Vergewaltigung einer Minderjährigen: "Sie war komplett am Ende"

Erstveröffentlicht: 
11.09.2013

Prozess am Landgericht

Ein 24-jähriger Mann ist von der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er ein 15-jähriges Mädchen vergewaltigt hat.

 

Von Frank Zimmermann

 

Ein 24-jähriger Mann ist am Dienstagnachmittag von der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts wegen Vergewaltigung eines 15-jährigen Mädchens im vergangenen März zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt worden. Zudem muss er der Jugendlichen Schmerzensgeld zahlen und sämtliche Kosten übernehmen, die ihr aufgrund der Tat entstanden sind und noch entstehen. Über die Höhe des Schmerzensgelds muss ein Zivilgericht noch gesondert entscheiden.

Im Vorfeld der zweitägigen Verhandlung hatte es eine "Verständigung" zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft, dem Verteidiger des Angeklagten und der Anwältin des Opfers gegeben. Diese besagte, dass im Falle eines umfassenden Geständnisses der Angeklagte eine Freiheitsstrafe zwischen zwei Jahren und acht Monaten und zwei Jahren und elf Monaten zu erwarten habe.

Für das minderjährige Opfer bedeutete diese Vereinbarung, dass es vor Gericht nicht noch einmal zu Einzelheiten der Tat aussagen musste. So schilderte die heute 16-Jährige, wie ihr Leben seit der Tat aus den Fugen geraten ist: Schulabbruch, Konzentrationsstörung, Weinkrämpfe, Schlafstörungen und depressive Zustände waren die Folgen (die BZ berichtete). Zu einer Psychotherapie sei sie derzeit nicht in der Lage.

Am Abend des 8. März, einem Freitag, war die damals 15-Jährige mit gleichaltrigen Freunden unterwegs. An der Straßenbahnhaltestelle Runzmattenweg begegnete sie dem damals 23-jährigen Täter, den sie nicht kannte, und zwei Begleitern. Sie ging – ohne ihre Freunde – mit den drei Männern zuerst in einem Supermarkt am Bischofskreuz Alkohol kaufen und danach in eine Unterführung nahe dem Telekom-Bürogebäude an der Ecke Berliner Allee/Sundgauallee. Ihre Freunde wollte sie später wieder treffen.

In der Unterführung hörte die Gruppe Musik, tanzte und rauchte einen Joint. Der Täter habe sie angetanzt, sie habe ihn aber gleich unsympathisch gefunden, schilderte das Mädchen der Polizei. Dabei kam es wohl auch zu ersten Berührungen. Später wollte das Mädchen die drei Männer verlassen, um ihre Freunde wieder zu treffen; der Angeklagte folgte ihr als Einziger bis auf einen Parkplatz. Als sie vor ihm flüchten wollte, riss er sie zu Boden und vergewaltigte sie mehrfach, ehe er sie gehen ließ. Weinend und völlig verstört und verängstigt lief die Jugendliche einer Gruppe von Ministranten in die Arme, die die Polizei rief. "Sie war komplett am Ende", gab einer der Jugendlichen bei der Polizei zu Protokoll.

Anwalt Mandic sorgt mit seinem Plädoyer für Unverständnis beim Gericht

Der Vorsitzende Richter David Stuhlmann fand die Aussagen des Opfers vor Gericht glaubwürdig; dessen Schilderungen deckten sich mit dem Spurenbild der Rechtsmedizin. Auch die Polizei habe die Berichte der Jugendlichen schlüssig gefunden. Über deren Aussagen nach der Tat berichteten zwei Polizistinnen in der Verhandlung. Das Mädchen habe furchtbare Angst gehabt, den Tatort noch einmal aufzusuchen, schilderte eine Kommissarin ihre Eindrücke.

Auch wenn der Täter vier Mal in sein Opfer eingedrungen sei, handelte es sich – rechtlich gesehen – um nur eine Vergewaltigung, erklärte Staatsanwalt Stephan Hofsäß. Richter Stuhlmann ergänzte, dass hier von einem besonders schweren Fall auszugehen sei. Zulasten des Täters führte er dessen Vorstrafen an: Beleidigung, Sachbeschädigung und Schwarzfahren bis hin zu gefährlicher Körperverletzung. Gegen den 24-jährigen Täter sprächen auch die erheblichen psychischen Folgen, unter denen das Mädchen zu leiden habe, und dass er es mehrfach und auch ungeschützt vergewaltigt habe. Zudem lastete der Richter dem Angeklagten an, dass er seinem Opfer mit Gewalt und sogar mit dem Tode gedroht habe.

Zugunsten des Täters legte das Gericht bei der Abwägung des Strafmaßes aus, dass dieser in der Verhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte. Für das Mädchen sei dies eine Erleichterung gewesen, weil es nicht mehr zu Details der Tat aussagen musste, sagte Richter Stuhlmann. Er wies darauf hin, dass der Angeklagte "aller Voraussicht nach" auch ohne Geständnis verurteilt worden wäre – beim Abgleich von Sperma und DNA des Täters gab es eine Übereinstimmung, stellte die Rechtsmedizin fest.

Für Unverständnis beim Gericht hatte das Plädoyer von Dubravko Mandic, dem Anwalt des Angeklagten, gesorgt. Das Mädchen, dessen Verhalten "aufgeschlossen" und "gefahrengeneigt" gewesen sei, habe mit dem Angeklagten und dessen Gefährten zunächst "gechillt", seinen Mandanten dann "offensiv angetanzt" und dadurch sexuell erregt. "Irgendein Schalter muss da bei ihm umgelegt worden sein, dass seine Triebe übermächtig wurden", sagte Mandic. "Eine Vergewaltigung findet nicht unabhängig von sexuellen Reizen statt", und die seien hier gesetzt worden, führte er weiter aus. "Der Mensch ist nicht immer Herr seiner Triebe", erklärte der Anwalt. Für Vergewaltigungsverhalten gebe es eine genetische Disposition. Hinzu komme: Der Marihuana-Konsum habe bei seinem Mandanten das Übrige getan und dessen sexuelle Triebe gesteigert.

"Wir teilen die Ausführungen des Verteidigers nicht und können sie grundsätzlich nicht nachvollziehen", sagte Richter Stuhlmann am Ende des Prozesses.

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Mandic ist im Schiedsgericht der „Alternative für Deutschland“ (AfD) und Mitglied der „Burschenschaft Saxo-Silesia“ in der „Deutschen Burschenschaft“: https://autonome-antifa.org/?breve4703