Bei dem Gedanken an den Job des Berliner Ordnungsamtes könnte das Bild einer stets ordentlich gepflegten deutschen Schrebergartenkolonie aufploppen. Die deutsche Fahne weht hier vom Maßt und bezeugt die Leitgesinnung der Mietenden, welche mit dem Warnschild "Betreten auf eigene Gefahr" vor dem Hintergrund eines deutschen Schäferhundes untermalt wird. Die Hecken und Bäume des Grundstücks sind millimetergenau beschnitten, wie es das Bundeskleingartengesetz vorsieht. Der Weg ist mit einem knöchelhohen Zaun eingefasst, so dass vom Weg nicht auf den akkurat zurecht gestutzten Rasen abgewichen werden kann, das Aushängeschild eines jeden pflichtbewussten Gärtners.
Doch diese clichéhafte deutsche und selbstgewählte Gartenzwergidylle ist bei weitem nicht das, was hinter der Funktion des Ordnungsamtes in Berlin steckt. Auch wenn diese Vorstellung den stumpf-agierenden, nach Regelverletzung lechtzenden Teams im grau-blauen Renault vorschweben mag.
Der Zweck ist es nicht (nur) eine spießbürgerliche Ästhetik auf den Straßen und in den Parks herzustellen, eine Ordnung und Sauberkeit ohne Bierflasche und Spritzbesteck.
Ihre Rolle ist viel wichtiger: Ein weiteres Stück für das erschreckend vollständige Mosaik einer Gesellschaft, die gar nicht mehr formulieren und erst recht nicht in der Lage sein soll einzufordern, in welcher Art von Stadt und Gemeinschaft sie eigentlich leben will.
Das Ziel hinter den staatlichen Sicherheits-und Repressionsorganen ist es einen Raum zu konstruieren, in dem das Individuum sich so bewegt und handelt, dass jedes Moment des Nicht-Kalkulierbaren ausgeschlossen werden kann. Denn nichts ist ihnen eine schlimmere Vorstellung als die Kontrolle zu verlieren und die Möglichkeit, die fleißig im System integrierte Masse ihren Maßnahmen der Einschüchterung unterziehen zu können.
Und um das Aufrecht zu erhalten, einen Zustand in dem die Menschen normierten materiell-orientierten Abläufen folgen, einen Zustand in dem sie sich unaufgefordert einem Regel- und Ordnungswahn verschreiben, der unter den systemischen Zwängen gar nicht mehr infrage gestellt wird und als letztes, ein Zustand in dem jede und jeder Einzelne selbst zu aktiven Ordnungswächterinnen wird - bedarf in den Augen der Herrschenden noch mehr als autoritären Schulen, Kameraüberwachung, Maßnahmen der Jobcenter und einer zunehmenden Polizeidichte.
Es brauchte noch eine Truppe, die die widerliche Arbeit verrichtet, Menschen zu diskrimminieren, einzuschüchtern und vom Fahrrad zu zerren mit der Begründung von Ordnungswidrigkeiten.
Es brauchte Unterstützung dabei, Sinti- und Romafamilien aus den inneren Stadtbezirken zu vertreiben, sie, wo es geht zu kriminalisieren, zu demütigen und zu verdrängen.
Dabei, die rassistische Politik im Görlitzer Park auszuweiten, um der Berliner Polizei die Weste sauber zu halten.
Dabei, in einem Kiez wie Neukölln oder Wedding zu patroullieren und Menschen zu vertreiben, so dass den nächsten Phasen der Verdrängung und Aufwertung der Weg frei gelegt wird.
Natürlich sind wir gegen den deutschen Ordnungswahn!
Denn nur die Idee von Chaos lässt den Gedanken daran freien Lauf, wie in diesem Land ein grundlegender Wandel im Denken und Leben der Menschen hier möglich werden kann.
Wir wollen eine Stadt in der Selbstbestimmung und für alle offene Brachen und Freiräume keine kriminalisierten Nischenprojekte sind, nicht geräumt werden können ohne Aufschrei und Widerstand der Umgebung.
Wir müssen das Modell der Sicherheits-, Reppressionsorgane, des Ordnungswahns und der rassistischen Senatspolitik angreifen wo immer es uns möglich ist.
-- Deshalb wurde ein bisschen (mehr) "Terror im Kiez" gestiftet und in der Nacht von Dienstag das Ordnungsamt in Neukölln, Juliustraße, entglast.
Solidarität mit allen, die vom Ordnungsamt und Bullen täglich schikaniert werden!
Für ein Leben, das anders gedacht werden muss, als es diese Behörden für uns vorsehen.
Solidarität mit "Sand im Getriebe"!
super aktion!
laut tagesspitzel 17scheiben...
https://linksunten.indymedia.org/de/node/124886
Polizei und Presse
Tagesspiegel: Steinattacke auf das Neuköllner Ordnungsamt (Website / Kopie auf Linksunten)
Polizeipressemeldung:
Auch im gedruckten Tagesspiegel vom 16.10.2014
blub
Schöne Sache! ... allerdings hätte der Artikel vielleicht ein bisschen mehr Struktur gebrauchen können, ansonsten gut.