Der seit Mitte 2012 in Hamm wohnhafte Martin Böhne ist als Gitarrist in verschiedenen neonazistischen Bands tätig. Hervorzuheben ist die international bekannte Rechtsrock-Größe „Sleipnir“. Die Mitglieder dieser seit 1991 aktiven Gruppe um Sänger und Liedermacher Marco Laszcz stammen alle aus NRW, vor allem dem Ruhrgebiet und Ostwestfalen. Vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft, wurden insgesamt 3 ihrer Alben indiziert. Rassistische, menschenverachtende Elemente sowie häufige Bezüge zum Nationalsozialismus finden sich jedoch auf jeder ihrer bisher 18 veröffentlichten CDs. Auch wurde ihr Beitrag zu einer NPD Schulhof-CD eines der bekanntesten Lieder der Szene. „Sleipnir“ hat zahlreiche Kontakte in die internationale Naziszene, zum Beispiel zu Strukturen des in Deutschland verbotenen „Blood&Honour“-Netzwerks, zur NPD, „die Rechte“ und zu den so genannten „freien Kameradschaften“. Mit Songtiteln wie „Mein deutsches Volk“, „Bomber über Dresden“ oder „Für mein Land“ treten sie auf großen Nazi-Rock Konzerten wie dem Geraer NPD-Event „Rock für Deutschland“ oder dem „Fest der Völker“ in Jena auf. Des Weiteren vertreibt die Band ihre Tonträger und Merchandising Artikel unter dem Motto „Musik – Jugend – Rebellion“ auf der Seite „Wolfszeit.net“.
Zusätzlich ist Martin Böhne Mitglied der Nazi-Band
„Words of Anger“, welche sich personell mit „Sleipnir“ teilweise
überschneidet, und tritt mit der bekannten Dortmunder Rechtsrock-Band
„Oidoxie“ auf.
Neonazis können in Hamm auf ein organisiertes Netzwerk von aktiven Gleichgesinnten zurückgreifen, das sich in der Vergangenheit weder durch Verbotsverfahren, noch durch Inhaftierungen ihrer Mitglieder in ihrem Aktionismus bremsen ließ. Vor allem die 2003 gegründete Kameradschaft Hamm (KSH) hat zahlreiche Gewalttaten gegen Migrant*innen und vermeintliche politische Gegner*innen sowie Aufmärsche und Propaganda-Aktionen zu verantworten. Unumstrittener Anführer der im Herbst 2012 verbotenen KSH war der zurzeit in Bielefeld wohnhafte Student und aktuell „die Rechte Hamm“-Vorsitzende Sascha Krolzig. Durch Verharmlosung der menschenverachtenden Ideologie der Kameradschaft seitens der Stadt und der Polizei waren die Nazis in der Lage, relativ ungestört ihre weitreichenden Strukturen aufzubauen. Nachdem die KSH im Sommer 2012 ein Ladenlokal zur Errichtung eines „nationalen Zentrums“ anmietete, folgte im Herbst das Verbot der Gruppierung. Unbeeindruckt davon, gründeten ihre Mitglieder nur kurze Zeit später mit den Aktivist*innen des ebenfalls verbotenen „Nationalen Widerstands Dortmund“ den Landesverband der Partei „die Rechte NRW“. Der Kreisverband Hamm wird von Sascha Krolzig und dem langjährigen KSH-Kader Dennis Möller geleitet.
Ebenfalls ins Spektrum neonazistischer
Gruppierungen in Hamm ist die sich selbst als „unpolitisch“ bezeichnende
„Bruderschaft“ „Fraternitas Germania“ gerückt. Nachdem der „Fraternitas
Germania“ in einem Zeitungsartikel Verbindungen zu „die Rechte“
nachgesagt wurde, verblieben nur noch wenige Mitglieder innerhalb der
„Bruderschaft“. Die Verbliebenen vollzogen einen klaren Ruck nach Rechts
und teilen sich mittlerweile ihre Räumlichkeiten mit „die Rechte“. Auch
die vermutete anteilige Zahlung der Miete des Fraternitas-Clubhauses
durch „die Rechte“ lässt auf eine Vernetzung der beiden Gruppierungen
schließen. Diese Entwicklung revidiert leider eine der wichtigsten
Konsequenzen des KSH-Verbots: Nazis haben in Hamm wieder einen
Rückzugsort.
Diese ohnehin gefährliche Entwicklung wird durch den
Zuzug Martin Böhnes nicht verbessert. Als Gitarrist einer der
erfolgreichsten Nazi-Bands genießt er hohes Ansehen in der Szene, was
ihm hohes Mobilisierungspotential verschaffen könnte. Durch seine
europaweiten Auftritte auf Rechtsrock-Konzerten dürften er und seine
Bands viele Kontakte zu unterschiedlichsten Neonazistischen
Gruppierungen geknüpft haben.
Dieses Vernetzungspotential bedeutet
einen möglichen Einflusszuwachs für die lokale Neonazi-Szene, dessen
Folgen neben der wachsenden Verbreitung ihres menschenverachtenden
Gedankenguts auch unmittelbar Gefahren für politische Gegner*innen,
Migrant*innen und sowieso jeden der im faschistischen Weltbild als nicht
lebenswert erachtet wird sein können.