Jetzt ist es amtlich: Der Pannenhelfer fährt sowieso an der nächsten Abfahrt raus. Außerdem erlaubt der Chef es nicht. Und das Auto ist schon voll wie für zehn Passagiere. Dazu Versicherungsvertrag mit Sekundenschlaf-Subvention. Doch dann: Gestern noch Alleinunterhalter mit Lichthupe, heute schon Radaropfer mit Abwrackprämie. Der Chef sagt er hätte von der Überladung nichts gewusst. Da lacht der ganze Stau: Probieren Sie die Ausrede mal in der Güterfrachtkontrolle. Oder besser noch, fragen Sie ihn ob er schon mal die Möglichkeit erwogen hat im Privatauto ein Warndreieck mitzuführen.
Die ADAC-Affäre besticht durch ihre Einfachheit: Da verwandelt sich alles was die Regierungskoalition anfasst innerhalb von Tagen zu Kompost, doch das Thema der veröffentlichten Meinung ist eine hohle Geschichte darüber dass „der Deutschen liebstes Kind“ sein Weihnachtsgeschenk in übertrieben großer Verpackung dargereicht hat. Wenn das die einzige routinemäßige Fälschung ist, so möchte es scheinen, dann könnte davon zur Tagesordnung übergegangen werden. Was mit der Organisation passiert ist wäre so wie der Wohnmobilunfall auf der Gegenfahrbahn, der dazu verleitet erst stark verzögert wahrzunehmen dass ganz vorne im Stau schon wieder freie Fahrt ist.
Doch vieles deutet darauf hin dass es um weitaus mehr als nur um Autos geht. Wenn der Pannenservice eine derartige Panne erleidet dann kann das nur die Spitze eines Eisbergs sein, und das Ausmaß der Schäden an den gesellschaftlichen Institutionen lässt sich daraus erschließen welche Dimensionen ein solcher Betrug im Kontext intakter Institutionen annähme – derlei Geschäftsgebaren hätte sich schlichtweg schon in seiner Startphase erschöpft. Dass es ohne vernehmbare Gegenstimme so lange gepflegt werden konnte bis es selbst als Zinnsoldatenopfer zur Vernebelung einer größeren Lüge herangezogen wurde ist in erster Linie eine Aussage über eine autoritäre Kontrollgesellschaft die sich in – Vorsicht Unwort! – ethischen Säuberungen suhlt. Um den Zusammenbruch der großen Lüge von der parlamentarischenb Demokratie als bester aller angebotenen Welten noch ein klein wenig aufzuschieben überbietet ein mediales Ablenkungsspektakel das andere, bis das schließlich sogar auf Kosten all der kleineren Lügen geht mit denen sie groß geworden ist. Wer es ganz eitel sehen mag, könnte die Sache gar für eine Art „Airbag“ halten die einen Institutionen-Crash medial zu dämpfen versucht.
Die Lebenslüge der Automobilindustrie ist schnell erzählt: Der angebliche Motor der nationalen Wirtschaft ist in Wirklichkeit nur die zivile Karosserie des militärisch-industriellen Komplexes, die aberwitzige Überproduktion von Autos und der dementsprechend absurde Verdrängungs- und Verschlingungswettbewerb der Herstellerkonzerne bloß die betörende Nebenwirkung bestechend lukrativer Panzergeschäfte. Ohne eine Rüstungsindustrie im Rücken die als völkerrechtswidrige Kriegswirtschaft von externen Blutgeldern in Gang gehalten wird würden die Rechnungen der deutschen Autofirmen schon lange nicht mehr aufgehen. Dazu kommen weitere zivile Subventionen wie die daraus resultierenden überproportionalen Investitionen in Straßenbau.
Die vorgebliche ökonomische Hauptantriebskraft ist tatsächlich nur Abfallprodukt eines Geschäfts über das die kapitalistischen Politiker nur dann reden wenn sie sich gegenseitig vorwerfen wer in seinen Entscheidungen die Menschenrechtskriterien für Rüstungsexporte noch lockerer interpretiert habe als die jeweils eigene Partei. Rüstungskonversion bedeutet daher nicht nur im Autobereich zunächst einmal Entzerrung der Marktrahmenbedingungen – d. h. Wegfall der nur zu Dumpingzwecken vorgehaltenen Überkapazitäten, Abschied von einer wachstumsfixierten Infrastrukturpolitik, Konsolidierung mit geschrumpftem und weiter schrumpfendem Umfang, Ausdehnung der wirtschaftsmäßigen Abrüstung auf die Sektoren Luft- und Seefahrt sowie alle damit zusammenhängenden Großtechnologien.
Weniger Panzer heißt also nicht mehr Autos sondern weniger Autos. Oder umgekehrt, die Krise der Überproduktion – und als Beispiel deren typischer Erscheinungsform darf die derzeitige Affäre gewertet werden – ist darauf zurückzuführen dass die Branche eine ebenso abhängige wie überdrüssige Dienstleisterin der Kriegswirtschaft ist. Dialektisch betrachtet ist die Neuigkeit von Manipulationen auf der Bestsellerliste für Autos also ungefähr so bedeutend wie die Feststellung dass im Soldatenbordell die Schminke besonders dick aufgetragen wird. Ist das nicht eine verhältnismäßige Geste aus einer misslichen Lage heraus, die auf ihre Weise auf einen sehr viel schlimmeren Missbrauch aufmerksam macht? Wäre nicht umgekehrt die Tilgung des Anzeichens bei Fortdauer der Ursache eine Lüge?
Gelogen ist auch die Geschichte von den Arbeitsplätzen durch Straßenbau. Die Baufirma zieht nach Fertigstellung weiter oder entlässt. Die Infrastruktur und die Kaufkraft die mit dem Verkehr kommt lassen keine neuen entstehen sondern ziehen lediglich die vorhandenen an, die Fläche entleert sich. Der Subventionseffekt verpufft nach kurzer Zeit. Dass nach dem Fall der „Grafschaft Ramsauer“ infolge der im Auffahrunfall auf den Bespitzelungs-Skandal verunglückten Mautdebatte jetzt allmählich die Lehen in den Industrie- und Lobbyorganisationen wegzubröckeln beginnen ist ebenso folgerichtig. Der plötzlich so wendehalsige Autolobbyist setzt mit der unzeitigen Selbstbezichtigung jedoch auch ein Zeichen dass er seiner Rolle als Galionsfigur der Gesamtwirtschaft auf nachgerade absurde Weise durchaus gerecht wird: Nullen anhängen um die Mitspieler am schrecklichen Ende der Kriegswirtschaft mit pferdestarken Profitraten bei Laune zu halten, ist das nicht die hinlänglich bekannte Krisenverschleppungstaktik der europäischen Zentralbank?
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Siehe auch:
- Das große Debakel der sozialkonservativen Kollision (15.12.) - https://linksunten.indymedia.org/de/node/101518
- Die Kanzleramtsaffäre und die Deutschen (7.1.) - https://linksunten.indymedia.org/de/node/102951
- Menschliche Schutzschilde für den Restadel? (14.1.) - https://linksunten.indymedia.org/de/node/103417
Hä?
Solche Artikel sind mir irgendwie zu kompliziert.