In der Nacht vom 28.12.2015 auf den 29.12.2015 gab es im gesamten Leipziger Stadtgebiet mehrere Brandanschläge auf ca 13 geparkte Autos. Bei allen Autos ähnlichen Baustils mit der Möglichkeit zur Bewohnung wurden etwa zeitgleich zwischen 2:30 Uhr und 2:40 Uhr Grillanzünder auf die Reifen gelegt und entzündet. Die Fälle ereigneten sich in Connewitz, Lindenau und Plagwitz. Durch den Modellstil der betroffenen Autos und die Örtlichkeit in linksgeprägten Stadtteilen, in denen die Anschläge geschahen, ist davon auszugehen, dass gezielt Fahrzeuge des „linken Milieus“ gewählt worden sind. Dies legt nahe, dass es sich bei den Brandanschlägen um einen faschistischen Angriff auf linke Strukturen und Menschen in Leipzig handelte, bei dem die Täter*innen koordiniert agierten.
Zwei Fahrzeuge brannten komplett aus. Durch die enorme Hitzentwicklung wurden weitere Fahrzeuge beschädigt. Die meisten Fahrzeuge konnte vor den Flammen geretten werden bevor Schlimmeres passierte. In der Zollschuppenstraße im Leipziger Westen entzündeten die Täter*innen, laut Zeitungsberichten, bis zu 11 Fahrzeuge. Bei keinen dieser Fahrzeuge konnte - durch schnelles eingreifen von Bewohner*innen des Stadtteils - schlimmerer Sachschaden entstehen.
An dem Beispiel der Zollschuppenstraße lässt sich sehr gut erkennen, auf was und wen der Angriff zielte. Denn in der eher kleinen Straße gibt es alleine 3 Wohnhäuser im kollektiven Besitz (Mietshäusersyndikat), die unter anderem auch als Anlaufpunkt für linksradikale Politik dienen. Die Brandanschläge auf die Fahrzeuge, unserer Genoss*innen oder die Fahrzeuge die von den Faschos als „linke“ identifiziert wurden, stellen keine neue Eskalation da.
Interessant ist nur, dass bei der Aktion anscheinend nicht spontan, sondern sehr gezielt und geplant agiert worden ist. Dass es den Faschist*innen komplett egal ist, ob sie Häuser, Fahrzeuge und Menschen abfackeln, ist klar.
In der Nacht vom 17.12.2015 sind schon einmal drei bewohnbare Autos in Leipzig abgebrannt. Auch hier wieder in Connewitz und in Volkmarsdorf. Die Fahrzeuge hatte ähnliche Bauart und das Schema der Brandstiftung war das gleiche.
Doch das Problem ist die gesellschaftliche Akzeptanz bzw. Gleichgültigkeit, die sie derzeit dafür erlangen. Es scheint sich mal wieder zu bestätigen, dass in einer Stadt, die alternatives Leben auf Wagenplätzen gerne verhindern will, es aber nur schafft dieses ein wenig zu behindern, sich diese kleinbürgerlich enttäuschten faschistischen Jungmänner aufmachen, um grade möglicherweise belegte Wohnautos zu zerstören. Sie gehören zum gleichen Schlage, nur dass die einen mit Recht und Panzern bewaffnet am hellichten Tag aufgrund ihrer Stärke auftreten können, um Wagenplätze zu räumen, die anderen aufgrund ihrer Schwäche nachts und mit Heimtücke agieren müssen. Es nährt sie beide die Angst und der Hass auf das Andere, das was ihrer Unmenschlichkeit Widerstand leistet, das möglicherweise bessere Leben, was den Andern nicht gegönnt werden darf. Sie sollen zumindest unsichtbar sein in der Logik der kleinbürgerlichen Gesellschaft Sachsens, in der Logik der Faschisten müssen diese Menschen sterben.
Sobald engagierte Antifaschist*innen militant versuchen einen Naziaufmarsch zu verhindern und die Stadtpolitik für ihr Handeln zur Verantwortung zu ziehen, ist wochenlang von einem neuen Level linker Gewalt und von Terror die Sprache. Repressionsschläge folgten und werden vermutlich in Zukunft folgen. Doch Schneeberg und Heidenau (Sachsen generell außerhalb seiner wenigen Kieze in Großstädten, die die so tolerante Bürgerschaft am liebsten auch noch weghaben würde) sind der alltägliche Terror für viele Menschen. Dies wird nur nicht von der weißen Mehrheitsgesellschaft wahrgenommen, denn es richtet sich ja nicht gegen sie, also kann es nicht so schlimm sein. Es schwingt wie immer der Unterton mit, dass die Terrorisierten ja Mitschuld tragen würden. Man selbst ist natürlich völlig unschuldig
Orte und Räume, in denen Rassist*innen und andere Menschenverachter*innen Handlungsmöglichkeiten besitzen, müssen konsequent angegriffen werden. Genauso wie die Bürokratie von Ausländerbehörden und die Abschottung der Europäischen Union durch militarisierte Aussengrenzen. In unseren Kiezen ziehen wir uns zurück, schmieden neue Pläne und handeln wir. Lassen wir nicht zu das Faschos oder andere Menschenfeinde sich ihre Räume schaffen oder sich in unseren frei bewegen können. Es war nur ein weiterer Angriff, doch das Problem bleibt. Es endet sicher nicht bei den Nazis.
Es sollte darum gehen, neue Formen des Zusammenlebens stark zu machen und linker Politik Präsenz und Wirkmächtigkeit zu verschaffen. Darin liegt die Möglichkeit Kraft für die Kämpfe auch gegen Nazis neu zu schöpfen oder erschaffen und nur so kann der Nährboden für die Faschist*innen endgültig trocken gelegt werden.
Seit achtsam, informiert und organisiert euch!
sachlich bleiben
dazu gehört noch..
Eine kurze und sicher nicht vollständige Übersicht zu rechten Aktionen und Angriffen neben den üblichen rassistischen Aufmärschen jede Woche in Leipzig oder mit Bezug zu antifaschistischen Aktionen.
11. Dezember: Das neue Parteibüro der Partei "Die Linke" wird in Leipzig-Lindenau vor dem Naziaufmarsch entglast.
13. November: Nachdem am 9. November drei Angreifer das Wohnhaus eines Bloggers in Reudnitz angegriffen hatten, den sie als "Zecke" ausgemacht hatten, gab es in den frühen Morgenstunden des 13.11. einen weiteren Anschlag nach dem gleichen Muster in Plagwitz. Auch hier wurde ein Nachname an eine Hauswand gesprüht kombiniert mit "Du Zecke". Die Angreifer schlugen mehrere Scheiben ein, darunter das Fenster einer unbeteiligten Anwohnerin sowie zwei Haustürscheiben.
10. November: Im Umfeld des Deiwitzweges in Leipzig-Grünau haben Unbekannte den Schriftzug „Raus aus Deutschland“ und ein Hakenkreuz gesprüht. Im benachbarten Plattenbau sollen Flüchtlinge einziehen. Die Stadt hatte am Dienstagabend während einer Bürgerversammlung über die Pläne in dem Wohngebiet informiert.
9. November: Am Montagabend haben Unbekannte das Wohnhaus in Reudnitz des Leipziger Bloggers Martin Meißner angegriffen. Scheiben wurden eingeworfen, ein Graffito an der Hauswand hinterlassen. Es ist nicht die erste rechtsextreme Attacke auf den 27-Jährigen.
Presse: LVZ / LIZ
9. November: No Legida berichtet, dass dem Busunternehmen welches AntifaschistInnen von Leipzig nach Dresden zu den Protesten "Herz statt Hetze" beförderte die Scheiben eingeworfen wurden. Vorher hatte Legida/Pegida dazu aufgerufen sich doch bei dem Unternehmen zu melden.
26. Oktober: No Legida berichtet von beschädigten Autos von der Initiative "Leipzig nimmt Platz" die seit Monaten Protest gegen Legida organisiert.
24-25. Oktober: Unbekannte haben am Wochenende rassistische Graffiti an einer zukünftigen Flüchtlingsunterkunft im Leipziger Osten hinterlassen. Die rechten Schmierereien hatten eine Größe von zweieinhalb mal sechs Metern, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Mit schwarzer Farbe sprühten die Täter „German Zone“, „Widerstand Fuck Antifa“, „Keiner will euch“ sowie „Refugees not welcome“ an die Seitenwände zweier Baucontainer. Zudem fanden sich vier Keltenkreuze in schwarzer Farbe. Presse: LVZ
19. Oktober: Der Neonazis Kevin Dehn versucht am Leipziger Hauptbahnhof AntifaschistInnen mit einem Messer anzugreifen. Bei der Legida-Kundgebung am 9.November bedroht er AntifaschistInnen mit Pfefferspray.
Ebenfalls wird berichtet von einem Graffito in der Leipziger Innenstadt mit den Worten „OB Jung wir kriegen Dich“. Daneben ist ein Galgen gezeichnet worden.
18. Oktober: Rund 30 Anhänger der NPD haben sich am Sonntagabend in Leipzig vor der neu errichteten Zeltunterkunft für Flüchtlinge in Mockau versammelt. Die Rechtsextremen wollten dort offenbar die Anreise von Bussen blockieren. Presse: LVZ
25. August: Ein Vermummter hat in der Nacht zum Mittwoch einen Brandanschlag auf die noch unbewohnte Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Stötteritz verübt. Der Mann warf gegen 1.30 Uhr einen Molotow-Cocktail ins Gebäude.
7. August: Das Operative Abwehrzentrum (OAZ) der Polizei hat einen 14-Jährigen ermittelt, der einen Böller in eine Flüchtlingswohnung geworfen hatte.
Blinder Aktionismus
Fast hätte ich beim lesen dieses Texte gedacht, das Rechte diesen als Blendgranate hier eingestreut haben und schön viel Schaden anzurichten. Unbesonnen und unreflektiert wird hier mit einem besonders leuchtenden Finger auf eine ganze Strasse gezeigt. "He, seht her... hier wohnen wir und so könnt ihr uns treffen". Ich hätte mir, falls dies wirklich von Anwohner*innen verfasst wurde, mehr Fingerspitzengefühl gewünscht. Diese bollerige polemische 90er-Jahre Rhetorik ("linksradikale Politik") ist nicht das Meinungsbild aller Anwohner*Innen! Den Gewaltaufruf weisen viele Anwohner*innen entschieden zurück!