[B] Richterin Paschkes Zwangsräumungs-Seminar für Immobilienhaie gestört

Zwangsräumung beginnt hier

Zornige, darunter Aktivist*innen des Bündnisses "Zwangsräumung Verhindern", haben heute im Grand Hotel Esplanade eine Tagung der Chefrichterin am Berliner Landgericht, Regine Paschke, gestört. Paschke wollte unbehelligt Vermieter zum Thema "Neues Mietrecht" schulen.

 

Unbemerkt von der Öffentlichkeit wollte heute die Vorsitzende des Berliner Landgerichts, Regine Paschke, ein Seminar für Immobilieneigentümer geben. Aus ihrer bisher leisen Routine, mit der Immobilienwirtschaft zu mauscheln, wurde diesmal nichts: Das Seminar im Grand Hotel Esplanade wurde von Aktivist*innen des Bündnis "Zwangsräumung Verhindern" und anderen zornigen Menschen gestört. Unter dem Titel "Mietrechtsänderungsgesetz - Was Vermieter wissen sollten" gab Paschke Tipps, wie Eigentümer*innen am reibungslosesten kündigen, modernisieren und Zwangsräumungen vollstrecken lassen. Vergleicht man das seit dem 1. Mai geltende neue Mietrecht mit einer Waffe in den Händen von Wohnungseigentümer*innen, dann gab Paschke heute ein erstes Schießtraining.

 

Wer ist Regine Paschke? Wir erinnern uns: Sie hat das entscheidende Urteil für die Bewohner*innen des Hausprojekts Liebig14 im November 2009 gefällt, das zur Räumung führte. Außerdem schreibt sie für eine Grundeigentümerzeitschrift und hat im Modernisierungsstreit in der Calvinstraße die Mietminderungen der Hausbewohner für rechtswidrig erklärt.

Die Paschke ist in Berlin eine entscheidende Figur, die dafür sorgt, das Wohnraum wie im Prinzip alles im Kapitalismus Ware bleibt und nichts anderes wird.

 

Die Teilnahme am Seminar ließen sich Paschke und der Verband freier Immobilen- und Wohnungsunternehmen (BFW) pro Teilnehmer*in mit etwa 160 Euro bezahlen. Wir entschieden uns dagegen und wollten unangemeldet rein, was dann auch äußerst gut lief. Teilweise in Businessoutfits hatten einige im Vorfeld Räumlichkeiten ausgespäht. Als wir in den Tagungsraum platzen, saßen gut zwei Dutzend Leute in Anzügen mit Granini-Säftchen an blütenweiß gedeckten Tischen, alles sehr förmlich. So wie sie sich halt sicher fühlen. In einigen Gesichtern war ein bisschen sowas wie Verlegenheit und Scham, als Immobilienkapitalist*innen derart intim mit der Justiz erwischt zu werden. Ein Seminarteilnehmer verdeckte sein Gesicht mit einem Papier vor unseren Kameras. Wir hielten einen kurzen Redebeitrag, verteilten Informationsflyer, vorne wurde ein Riesentranspi aufgespannt ("Zwangsräumung beginnt hier") und verließen das Hotel mit viel Krach und Gepöbel (Rezeptionist "Bitte keine Parolen in der Lobby rufen"). WIr können die Aktion nur jeder/jedem zur Nachahmung empfehlen.

 

Das nächste Seminar von Richterin Paschke ist bereits in Planung: Am 12 Juni will sie am gleichen Ort, Grand Hotel Esplanade, Lützowufer 15, einen Vortrag zum Thema "Modernisierung und Mieterhöhung" halten. Das wird selbstverständlich auch besucht.

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gut gemeint, in einem nebensatz den kapitalismus und die waren zu erwähnen, aber die genannte richterin spielt bei der frage, OB wohnungen als waren gehandelt werden sicherlich keine entscheidende rolle. möglicherweise hat sie einfluss dadrauf, unter wohnungen gehandelt werden. das ist aber etwas anderes!

Ich denke, dass es eigentlich klar ist, wie der Satz zu verstehen ist: natürlich soll er nicht bedeuten, dass Frau Paschke für den Kapitalismus verantwortlich ist, oder dafür, dass es einen Wohnungsmarkt gibt. Sondern es geht um die Frage, inwieweit Mieten/Wohnen/Räumungen nur durch Marktlogik und Eigentumsrechte bestimmt werden. So wie z.B. ein Mindestlohn die Warenhaftigkeit von Arbeitskraft wenigstens partiell einschränkt, könnte das in puncto Wohnen auch für ein mieterfreundliches Mietrecht und eine entsprechende Auslegung durch die Gerichte gelten. Frau Paschkes extrem eigentümerfreundliche Rechtsprechung steht aber für das genaue Gegenteil.

Tja, schwierige Diskussion wenn es dann nicht mehr um das System Kapialismus geht, sondern um das konkrete Handeln einzelner Personen. Meiner Meinung nach nimmt das mittlerweile teilweise merkwürdige Züge an nach dem Motto der/die Richter_in, Börsenmarkler_in, Polizist_in, Politiker_in, usw. kann ja persönlich nichts dafür und darf deswegen nicht zu hart angefasst werden (don´t hate the player, hate the game).

Am Ende ist jeder Mensch für sein individuelles Verhalten verantwortlich, und da darf es dann auch ruhig mal ne Quittung geben. Sicherlich wird der Kapitalismus nicht überwunden wenn einfach genügend Kapitalist_innen der Kopf gewaschen wird, aber schlimmer wirds dadurch sicherlich auch nicht. Und wenn solche Meetings in Zukunft nur noch unter dem Schutz von ner Hundertschaft stattfindet, dann erkennen die Teilnehmer_innen vielleicht das das was sie tun nicht alle toll und ok finden.

tragisch, dass diese reaktionäre apologetische scheiße hier immer noch verbreitet werden darf. denn das märchen vom entpersonalisierten kapitalismus ist ein tritt in den arsch von allen, die von einem bullen zusammengeschlagen, von der justiz verknackt, oder einem immobilienhai aus der wohnung geschmissen wird.

 

denn eins ist mal fakt:

 

jeder. mensch. hat. in. diesem. system. spielräume!

 

wer sagt, er/sie könne nicht anders, lügt.

 

bullen, richter, wohnungseigentümer. jeder von ihnen ist daran zu bemessen, wie er seine spielräume ausnutzt. dabei gehts nicht darum, dass sich einer selbst zum opfer machen muss, aber jeder richter, der mehr als mindeststrafe gibt, jeder bulle, der heftiger und häufiger zuschlägt, als er muss, um seine mindestanforderungen zu erfüllen und jeder wohnungseigentümer, der rausklagt, obwohl es noch irgendwie anders gegangen wäre, ist mitschuldig und brauch nicht von den sachzwängen des kapitalismus zu faseln.