Reclaim Power - Repression - Reflexion

Reclaim Power

Am heutigen Tag zeigte sich wieder und in verschärfter Form, dass sich der dänische Staat von Anfang an entschieden hatte, den Protest zu unterdrücken, wo immer es möglich war. Die Botschaft, die der Polizeiappart exekutiert hat, war: Bleibt draußen! Shut up! Eure Stimmen sind nicht erwünscht!

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Dabei muss nochmal betont werden, dass dies politisch gewollt und von langer Hand vorbereitet war. Das sog. "Lümmelpaket" erweist sich vor diesem Hintergrund als Baustein dieser Strategie und nicht etwa als Ausrutscher einer ansonsten freiheitsliebenden Demokratie.

 

Die Reaktion der Polizei zeigt aber auch, dass der Widerstand die Staatsmacht und den herrschenden offiziellen Diskurs tatsächlich herausgefordert hat. Wir waren offensichtlich gefährlich für sie, die Aktionen und Inhalte, die Klimabewegung als ganzes wurde(n) ihnen zu heiß; es war nicht abzusehen, wohin das führt. Und: Der Protest war nicht kontrollierbar, weil die Bewegung nicht zu instrumentalisieren oder zu vereinnahmen war. Zu offensichtlich war die Differenz zwischen der Agenda des offiziellen Gipfels und der der Klimabewegung. Zu entschlossen waren die Menschen und Gruppen, die auf den Straßen waren, zu groß war die Wut auf die westlichen Industrie-Staaten und ihre Regierungen und zu klar war, dass von ihnen nichts zu erwarten ist.

 

Deswegen gingen sie auf allen Ebenen gegen die Bewegung vor: die Bewegungsfreiheit wo immer geht einzuschränken, die Leute großflächig einzuschüchtern und die Orga-Strukturen so weit wie möglich zu schwächen. Von Letzterem zeugt u.a. der Überfall auf das Christiania, das als Rückzugsraum und logistischer Stützpunkt der Bewegung diente, wie auch die Verhaftungen vieler AktivistInnen aus dem Spektrum von Climate Justice Action (CJA), die eine starke Rolle beim Reclaim Power Tag gespielt haben. Bislang bekannt ist, dass sieben Leute von CJA im Vorfeld der Aktion verhaftet wurden, Tazio Müller ist nur einer von ihnen.


Die Verhaftungsexzesse gingen aber schliesslich soweit, dass jedeR, der/die sich exponierte, z.B. durch eine Rede oder in einer Pressekonferenz in der Gefahr stand, im nächsten Moment abgegriffen zu werden. Das hat es in Europa so lange nicht gegeben und stellt eine traurige neue Qualität der Repression dar.


Der sinnbildliche Ausdruck ihrer Unterdrückungs-Strategie war heute die mit harter Gewalt durchgesetzte Beschlagnahmung des Soundwagens. Der Soundwagen ist auch im übertragenen Sinne der Lautsprecher der Bewegung, über ihn artikulieren sich die Stimmen des Protestes, er war eines der wichtigsten Instrumente der People´s Assembly. Diese Stimmen sollten ruhig gestellt werden.

In die gleiche Kerbe schlägt der Umgang mit 4/5-tel der akkreditierten NGO-VertreterInnen, die kurzerhand vom Klima-Gipfel ausgesperrt wurden. Denen, die drinnen waren, wurde untersagt, das Gebäude zu verlassen, um sich mit den Demonstranten draussen zu vereinen. Andernfalls würden sie verhaftet. Peng! Jegliche kritische Stimme, die auch nur den Anschein erwecken könnte, dem offiziellen Verhandlungsprozess in die Quere zu kommen,
wurde sicherheitshalber vorbeugend physisch und geistig in Quarantäne genommen.

Das haben sie aber nur zum Teil geschafft. Zu einem anderen Teil war und ist der Protest sehr wohl wirksam. Obwohl die People´s Assembly nicht in der ursprünglich geplanten Form direkt vor dem Bella Center abgehalten werden konnte, haben es viele tausend Menschen mutig geschafft, nah an das Konferenzgelände zu kommen und so ihren Widerspruch sichtbar und wahrnehmbar zu machen. Die heftigen Auseinandersetzungen um das Bella Center herum transportieren das Bild der Unruhe sowohl in die Welt hinaus wie ins Konferenzgebäude hinein.

In Kopenhagen wurden die Spielräume für Widerstand stark eingeschränkt. Ob das ein Präzedenzfall war und ab jetzt Standard wird, hängt in entscheidenden Maße davon ab, wie jetzt die Öffentlichkeit darauf reagiert und ob sie es zulässt.


Auf jeden Fall werden die nächsten Tage erst zeigen, inwieweit der Widerstand gefruchtet hat. Dann nämlich, wenn die Klimaverhandlungen, wie abzusehen, scheitern werden, vorallem weil immer mehr Länder und
  Regionen sich dem dominanten Kurs der Industriestaaten verweigern  - und wenn die Empörung über den repressiven Umgang des dänischen Staates mit KlimaaktivistInnen noch für ein Nachspiel sorgt und der Bewegung Zulauf und Sympathie einbingt.

 


Berichte von "Reclaim Power" über COP15:

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There is an article from the guardian about police tactics at COP15:

 

http://linksunten.indymedia.org/de/node/14728