Inzwischen ist deutlich, dass es einen massiven und umfassenden Vorgang gegeben haben muss, um zu verhindern, dass die neue Linksliste in Spanien ins Europaparlament einzieht, damit sie nicht für eine politische Lösung des baskischen Konflikts und für das Selbstbestimmungsrecht der Völker eintreten kann.
Nun werden die Europaparlamentswahlen in Spanien angefochten. Dazu hat sich die "Internationalistische Initiative - Solidarität unter den Völkern" (II-SP) entschieden, weil es zu vielen Unregelmäßigkeit kam und die "minimalen demokratischen Garantien" nicht gegeben waren, heißt es in einer Pressemitteilung. Tatsächlich wurden seit dem 7. Juni etliche merkwürdige Vorgänge bei Nachzählungen aufgedeckt. Die lassen Zweifel aufkommen, ob es sich nur um Irrtümer handelt.
Die Liste spricht vom "Wahlbetrug". Nachdem das Verfassungsgericht das ursprünglich von der Regieurung beantragte Verbot aufgehoben hat, soll damit verhindert werden, dass die neue linke Liste ins Straßburger Parlament einzieht und dort für eine friedliche Lösung des baskischen Konflikts werben kann. Die Liste hatte schon vor den Einwendungen in der Autonomen Baskischen Gemeinschaft (CAV) mit 16 Prozent ein beachtliches Ergebnis erzielt. In der Provinz Navarra wurde sie offiziell sogar drittstärkste Kraft und das dürfte sie nach bisherigen Nachzählungen auch in der CAV geworden sein. Denn es fehlten ihr dazu nur 630 Stimmen. Allein hier fand man fast 1400 Stimmen, die bei der Übertragung an den zentralen Wahlrat einer anderen Partei zugeschlagen wurden.
Auf einen strukturellen Fehler wies die Anwältin Doris Benegas hin, die für II-SP nach Straßburg gehen sollte. Sie hält deshalb die Wahl für ungültig. Im Gesetzesblatt wurde II-SP als 31. Partei geführt und mit dieser Zahl waren die Wahlzettel und andere Dokumente versehen. In den Wahlakten und regionalen Wahlräten wird II-SP plötzlich an 30. Stelle geführt. Hiermit kann ein Teil der Stimmen erklärt werden, die anderen Parteien zugeschrieben wurden.
Doch weder stand die faschistische Falange noch die sozialistische POSI direkt eine Nummer vor oder hinter II-SP. Der Partei des Diktators Franco wurden in der Kleinstadt Bermeo ein Teil der II-SP-Stimmen zugeschlagen, den unbekannten Trotzkisten im Dorf Amezketa alle. Im Baskenland waren diese Abweichungen leicht festzustellen, weil jeweils Beisitzer der Liste in den Wahllokalen saßen. Im Rest des Landes ist die Nachprüfung schwieriger. Doch aus allen Regionen werden derlei Vorgänge gemeldet. II-SP wertet es auch als einen Hinweis für einen organisierten Betrug, dass ihren Vertretern oft der Zugang zu den Nachzählungen verweigert wird.
Einen größeren Betrug vermutet II-SP bei Stimmenthaltungen. 2004 waren es knapp 100.000 und die Zahl leerer Wahlumschläge sei nun auf 220.000 hochgeschnellt. Dafür gibt es keinen Grund. Niemand hat dazu aufgerufen. Die Zahl lag sogar etwa 60.000 über der, die im März 2008 bei den Parlamentswahlen gezählt wurden, als die Wahlbeteiligung fast doppelt so hoch war. Es fällt auf, dass sich deren Zahl in Katalonien auf fast 60.000 nahezu vervierfachte. In der Region, in der die linke Unabhängigkeitsbewegung ebenfalls stark ist, wurden viele Stimmen für II-SP erwartet. Sie erhielt offiziell aber nur knapp 16.000 (0,85 %). II-SP geht davon aus, dass viele ihrer Stimmen als Enthaltungen gezählt wurden und die Partei mit den 140.000 Stimmen aus dem Baskenland die Hürde von 250.000 - 300.000 Stimmen für einen Parlamentarier geschafft haben dürfte. Deshalb will sie bis zu den "höchsten internationalen Instanzen" die Wahlen anfechten und das juristische Vorgehen mit politischen Aktionen begleiten.
Interessant sind auch die Hinweise auf die Tatsache, dass die spanischen Todesschwadrone wieder aktiv sind und zu den neuen Verhaftungen, die sich nun auch gegen einen Anwalt richten, der angeblich an einem Fluchtplan für einen Gefangenen beteiligt war.
Ralf Streck, den 17.06.2009
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