Der Spruch „Der Letzte macht das Licht aus!“ scheint derzeit die Parole zu sein, die der Bochumer Staatsschutz über die Naziszene in Bochum-Langendreer verlautbart. Dabei bezieht er sich auf den Umstand, dass die Eltern von Daniel Ewers samt seines jüngeren Bruders Timo aus ihrer Wohnung an der Kaltehardtstraße 38 ausgezogen sind. Ebenso, dass Daniel Ewers aus seiner Wohnung an der Alten Bahnhofsstraße 50 ausgezogen ist. Somit sei „Ruhe im Karton“.
Um es Nicht-Bochumern zu erklären. Bei dem „Ewers-Clan“ handelt es sich um eine eingesessene Familie aus dem Stadtteil Langendreer. Ein Elternpaar mit vier Kindern. Zwei Töchtern und zwei Söhnen. Jugendliche und junge Erwachsene, die im Stadtteil aufwuchsen, die Schulen und Sportvereine frequentierten, dort Freund-und Bekanntschaften pflegen, usw.. Die Familienmitglieder sind seit Jahren als extreme Rechte bekannt und auch, dass sie Einzeln oder als Familienverband MigrantInnen, alternative eingestellte Menschen, aber auch ganz beliebige Menschen aus rassistischen und menschenverachtenden Motiven angreifen. Die Liste der Gewalttaten ist lang und greift schon mehrere Jahre zurück. In den letzten zwei Jahren explodierte die Gewalttätigkeit aus diesem Familienverband. Aus Angst wurden wenige der Straftaten zur Anzeige gebracht. Einige Anzeigen wurden eingestellt, andere führten zu Prozessen und letztendlich wurden am 2. Dezember letzten Jahres Daniel Ewers und Martin Penic zu Gefängnisstrafen auf Bewährung verurteilt. Unterstützt wird diese Familie nicht nur durch die Lebenspartner der Töchter, wie z.B. Martin Penic. Sondern auch durch Nazis aus dem Stadtteil Langendreer. Zu organisierten Nazistrukturen in Bochum und angrenzenden Städten bestehen beste Beziehungen und an Wochenenden wurden in Langendreer oft Nazi-Partys gefeiert.
Der Stadtteil Langendreer scheint den dort wohnenden Nazis und den gewalttätigen Spektren aus Nazi-Skins, sogenannten „Autonomen Nationalisten“ und Jungen Nationaldemokraten reif für ein weiteres rechtsradikales Sozialraumsexperiment wie z. B. Dortmund-Dorstfeld oder Wuppertal-Vohwinkel. Das in Langendreer seit Jahrzehnten ein rechtes Milieu existiert, eine rechte Jugendszene agiert und die besten Wahlergebnisse für die NPD in der letzten Kommunalwahl erzielt wurden sind dabei ebenso gute Voraussetzungen, wie die räumliche Nähe zu Dortmund und Witten mit ihrer hohen Nazidichte. Das wegschauende und abwiegelnde Verhalten der zuständigen Polizeibehörden und das Schweigen der Kommunalpolitik verstanden die Nazis als Ermutigung, ihre Gewalt immer mehr eskalieren zu lassen.
Von „außen“ bekam man von dieser Entwicklung nur die gesteigerte Propagandatätigkeit der Nazis 2009/2010 mit und so gab es präventiv von Azzoncao das erste Flugblatt zu der Entwicklung im Stadtteil Mitte 2010. Erst als die Nazis auch den ein oder anderen autochthonen Deutschen angriffen, bemühten sich Personen aus dem Stadtteil Anfang 2011 um ein antifaschistisches Treffen. Nach einigen direkten Aktionen, Outings, Verteilung von Flugblättern, Klebeaktionen, zwei Demonstrationen, etc.p.p. steht das Thema Nazis in Langendreer auf der Agenda der örtlichen Politik. Vorwiegend der linke Saum der Parteien- und Initiativlandschaft ist nun nimmermüde Antifaschismus im Munde zu führen. Recherchen, Kontakte zu Opfern, strukturelle Analysen oder andere Arbeiten legen sie hingegen nicht vor. Es geht um ein antirassistisches/antifaschistisches Image. Die realen Arbeiten können Andere erledigen. In Folge dessen verkam das Problem mit Nazis in Langendreer zu einer medialen Marketing Strategie. Der Fokus bei der Naziszene wurde auf die Familie Ewers gelegt. Ein Umstand der sich nun darüber rächt, dass der Staatsschutz dies als optimale Voraussetzung für seine abwiegelnde und bequeme Parole nutzen kann.
Eine große Demonstration im Stadtteil Ende letzten Jahres und die Ereignisse um die rechtsradikale Terrororganisation NSU, führten dazu, dass sich Stadt, Parteien, Presse, Polizei und Justiz in den letzten Monaten genötigt sahen, ihren demokratischen Verpflichtungen nachzukommen. Das Bezirksparlament verfasste eine Resolution, die Parteien Statements, die Presse saisonbedingt Artikel über Nazis, die Polizei schob Überstunden im Stadtteil und die Justiz zeigte sich bei ihrem Dauergast Daniel Ewers mal nicht nachsichtig. Dieser gesteigerte Druck führte bei dem exponierten Ewers-Clan zum Umzug. Nicht aber zur Beendigung der rassistischen und faschistischen Bedrohung im Stadtteil. So kam es am 5. Januar diesen Jahres zu einem brutalen Überfall auf einen Jugendlichen in einem Park und anläßlich einer Demonstration in Gedenken an den Holocaust am 27. Januar ließen es sich eine Reihe jugendlicher Nazis nicht nehmen, die antifaschistischen DemonstrantInnen zu inspizieren. Dies und andere Informationen deuten darauf hin, dass der Stadtteil Langendreer Bochumer AntifaschistInnen noch lange beschäftigen wird.
Unterm Strich muß man betonen, dass der Umzug eines Teils der Ewers Familie zu begrüßen ist. Zwischen und um ihren Wohnungen herum auf der Kaltenhardtstraße 38, der Bahnhofsstraße 50 und An der Laake 13 fanden die meisten Propagandaktionen, Bedrohungen, Übergriffe und andere Straftaten statt. Der Ewers-Clan sah diesen Wohn- und Sozialraum als ihr Territorium an und schuf hier einen Angstraum für viele. So patroullierten z.B. die drei am 2.12.2012 angeklagten Ewers-Clan Angehörigen im Mai letzten Jahres in „ihrem Hoheitsgebiet“ und griffen selbst Menschen an, die ihnen nur zufällig über den Weg liefen. Die Folge des seit langen andauernden rechten Terrors gegen Andere im Stadtteil waren mehrere Umzüge von MigrantInnen.
Eine Auflösung von solchen menschenverachtenden Sozialstrukturen in engen Sozial- und Wohnräumen, wie es der Ewers Clan darstellt, scheint ein notwendiges Mittel im Kampf gegen Raumnahme durch Nazis zu sein. Vom Ewers Clan scheint allein die Tochter Jenny und ihr Lebenspartner der Mechanotroniker Martin Penic noch in ihrer alten Wohnung an der „An der Laake 13“ zu wohnen.
Es wird sich zeigen, ob sich und wohin sich die Gewalt der Nazis im Stadtteil verlagert. Dies zu recherchieren, den Opfern Beistand zu leisten und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten ist nicht zuletzt eine Aufgabe der in Langendreer lebenden AntifaschistInnen. Das sie sich dabei auf die von dem Bündnis "Langendreer gegen Nazis“ am 29. Oktober 2011 herangekarrten Sonntagsredner, deren Parteien und Organisationen nicht verlassen können, ist ersichtlich. Diese „Public Relation-Antifaschisten“ waren vor dem Oktober nicht aktiv im Stadtteil und danach auch nicht.
Das der Ewers Clan trotz zweier Umzüge weiter neonazistisch unterwegs ist, ist durch ihr gemeinsames Demoauftreten z.B. am 11. Februar in Soest oder am 3. März in Münster ersichtlich.
Anbei einige Fotos des Ewers Clan und seines Umfelds.
Zum Umfeld des Ewers Clans gehört Sven Gnacinski.
Laut Journalisten handelt es sich bei Sven Gnacinski um einen ca. 30 jährigen Nazi aus Essen-Frohnhausen. Dieser erschien am 6. Juni 2011 zu einer Kundgebung sog. „Autonomer Nationalisten“ und JN-ler am Bochumer Hauptbahnhof, um in einer „Eilkundgebung“ gegen die „eskalierender Ausländergewalt in Langendreer“ zu demonstrieren. Laut der „NPD-Heimseite“ lief die Kundgebung unter dem Motto: “Gegen antideutsche Gewalttäter - Kriminelle Ausländer raus!“, weil es einen „feigen und brutalen Überfall“ auf drei „nationale Aktivisten“ in Langendreer gegeben hätte. Claus Cremer, Markus Schumacher und Marcel Haliti von der NPD, sowie zwei „freie Kameraden“ aus Hamm und Recklinghausen „ergriffen das Wort“. Sven Gnacinski trug bei der Kundgebung einen Kapuzen Sweater mit dem Aufdruck „A.J.A.B. - Tod dem Weltfeind“. A.J.A.B. steht dabei als Code für „Alle Juden sind Bastarde“. Für diese Parole erhielt Gnacinski am 16. Dezember letzten Jahres vor einem Bochumer Gericht eine Strafe von 9 Monaten auf vier Jahre Bewährung. Und das obwohl er Ende 2009 zu einer Bewährungstrafe von einem Jahr verurteilt wurde, weil er mit einem anderen Nazi in Marl im gleichen Jahr einen 15 jährigen Antifaschisten zusammenschlug. Dem Gericht soll er glaubhaft seinen Willen zum Ausstieg aus der Naziszene erläutert haben und das er zu heiraten gedenkt. So etwas stellt für einen Richter natürlich eine positive Sozialprognose dar.
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Andere Berichte zu Bochum-Langendreer:
Nazis in Werne und Langendreer
http://linksunten.indymedia.org/de/node/22293
Bochum/Kriegerdenkmal – „Im Westen Nichts Neues?“
http://linksunten.indymedia.org/de/node/32605
Zur Nazidemonstration am 2.4.2011 gegen die Flüchtlinge im „Grevendicks Feld“
http://linksunten.indymedia.org/de/node/36819
Bochum: NPD hält Mahnwache für ihre „Helden“ ab
http://linksunten.indymedia.org/node/13376
NPD - Im Schweinsgalopp durchs Ruhrgebiet
http://linksunten.indymedia.org/de/node/34717
Unterschriftenaktion gegen Nazis in LA
http://linksunten.indymedia.org/de/node/45956
Bochum-Langendreer: Naziübergriff am letzten Wochenende
http://linksunten.indymedia.org/de/node/47633
Naziangriff in Bochum-Langendreer II
http://linksunten.indymedia.org/de/node/53351
Vermutlich Brandstiftung: Pizzeria in Bochum-Langendreer explodiert
http://linksunten.indymedia.org/de/node/49295
1200 Menschen demonstrierten in Bochum-Langendreer gegen Nazis
http://linksunten.indymedia.org/de/node/49465
Endlich! Richterin zieht Langendreer-Nazis die Ohren lang!
http://linksunten.indymedia.org/de/node/51401
Zur Situation in Bochum Langendreer
http://linksunten.indymedia.org/de/node/53659
Die meisten Fotos stammen von http://lfa.blogsport.de. Aber auch vom "bösen alten Mann" aus Berlin und anderen.
Merci vielmals für Euer Engagement!
Weiter so!!!
Super Artikel.
Vielen Dank dafür und alles Gute für die antifaschistische Arbeit vor Ort und überall sonst...
Der letzte ?? macht das Licht aus ??
Kleiner Irrtum , beim Ewers an der alten Bahnhofstr. brennt in der Nacht immer noch das Licht . Neue Mieter hätten bestimmt andere Gardinen aufgezogen und würden tagsüber nicht immer das Rollo runterziehen .
Oder wohnt da jetzt seine Gefolgschaft ?
Gruß
Olli
Hallo Olli, wann soll das gewesen sein?
Im Haus nachgefragt ?
Einfach mal die anderen Mieter und Nachbarn fragen.
Was man nicht so alles in seinem Archiv findet.
Anbei zwei Artikel aus 2004 und 2006, die wir letztens zufällig in unserem Archiv fanden:
Rassistischer Übergriff in Bochum-Langendreer
Am Dienstag, den 14.9., begab sich Musah A. gegen 19.30 Uhr zum Einkauf nach Real in Bochum-Langendreer. In Höhe der Alten Bahnhofstr. 28-30 wurde er von zwei ca. 16-20 jährigen Jugendlichen mit einem bösen Lachen und den Worten Negerarschloch konfrontiert.
Nachdem A. nachfragte, warum sie ihn so bezeichneten, kam eine 3. Person von der anderen Straßenseite hinzu und rief "Laß die Jungs in Ruhe". Gleichzeitig begann dieser Musah mit Faustschlägen zu traktieren. Durch das aggressive Auftreten des einen Täters fühlten sich die Anderen ebenfalls ermutigt durch Tritte und Würgen zur Eskalation der Situation beizutragen. Zwischenzeitlich hatte ein Passant von den Vorkommnissen mitbekommen, aber auch dieser wurde bedroht und verließ den Ort des Geschehens. Als die Angreifer merkten, daß kein nennenswerter Widerstand zu erwarten sei, zerschlugen sie eine Bierflasche und drohten mit dem Rest der Flasche als Stichwaffe. Glücklicherweise hatten nun auch die Mitglieder der ansässigen Ev. Kirchengemeinde von dem Vorfall, bedingt durch lautes Schreien, gehört und kamen mit vielen vor die Tür. Nachdem auch einer von ihnen tätlich angegriffen wurde, diese Leute aber in der Mehrheit waren, verließen die Täter schnell den Ort des Geschehens. Bei den Tätern handelt es sich um zwei Leute aus dem Skinheadspektrum. Ein weiterer sah eher unscheinbar und normal aus.
Musah A. aus Ghana erstattete kurz darauf Anzeige bei der örtlichen Polizeiwache Dördelstr. Angesichts seiner Schilderung wurde der Vorfall wie eine Lappalie behandelt, der Sachverhalt zwar protokolliert, aber von den anwesenden BeamtInnen hielt es keineR für notwendig, den Tatort oder Stadtteil abzufahren, um der Täter habhaft zu werden. Ferner wurden ihm auch keine Fotos von einschlägig bekannten Neo-Nazis gezeigt.
Musah A., eine bekannte Persönlichkeit aus kultur-politischen Zusammenhängen (u.a. Percussionist der legendären Las Garrapatas oder Gastmusiker von Black Ash) klagt auch heute noch über Kopf- und Rückenschmerzen und ist momentan um eine Illusion ärmer, daß der Bochumer Stadtteil Langendreer eine nazifreie Zone sei. Schon in letzter Zeit, gerade am Ende der Alten Bahnhofstr., konnte aufmerksam verfolgt werden, wie rassistische und antisemitische NPD-Aufkleber in der Öffentlichkeit auftauchten. Dem gilt es in Zukunft etwas entgegenzusetzen. Wir begrüßen ausdrücklich das entschlossene Auftreten der Menschen von der Ev. Kirchengemeinde sowie des Passanten, die schlimmeres verhindert haben und fordern die Bevölkerung auf, weitere Umtriebe von RassistInnen und Neo-Nazis überall zu verhindern bzw. gegebenenfalls die Polizei einzuschalten.
AntifaschistInnen aus Bochum
(Datum: 14.09.2004)
Glatzenträger verprügelten Jugendliche
Mit Eisenstangen und Baseballschlägern
Eine wüste Schlägerei meldete die Polizei am Montag: Bereits am Freitag gegen 22.15 Uhr war eine Gruppe Jugendlicher auf einem Schulhof an der Stiftsstraße von sieben Schlägern überfallen und offenbar übel zugerichtet worden. Die Rowdys, die nach ihrer Aufmachung offenbar der Skinhead-Szene zuzurechnen sind, setzten Baseballschläger, Eisenstangen und Schlagstöcke ein.
Zwei 16 und 17 Jahre alte Jugendliche trugen im Verlauf der Auseinandersetzung leichte Verletzungen davon. Wie die Polizei weiter schildert, seien die Angreifer nach dem Überfall über die Stiftsstraße in Richtung Kaltehardtstraße geflüchtet.
Nach Zeugenaussagen werden sie Täter wie folgt beschrieben: Der eine ist etwa 20 Jahre alt, 180 bis 185 cm groß und trägt kurzes, dunkles, an den Seiten abrasiertes Haar. Bekleidet war er mit einer schwarzen Bomberjacke und einer blaue Jeanshose. Der Mittäter ist ungefähr 18 Jahre alt, 180 bis 185 cm groß und hat einen komplett kahlgeschorenen Kopf. Er trug eine schwarze Bomberjacke und Springerstiefel. Zeugenhinweise nimmt die Polizei unter 909-3321 entgegen.
(WAZ 10.10.2006; Abschrift: Azzoncao)