Gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft – Gegen Rassismus
Seit im Juni bekannt wurde, dass in Berlin-Hellersdorf eine Notunterkunft für Geflüchtete entstehen soll, ist der Ortsteil zu einem bekannten Beispiel für die rassistische Mobilmachung gegen Geflüchtete geworden. Die Hetze einer rassistischen Bürgerinitiative stieß auf breiten Zuspruch von Anwohner_innen. Organisierte Neonazis veranstalteten zahlreiche Kundgebungen und Propagandaaktionen. Etliche Anwohner_innen schufen durch rassistische Kommentare und sogar Hitlergrüße ein Klima, in dem sich die Nazis wohlfühlen können. Doch vor Ort zeigt sich auch Protest gegen dieses rassistische Stimmung. Viele Menschen protestierten gegen die Nazi-Kundgebungen, gaben Sachspenden und boten vielfältige Unterstützung an. Für den 3. Oktober rufen wir zu einer breit getragenen antirassistischen Demonstration in Hellersdorf auf, um uns mit den Geflüchteten solidarisch zu zeigen. Zeigen wir gemeinsam, dass in Berlin kein Platz für Rassismus ist!
Die Situation vor Ort
Der vorhandene Rassismus zeigte sich offen auf einer Informationsveranstaltung des Bezirks am 09.07.: hunderte Anwohner_innen wetterten gegen Asylsuchende und deren Unterbringung in „ihrem Kiez“. Stadtbekannte Neonazis konnten öffentlich gegen Geflüchtete hetzen, unter dem Beifall von einem Großteil der Anwesenden. Federführend war dabei die vermeintliche „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“, die sich über Facebook organisiert und rassistische Anwohner_innen und Neonazis unter einem unverdächtigen Label zusammenbrachte und dies auch weiterhin versucht. Die hilflose Reaktion des Bezirksbürgermeisters reduzierte sich im Nachhinein auf Schuldzuweisungen gegen „Linke und Rechte von außerhalb“. Der sich offen bahnbrechende Rassismus von Anwohner_innen wurde einfach geleugnet. Jetzt fühlen sich einige Hellersdorfer_innen vor allem als Leidtragende der bundesweiten medialen Aufmerksamkeit. Wenn die Bezirkspolitik nun fordert, dass „endlich Ruhe“ einkehren soll, dann darf nicht vergessen werden, dass erst die antirassistischen Aktivist_innen vor Ort den Nazis den Boden streitig gemacht haben. Wenn Polizeipräsident Kandt vermeintliche „Rechts-Links-Konfrontation“ als das größte Problem sieht, dann verharmlost dies das alltägliche rassistische Klima, die beinahe täglichen rassistischen Aktionen rund um die Unterkunft und die Angriffe auf mehrere Geflüchtete.
Rassismus – Deutsche Realität
Die hässliche Fratze des Rassismus zeigte sich in Hellersdorf nun auch einer breiten Öffentlichkeit und rief große Empörung hervor. Trauriger Fakt ist aber, dass Rassismus zum Alltag von Geflüchteten und derer gehört, die als abweichend von der sogenannten deutschen Mehrheitsgesellschaft wahrgenommen werden: er äußert sich in Form von Benachteiligung in Schule und Ausbildung, bei der Jobsuche oder in willkürlichen Polizeikontrollen auf dem Bahnhof einfach nur wegen des Aussehens. Hinzu kommt die aufgezwungene, menschenunwürdige Unterbringungssituation von Geflüchteten in Lagern und sogenannten Notunterkünften. Einrichtungen wie in Hellersdorf sind seit Jahren traurige Praxis in Deutschland und durch eine Reihe von rassistischen Sondergesetzten legitimiert. Diese regeln die Unterbringung, schränken die Bewegungsfreiheit der Geflüchteten ein und belegen sie mit einem Arbeitsverbot. Es wird klar, dass Ausgrenzung, Perspektivlosigkeit und ein Leben am Existenzminimum kalkuliert und politisch gewollt sind. Diese gesetzlich legitimierte Ungleichbehandlung wurde 1993 nach rassistischen Pogromen mit der faktischen Abschaffung des Asylrechts durch eine besonders breite Koalition von CDU, FDP und SPD beschlossen und weiterhin durch amtierende Innenpolitiker_innen verteidigt. Diese Anti-Asyl-Politik wurde zum Vorbild der europäischen Flüchtlingsabwehr: Geflüchtete, die über vermeintlich “sichere Drittstaaten” eingereist sind, werden abgeschoben und sämtliche umgebenden EU-Staaten dadurch Teil des deutschen Abschottungsregimes. Die militarisierte Grenzschutz-Agentur FRONTEX zwingt Flüchtende Tag für Tag auf lebensgefährliche Routen. Wer Europa erreicht, wird einem Kontroll- und Abschiebesystem unterworfen und meist dem Einreiseland zugewiesen, wo die Unterbringung in oft völlig überfüllten Lagern, soziale Entrechtung und der Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben der Normalfall sind.
Wenn sich am 3. Oktober Deutschland für gelungenes Krisenmanagement, Integration und Wirtschaftswachstum feiert, wollen wir dieser Selbstvergewisserung etwas entgegen setzen. Im nationalen Taumel zwischen Sportevents und vermeintlich guten Wirtschaftszahlen wird ausgeblendet, dass Morde und Angriffe aus rassistischen und
nationalistischen Gründen zum Alltag in diesem Land gehören. Die
Stimmung in Deutschland ist derzeit alles andere als solidarisch mit
Menschen, die vor Krieg, politischer Verfolgung geflüchtet und für ein
besseres Leben hier her gekommen sind. Somit steht die Losung „Refugees
Welcome“ für uns vor allem für eine Forderung und Aufforderung an alle.
An Stelle von gegenseitiger Konkurrenz, wollen wir eine Kultur der
Solidarität, statt einem Klima der Ausgrenzung eine Willkommenskultur
setzen. Konkret bedeutet dies auch die Forderungen und selbst
organisierten Proteste von Geflüchteten wie beispielsweise das Berliner
Refugee-Protest-Camp am Oranienplatz zu unterstützen. Dort leben und
organisieren bis heute viele der Geflüchteten ihren Widerstand, die
letztes Jahr die ihnen zugewiesenen Lager verlassen und ihre Forderungen
mit einem Protestmarsch nach Berlin getragen haben. Bereits jetzt
erfahren die Geflüchteten in Hellersdorf viel Solidarität durch
Sachspenden oder Menschen die Sprachkurse und andere Unterstützung
anbieten. Zeigen wir am 3. Oktober, dass Rassismus hier keinen Platz hat
und wir gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft und ein wirkliches
Recht auf Asyl eintreten- ohne Diskriminierung und rassistische
Sondergesetze.
Gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft – gegen Rassismus!
Am 03.Oktober um 15 Uhr am Cecilienplatz (U5, Bahnhof Kaulsdorf Nord) - Treffpunkt für gemeinsame Anreise: 14.30 Uhr vor dem S-Bahnhof Frankfurter Allee
Weitere Informationen auf dem Antirassistischen Infoportal Hellersdorf und am Demo-Tag auf dem Twitter-Ticker.
die demo- wer mit wem ?
schon wieder macht ein auf den ersten blick unterstützenswertes bündnis gravierende fehler...
weder werden die geflüchteten bewohner*innen des heimes in hellersdorf mit einbezogen in die planung, noch wird problematisiert dass es eine nahezu 100 prozentige weiße antifa szene ist, die hier stellvertreter*innen politik macht.
gerade in hellersdorf gab es in den vergangen wochen schon zu viele konflikte und missverständnisse die ein resultat der herablassenden paternalistischen haltung vieler antifa' oder antira' aktivist*innen waren.
was bringt die demo? der stadtteil hellersdorf ist und bleibt eine nogo area, die geflüchteten stehen auch weiterhin alleine da (bis auf ein paar ausnahmen). und die fleißigen soziale arbeit studierenden von der alice salomon hochschule haben endlich ein so interessantes forschungsprojekt und ein thema für ihre bachelor arbeit.
werden die geflüchteten mit einbezogen, gefragt, informiert über geplante aktionen?
und am sonntag sind dann alle großstadt antifas wieder innerhalb des ringes, in fhain, kreuzberg oder neukölln, mit dem guten gewissen ihre antirassistische haltung mal wieder unter beweis gestellt zu haben...
so entsteht der eindruck sie wären nur passive opfer denen sich die deutsche linke annehmen muss. und wenn die geflüchteten ihnen nicht nicht mit offenen armen und tausend dank begegnen, sondern die entmündigende haltung kritisieren herrscht plötzlich ratlosigkeit bei den antifas...
nach den massiven und solidarischen support für proteste von geflüchteten menschen in den letzten 2 jahren ist dieses bündnis und ihre aktionen ein enormer rückschritt!
ahja..
1. Warum machst Du die Kategorie weiß/nicht-weiß auf? Ziemlich merkwürdig für einen angeblich emanzipatorischen Menschen, finde ich.
2. Schon mal den Aufruf gelesen? Nein? Hier, ein Satz aus dem letzten Absatz: "Konkret bedeutet dies auch die Forderungen und -selbst organisierten Proteste- von Geflüchteten wie beispielsweise das Berliner Refugee-Protest-Camp am Oranienplatz zu unterstützen."
" Bereits jetzt erfahren die Geflüchteten in Hellersdorf viel Solidarität durch Sachspenden oder Menschen die Sprachkurse und andere Unterstützung anbieten."
Und wer in Berlin mit Geflüchteten an/bei Asylbewerber*innen-Lagern zusammenarbeitet (will),etc. der wird feststellen, dass es da (meist verständliche) Vorbehalte gibt seitens vieler Refugees, auch Angst,usw. und die Mobilisierung für eine Demonstration bei den Refugees gerade in der Anfangszeit sich meist eher schwierig gestaltet und mensch nicht gleich einen eigenen Refugee-Block auf ner Demo stellen kann (oder was auch immer Du Dir vorstellst)..
Trotzdem hast Du grundsätzlich Recht mit Deiner Kritik,finde ich, was aber nicht heißt, dass sie immer(!) zutreffend ist - besonders nicht bei der speziellen Situation in Hellersdorf! Es scheint als hättest Du eher wenig Erfahrung bezüglich Asylbewerber*innen-Lagern - außerhalb Kreuzhain's- gesammelt.
3. "was bringt die demo?" - Sag mal, geht's noch? Wenn eine Demo überhaupt jemals etwas bringt dann dort! Allein schon um antifaschistische/emanzipatorische Gegenpositionen zu den weit verbreiteten, latent rassistischen Diskursen im Kiez wenigstens sichtbar zu machen.
Scheint Dir ja egal zu sein, aber in Hellersdorf und Umgebung leben nicht wenige Antifaschist*innen und emanzipatorische Leute, die sich nicht mit rassistischer Hegemonie (wo auch immer) abfinden wollen. Unfassbar was Du hier ablässt!