Entwarnung : Friedlicher Protest mit Provokationen in Rendsburg

Die Protestler am Alten Rathaus vorbei in Richtung Stadttheater
Erstveröffentlicht: 
12.09.2016

Keine Krawalle, aber deftige Parolen bei Demonstrationen am Rande des Landesparteitags der AfD. 200 Teilnehmer bei Aufzug am Sonnabend.

 

Als die Demonstranten noch das Stadtseegelände bevölkerten, kurz vor dem finalen Marsch durch das Zentrum, gab ein Polizist Entwarnung: „Das sind eher gemäßigte junge Leute“, sagte der Beamte mit Blick auf etwa 200 meist schwarz gekleidete Menschen, von denen sich viele in Grüppchen auf den Rasenflächen zu einer mehrstündigen Kundgebung niedergelassen hatten. Regenschirme, die im Ernstfall wohl vor Wasserwerfern schützen sollten, wurden aufgespannt, um Schatten zu spenden. Die Stimmung erinnerte eher an ein Musikfestival. Krawall? Chaoten der Roten Flora aus Hamburg? Davon blieb Rendsburg am Wochenende verschont. So waren die Proteste am Rande des Landesparteitags der „Alternative für Deutschland“ (AfD) im Hohen Arsenal zwar laut, sie blieben aber weitgehend friedlich – von Provokationen und Beleidigungen in Richtung AfD-Anhänger und auch Polizeibeamten abgesehen.

 

Minutenlang standen sich die Parteien frontal gegenüber

 

Am Sonnabend gegen 9 Uhr hatten sich die überwiegend jungen Protestler vor dem Bahnhof versammelt. Während ein Lautsprecherwagen von den Organisatoren des antifaschistischen Aktionsbündnisses „Nationalismus ist keine Alternative“ (Nika) vorbereitet wurde, holten sich einige Demonstranten Kaffee in einer nahe gelegenen Bäckerei. Von mehr als hundert Polizeibeamten beäugt und eskortiert, führte der Weg über Herrenstraße, Materialhofstraße und Jungfernstieg zum Stadtseegelände. 50 Meter vor dem Eingang zum Niederen Arsenal wurde der Zug von Polizisten gestoppt. Minutenlang standen sich die Parteien frontal gegenüber.

 

„Wir protestieren gegen den Nationalismus, den Rassismus und das reaktionäre Frauenbild der AfD“, sagte einer der Redner der anschließenden Kundgebung. „Unsere Antwort darauf ist Solidarität.“ Als jemand darauf hinwies, dass die AfD „bei offenen Fenstern“ tage, zogen viele Protestierende an die Rückseite des Hohen Arsenals. Zäune um das Gelände und Polizisten an den Zugängen verhinderten, dass sie sich dem Gebäude näherten. Zwei Demonstranten kletterten auf einen meterhohen Metallgitterzaun, verließen diesen aber wieder, als Polizisten mit Diensthunden auf sie zukamen. Mit Trillerpfeifen, Signalhörnern und Zwischenrufen versuchten die jungen Leute, den Tagenden das Zuhören zu erschweren. Nika-Sprecher Julian Schmidt (27) aus Kiel war zufrieden. „Wir haben den Landesparteitag der AfD zumindest akustisch gestört“, sagte er. Ein anderer AfD-Gegner schaffte es später, auf das Dach einer kleinen Halle zu steigen und seine Ablehnung zum Ausdruck zu bringen, indem er eine „FCK-AFD“-Fahne schwenkte. Immer wieder war die Parole „Attacke, Attacke, die AfD ist kacke“ zu hören. „Die AfD hat ein albernes Wahlprogramm“, sagte Johannes (29) aus Rendsburg. Dass etwa behinderte Kinder nicht mit normalen Kindern zusammen sein sollten, gehe gar nicht. „Die AfD steht für alles, was ich persönlich ablehne“, merkte Andreas (41) aus Büdelsdorf an. „Die haben es verdient, dass wir dagegen protestieren.“

 

Die AfD-Anhänger betraten das Kulturzentrum durch den Seiteneingang in der Arsenalstraße, er wurde weiträumig abgeschirmt. Nur eine Protestgruppe gegen Schwulenfeindlichkeit durfte ans Tor. Dort kam es zu einem Zwischenfall mit der SPD-Kreistagsabgeordneten Renate Brunkert. Sie fühlte sich durch die aggressive Fahrweise eines Autofahrers akut bedroht. Der Mann wollte mit seinem BMW auf das Veranstaltungsgelände und bremste erst wenige Zentimeter vor ihr abrupt ab. Renate Brunkert hatte sich mit einer Regenbogen-Flagge der Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD am Eingang postiert. Die Genossin erstattete Anzeige wegen des Verdachts der Nötigung.