Nicht einmal mehr im Berliner Kriegsministerium ist die Bundeswehr vor Schmähungen sicher. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wurden rund um den Bendlerblock veränderte Werbeplakate der Bundeswehr verbreitet. Die Gruppe, welche sich selbst "Abteilung zur sichtbaren und inhaltlichen Verschlimmbesserung unhaltbarer Truppenwerbung (AbtVerschlTruWer)" nennt, konfrontiert die deutschen Streitkräfte direkt vor ihrer Haustür mit Kritik. Deren aktueller Versuch, sich als selbstverständlichem Teil der Gesellschaft zu positionieren wird ebenso angeprangert, wie die deutsche Interessensvertretung durch die Armee in aller Welt.
Ausbeutung militärisch durchgesetzt
"Da ist nichts komplex" schimpft Ursula, eine der Mitstreiterinnen der AbtVerschlTruWer, "der deutsche Marineeinsatz am Horn von Afrika sichert Handelswege. Und deutscher Außenhandel beruht auf Ausbeutung." Diese Kritik hat die Gruppe auf einem Plakat untergebracht, auf dem es nüchtern heißt "Ausbeutung gewaltsam verteidigen: Bundeswehr". Eines der aktuellen Gruppenmitglieder, das lieber anonym bleiben will, erinnert an die durch ihn bereits 2010 im Deutschlandradio geäußerte Kritik an dieser Strategie.
Blitzkrieg nach Syrien
Einen aktuellen Aspekt beleuchtet die Gruppe anlässlich der jüngst im Schnelldurchgang beschlossenen Militärexpedition nach Syrien. Auf einem der Plakate ist zu lesen: "Wir sind dann mal weg - Blitzkrieg in Syrien: Opa wäre stolz gewesen". Auf einem anderen veränderten Werbeplakat steht "Wir wünschen frohe, besinnliche Weihnachten an die Heimatfront". Das ist als Kritik am Verdrängen früherer Fehler bei der Einsatzplanung zu verstehen, etwa beim Afghanistan-Mandat. Das andere Plakat zieht Parallelen zum "1. Angriffsweltkrieg von 1918". Diese Formulierung stammt von Karl-Theodor, der als Historiker der Gruppe auftritt und ergänzt: "Aus internen Papieren weiß ich sehr genau, dass sich die aktuelle Stabsführung die Kriegsbegeisterung von damals zum Vorbild nimmt." Lediglich der Adel sei heute weniger begeistert von den Feldzügen im Nahen Osten.
Sexismus als Teil des Militärs
Auch kritisieren die Aktivist_innen das Innenleben der Bundeswehr. "Die interne Hierarchie mit ihren zehntausend Dienstgraden ist doch ein prima Nährboden für sexistische oder rassistische Diskriminierungen", meint etwa Thomas, früherer Mitarbeiter im Bundesministerium der Verteidigung und jetziger Sprecher der Plakat-Gruppe. "Abschließend kann ich nur sagen: Die aktuelle Bundeswehrkampagne wird die Bevölkerung nur verunsichern. Jeder weiß um die Widersprüche einer Armee".
Wer kämpft für was?
„Wenn die Bundeswehr wirklich dafür kämpfen würde, dass Leute gegen sie sein könnten, dann würde die Militär ihre 10 Mio. Werbeetat gerne mit uns teilen“ meint Ursula. „Dann gäbe es wenigstens Chancengleichheit bei den Ressourcen und die Militärs müssten Kritik nicht nur punktuell am Ministerium ertragen.“
Cool
Neben der Plakat-Aktion bei Wall und den Adbustings zum Zapfenstreich am Reichstag ist das die bisher gelungenste Aktion im gegen die aktuelle Kampagne der Bundeswehr.
Und zur Sache mit der Ausbeutung und dem bewaffneten Schutz davon durch das Militär gibts hier nen guten Text:
http://maqui.blogsport.eu/2015/11/10/von-deutschen-supermaerkten-darf-nie-wieder-krieg-ausgehen/
dreht seine runden
die fotos von der aktion drehen auf facebook große runden, und auch die mopo24 aus sachsen berichtet: https://linksunten.indymedia.org/de/node/161929
Druckvorlage
Hi, ich find Aktion sehr gelungen,
Ich suche aber leider vergeblich nach einer Druckvorlage für die Plakate, hat da jemand eine Ahnung wo man die finden kann?:)
Danke schonmal im Voraus
Unterste Schublade
So viele wunderschöne Adjektive, um diese "Kampagne" zu beschreiben.
Geschmacklos. Uninformiert. Realitätsfern. Naiv. Lachhaft.
Menschen, die nicht in der Lage sind, ihre Meinung politisch vertreten zu können, und daher meinen, solche Hetze betreiben zu müssen, kann man doch nicht ernst nehmen.
Aber die Folgen davon, dass Verteidigung an einen geringen Personenkreis spezialisierter Experten ausgelagert wurde, war abzusehen. Man sieht Sicherheit plötzlich als eine Selbstverständlichkeit an. Da ist es auch gar kein weiter Weg mehr, von seinem hohen Rosse aus im Glauben einer moralischen überlegenheit mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Aber sicher, soll doch jeder nach seiner Facon glücklich werden. Und wenn es den Kindern Freude bereitet, solchen Schwachsinn zu verbreiten, dann nur zu.
Was ich dann aber doch reichlich Heuchlerisch finde, ist die Aussage der Ausbeutung. Selbst von den süßen Früchten des Kapitalismus wie Kakao, Kaffee, billigen Kleidungsstücken oder sonstigen Importprodukten profitieren, aber gleichzeitig über das System herziehen, das einem diesen geradezu opulenten Konsum überhaupt erst ermöglicht. Ist das nicht gerade so, als würde ich zwischen zwei Bissen eines Schnitzels "Fleisch essen ist Mord" nuscheln. Das Verhalten erinnert einen dann doch ein wenig an die alten Pharisäer...
zu unterste Schublade
worauf stützt du die annahme, dass die aktivist*innen ihren eigenen konsum nicht hinterfragen bzw. deutlich anders als die mehrheit gestalten? recht hättest du höchstens, wenn sie den billigsten kakao kaufen, tiere essen würden etc. - aber wenn sie kaum exotische importierte waren kaufen (vll containern oder eben nicht essen) und regionale umweltfreundliche erzeuger*innen fördern, erübrigt sich dein kommentar.