Am 11. November, dem internationalen Gedenk- und Aktionstag für die Opfer rechter Gewalt, rief das Siempre Antifascista-Bündnis Berlin zu einer Gedenkkundgebung vor dem Klinikum in Berlin-Rudow auf. Der Ort war nicht zufällig gewählt. Am 05. April 2012 wurde hier der 22jährige Burak B. nachts von einem unbekannten Täter durch mehrere gezielte Schüsse ermordet. Seine beiden Begleiter überlebten schwer verletzt. Bis heute kämpfen Angehörige und Unterstützer_innen um eine Aufklärung des Mordes und darum, dass rassistische Motive in den Fokus der Ermittlungen genommen werden.
In Redebeiträgen wurden Vorbeigehende und Anwohner_innen auf die Tat, über deren Hintergründe die Polizei bis heute erstaunlich wenig zu wissen scheint, aufmerksam gemacht. Einige der zwischenzeitlich 60 Teilnehmer_innen der Kundgebung legten Blumen und Kerzen am Tatort ab, den Angehörige und Freund_innen des Ermordeten liebevoll hergerichtet haben. Eine musikalische Untermalung der Kundgebung bot der Berliner Rapper Refpolk durch einen Live-Auftritt. Weitere Redebeiträge thematisierten die Tatsache, dass Berlin seit der ‘Wiedervereinigung’ die Hauptstadt rassistischer Gewalt in Deutschland ist. Seit 1991 wurden allein hier 12 Menschen durch Neonazis und Rassisten_innen getötet. Viele dieser Taten sind offiziell entweder nicht als Akte rechter Gewalt anerkannt oder werden in der Öffentlichkeit ausgeschwiegen – so wie der Mord an Burak B. Dabei stellt sich die Frage, ob es als Zufall anzusehen ist, dass der tödliche Angriff in Rudow exakt am 20. Todestag des rechtsradikalen Partei-Funktionärs Gerhard Kaindl geschehen ist, der während eines Überfalls auf ein Neonazi-Treffen in Neukölln 1992 tödlich verletzt wurde.
Ein Spaziergang durch Rudow genügt um zu sehen, dass sich Neonazis hier
scheinbar wohlfühlen. Das Straßenbild ist geprägt von
Hakenkreuz-Schmierereien und rassistischen Plakten. Im Oktober wurde in
Wassmannsdorf, in der Nähe von Rudow, ein Flüchtlingsheim mit Steinen
und Flaschen angegriffen. An der Wand hinterließen die Täter_innen den
Schriftzug “Rostock ist überall – NW Berlin”.
Am 07.11. hatte die NPD in der Nähe des
Todesortes Burak B.s eine “Protestkundgebung” gegen die Vorführung des
Filmes “The Truth lies in Rostock” über die Pogrome von 1992
veranstaltet, um gegen die Einrichtung eines Asylbewerber_innenheimes in
Rudow zu hetzen. Am 24.11. – parallel zur jährlich stattfindenden
Gedenkdemonstration an den 1992 ermordeten Hausbesetzer Silvio Meier –
planen Nazis aus dem Umfeld von NW-Berlin unter Führung von Sebastian
Schmidtke zudem eine Demonstration gegen die Eröffnung der
Asylsuchenden-Unterkunft in Rudow. (link: de.indymedia.org/2012/11/337689.shtml)
Diese und andere Ereignisse in Rudow, Berlin und anderswo zeigen, wie
wichtig eine lebendige antifaschistische Gedenk-Kultur, ein aktiver
Widerstand gegen das Vergessen und Verdrängen der Opfer neonazistischer
Gewalt und gegen reaktionäre, neonazistische und rassistische Strukturen
sind. Auch außerhalb der Innenstädte mit ihrer etablierten
antifaschistischen Subkultur ist es deshalb von enormer Bedeutung, auf
rechte Gewalt und ihre tödlichen Folgen aufmerksam zu machen.
Siempre Antifascista – Remembering Means Fighting!
Auch in Warschau und in Madrid gab es am 11.11. antifaschistische Proteste:
Wie schon beim letzten Mal ist es auch in diesem Jahr beim polnischen Unabhängigkeitstag in Warschau zu Gewalt und Randale gekommen. Es waren offenbar rechtsextreme Demonstranten, die mit der Polizei zusammenstießen. Auch wurde das Büro einer Homosexuellenorganisation angegriffen. (Tagesspiegel, Stern.de, n-tv)
In Madrid wurde mit diversen antifaschistischen Aktionen dem 5.Todestag von Carlos gedacht.
Kommt alle zum Siempre Antifascista Festival am 16./17.11.2012 im SO36 in Berlin:
Und zum Schluss noch ein weiterer Veranstaltungshinweis:
Podiumsdiskussion: “Niemand ist Vergessen”
20 Jahre Gedenken an Silvio Meier – In welcher Form den Opfer rechter
Gewalt gedenken?
VVN-BdA Berlin
Ulla Jelpke (DIE LINKE)
Aktives Gedenken/Antifaschistischen Linke Berlin
“Niemand ist vergessen!”/North East Antifa
Günter Schwanecke Gedenkinitiative
20.11.2012 |19.00 Uhr |Galiläakirche |Rigaer Straße 9-10 |
- chi non ha memoria non ha futuro -
Film zu 7 ermordeten Antifas in Europa:
http://unodinoi.blogsport.de
Davide Cesare – aka „Dax“(26 Jahre alt), erstochen am 16. März 2003 von Faschisten in Milano,
https://linksunten.indymedia.org/de/node/6647
Thomas Schulz – aka „Schmuddel“ (31 Jahre alt), ermordet am 28. März 2005 von einem Nazi-Skinhead in Dortmund,
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/azzoncao/schmuddel.html
Timur Kacharava ( 20 Jahre alt), ermordet am 13. November 2005 von einer Gruppe russischer Nazis in St. Peterburg ,
https://linksunten.indymedia.org/de/node/12338
Renato Biagetti – aka „Renoize“(26 Jahre alt), erstochen am 28. August 2006 von Faschisten in Roma ,
https://linksunten.indymedia.org/de/node/6511
Carlo Palomino – aka „Pollo“(16 Jahre alt), erstochen am 11.November 2007 von einem spanischen Falangisten in Madrid,
https://linksunten.indymedia.org/de/node/6622
Jan Kucera (18 Jahre alt), erstochen am 18. Januar 2008 im tschechischen Příbram von einem Nazi-Skinhead,
http://de.indymedia.org/2008/01/205836.shtml
Fjedor „Fidei“ Filatov (27 Jahre), erstochen am 10. Oktober 2008 von vier russischen Nazis in Moskau,
https://linksunten.indymedia.org/de/node/12199
Stanislaw Markelow und Anastasia Baburowa, ermordet am 19.01.2009 in Moskau
https://linksunten.indymedia.org/de/node/271
Ivan Khutorskoy, ermordet am 16.11.2009 in Moskau
https://linksunten.indymedia.org/es/node/20828
Film für Ivan:
http://blip.tv/colectivo-la-plataforma/uno-di-noi-3886735
Antifaschist Attitude:
http://www.youtube.com/watch?v=pJ3hGK8XRuo
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Eisam Chandin, erstickt am 22.06.1994,
https://linksunten.indymedia.org/de/node/42044
Yvonne Hachtkemper, Matthias Larisch-von-Woitowitz und Thomas Goretzky, erschossen am 14.06.2000,
https://linksunten.indymedia.org/de/node/21477
Martin Kemming, Dagmar Kohlmann und Patricia Wright,
https://linksunten.indymedia.org/de/node/35656
Kaltland - Der Tod bleibt ein Meister aus Deutschland,
https://linksunten.indymedia.org/de/node/69222
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Carlo Giuliani, erschossen am 20.07.2001 in Genova,
https://linksunten.indymedia.org/de/node/43428