Imperialismus und die Aufgaben der revolutionären Linken in der BRD

Verteidigungsministerin von der Leyen in Saudi-Arabien

Die Gruppe Prolos aus Nürnberg hat uns diesen Text übergeben, um eine Diskussion um den Begriff Imperialismus und seine Notwendigkeit in der linken Analyse zu eröffnen. Die Prolos haben vor etwa 1 1/2 Jahren die Kampagne Fluchtursachen bekämpfen gegründet, welche es sich zum Ziel gemacht hat mit konkreter antiimperialistische Analyse das Thema Flucht und Fluchtursachen in die Öffentlichkeit zu bringen. Dabei bleibt diese jedoch nicht stehen und fördert zum einen die überregionale Vernetzung linker Gruppen und Organisationen und zum anderen die Selbsorganisierung und politische Unterstützung von Geflüchteten. Mehr zu den Prolos findet ihr unter: www.prolos.info das im Text angesprochene neun Punkte Papier ist auch dort zu finden. Mehr Infos zur Kampagne Fluchtursachen bekämpfen findet ihr unter: www.fluchtursachen.tk


Der Imperialismusbegriff – hart umkämpft

 

Der Begriff Imperialismus erscheint heute Einigen antiquiert. Andere wiederum lehnen ihn mit teils absurden Begründungen direkt ab. Dies ist leider ein Riesenfehler. Nichts beschreibt die kapitalistische Wirklichkeit besser als ein richtig verstandener Imperialismusbegriff. Leider gibt es gerade um diesen Begriff einige Verwirrung, die sich äußerst negativ auf die Linke in der BRD auswirkt. Dem entgegenzuwirken, die Notwendigkeit eines umfassenden politischen Verständnisses dieses Begriffs und dessen Anwendung in der Praxis deutlich werden zu lassen und neue antiimperialistische Perspektiven zu entwickeln muss Aufgabe der revolutionären Linken sein.

 

Es geht in diesem Artikel also darum, Positionen und Thesen zum Thema Imperialismus vorzustellen und ein Grundverständnis zu entwickeln, warum antiimperialistisches Bewusstsein gerade heute dringend notwendig ist und nicht einfach durch scheinbar hip daher kommende Erklärungsansätze ersetzt werden kann.

Es geht nicht darum, umfassende Begriffsdefinitionen und historische Herleitungen zu dokumentieren. Dazu gibt es genügend Literatur. Es geht vielmehr darum, Eckpunkte festzulegen und die notwendigen Schlussfolgerungen für die Praxis zu entwickeln.

 

Verschiedene Definitionsansätze

 

Auch der Begriff „Imperialismus“ ist eine Definitionssache. HistorikerInnen, sogar der von mir hoch geschätzte marxistische Wissenschaftler Eric Hobsawm, legen die Epoche des Imperialismus in die Zeit zwischen 1875-1914. Sie beschreiben damit die Epoche, die man heute eher mit fortgeschrittenem Kolonialismus gleichsetzen würde.
Doch gerade in der Linken wurde erkannt, dass der Imperialismus keineswegs mit dem ersten Weltkrieg endete, sondern vielmehr die beherrschende Form des Kapitalismus geworden war. Dies spiegelt sich wider in den Beiträgen von Rudolf Hilferding, Nikolai Bucharin, Rosa Luxemburg und vor allem Lenin – nicht zuletzt in dessen Auseinandersetzung mit Kautsky. Sich damit in allen Einzelheiten auseinanderzusetzen ist sicherlich lehrreich, würde aber den Rahmen dieses Artikels sprengen.

 

Definition des Begriffs Imperialismus

 

Trotzdem sollen hier die Eckpunkte für eine Definition des Imperialismusbegriffes festgelegt werden, wie sie die Prolos im Rahmen ihrer Programmdiskussion entwickelt haben.

Unserer Meinung nach befindet sich die kapitalistische Wirtschaftsweise heute im Stadium des Imperialismus, in der weltweiten organisierten Herrschaft multinational agierender Konzerne, Banken und imperialistischer Staaten. Fortschreitende Technik und Kapitalakkumulation führten bei zunehmender Entwicklung des Kapitalismus zu Zentralisierung im Industrie- und Finanzsektor. Die von den KapitalistInnen vielgepriesene „freie Konkurrenz“ verschwindet zusehends. Der Prozess der Zentralisierung ist natürlich nicht überall gleich und auch nicht total, aber immer die bestimmende Tendenz. Der Kapitalismus ist damit in sein imperialistisches Stadium eingetreten.


Die Kapitallogik beinhaltet die Notwendigkeit der Expansion. Die zunehmende Kapitalakkumulation macht die Suche nach neuen Absatzmärkten, Rohstoffquellen und Anlagemöglichkeiten zwingend nötig. Die Überakkumulation von Kapital, also Kapital, das nicht mehr sinnvoll in die bestehenden Produktionsmittel investiert werden kann, führt zudem zum Kapitalexport und schafft einen riesigen Finanzsektor mit eigenen Gesetzmäßigkeiten und Gefahren. Der Kampf der verschiedenen imperialistischen Zentren um Absatzmärkte, Rohstoffe und geostrategische Positionen wird wirtschaftlich, aber auch militärisch, ausgetragen. Dabei wird der Staat zum „ideellen Gesamtkapitalisten“ und tritt als Vertreter der heimischen Bourgeoise auf. Dies kann zum Krieg der einzelnen imperialistischen Zentren untereinander führen, immer aber zur Unterdrückung der unterworfenen Völker und der unterdrückten Klassen in den imperialistischen Ländern selbst. Der dadurch entstehende militärisch/industrielle Komplex spielt eine weitere wichtige Rolle im imperialistischen System. Der Staat finanziert durch Steuern (welche die Bevölkerung bezahlt) einen ungeheuren Rüstungsapparat. Die Waffen liefert die Industrie und verdient sich dabei dumm und dämlich. Dieser Vorgang bedeutet eine zusätzliche Umverteilung von Reichtum von unten nach oben und er wird auch zum entscheidenden Mittel der Repression nach Innen und Außen.

Zusammengefasst definiert sich der Imperialismus also als die fortgeschrittene Phase des Kapitalismus, dessen hervorstechende Merkmale sind:


Die Konzentration des Kapitals zum Monopolkapitalismus. Genauer zum Oligopol, d.h. mehrere multinationale Konzerne beherrschen maßgeblich das Wirtschaftsgeschehen.


Die Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zu Finanzkapital.


Der Kapitalexport


Die Bildung internationaler monopolistischer Kapitalverbände, welche die Welt unter sich aufteilen


Die immer wieder notwendige Neuaufteilung der Welt aufgrund sich veränderten geopolitischen Verhältnissen unter den bestehenden imperialistischen Zentren. D.h.dieses ökonomische Gefüge musste zudem militärisch erkämpft und abgesichert werden.

Soweit erst mal zum Grundsätzlichen.
Unschwer ist die leninistische Handschrift (*1) bei dieser Definition zu erkennen. Dies hat seinen Grund darin, dass es unserer Meinung nach Lenin hervorragend gelungen ist aus dem Begriff Imperialismus einen politischen Kampfbegriff zu machen. Kein Anderer hat diesen Begriff der abstrakten Debatte so entrissen und ihn zum zentralen Bestandteil der Kritik an der politischen Ökonomie des Kapitalismus gemacht. Warum dies so wichtig ist werden wir im weiteren Verlauf versuchen deutlich werden zu lassen.
Zuerst wollen wir aber einen kurzen historischen Abriss der Entwicklung des Imperialismus geben.

 

Kolonialismus


Die erste geschichtliche Phase des Imperialismus war gekennzeichnet durch massive Expansion und die damit verbundene (Neu)Aufteilung der Welt in Kolonien. Dies bedeutete für die betroffenen Länder extreme Unterdrückung und Ausbeutung durch die Kolonialherren. Aber auch das heimische Proletariat in den imperialistischen Zentren wurde gnadenlos ausgebeutet und in Armut gehalten.
Diese Phase endete im bis dahin beispiellosen Völkermorden des I. und II. Weltkriegs, brachte aber auch die proletarischen Oktoberrevolution in Russland als Folge der innerkapitalistischen Widersprüche hervor. Durch die Gründung der Sowjetunion wurde erstmals ein Land und seine Bevölkerung der absoluten ökonomischen Verfügbarkeit für das Kapitals entzogen. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Ende der großen Kolonialreiche eingeläutet.

 

Das Zeitalter der Systemkonkurrenz


Die zweite Phase, nach den Weltkriegen, war gekennzeichnet von der Systemkonkurrenz des kapitalistischen und des sozialistischen Lagers. Nach der Sowjetunion gründete sich die Volksrepublik China. Infolge dieser Machtverschiebungen gelang es zunächst vielen nationalen Befreiungsbewegungen in den ehemaligen Kolonien, das Joch imperialistischer Herrschaft abzuschütteln. Der Imperialismus musste schwere Schläge einstecken (wie etwa auf Kuba oder in Vietnam). Die Auseinandersetzungen der beiden Großmächte (USA und Sowjetunion) vollzogen sich in Stellvertreterkriegen. Der Imperialismus wurde durch die starke Präsenz des Warschauer Pakts in die Schranken gewiesen.


Innenpolitisch versuchte der Imperialismus im Zeitalter des Fordismus mit keynesianischen Wirtschaftsmodellen die heimische Bevölkerung zu befrieden. Dies führt zu gewissen Zugeständnissen an die ArbeiterInnenklasse in den Metropolen (New deal in den USA, Sozialpartnerschaft in der BRD). Mit diesen Maßnahmen wollte sich die herrschende Klasse ein ruhiges Hinterland schaffen.
In Zeiten internationaler Wirtschaftsverflechtungen traten an Stelle der einheitlichen Nationalstaaten zunehmend internationale, kapitalistische Interessenvertretungen auf. Im Bereich der Wirtschaft und Politik sind dies beispielsweise EU/EG, IWF oder Weltbank, im militärischen Bereich die Nato.
Instrumente wie IWF, WTO oder Weltbank treiben viele Länder in die ökonomische Abhängigkeit von wirtschaftlich starken Kapitalverbänden. Damit können auch ohne militärische Maßnahmen imperiale Interesse durchgesetzt werden.

 

Imperialistischer Rollback


Seit den 1990er Jahren, der Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Pakts, fand ein imperialistischer Rollback sondersgleichen statt. Im entstandenen Machtvakuum entbrannte sofort erneut der Kampf um Einflusssphären. Die Widersprüche und Konkurrenz zwischen den alten imperialistischen Zentren untereinander sowie der Kampf gegen die neuen aufstrebenden Mächte wie Russland und China haben sich seither ständig verschärft. Heute überzieht der imperialistische Krieg ganze Weltregionen und stürzt diese in Chaos und Verelendung. Im Inneren wird die Gesellschaft der imperialistischen Zentren zunehmend militarisiert. Sie nennen es „Kampf gegen den Terror“ oder „humanitäre Einsätze“. Es wird versucht diese Schlagworte durch die weitgehend gleichgeschaltete Presse propagandistisch in die Bevölkerung zu tragen und Krieg konsensfähig zu machen.

 

Neoliberalismus


Wirtschaftspolitisch erhebt der Neoliberalismus in globalem Maßstab sein menschenfressendes Haupt. Ungezügelte Ausbeutung und Unterdrückung feiern Auferstehung. Lohndumping, soziale Verschlechterungen, Aushebeln von Arbeitsschutz und erkämpften Rechten, Neokolonialismus sind nur einige Auswirkungen des internationalen Diktats des Kapitals. Unter diesem Gesichtspunkt müssen auch die sogenannten Freihandelsabkommen wie beispielsweise TTIP, NAFTA und CETA gesehen werden. Die mittlerweile neu aufstrebenden Kräfte der Kapitalfraktionen, die in der Entwicklung der globalen Märkte abgehängt wurden und nun wieder verstärkt auf Nationalstaat und Protektionismus setzen, sind nur die andere Seite der Medaille. In ihrem Willen zu skrupelloser Ausbeutung der unteren Klassen sind sich die Herrschenden einig.

 

Die Folgen der neoliberalen, imperialistischen Politik


Krieg und Vertreibung


Nach UNHCR Angaben sind derzeit ca. 60 bis 90 Millionen Menschen auf der Flucht.
Die Ursache liegt in der immensen destabilisierenden Wirkung, welche die imperialistische Politik seit Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts ungehindert entfachen könnte.
Setzte bis dahin die Sowjetunion dem zügellosen Treiben der westlichen Mächte noch gewisse Schranken, so ist seit dem Wegfall dieses Regulats die hemmungslose Politik des Imperialismus bis in den letzten Winkel des Planeten spürbar. Konsequent hat der Imperialismus große Weltregionen komplett ins Chaos gestürzt. Angefangen von den ehemaligen Ostblockstaaten über die arabische Welt, Irak, Libyen, Syrien, bis nach Somalia oder Afghanistan. Angeblich um „Demokratie zu bringen“ oder „den Kampf gegen den Terror zu führen.“ Aber das sind selbstverständlich nur leicht zu durchschauende Propagandalügen um ihre aggressive Expansionspolitik zu bemänteln.

 

Skrupellose Ausbeutung

 

Die skrupellose Ausbeutung Afrikas hat ausgeblutete Regionen geschaffen, deren Menschen keinen anderen Ausweg mehr sehen, als sich auf den gefährlichen Weg nach Europa zu machen – um eines vermeintlich besseren Lebens willen. Die Menschen Osteuropas, deren Volkswirtschaften mittlerweile in einem mehr als desolaten Zustand sind, zieht die Aussicht auf Lohn und Brot nach Westen. Die Menschen der arabischen Kriegs- und Bürgerkriegsregionen, die ihr vorheriges normales Dasrin verloren haben, versuchen das nackte Leben zu retten, aber auch die Menschen der europäischen Peripherie sehen in ihren vom kapitalistischen Markt niedergerungenen Ländern keine Perspektive mehr und machen sich auf in die vermeintlichen Zentren des Wohlstands – in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Jedoch auch den unteren Klassen in den Metropolen bläst ein scharfer Wind ins Gesicht. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander.

Die Imperialisten hingegen, die für diese chaotischen Zustände die Verantwortung tragen, reagieren wie immer mit Angriff. Sie führen den Krieg gegen die Armen, anstatt gegen die Armut. Sie setzen auf erbarmungslosen Klassenkampf von Oben. Sie bauen Mauern um die Zentren des Reichtums und versuchen sich so der Folgen ihrer Politik zu entledigen.
Das ist die Antwort eines Systems, das nur Profitmaximierung als Prämisse kennt.
Und dieses System heißt Imperialismus.

 

Die herrschende Klasse baut den Repressionsapparat aus


Dies alles bleibt nicht ohne Folgen. Weltweit formiert sich Widerstand gegen die aggressive Politik der herrschenden Klasse. Und so wird nicht zuletzt der Krieg in Form von Terror in die Zentren zurückgetragen. Innenpolitisch nutzt die herrschende Klasse die Gunst der Stunde um den Unterdrückungsapparat auszubauen. Sämtliche Parteien überschlagen sich förmlich im Vorschlagen von drastischen Maßnahmen: Die Ausrufung des Notstands, Ausbau des Polizei- und Militärapparats, Bespitzelung von Computer und Abhören von Telefonen, Einsatz von SoldatInnen im Inneren und nach Außen und dergleichen mehr – alles Maßnahmen auf ihrer Langzeitwunschliste. So starten sie einen Durchmarsch in einen Polizei- und Überwachungsstaat, in dem sogar Militär gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden kann. All das hoffen sie jetzt ohne großen Widerstand durchsetzen zu können, handeln selbst gegen ihre Grundgesetze oder Verfassungen, immer mit Hinweis auf vermeintlichen Terror, den es ohne ihre Provokationen und Kriege wohlgemerkt gar nicht gäbe. Um der vermeidlichen Sicherheit willen werden hart erkämpfte Rechte der Zivilgesellschaft geopfert, was auf Dauer nur der Macht der AusbeuterInnenund KriegstreiberInne nutzt.
Wenn wir jetzt nicht aufpassen finden wir uns bald alle in einer Welt, die wir noch weniger wollen können als die gegenwärtige – und die derzeitigen Zustände sind schon schlimm genug.

 

Scheiß Nazis – Europas Rechte nutzt die Gunst der Stunde für ihre Hassbotschaften

 

Die Opfer dieser imperialistischen Politik werden hier in Europa schließlich von rechten PolitikerInnen und Nazis zynischerweise als die eigentliche Gefahr bezeichnet. RechtspopulistInnen versprühen in allen Ländern und Metropolen ihr nationalistisches Gift, machen in gewohnter Manier die Schwächsten der Gesellschaft zu Sündenböcken für die vom imperialistischen System verursachen Missstände. Flankiert und teilweise vor sich hergetrieben werden viele PolitikerInnen von pseudodemokratischen Rechtsparteien und Organisationen wie AfD und Pegida in Deutschland, die ihren rassistischen Dreck unter Polizeischutz ungehindert in die Welt hinausposaunen können. Flüchtlinge, die aus Angst um Leib und Leben Schutz suchen werden zur Gefahr hochstilisiert. Damit stellen die Herrschenden das Ursache/Wirkungsprinzip auf den Kopf und beweisen einmal mehr den menschenverachtenden, hirnverkleisternden Kern rechter Ideologien.
Diese geistige Brandstiftung nutzen Stiefelnazis um Ernst zu machen und wirklich Häuser anzustecken oder Flüchtlinge anzugreifen. So werden Menschen, die hier eigentlich Schutz suchen, erneut zu Verfolgten.

 

Erweiterter Imperialismusbegriff


Betrachtet mensch die Geschichte des Imperialismus,erscheint diese als eine unablässige Folge von militärischen Aggressionen. Aber der Pulverdampf der Kanonen sollte uns nicht den Blick vernebeln darauf, dass es vor allem das ökonomische Moment ist, das die Politik des Imperialismus bestimmt, so verheerend macht und sich auf alle sozialen Verhältnisse auswirkt.


Der Imperialismus tötet lange bevor die erste Bombe fällt. Durch Ausbeutung, Hunger Unterdrückung und Unterentwicklung tötet er mehr Menschen als alle Kriege zusammen. Imperialismus ist also nicht nur kriegerischer Kapitalismus. Deshalb greifen antimilitaristische Ansätze , so notwendig sie sind, zu kurz, wenn sie keine umfassende Kritik des imperialistischen Systems einschließen.

Imperialismus ist Klassenkampf von Oben. Denn der „Krieg“ der herrschenden Klasse beginnt viel früher. Deshalb muss de Begriff des imperialistischen Krieges auch viel weiter gefasst werden. Geht mensch davon aus, dass der Imperialismus Kapitalismus in seiner fortgeschrittenen (derzeit höchsten) Phase ist, so leitet sich daraus ab, dass diese System alle Lebensbereiche der Menschen bestimmt.

 

Schöne neue Welt

 

Niemals haben sich die sozialistischen Klassiker vorstellen können wie total die herrschende Klasse einmal das Leben der Menschen beherrschen wird. Die kapitalistische Globalisierung hat die Marktgesetze nicht nur in den letzten Winkel der Welt getragen, sie sind auch in die intimsten Regungen der Menschen eingedrungen. Multinationale Konzerne wissen und bestimmen, was wir sehen, was wir denken, wo wir uns bewegen, wer unsere Freunde sind, wie wir lieben, wie wir Sex haben. Facebook, Twitter und YouTube sind aus dem Leben vieler Menschen nicht mehr wegzudenken.Damit erscheint eine neue Ware auf dem Markt, die vielleicht einmal die wichtigste Ware werden wird – Die Information. Das gesamte Privatleben wird in bisher nicht gekannter Weise kontrolliert, manipuliert und kommerzialisiert.


Und das ist erst der Anfang der totalen Macht von Großkonzernen, die jeglicher gesellschaftlicher Einflussnahme enthoben sind und deren Einfluss in dieser vierten industriellen Revolution unaufhörlich wächst. In der Produktion der Zukunft wird der Mensch mit dem digitalisierten Produktionsablauf verschmelzen und endgültig zum Cyborg.


Die Monopolisierung und die Kapitalkonzentration in diesem Bereich vollzieht sich in rasender Geschwindigkeit. Haben früher Konzerne noch Generationen gebraucht um eine marktbeherrschende Stellung zu erreichen, so vollzieht sich dies heute innerhalb weniger Jahre, wie mensch an Microsoft, Google, Facebook und Amazon, um nur einige zu nennen, leicht feststellen kann. Natürlich ist die Digitalisierung erst mal ein Fortschritt, und hier soll beileibe nicht der Maschinenstürmerei das Wort geredet werden, aber damit Fortschritt wirklich Fortschritt ist, allen nützt und nicht nur wenige reich macht, müssen wir den kapitalistischen Fortschritt einer radikalen Kritik unterziehen.

 

Die Systemfrage stellen

 

Wie wir gesehen haben versucht das imperialistische System alle Lebensabläufe maßgeblich zu bestimmen. Nur wer begreift, dass der Imperialismus auf allen Ebenen Krieg führt hat ein richtiges Verständnis davon, was Imperialismus ist.
Das heißt, dass alle Kämpfe, wie unterschiedlich sie auch daherkommen, letztendlich immer die Systemfrage stellen müssen, wenn sie wirklich die Wurzel des Übels packen wollen. Praktischer Ausdruck dessen ist der Klassenkampf – eben der Kampf gegen die herrschende Klasse.

Im Imperialismus ist Krieg als militärische Intervention das finale Mittel, die Interessen der herrschenden Klasse durchzusetzen. Der Krieg der herrschenden Klasse beschränkt sich aber eben nicht nur auf die rein militärischen Auseinandersetzungen. Ausbeutung und Unterdrückung, Verfolgung und Diskriminierung, Versagen von medizinischer Hilfe und von Bildung sind nur einige Bespiele, wie der Krieg gegen die unteren Klassen geführt wird.

In einem Papier der Prolos/Nürnberg steht demnach folgerichtig:


„Wenn jemand den Arbeitsplatz und damit die Existenz verliert – dann ist das Krieg. Wenn billiger Wohnraum zerstört wird – dann ist das Krieg. Wenn die Wasserversorgung privatisiert wird – dann ist das Krieg. Wenn auf lebenswichtige Medikamente oder Saatgut Patente erhoben werden – dann ist das Krieg. Wenn Frauen weniger Lohn erhalten als Männer – dann ist das Krieg Wenn die Umwelt verschmutzt wird – dann ist das Krieg

Die Reihe ließe sich noch unendlich weiterführen. Das Verständnis von Imperialismus muss also ein sehr komplexes sein.

Oder um es mit einem Brecht Zitat zu sagen:
´Es gibt viele Arten zu Töten:
Mann kann einem ein Messer in den Bauch stechen,
einem das Brot entziehen,
einen von einer Krankheit nicht heilen,
einen in eine schlechte Wohnung stecken,
einen durch Arbeit zu Tode schinden,
einen in den Suizid treiben,
einen in den Krieg führen usw.
Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten´“

 

Den Klassenkampf führen


Deshalb muss der Kampf gegen den Imperialismus auch auf allen Ebenen geführt werden! Kampf gegen den imperialistischen Krieg ist eben internationaler Klassenkampf – internationale Solidarität, proletarischer Internationalismus. Kampf gegen Repression ist Kampf gegen den Klassenkampf von Oben. Kampf gegen den Imperialismus bedeutet Kampf für eine saubere Umwelt, Kampf gegen das rücksichtslose Profitstreben der Herrschenden Klasse. Er umfasst soziale Kämpfe um bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen, den Klassenkampf von Unten.
Alle Kämpfe gegen Rassismus, Sexismus usw. sind unter dem Gesichtspunkt des kapitalistischen/patriarchalen Systems zu sehen, das Imperialismus heißt.
Auch der Kampf gegen das Patriarchat, welches durchaus ein eigenständiges Unterdrückungsverhältnis ist, muss heute unter den Bedingungen des Imperialismus gedacht werden. (*2)

Wollen diese Kämpfe mehr sein als nur reformistische Ansätze zur Durchsetzung partikularer Interessen, so müssen sie von einem konsequent antiimperialistischen Bewusstsein aus geführt werden und einen übergeordneten strategischen Ansatz haben.

 

Für uns hat der Gegner Name und Anschrift


Der Kampf gegen den Imperialismus aber darf nicht abstrakt bleiben, auch wenn er im Grundsatz ein ökonomisches Verhältnis ist. …und so stellt sich die Frage:
Wer sind die ProduzentInnen dieses Systems und worin liegt ihr Nutzen?
Die Antwort kennt im Grunde jede/r: Nutznießer ist die herrschende kapitalistische Klasse und es geht ihr darum aus jeder Situation Profit zu schlagen.
Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung sind keine Naturkatastrophen oder zwangsläufigen physikalischen Abläufe, nein, sie sind bewusste, von Menschen erdachte, produzierte und aufrechterhaltene Instrumente, mit dem Ziel ihre Macht zu erhalten und ihren Reichtum zu mehren.Und deshalb darf es hier nicht nur um „abstrakte“ Ursachen gehen, sondern auch um Täter und um konkrete Schuld, die zugewiesen – und bezahlt werden muss.
Schuld an der verzweifelten Lage eines großen Teil der Menschheit sind die KapitalistInnen in ihrem skrupellosen Streben nach Reichtum.

Dagegen müssen alle Kräfte mobilisiert werden!

 

Links in die Offensive!

 

Was bedeutet es für die revolutionäre Linke, wenn sie bereit ist das bisher Gesagte als Tatsache zu sehen? Es bedeutet, dass die Linke wieder in die Offensive kommen muss. Leider ist ein guter Teil der Linken angesichts der bestehenden Zustände in Agonie und Defätismus verfallen. Aber das Gegenteil ist angesagt. Aufgrund des weltweiten Rechtsrucks – seien es RechtspopulistInnen, Nazis oder IslamistInnen und dergleichen Scheiß – müssen wir unsere Anstrengungen vervielfachen. Die Linke muss in der Öffentlichkeit wieder verstärkt wahrnehmbar werden mit einer eigenständigen revolutionären Theorie und Praxis.

 

Gegen Rechtsopportunismus


Viele glauben, mensch könnte die Massen eher erreichen wenn linke Schlagworte und Begrifflichkeiten vermieden werden. Das Gegenteil ist richtig. Wir müssen bürgerlichen Begrifflichkeiten, Erklärungsmustern und Lösungsansätzen unsere eigenen revolutionären Positionen entgegensetzen. Nur so werden wir als eigenständige Kraft wahrgenommen.
Es nützt nichts sich dem bürgerlichen Lager anzubiedern. Deshalb bringt es nichts, sich an den „Problemlösungen“ innerhalb dieses Systems zu beteiligen, so notwendig und humanitär geboten es teilweise scheint. Nur mit einer konkreten Politik kann man überzeugen. Ohne den politischen Kampf gegen dieses mörderische System, als Ursache der derzeitigen Situation, sind alle anderen Maßnahmen sinnlos.

 

Die Notwendigkeit eines brauchbaren Imperialismusbegriffes

 

Eine revolutionäre Praxis braucht eine revolutionäre Theorie, aber auch umgekehrt ist eine revolutionäre Theorie ohne revolutionäre Praxis zwecklos. Wir müssen die revolutionären, linken, exakten Begriffe wieder hörbar in die Öffentlichkeit tragen. Denn: Wer keine Sprache hat kann sich auch nicht ausdrücken. Deshalb ist der Imperialismusbegriff notwendig. Wir sind eben nicht „globalisierungskritisch“. Es geht um Antiimperialismus, Internationalismus, Klassenkampf und nicht um die (post)modernen Begrifflichkeiten welche aus den soziologischen Fakultäten und sozialwissenschaftlichen „Diskursen“ in die politische Diskussion herüberschwappen. Und es geht schon gar nicht um die konterrevolutionäre Umdeutung oder gar Diffamierung revolutionärer linker Begrifflichkeiten.


Revolutionäre Imperialismuskritik muss wieder offensiv eingebracht werden… und das ist auf Dauer möglich, wie das Beispiel Kapitalismuskritik zeigt. Nach Ende der Sowjetunion feierten die Kapitalisten schon das „Ende der Geschichte“. Einige Finanzkrisen später stehen heute bis weit ins bürgerliche Lager viele Menschen dem kapitalistischen System kritisch gegenüber. Die Linke muss über das System hinausreichende Antworten geben auf die berechtigten Sorgen und Nöte der Menschen. Sonst bleibt Raum für die Rechten und ihren menschenverachtenden, aber letztlich systemerhaltenden Dreck.

 

Daraus ergeben sich folgende Schlußfolgerungen:

Ein erweiterter Imperialismusbegriff muss wieder ins Zentrum unserer politischen Theorie und Praxis gestellt werden.

Die TäterInnen müssen konkret benannt und angegriffen werden. Die herrschende Klasse führt einen erbarmungslosen Klassenkampf von Oben. Dies darf nicht unbeantwortet bleiben. Die Antwort auf diesen Fehdehandschuh muss die knallharte ArbeiterInnenfaust sein. Klasse gegen Klasse!


Den Rechten und Nazis, gleich welcher Couleur, muss entschlossen in den Arsch getreten werden. Alles Reaktionäre fällt nur, wenn man es niederschlägt!


Und nicht zuletzt muss dabei die Systemfrage gestellt und der Kampf um eine andere Welt aufgenommen werden, in der Ausbeutung und Unterdrückung der Vergangenheit angehören.

Praktisch heißt das, dass wir unsere Kampfkraft maximal verstärken müssen. Organisiert autonom eure Kämpfe, dort wo ihr seid. Vernetzt euch. Wir müssen uns verstärkt inhaltlich aufeinander beziehen und solidarisch handeln.
Gelegenheiten dazu gibt es genug. Unterstützt das Bündnis „Fluchtursachen bekämpfen“. Beteiligt euch sichtbar an Demonstrationen und Kundgebungen, z.B. den Ostermärschen , den (revolutionären) 1.Mai Demonstrationen, kämpft gegen Schweineaufmärsche wie MSC (SIKO),G7, G20 usw., geht raus auf die Straße, nehmt euch die Stadt, diskutiert geduldig mit KollegInnen, MitschülerInnen und Bekannten. Versteckt euch nicht, werdet erkennbar, klärt auf, bringt Links in die Offensive!

 

 

*1 Zu Lenins „der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“:

In unserer Imperialismusdefinition knüpfen wir weitgehend an Lenins Analyse an. Auch für uns sind Kapitalkonzentration, Verschmelzung von Bank- und Industriekapital, Kapitalexport, sowie aggressiver Expansionsdrang hervorstechende Merkmale des modernen Imperialismus. Mit dem Begriff „Monopol“ gehen wir etwas vorsichtiger um, da „Monopol“ leicht in Richtung eines einzigen Konzerns verstanden werden könnte (was Lenin auch nicht behauptet). Dies ist mitnichten so, vielmehr sind es mehrere marktbeherrschende Konzerne, die sich auch in der imperialistischen Phase des Kapitalismus teilweise noch erbitterte Gefechte liefern. Deshalb sprechen wir in unseren Texten auch vom Oligopol, der Macht mehrerer marktbeherrschender Konzerne. Dies impliziert natürlich auch die Existenz weiterer MarktteilnehmerInnen, nur dass diese eben nicht marktbeherrschend sind. Desweiteren bezeichnen wir den Imperialismus als die „derzeit höchste Form des Kapitalismus“ oder „fortgeschrittenste Form des Kapitalmus“ vermeiden also das Absolutum „ höchste“. Der Kapitalismus hat sich als wandelbarer und krisenresistenter erwiesen als dies zu wünschen wäre.


Ob irgendwann tatsächlich nur noch ein Weltkonzern übrigbleibt, der das Leben der Menschen in seiner Gänze bestimmt oder die Konzerne in der Zukunft ganz auf den Staat als ideellen Gesamtkapitalisten verzichten und in Eigenregie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, also Konzernleitungen die Aufgabe der Regierungen übernehmen, oder Privatarmeen unterhalten um ihr geopolitischen Interessen durchzusetzen – Wir wissen es nicht. Auch gehören wir nicht zu den wissenschaftlichen Orakelmeistern (wie etwa Kautsky) die Prognosen für die ferne Zukunft anstellen. Uns fällt nur die politische Aufgabe zu, das Bestehende zu analysieren und die richtigen Schlüsse für den Kampf zu ziehen, was natürlich in gewissem Umfang Voraussagen mit einschließt.

 

*2 Das Patriarchat hat als Unterdrückungsverhältnis schon vor dem Imperialismus bestanden und wird nicht automatisch mit diesem verschwinden. Das Patriarchat ist ein in der Gesellschaft tief verwurzeltes Unterdrückungsverhältnis, das nicht allein ökonomisch erklärt werden kann und sich selbst durch die soziale Revolution nicht automatisch löst.

Zitat aus dem Prolosprogramm:

Wenngleich die Abschaffung der kapitalistischen Ökonomie die Voraussetzung für eine herrschaftsfreie Gesellschaft ist und die Überwindung der untergeordneten Rolle der Frau im Produktionsprozess bedeutet, heißt das nicht, dass die patriarchale Ideologie, sexistische Vorurteile und Verhaltensweisen, vorgegebene Beziehungsmuster und gesellschaftliche Rollenzuweisungen automatisch mit entsorgt werden.
Der Kampf gegen das Patriarchat ist nicht allein Frauensache sondern muss fester Bestandteil linker revolutionärer Politik sein und auf die gesamte Gesellschaft ausgeweitet werden (…)
Die gesamte patriarchale Ideologie muss einer radikalen Kritik unterzogen werden. Dies bedeutet die Reflexion der eigenen ansozialisierten Verhaltensweisen sowie die Abschaffung von gesellschaftlicher, staatlicher und struktureller Unterdrückung und ökonomischer Ausbeutung, also einen umfassenden Kampf gegen die patriarchale Praxis.“

Der Kampf gegen das Patriarchat muss heute aber unter den spezifischen gesellschaftlichen Verhältnissen geführt werden die das imperialistische System vorgibt. Alles andere hieße, die Realität zu verkennen.

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Trotz der Auflösung und Aufweichung des Monopolbegriffs (und der Ersetzung durch "Oligopol") liefert weder ihr, noch Lenin nich Marx (der ja die Monopolisierungstendenzen im Kapitalismus als erster beschrieben hat, auf den ihr euch merkwürdigerweise aber nicht bezieht - fehlt euch da das Wörtchen "Imperialismus"?) eine gute Begründung (oder überhaupt eine) dafür. Das macht die These relativ unhaltbar. Außerdem versteh ich einfach nicht wozu der Imperialismusbegriff jetzt genau dienen soll, weil alles was "Imperialismus" bei euch ist bei Marx noch unter Kapitalismus zusammengefasst wurde. Nur weils sich schicker anhört?

 

Zum Patriarchat: ihr schreibt dass die abschaffung des Kapitalismus "die Überwindung der untergeordneten Rolle der Frau im Produktionsprozess bedeutet". Woher nehmt ihr eure Zuversicht in diesem Punkt? Die Unterdrückung der Frau im Produktionsprozess existiert schon länger als der Kapitalismus und ist der Grund warum das Kapital den Sexismus befeuert - weils billiger kommt als bezahlte Reproduktionsarbeit. Oder glaubt ihr dass in vorkapitalistischen Zeiten Männer die Reproduktionsarbeit erledigt haben oder sie geteilt wurde? Oder gar bezahlt?

 

Schade, wieder nur Plattitüden. Ich würde gerne mal einen sinnvollen Diskussionsbeitrag zum Thema lesen, nich die x-te wiederauskramung von Lenin und dann kommt am Ende doch nix bei rum. Außerdem ist es leicht gewagt Luxemburg und Lenin in einen Artikel zu packen, immerhin unterschieden sich deren politische Ansichten dann doch relativ heftig.

Es sind immer die gleichen Stubenhocker und Verwalter der reinen Lehre, die an eine fiktive Linke die Aufgaben verteilen. Wie bei Hornbach, es gibt immer was zu tun. So viel zu tun und so wenig Zeit. Oder so. So Riesenaufgaben und so wenig Leute. Die reale Situation wird bei dieser Aufgabenstunde stets außer Acht gelassen. Typisch. Wir müssen die halbe Stadt plakatieren, die Flyer müssen verteilt werden und wer verkauft die Zeitung? Und s sind nur 5 lutche da. :-)))