Am
Donnerstag, dem 14.11.2013, wurden gegen 22 Uhr auf dem potentiellen
Baugrund einer Moschee im Leipziger Stadtteil Gohlis, fünf aufgespießte
Schweineköpfe platziert. Die Täter, die vermutlich aus dem Umfeld einer
"Bürgerinitiative" stammen, erhofften sich offensichtlich den Baugrund
damit zu entweihen und die Baupläne somit zu stoppen. Aufrufe zu einer
solchen Aktion, gab es in den vergangenen Wochen auf einer Facebookseite
der rechten Moscheegegner zu Hauf. Die, bisher hauptsächlich virtuell
in Erscheinung getretene, "Bürgerinitiative Gohlis sagt Nein" setzte
sich vor allem aus organisierten Neonazis, kruden
Verschwörungstheoretikern, rassistischen Anwohnern und einer
Funktionärin der Leipziger CDU zusammen. Letztere distanzierte sich
einen Tag vor dem Anschlag, von "rechtsextremistischen oder beleidigenden Bestrebungen" der rechten Moscheegegner.
Unglaubhafte Distanzierung
Einen
Tag nachdem die Schweineköpfe plaziert wurden, setzte eine
Distanzierungswelle bei den rechten Moscheegegnern ein. Die
"Bürgerinitiative Gohlis sagt Nein" spricht auf ihrer Facebookseite von
"Hardcore-Provokationen", mit denen "die linksgestrickten Medien
versuchen [...] ganz sicher Sympathie-Kapital für die Islamisten
herauszuschlagen." Eine mehr als heuchlerische Stellungnahme, bedenkt
man, dass Aufrufe zu dieser Aktion auf der Seite der "Bürgerinitiative"
massenweise zu finden sind und von den Seitenbetreibern bisher nicht
beachtet oder geahndet wurden. Die meisten Unterstützer der Seite, die
sich zu Wort melden, haben aber trotzdem deutlich mehr Probleme damit,
ihre Ablehnung auszudrücken. Die Rede ist von einer "kreativen Idee, die von tiefer Verbundenheit zum deutschen Volk geprägt sei", von einer "legitimen Methode" oder von "außergewöhnlichen Situationen, die außergewöhnliche Taten verlangen". Andere vermuten die Täter gar in einer ganz anderen Richtung. Ein Kommentator spekuliert, "Ist doch. Bekannt das die Presse auch gerne mal nachhelfen tut um das zubekommen was sie sehen und haben möchte" (Fehler im Original), ein anderer schreibt "unseren
linken Isalmfreunden ist in dieser Beziehung allerdings auch alles zu
zutrauen um den Wiederstand gegen den Moscheebau in Mißkredit zu
bringen - wäre nicht das erste mal das mit solchen Aktionen der Krampf
gegen Rääächts angeheizt werden soll!" (Fehler im Original). Andere drohen offen mit weiterreichenden Aktionen: "noch sind es nur Schweineköpfe, sollte dieses "Objekt" wirklich gebaut werden wirds noch andere Vorkomnisse geben" (Fehler im Original)
Kommentare, die auf der Facebookseite der "Bürgerinitiative" gepostet wurden
"noch sind es nur Schweineköpfe"
Die Leipziger CDU und (k)eine Positionierung
Man wolle "die Ängste und Befürchtungen der im Umfeld wohnenden Menschen sehr ernst nehmen und man verwahre sich "dagegen, dass jeder, der sich kritisch zum Moscheeneubau äußert, in die rechtsextreme Ecke gestellt oder gedrängt werden soll.", erklärte die Leipziger CDU am 12.11.2013. Außerdem stehe man "uneingeschränkt und ohne Wenn und Aber zur im Grundgesetz garantierten Religionsfreiheit in Deutschland", trotzdem solle die Stadt Leipzig prüfen "ob es alternative Standorte gibt".
Eine windelweiche "Positionierung", die eigentlich keine ist. Aber für
den Leipziger CDU-Vorstand kein Problem denn das zeige, dass man "eine lebendige Partei mit hoher Diskussionskultur sei".
Die Leipziger CDU-Funktionärin Katrin Viola Hartung
Deutlichere
Worte findet dagegen eine Funktionärin der Leipziger CDU. Katrin Viola
Hartung, Beisitzerin im CDU-Ortsverband Leipzig-Süd und Mitglied des
Evangelischen Arbeitskreises der CDU, trat mehrfach als Mitglied der
"Bürgerinitiative" öffentlich in Erscheinung. Seit Bestehen der
"Bürgerinitiative Gohlis sagt Nein" kommentierte sie auf deren
Facebookpräsenz und bot sich an, diese bei der Öffentlichkeitsarbeit zu
unterstützen. Ein Zeichen für die hohe Diskussionskultur innerhalb der
Leipziger CDU? Hartung setzte zudem zwei Onlinepetitionen, die sich
gegen den Moscheebau richten, auf und bewarb diese offensiv. Offen
rassistische und menschenverachtende Kommentare auf der Seite der
"Bürgerinitiative" blendete sie stets aus, im Gegenteil. Am 05.11.2013
postete Katrin Viola Hartung einen Artikel des neonazistischen Bloggers
Michael Merkle, der unter dem Pseudonym "Michael Mannheimer" auftritt.
Merkle selbst ist einschlägig vorbestraft und betreibt mutmaßlich das
extrem rechte Hetzportal "Nürnberg 2.0". Umso seltsamer mutet es an,
dass Hartung am 13.11.2013 eine Pressemitteilung verschickte, in der sie
sich von "rechtsextremistischen oder beleidigenden Bestrebungen" der Bürgerinitiative distanzierte.
Katrin Viola Hartung featuring "Michael Mannheimer"
Die "Bürgerinitiative" abseits der Schweineköpfe
Bereits
von Anbeginn, kam die "Bürgerinitiative Gohlis sagt Nein" Beobachtern
seltsam vor. Dieser Eindruck verstärkte sich zusehends. Offene Werbung
für die NPD wurde und wird von den Administratoren geduldet, während
kritische Stimmen zum rassistischen Tenor der Seite gelöscht werden. Die
"Bürgerinitiative" selbst teilt unter anderem Berichte von oben
erwähntem "Michael Mannheimer", dem verschwörungstheoretischen
"Kopp-Verlag" und die von Katrin Viola Hartung ins Leben gerufenen
Onlinepetitionen. Auch der Ton in der Diskussion wurde zunehmend rauher.
Die Anonymität in der die selbsternannte "Bürgerinitiative" bis heute
verharrt, wurde stets mit einer vermeintlichen "Angst vor linksextremen
Übergriffen" begründet. Konterkariert wird dies allerdings durch Aufrufe
Daten von Gegnern und Moscheebefürwortern zu sammeln. Zuletzt wurde ein
Bild der Leipziger Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau mit dem Zusatz "der ist das alles zu verdanken" veröffentlicht.
Rechte Datensammelwut