Hafenstraße'96 | Nichts & niemand ist vergessen!

Hafenstraße 1996

18. Januar 1996: Brandanschlag in der Lübecker Hafenstraße

In der Nacht des 18. Januar 1996 brannte das Asylbewerberheim in der Hafenstraße 52 in Lübeck. 10 Menschen starben, 38 wurden zum Teil schwer verletzt. Noch in der Tatnacht wurden vier Neonazis aus Grevesmühlen und Umgebung festgenommen, die zum Zeitpunkt des Brandes in der Nähe des Hauses in der Hafenstraße waren und von denen drei zudem frische Brandspuren aufwiesen.

 

Damit schien der Lübecker Brandanschlag einen Höhepunkt der seit der Wiedervereinigung grassierenden neonazistischen Gewalt in Deutschland darzustellen. Vorher gab es bereits Pogrome in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen sowie bundesweite Brandanschläge wie 1992 auf ein von türkischen Menschen bewohnten Haus in Mölln, bei dem drei Menschen ermordet wurden. Auch hatte es in Lübeck zuvor bereits zwei Brandanschläge auf die Synagoge gegeben.

 

Oftmals war die politische Reaktion primär durch die Sorge um das Ansehen des wiedervereinigten Deutschlands im Ausland gekennzeichnet.

Bundespräsident Roman Herzog ließ nach dem Brandanschlag verlauten:

"Sollte es sich wieder um einen rechten Anschlag handeln, dann reißt mir allmählich der Geduldsfaden, dann gibt es wieder Lichterketten";

der Präsident der Lübecker Industrie und Handelskammer (IHK) fürchtete:

"Lübeck wird nicht mehr mit Holstentor und Marzipan in Verbindung gebracht, sondern mit Brandanschlägen".

Bei den nun folgenden Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft schien das Ermittlungsergebnis schon vorher dergestalt festzustehen, dass auf keinen Fall wieder rechtsradikale Deutsche die Verantwortlichen gewesen sein durften. Stattdessen wurde der Brand einem Bewohner des Heimes, dem libanesischen Asylbewerber Safwan Eid angelastet.

 

Weiterhin wurde fieberhaft Belastendes gegen ihn und Entlastendes für die Grevesmühlener Neonazis gesucht. Zudem wurde Eid während der Untersuchungshaft rechtswidrig abgehört und die auf einer verzerrten Übersetzung im Sinne der Staatsanwaltschaft basierenden Abschriften der Gespräche mit seiner Familie als vermeintlicher „Beweis“ seiner Täterschaft herangezogen. Nur durch Hinzuziehung unabhängiger Gutachter gelang es Eids Verteidigung, diese „Belege“ vollständig zu entkräften. Beweismaterial, welches nicht in die staatsanwaltschaftliche Strategie passte, wurde sogar vernichtet! Bezeichnenderweise wurde auch das wiederholte Geständnis eines der festgenommenen Neonazis nur insofern zur Kenntnis genommen, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Falschaussage aufnahm, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung führten.

 

Nach einem Freispruch „aus Mangel an Beweisen“ durch das Lübecker Landgericht erfolgte in der Revision vor dem Landgericht Kiel der endgültige Freispruch Safwan Eids. Ermittlungen gegen die Grevesmühler Neonazis wurden dennoch nicht wieder aufgenommen. Der Versuch von Eids Anwältin, dies mittels eines Klageerzwingungsverfahrens durchzusetzen, wurde abgeschmettert. Damit hat die deutsche Justiz die Aufklärung eines 10-fachen Mordes blockiert, obwohl sämtliche Indizien dafür sprechen, dass es sich um den bislang größten rassistischen Brandanschlag in Deutschland gehandelt hat.

 

Nichts und niemand ist vergessen!

 

Antifaschistische Koordination Lübeck


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Termine:

  • 12.01. | Infotisch | ab 12 Uhr | Innenstadt, Breite Straße
  • 18.01. | Offizieles Gedenken an die Opfer des Brandanschlages | 14 Uhr | Hafenstraße
  • 18.01. bis 01.02. | Ausstellung "Brandanschlag Hafenstraße 1996" | Café Brazil, Walli | Öffnungszeiten richten sich nach dem Brazilkollektiv
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die mangelnden Beweise gelten dann aber  für den gesamten Fall. Ob die Justiz den Fall blockiert hat, das glaube ich eher nicht. Dafür hat sie im gleichen Zeitraum bei ähnlichen Fällen durchaus aktzeptabel funktioniert.

Vom bloßen Herbeireden wird nichts.

In unserem Staat gibt es - GsD -Gesetze, die für alle gelten.

 

Da war der Wunsch wohl Vater des Gedankens - shit happens!

Finde die Veranstaltungsreihe und die damit gemachte Mühe absolut lobenswert. Hut ab vor den Genossen. Allerdings finde ich es befremdlich, dass man gerade bei so einer Sache nicht mal Korrektur lesen kann. Ich habe sage und schreibe zwölf Grammatikfehler im Text entdeckt. 

"Sollte es sich wieder um einen rechten Anschlag handeln, dann reißt mir allmählich der Geduldsfaden, dann gibt es wieder Lichterketten"

 

Warum nur finden sich keine Belege für dieses unterstellte Zitat?
Haben wir soclhe Methoden nötig?

Quellen:

 

[1] "Der Lübecker Brandanschlag", Wolf-Dieter Vogel, ELEFANTEN PRESS Verlag GmbH Berlin, 1. Auflage August 1996, ISBN 3-88520-605-6

[2] "Tot in Lübeck", RosaMarsFilm, Regie: Lottie Marsau und Katharina Geinitz, http://www.absolutondemand.de/movie.php?id=14

[3] "Der Triumph der Mörder", Gegenwind 208, Januar 2006, Holger Wulf, http://www.gegenwind.info/208/luebeck.html

[4] "Durch Schreie geweckt", Der Spiegel 04/1996, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8870430.html

 

Antifaschistische Koordination Lübeck

Im Spiegel von 1996 steht "Sollte es sich um einen Anschlag handeln, dann geht mir die Geduld allmählich zu Ende".
Gegenwind macht dann 10 Jahre später daraus "Sollte es sich wieder um einen rechten Anschlag handeln, dann reißt mir allmählich der Geduldsfaden, dann gibt es wieder Lichterketten".
Geht's noch?

Oder Roman Herzog, den hab' ich so gefressen

und ich hab' ihn wirklich nur an dem, was er sagt, gemessen.

Wenn der Brandanschlag in Lübeck denn wirklich einer sei,

dann sei es mit seiner Geduld allmählich mal vorbei!

Allmählich!!! Die Betonung liegt auf "allmählich"!!!