Parallel zum Antispe-Süd-Vernetzungstreffen, das dieses Wochenende in Tübingen stattfand, protestierten am Samstag AktivistInnen der Tierrechtsinitiative Region Stuttgart (TiRS) mit einer ungewöhnlichen Mahnwache auf dem Tübinger Holzmarkt gegen den geplanten Bau des Hühnerschlachthofs in Wietze (Landkreis Celle). Den PassantInnen wurden stumm tote Hühner, gebettet auf schwarze Kissen, präsentiert. Auf Transparenten wurde gefordert, den Bau des Schlachthofs zu beenden.
Acht Hühner pro Sekunde sollen in Wietze getötet werden. Das sind
27.000 Hühner pro Stunde und 135 Millionen Hühner pro Jahr. Das
umstrittene Großprojekt der Gruppe Rothkötter wäre damit der größte
Geflügelschlachthof in Europa. Um diese riesige Anlage auszulasten,
müssten im Umfeld zusätzlich rund 450 Mastbetriebe mit je 40.000 Tieren
entstehen. Tatsächlich ist der Markt für Hühnerfleisch in Deutschland
längst übersättigt, bereits heute werden hierzulande rund 6 Prozent
mehr Tiere geschlachtet als gegessen. Dennoch soll der Neubau in Wietze
mit 9 Millionen Euro aus Steuergeldern subventioniert werden –
zuzüglich weiterer Millionen im anschließenden Betrieb, wie die
Stuttgarter TierrechtlerInnen betonen.
Während des diesjährigen Tierbefreiungskongresses
vom 8.-13. August 2010 auf der Burg Lohra in Nordthüringen wurde am 10.
August das besetzte Baugelände des geplanten Geflügelschlachthofs durch
die Polizei geräumt. Die TeilnehmerInnen des Kongresses erklärten sich
mit den BesetzerInnen solidarisch, forderten, dass der Schlachthof
nicht gebaut wird und erklärten: „Die Beendigung der Schlachthofkultur
ist Vorbedingung einer Gesellschaft, die nicht mehr auf Zerstörung und
Vernichtung gründet, sondern auf befriedeten Verhältnissen. Es gilt
also, eben dieser Kultur des Schlachthofs ihre Legitimität abzusprechen
und sie zu bekämpfen. Die Tierbefreiungsbewegung kann und wird nicht
dulden, dass weiterhin neue Stätten der Tierausbeutung gebaut werden“
(die vollständige Erklärung findet sich hier).
Nicht nur die Tierbefreiungsbewegung sowie Tierrechts- und
Tierschutzorganisationen, auch die großen Naturschutzorganisationen
lehnen das Projekt, aufgrund der enormen ökologischen Belastung, ab.
Die TiRS sprach sich am Samstag für ein generelles Moratorium gegen den
Bau von Schlachthöfen aus und bezog damit Position zur aufkeimenden
gesellschaftlichen Diskussion über den Fleischkonsum: Immer mehr
Menschen stellen die Rolle von Fleisch als Lebensmittel längst
grundsätzlich in Frage. Die Tübinger Mahnwache der TiRS stand denn auch
im Zeichen der „Internationalen Woche zur Abschaffung von Fleisch“.
Zeitgleich fanden in München und im französischen Montpellier ebenfalls
Protestaktionen gegen das Schlachthofprojekt in Wietze statt – ein
Projekt, dessen „Wahnsinn“ immer mehr Menschen bewusst wird.