Im Europaparlament wurde eine Initiative zur friedlichen Konfliktlösung im Baskenland vorgestellt, die spanische Regierung dreht derzeit allerdings weiter an der Verbotsschraube. Kurz vor dem Aberri Eguna haben insgesamt 21 weltweit bekannte Persönlichkeiten, darunter vier Friedensnobelpreisträger sich am Montag für eine friedliche Konfliktlösung im Baskenland eingesetzt. Vor dem "Tag der Basken", der am Sonntag zwischen Irun und Hendaia begangen wird, forderten sie am Montag in Brüssel in einem ersten und zentralen Schritt die baskische Untergrundorganisation ETA auf, eine "permanente und voll verifizierbare Waffenruhe" auszurufen. Damit soll die ETA das Bemühen der linken Unabhängigkeitsbewegung unterstützen. Kürzlich hatte nach monatelanger Diskussion die Basis der in Spanien verbotenen Partei Batasuna (Einheit) der Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele eine definitive Absage erteilt.
Der Südafrikaner Brian Currin, der sich als Friedensvermittler einen Namen
gemacht hat, stellte das Dokument im Europaparlament vor. Der Kenner des
baskischen Konflikts erklärte für die Gruppe, man begrüße den Vorstoß der
patriotischen Linken, "exklusiv
auf politische und demokratische Mittel" zu setzen , um die Ziele
"in vollständiger Abwesenheit von Gewalt" zu erreichen. Dabei hatte
sie die ETA unterschwellig schon zur Waffenruhe aufgerufen, um die Bedingungen
zu schaffen, damit sich die "Initiativen der Zivilgesellschaft"
entfalten können. "Vollständig umgesetzt kann diese Verpflichtung
einen großen Fortschritt zur Beendigung des letzten Konflikts in Europa
sein", stellte Currin in Bezug auf die Verpflichtung von Batasuna fest.
Die vier Friedensnobelpreisträger aus Südafrika und Irland, wie Erzbischof
Desmond Tutu und Ex-Präsident Frederick de Klerk oder die Betty Williams und
John Hume, wissen aus eigener Erfahrung, wovon sie sprechen. Getragen wird das
Dokument auch von der Mandela-Stiftung und von den US-Friedenforschern, Andrea
Bartoli, Aldo Civico, Sheryl Brown und Christopher Mitchel. Dabei ist
auch der frühere Interpol-Präsident, Raymond Kendall oder Jonathan Powell,
Stabschef der britischen Regierung unter Tony Blair, ein Mitglied der Unesco
und Silvia Casale, Ex-Präsidentin des Komitees zur Folterprävention des
Europarats (CPT), das Spanien immer wieder wegen Folter angreift.
Sie alle halten es für möglich, dass aus der Batasuna-Verpflichtung eine
"unumkehrbare Realität" wird. Eine Waffenruhe der ETA, adäquat von
der spanischen Regierung beantwortet, könnte ermöglichen, dass "die neuen
politischen und demokratischen Bemühungen vorankommen, Differenzen gelöst und
ein dauerhafter Frieden erreicht wird".
Als persönliche Meinung gekennzeichnet, erklärte Currin, eine adäquate
Antwort aus Madrid bestehe darin, die Parteiverbote aufzuheben und die über
viele Gefängnisse verteilten baskischen Gefangenen in die Heimat zu verlegen.
"Das würde viel helfen", meinte Currin. Derlei Gesten hatte man nach
der einseitigen
Waffenruhe der ETA im letzten Friedensprozess vermisst, der 2007 definitiv scheiterte.
Es ist sicher kein Zufall, dass die Initiative jetzt kommt. Die ETA hatte
kürzlich erstmals in ihrer Geschichte bei einer Schießerei einen französischen
Polizisten getötet, womit die Lage in Frankreich eskaliert, nachdem die ETA
dort schon zwei spanische Guardia Civils erschossen hatte. Und Madrid dreht
weiter an der Repressionsschraube, um zu verhindern, dass bei den Regional- und
Kommunalwahlen 2011 eine Liste der patriotischen Linken antreten kann (näheres
unten). Das Parteiengesetz, 2002 extra zum Verbot von Batasuna 2003
geschaffen, soll verschärft und weitere Gesetze geändert werden. Die
Unterzeichner des Dokuments wissen aus eigener Erfahrung, dass damit der
Konflikt nur verlängert und verschärft wird.
Spanische Regierung dreht an der Verbotsschraube
Die spanische Regierung will ihre Verbotspolitik ausweiten. Um die baskische
Linke aus den Institutionen zu drängen, hat sie auf ihrer Kabinettssitzung am
vergangenen Freitag beschlossen, drei Gesetze zu ändern. Das Parteiengesetz,
das extra verschärft wurde, um 2003 die baskische Partei Batasuna (Einheit)
verbieten zu können, soll verschärft werden. Auch das Wahlgesetz, mit
Verfassungsrang, und das Gesetz für lokale Belange sollen geändert werden.
Der Vorstoß zielt auf zwei Ebenen ab: Es soll verhindert werden, dass eine
Partei oder Liste der baskischen Linken, an Wahlen teilnehmen kann. Dazu soll
die Frist verlängert werden, in der im Wahlkampf eine Formation ausgeschlossen
werden kann. Völlig neu ist, dass Gemeinde- oder Provinzräte, sowie Parlamentarier
nach einem Verbot auch ihren Sitz verlieren. Es dürfe niemand vom
demokratischen System profitieren, der einer "terroristischen Strategie
dienen", wurde argumentiert, gemeint ist die der Untergrundorganisation
ETA.
Mit der Reform soll ausgebügelt werden, dass man 2009 mit dem Versuch
scheiterte http://linksunten.indymedia.org/de/node/7081, die neue
"Internationalistische Initiative - Solidarität unter den Völkern"
(II-SP) von den Europaparlamentwahlen auszuschließen. Beantragt wurde der Ausschluss
erneut damit, dass es sich um ein "Instrument der ETA" handele. Wie
bei den Verboten
zahlloser Listen zuvor, wurde eine "ideologischen Nähe" zur ETA
angegeben, weil auch II-SP für ein unabhängiges, wiedervereintes und
sozialistisches Baskenland eintritt. Dem Obersten Gerichtshof hatte dies erneut
gereicht, doch das Verfassungsgericht
kassierte das Urteil. Indizien "können fundamentale Rechte zur
politischen Teilnahme nicht aushebeln", um frei eine Ideologie zu
vertreten, wurde geurteilt. Eine zentrale Rolle, dass erstmals ein Verbot
kassiert wurde, lag darin, dass kein Baske für II-SP kandidierte.
Auch ohne neue Verschärfungen werden die Verbote international kritisiert. Der
UNO-Sonderberichterstatter für Menschenrechte Martin Scheinin zeigte sich "beunruhigt
darüber, welche Vielfalt an Bestimmungen“ des jetzigen Parteigesetzes Verbote
ermöglichten. "Schwammige" Formulierungen "können so
interpretiert werden, dass sie auch auf jede politische Partei zutreffen, die
mit friedlichen Mitteln ähnliche politische Ziele verfolgt, wie terroristische
Gruppen“, kritisiert der UNO-Bericht. Scheinin forderte, die "vagen
Formulierungen des Gesetzes an die internationalen Kriterien in Bezug auf die
Einschränkung der Meinungsfreiheit anzupassen". Auch, die
Strafrechtsbestimmungen zu "Terrorismus seien zum Teil vage". Es käme
zu einer "Ausweitung des Terrorismuskonzepts auf Handlungen", die
nicht in Verbindung
zu schweren Gewaltakten (PDF) stünden. Eine Zusammenfassung auf
Deutsch hier.
, seien sie mit "vagen Formulierungen" im Parteiengesetz möglich.
Die Sozialisten (PSOE) wollen es mit Unterstützung der PP aber nun erneut
ausweiten, während die baskische Linke neue Vorstöße für eine friedliche
Konfliktlösung macht. Die PSOE lässt sich aber von der konservativen
Volkspartei (PP) vor sich hertreiben. Es war Jaime Mayor Oreja,
Ex-Innenminister, der zuvor im Europaparlament erklärt hatte, dass die
Regierung unter José Luis Rodríguez Zapatero nach dem 2007 gescheiterten
Friedensprozess erneut mit der ETA im Gespräch sei. Oreja ist jemand, der sich
zum Beispiel nie vom Putsch
Francos und der 40jährigen Diktatur distanziert hat. Zapatero werde der ETA
erlauben, bei den Kommunalwahlen 2011 anzutreten und "die wird ihm den
Gefallen zurückgeben", damit Zapatero 2012 die Parlamentswahlen gewinnt.
Um "Spanien zu schwächen" handele sich um "potentielle
Verbündete", sagte Oreja. "Lügen" nannte diese Vorwürfe
Zapatero. Der in der Wirtschaftskrise schwer angeschlagene Ministerpräsident
versucht nun offenbar alle Zweifel zu zerstreuen. Er geht auf das Spiel der PP
ein, die jede Veränderung des Status Quo verhindern will. Einst waren sie gegen
das Autonomiestatut, als dessen Verteidiger sie nun auftreten.
Ralf Streck den 30.03.2010
Walter askatu
Aufmerksam machen möchte ich noch auf die peinliche Verhaftung von Walter Wendelin in Venezuela. Er ist der Sprechers der baskischen Internationalismusorganisation Askapena. http://linksunten.indymedia.org/de/node/18564#comment-5385