Krise und Revolution

Brennende Barrikade
Nach Griechenland, Irland, Portugal sind nun auch Spanien, Ungarn und Italien weitere Kandidaten, die die Krise in ihren Sog zieht. Die Krise ist längst nicht überwunden, das jetzige Scheinwachstum ist ein Wachstum auf Pump. Das Kapital hat seine Innovationskraft verloren, wir stehen heute am Sterbebett des Kapitalismus. Eröffnet dies neue revolutionäre Persepektiven?


- Diskussionspapier -

 

Die Krise des Kapitals kann nicht in nationalstaatlichen Dimensionen gedacht werden. In Folge der Globalisierung agiert das Kapital weltweit, immer auf der Suche nach maximalen Renditen. Die Kapitalmenge hat ein Volumen erreicht, das in der Realwirtschaft keine Entsprechung mehr findet. Dort wo die Krise scheinbar überwunden gilt, wird das Wachstum durch die Staatsverschuldung anderer Staaten genährt. Ein Großteil der Waren, die heute produziert werden, wird unmittelbar wieder vernichtet. Dies ist ein wirtschaftspolitischer und ökologischer Irrsinn. Es gibt Schätzungen, dass wir mit nur 10%-30% der derzeitigen weltweiten Warenproduktion den gleichen Grad an Bedürfnisdeckung erreichen würden, wenn z.B. ökologische Aspekte insbesondere die Langlebigkeit der Produkte berücksichtigt werden würden.

Desweiteren ist die weltweit größte Handelsware seit Mitte der 80er Jahre in zunehmenden Maße das Prinzip Hoffnung, über 90% der weltweiten Finanzströme sind durch nichts gedeckt als durch die Zuversicht, dass Gewinne in der Zukunft realisiert werden können. Aus dieser Sicht wird auch die kreditfinanzierte Immobilienblase in Amerika verständlich, die aber nur die Spitze eines Eisberges darstellte.

Immer weitere gesellschaftliche Bereiche müssen der Verwertungslogik unterworfen werden, um das Prinzip Hoffnung neu zu nähren, sei es das Gesundheitswesen oder das Bildungswesen. Auf der Suche nach neuen Renditemöglichkeiten, ist der Staat gezwungen immer neue Druckmittel zu schaffen, um die ökonomischen Prozesse am Laufen zu halten, unter diesem Aspekt ist auch die Hartz4-Gesetzgebung mit den daraus resultierenden Niedriglohnjobs zu sehen. Sämtliches Kapital, was um die Welt wandert, erwartet einen Zins egal, in welcher Form es daher kommt, dies bedeutet aber zugleich, dass das Konsumverhalten weltweit ständig steigen müsste, was auf Grund weltweit stagnierende Löhne nicht geschieht, somit wächst die Finanzblase, die zur Refinanzierung der Renditen benötigt wird, ständig weiter. In den letzten Jahren forciert sich der Blick dabei immer stärker auf China, aber auch hier ist das Wachstum in weiteren Bereichen staatsfinanziert. Das Kapital durchlebt also seit über 20 Jahren in einem Münchhausen-Effekt, bei dem es versucht sich am eigen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen, was lediglich zu immer größeren Verschuldung der Nationalstaaten, weiten Teilen der Bevölkerungen und der ständig wachsenden Finanzblase führt.
Die staatlichen Eingriffe in den Kapitalkreislauf, die auch unter dem Begriff Keynesianismus bekannt sind, führen also nicht zu einer Entschärfung der Krise.

Durch Automatisierung und Computerisierung der Produktion verschieben sich die Arbeitsplätze immer weiter in den Dienstleistungssektor, wo real keine Wertschöpfung sondern lediglich ein Umverteilungsprozess stattfindet. Es wird also immer schwieriger für das Kapital, die Renditeerwartung der Eigentümer zu erfüllen. Diesem Prozess, dem die Kapitalakkumulation also seit den 80ern unterworfen ist, bezeichnete Marx als tendenziellen Fall der Profitrate. Der große Zusammenbruch der Weltwirtschaft ist also nicht zu verhindern, durch das Eingreifen der Nationalstaaten lässt er sich lediglich verzögern, was aber die Auswirkungen nur weiter verschärfen wird. Unter diesem Aspekt von einer bloßen Finanzkrise zu sprechen, ist also nicht nur unverantwortlich sondern kennzeichnet auch ein fehlendes Verständnis der globalen Zusammenhänge. Des weiteren verliert das Kapital seine Innovationskraft, da mit fallenden Renditen immer weniger Menschen bereit sein werden in Aktien etc. zu investieren.
Wir könne also davon ausgehen, dass das Ende des Kapitalismus unaufhaltsam ist, es sei dann die Nationalstaaten ziehen uns in einen dritten Weltkrieg hinein. Somit besteht die Verpflichtung aller Bürger sich dafür stark zu machen, dass jenen das Handwerk gelegt wird, die sich für eine Fortführung der kapitalistischen Produktionsweise engagieren.

Nach der Agenda 2010 steht nun eine Agenda der Befreiung auf der Tagesordnung. Überall weltweit brennen Barrikaden, erheben sich Bürger gegen die Macht der staatlichen Kapitalvollstrecker. Dieser Prozess muss weiter voran getrieben werden werden, um den Übergang zu einer Gesellschaftsordnung freier Produzenten zu ermöglichen. Im Rahmen einer sozialen Weltrevolution sind folgende Punkte mindestens zu erfüllen:
* Absetzung aller Regierungen weltweit
* Auflösung der überregionalen Gremien
* Auflösung der Nationalstaaten
* Schaffung kommunaler Bürgerselbstverwaltungen
* Übernahme der Produktionen in Selbstverwaltung der Bürger
* Anerkennung der Commons als neues Wirtschaftsmodell
* Etablierung des Internets als überregionale Koordinierungsebene
* Erarbeitung von Lösungsmodellen, die die Bedürfnisbefriedigung der Menschen weltweit sichern
* Ächtung eines auf Wertlogik basierenden Produktion
* Erarbeitung von Plänen die eine Nachhaltigkeit bei der Nutzung von Rohstoffen sichern

Die Zeit ist gekommen,
für eine freie Erde!
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Netter Text. Dem ein oder anderen macht er sicher Mut.

Dennoch einige Anmerkungen:

Du schreibtst: "...dies bedeutet aber zugleich, dass das Konsumverhalten weltweit ständig steigen müsste, was auf Grund weltweit stagnierende Löhne nicht geschieht"

Das ist ein Trugschluss. Es KANN so sein, wie du es hier beschreibst, muss es aber nicht. Die Ausweitung der Produktion, die durch niedrigere Löhne möglich wird kann auch zu mehr Beschäftigung und dadurch insgesamt zu einer höheren Nachfrage fürhen (Das ist zumindest die Argumentation der Vertreter Angebotsorientierter Wirtschaftspolitik).

Eine andere Merkwürdigkeit, die sich aus diesem Satz ergibt: Die Lösung dieses "Nachfrageproblems" könnte genau so gut auch der Staat übernehmen. Mehr Staatsausgaben=höhere Nachfrage. Das wäre dann Nachfrageorientierte Wirstschaftspolitik, auch Keynesianismus genannt. Das der nciht die Lösung aller Wirtschaftsprobleme im Kapitalismus ist ist schon länger bekannt und niemand behauptet das eigentlich mehr. Viel mehr wird gerade seit dem Erstarken der Neoliberalen eine ganz andere Wirtschaftspolitik betrieben. Den Unternehmen wird das Leben versucht leicht zu machen damit sie investieren, die Arbeiter und Angestellten haben sich dabei zurückzunehmen. Die Logik dahinter hab ich ja oben schonmal beschrieben. Was ich damit sagen möchte: Die Zeiten des Keynesianismus sind längst vorbei. Das kurze Aufblitzen á la Abwrackprämie oder Konkjunkturprogram ändern daran nichts.  Das bedeutet natürlich keines Falls, dass der Kapitalismus deshalb gerettet wäre. Die Wirtschaft wird auch weiterhin regelmäßig den Karren anm die Wand fahren und die Arbeiter dürfen das dann wieder ausbaden. So wie es schon die letzten hundert Jahre läuft.

 

weiter: "...den Dienstleistungssektor, wo real keine Wertschöpfung sondern lediglich ein Umverteilungsprozess stattfindet."

Auch dem würde ich nciht zustimmen. Wertschöpfung entsteht bei jeder Form von Lohnarbeit und ist nicht an die Produkte gebunden. Im Dienstleistungssektor wird genauso mehr Wert gescahffen als zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendig ist.

Und bevor ich es vergesse: Der tendenzielle Fall der Profitrate ist ein missglückter Versuch, eine Zusammenbruchstheorie auszustellen. Er ist mitnichten eine Notwendigkeit. Daraus zu folgern, dass der Zerfall der Weltwirtschaft nicht zu verhindern ist ist zwar eine schöne Vorstellung, allerdings sollte man sich darauf nciht verlassen. Es ist imemr sch.n die Geschichte auf seiner Seite zu wissen, aber leider all zu oft  eine Illusion. Darüberhinaus sollte man nicht vergessen, dass der Kapitalismus nicht deshalb scheiße ist, weil er nciht funktioniert, sondern weil er ein Menschenverachtendes Gesellschaftssystem ist. Einen funktionierenden Kapitalismus gilt es genauso zu bekämpden wie einen nicht funktionierenden.

 

Und ganz davon abgesehen gehe ich persönlich nicht davon aus, dass ein Zusammenbruch der Wirtschaft wirklich eine bzw die einzigste Chance für eine freie Welt ist. Ich denke eher, dass dann die Karten besonders schlecht stehen. Wenn man nämlich davon ausgeht, dass das Problem am Kapitalismus nicht das ist, dass er die materiellen Bedürfnisse der Menschen unbefriedigt lässt, denn das tut er nicht (zumindest in weiten Teilen der westlichen Welt), sondern dass das Leben im Kapitalismus trotz Wohlstand ein unfreies und geknechtetes ist, dann bewirkt ein wirtschaftlicher Zusammenbruch noch lange nciht, dass die Menschen erkennen, das Lohnarbeit scheiße ist oder dass sie gar aus autoritären Denkmustern ausbrechen würden.