der gesellschaftlichen Brutalität und Tristesse Betroffenen zum gemeinsamen Widerstand dagegen zu verabreden.
Den gemeinsamen Widerstand aller Menschen, die dem Menschen kein Wolf sondern Mensch sein wollen, möchten wir heute als wahrhaftige Alternative in die Waagschale werfen - gegen das "Weiter in den Abgrund" der Etablierten und das "Noch schneller in den Abgrund" der Rechten. Gemeinsamer Widerstand gegen Hartz4-Schikane, gegen Abschiebungen, gegen Zwangsräumungen, gegen rassistische Gesetzgebungen, gegen geistige und reale Brandstifter, gegen Lohndumping und Ausbeutung, gegen sexistische Anmache und Übergriffe, gegen das Grenzregime, gegen die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben, gegen die totale Unterwerfung aller Lebensbereiche und Räume des Zusammenlebens unter das Verwertungsprinzip, gegen Krieg und Waffenexporte, gegen die Einschnürung unses Bedürfnis nach Liebe und Lust in heterosexistische Korsette, gegen Überwachungsstaat, Repression und Polizeigewalt und gegen diejenigen politischen Akteure, die all dies tagtäglich durchsetzen. Im gemeinsamen Kampf haben wir die Chance, das Potential zu entwickeln, die ideologisch konstruierten Unterschiede, entlang derer wir uns hassen sollen, zu überwinden, uns als Gleiche zu begegnen und die konkrete Solidarität zum Mittelpunkt unserer sozialen Beziehungen werden zu lassen. Heute müssen wir dies vorläufig so abstrakt stehen lassen, bevor wir uns gleich morgen wieder daran machen, die lange Liste auf dem Weg zur Sache, die so einfach, aber schwer zu machen ist, möglichst organisiert abzuarbeiten. Ihr alle seid herzlich dazu eingeladen und aufgerufen, bei diesem Projekt mit uns in Arbeitsteilung zu treten.
Denn das wird man ja wohl noch sagen dürfen: Scheiß AfD! Scheiß Festung Europa! Scheiß Kapitalismus!
Unsere Alternative: Solidarität! Für ein würdevolles, befriedigendes und angstfreies Leben für alle!
www.antifa-kiel.org
Das Neonazi-Fußvolk hat Namen & Adressen!
Andreas Grabowski, Rendsburg
European Patriots Brotherhood
Dennis Sohr, Rendsburg
European Patriots Brotherhood
Benjamin Hansen, Rendsburg
European Patriots Brotherhood
Merle Pollack, Rendsburg
European Patriots Brotherhood
Stefanie Kropf, Rendsburg
European Patriots Brotherhood
Alle fünf anwesenden Nazis haben am Hals ein schlecht gestochenes „Gang-Tattoo“ - EPB (European Patriots Brotherhood)
Ergänzung
Dennis Sohr
facebook.com/dennis.sohr.1
Nazis unterstützen AfD in Schleswig-Holstein
07.09.2016 - Facebook