Am späten Abend des 09.11.2011 liefen ca. 50 Neonazis durch den
Potsdamer Stadtteil Waldstadt. Die durch die “Freie Kräfte Potsdam”
(FKP) mobilisierten und koordinierten Neonazis, inszenierten sich dabei
ganz dem Vorbild der “WERDE-UNSTERBLICH” Kampagne der “Spreelichter”
entsprechend, mit weißen Masken vor den Gesichtern und Parolen rufend in
Fackelmarschformation [1].
Anders als die örtlichen Zeitungen den Anlass vermuteten, sollte ihr
Aufmarsch an die getöteten Nazis des Hitlerputsches 1923 erinnern, oder
wie es das Sprachrohr der neonazistischen “FKP”, das
“Infoportal-Potsdam”, als Gedenken an die “Blutzeugen von München” zu
erklären versucht [2].
Artikel auf der AR_P//U Website
Bereits 2009 fand eine ähnliche „Zeremonie“ statt. Damals auch mit
Fackeln, jedoch ohne weiße Masken und außerhalb der Stadt in einem
Waldstück, wo es niemanden tangierte. Dies war wahrscheinlich ein Grund
mehr für sie ein YouTube-Video davon zu veröffentlichen [3]. Dass es
aber nicht nur um die sogenannten “Blutzeugen” geht, wird – wenn wir
das Datum betrachten – einleuchtend: der 09. November – der Tag der
Reichspogromnacht. Das Datum, an dem im Jahr 1938 in ganz Deutschland –
auch in Potsdam – SA, SS und ihre Helfer_innen u.a. Synagogen,
jüdische Geschäfte und Privatwohnungen mit Steinen und Fackeln
zerstörten, sowie hunderte Jüd_innen ermordeten. Tags drauf wurden
zehntausende Jüd_innen in Konzentrationslager deportiert.
Somit verherrlichen Potsdamer Neonazis 73 Jahre später die
Reichspogromnacht, in dem sie angelehnt an diesen Tag mit Fackeln auf
die Straße gehen und menschenverachtende Parolen skandieren.
Doch warum wählten die Neonazis ausgerechnet den Potsdamer Stadtteil Waldstadt als Ort ihrer Fackelmarsch-Inszenierung?
In der nahen Vergangenheit kam es dort immer wieder zu Übergriffen
gegen alternative und vermeintlich linke Jugendliche (APAP und AALP
informierten, [4]). Darüber hinaus wohnt ein großer Teil der aktiven
Potsdamer Neonaziszene in diesem Bezirk. Laut eigenen Angaben hörten sie
den Polizeifunk ab, um den passenden Moment abzuwarten, um geplant und
ungestört zu “marschieren”. Vor Eintreffen der Polizei konnte sich die
Gruppe unerkannt auflösen.
Damit zeigt sich eine neue Tendenz der hiesigen Neonaziszene: sie gehen
wieder in Wohngegenden auf die Straße und bleiben nicht mehr länger in
den Wäldern oder hinterlassen “nur” wirre Botschaften mit Kreide.
Diese Aktionen, sowie die Fackelaufmärsche, sollen einerseits zur
Inszenierung ihres unmenschlichen Weltbildes beitragen, sowie ihre
Einbildung stärken, dass ihnen für einen Moment die Straße gehört.
Andererseits dienen sie zur Vernetzung mit Berliner und Brandenburger
Neonazis. Es ist kein “Aufrüsten” (MAZ, [5]), sondern Potsdamer
Neonazis kontaktieren ihre “Kamerad_innen” und suchen sich gezielt Orte
aus, an denen sie ungestört ihre Propagandaaktionen durchführen
können, um sich danach medial selbst aus- und aufzuwerten.
Das sollte nicht länger geduldet werden! Bezirke wie Potsdam Waldstadt
dürfen nicht länger als Problembezirke degradiert und Raum für
neonazistische Aktivitäten bleiben.
[1] werde-unsterblich.info/
[2] infoportal-potsdam.net/ak147.html
[3] youtube.com/watch?v=AN9yn1w-4w0
[4] http://apap.blogsport.eu/2011/04/16/6_u … rzer_zeit/, http://apap.blogsport.eu/2011/07/01/chr … juni-2011/ und http://aalp.blogsport.de/2011/06/26/wei … n-potsdam/
[5] http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/ … nazis.html
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