SH: Antifa-Bustour geht an die Substanz

Kundgebung vor dem “Eselpark Nessendorf”

- Antifaschistische Bustour zu Objekten der rechten Geschäftswelt im Kreis Plön, Neumünster und Kiel
- Neumünsteraner Polizei erteilt den Antifaschist_innen ein faktisches Stadtverbot für Neumünster und verhindert Kundgebungen vor Neonazi-Treffpunkten “Club88″ und “Titanic”
- Erfolgreiche Aktionen beim Verlag “Lesen und Schenken”, “Heilcentrum Pless” und “Eselpark Nessendorf”

 

Heute, am 5. Oktober 2013 fanden im Rahmen einer antifaschistischen Bustour der Kampagne “An die Substanz – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben” verschiedene Kundgebungen gegen Objekte der rechten Geschäftswelt und Infrastruktur in Schleswig-Holstein statt. Zwei Aktionen in der langjährigen Neonazi-Hochburg Neumünster, die bei den bekannten rechten Treffpunkten “Titanic” und dem nunmehr seit 17 Jahren existenten “Club88″ stattfinden sollten, wurden von der Polizei verhindert, indem sie 50 Antifaschist_innen mit einem faktischen Stadtverbot belegte. Am frühen Nachmittag stoppte diese den Bus an der Stadtgrenze, hinderte ihn am Weiterfahren und untersagte nicht nur Kundgebungen an den betreffenden Orten, sondern auch die Anmeldung einer spontanen Kundgebung gegen die repressiven Maßnahmen am Großflecken in der Neumünsteraner Innenstadt. Eine von der Polizei ins Spiel gebrachte Ausweichkundgebung in einem Randbezirk lehnten die Teilnehmer_innen als inakzeptabel ab.

 

Stattdessen wurde spontan eine Kundgebung in der Kieler Innenstadt durchgeführt, wo der langjährig aktive Neonazi Henning Pless das “Heilcentrum Pless” betreibt. Dieses wurde insbesondere in den vergangenen Wochen wiederholt Ziel von antifaschistischen Protesten, die auf die Verstrickungen seines Betreibers in die Vordenkerschaft der völkischen Rechten und gebietsrevisionistische Initiativen hinwiesen. Die etwa viertelstündige Kundgebung verlief störungsfrei.

Zuvor hatten am Vormittag bereits Aktionen im Kreis Plön stattgefunden. In Nessendorf versperrten die Aktivist_innen für etwa 30 Minuten die Zufahrt zum dortigen “Eselpark” mit einer Schranke und bezogen sich auf die seit Jahren bekannte Unterstützung der NPD durch seinen Gründer Eckart August. Noch während der Kundgebung erschien der Sohn Eckart Augusts, Friedrich August, und hielt eine Ansprache an die Aktivist_innen in welcher er erklärte nun schon seit einigen Jahren der Betreiber des Eselparks zu sein, und entgegen der Historie seines Vaters selbst zu keinem Zeitpunkt Verbindungen mit rechter Politik gehabt zu haben. Eckart August, habe nach der Aussage seines Sohnes keine geschäftliche Beziehung mehr zu dem Park. Die genannten Veränderungen in der Geschäftsstruktur sowie den politischen Ansichten der Betreiber des „Eselparks Nessendorf“ sind einer Öffentlichkeit zum jetzigen Zeitpunkt nicht zugänglich und somit schwer überprüfbar. So wurde Friedrich August aufgefordert eine Distanzierung von den rechten Aktivitäten seines Vaters und dem dahinter stehenden Weltbild und Organisationen, auch öffentlich nachvollziehbar zu machen. Es bleibt abzuwarten wie sich Friedrich August nun verhält, ob er bereit ist die rechte Geschichte seines Vaters aufzuarbeiten und selbst Distanz zu diesen Strukturen versichern kann.

 

Im Anschluss an diese, erste Station der antifaschistischen Bustour fand ein etwa halbstündiger Aufenthalt in der Ortschaft Martensrade statt, wo der Neonazi Dietmar Munier wohnhaft ist und mit “Lesen und Schenken” einen der bundesweit einflussreichsten rechten Verlage betreibt. Hier wurden eine Kundgebung durchgeführt und Flugblätter im Dorf verteilt. Nachdem bei einer anschließenden antifaschistischen Ortsbegehung auf dem Firmengelände zunächst niemand angetroffen werden konnte, zeigte sich der bei Munier beschäftigte stellvertretende NPD-Landesvorsitzende Jens Lütke am Straßenrand, als die Aktivist_innen sich bereits wieder im Aufbruch befanden und veranschaulichte damit den braunen Anstrich des Anwesens nochmals unverkennbar. Die Reaktionen der Anwohner_innen in Martensrade auf die Intervention war durchweg positiv und schien auf Interesse zu stoßen. Es scheint als würde ein Vorgehen gegen Muniers braunen Verlag durchaus begrüßt werden.

 

Die Tour ist für die Kampagne trotz der nicht-stattgefundenen Kundgebungen in Neumünster – welche es natürlich nachzuholen gilt – ein Erfolg gewesen, da wir dort, wo wir nicht in unserem Anliegen behindert wurden, Druck auf neonazistische Gewerbetreibende aufzubauen, erkenntnisreiche Eindrücke von der Situation vor Ort gewinnen und gleichsam auf die Gegenwart rechter Infrastruktur in der Region hinweisen bzw. diese in Erinnerung rufen konnten. Insbesondere in Nessendorf kann viel in Bewegung geraten, wenn unser Drängen auf eine ehrliche Auseinandersetzung mit den rechten Verbindungen des „Eselparks“ als unerlässlich angenommen wird anstatt weiterhin auf den vermeintlich schützenden Mantel des Schweigens zu vertrauen. Daran werden wir auch zukünftig anknüpfen!

 

Die Kampagne “An die Substanz – rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben” startete bereits im August. Verschiedene antifaschistische Initiativen rufen in diesem Zusammenhang dazu auf, rechte Rückzugsräume und Geschäftswelten aus der Deckung zu holen und anzugehen. Neben gemeinsamen öffentlichen Aktionen können sich alle Antifaschist_innen, die sich als Teil der Kampagne begreifen wollen, mit ihren eigenen Inhalten und Aktionsformen einbringen.

 

Über den Polizeieinsatz erschien ein Artikel im Holsteiner Courier.

 

An die Substanz!

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Bei allem Respekt für euer Engagament: Interessante Anspruchshaltung gegenüber Herrn August junior. Jetzt reicht es schon nicht nicht mehr aus, wenn man nichts mit rechter Politik zu tun hat und auch noch nie entsprechend aufgefallen ist, nein, man ist jetzt gegenüber "der Öffentlichkeit" (gemeint ist zwischen den Zeilen natürlich "gegenüber uns!") schon beweispflichtig dafür. Generationenübergreifend schuldig bis zum Beweis des Gegenteils!

Wenn du dich etwas informieren würdest, wäre dir klar geworden, dass die Behauptungen von Friedrich August zumindest fragwürdig sind und er damit erst einmal den Nachweis bringen muss, dass er recht hat, bzw. sollte er erstmal seine Inhaberschaft des Eselparks belegen. Schließlich läuft das Firmen-Impressum und die Domain des Eselparks auf Eckart August, der doch angeblich seit Jahren nichts mehr mit dem Laden zu tun hat. Ich finde es da schon angemessen, dass Antifaschist_innen darauf bestehen, dass sich die Familie August dazu erklärt. Eine Firma offiziell auf einen  Nazi (Eckart August) laufen zu lassen der damit nichts mehr zu tun haben soll ist schon eine gewagte Konstruktion.

 

Die Hintergründe zu Eckart August wurden auch in einem Artikel von Andrea Röpke zusammengefasst: http://www.antifa-kiel.org/index.php/news/items/weitere-verbindungen-des...

 

Eckart August aktuell im Impressum des Online-Shops des Eselparks: http://www.x-sale.de/shop/1000000048/

 

Nichtsdestotrotz hat ja scheinbar auch die Kundgebungstour innerhalb der Familie August Diskussionen angestoßen, vielleicht kommt ja jetzt eine ernsthafte Distanzierung von der braunen Vergangenheit und dann hätte die antifaschistische Kundgebung ja vielleicht zu einem fruchtbaren Prozess geführt. Hoffen wir es!