Am Freitagabend sollen rechte Kampfsportfans den Club Institut fuer Zukunft am Kohlrabizirkus angegriffen haben, berichten Augenzeugen. Die Polizei jedoch glaubt eher an Aktivitäten linker Gruppen.
Bereits einen Abend vor der am Sonnabend im Kohlrabizirkus stattfinden »Imperium Fighting Championship« haben sich etwa zwanzig bis dreißig Kampfwillige offenbar schonmal warm gemacht. Laut einer Pressemitteilung des im selben Gebäude beherbergten Clubprojekts Institut fuer Zukunft (IfZ) sollen diese versucht haben, sich gewaltsam Zutritt zu diesem zu verschaffen. Augenzeugen berichten, wie ein Teil der Gruppe mit Eisenstangen und Zangen bewaffnet zunächst auf die vor dem Eingang aufgestellten Zäune losging, während ein anderer Teil sich im Inneren an einer verschlossenen Tür zu Gange machte und versuchte, diese aufzubrechen.
Doch weit kamen die Angriffslustigen nicht. Die Zäune hielten dicht, die Tür blieb verrammelt. Zu Schaden kam niemand. Binnen weniger Minuten fanden sich mehrere Streifenwagen auf dem Gelände ein, die Angreifer gingen zurück in die Halle, die Polizei richtete ein Kontrollgebiet rund um den Kohlrabizirkus ein. Alles halb so schlimm also?
Wohl kaum, wenn man bedenkt, in welchem Kontext sich die nächtlichen Ereignisse abspielen. Denn um das Free-Fight-Event gibt es schon lange Kontroversen (siehe http://kreuzer-leipzig.de/2016/08/03/das-imperium-schlaegt-zurueck/). Veranstalter und Teilnehmer rund um den Boxer Benjamin Brinsa und sein »Imperium Fight Team« werden immer wieder der rechten Szene zugeordnet. Die kürzlich gegründete Gegenkampagne »Rassistische Netzwerke zerschlagen« benennt »Zusammenhänge zwischen Neonazi-Organisationen, rassistischen Bewegungen, Rotlicht-Milieu, Security-Firmen, der Rockerszene, der Hooligan-Szene, der Kampfsportszene und anderen Milieus«. Es gebe »offensichtliche Verstrickungen« zwischen dem Kampfevent und dem gewalttätigem Neonazi-Spektrum, sagt Pressesprecherin Laura Ende.
Die Polizei Leipzig hat hingegen Zweifel an den Beobachtungen der Augenzeugen. So seien vor allem Sicherheitskräfte am Freitagabend vor Ort gewesen. Die Personen, die sich am Bauzaun zu schaffen machten seien »nach optischer Wahrnehmung eher dem linken Spektrum zuzuordnen«, sagt Polizei-Pressesprecher Andreas Loepki. Ferner liege »die Vermutung mehr als nah, dass das Agieren im Umfeld des Kohlrabizirkus allein auf Aktivitäten der linksextremen Szene beruhte.«
Warum man sich im IfZ einen solchen Angriff ausdenken sollte, bleibt offen. Den Notruf, der bei der Polizei einging, haben die Personen aus dem Institut fuer Zukunft selbst abgesetzt. Hinzu kommt, dass bereits den ganzen Tag über der Eingang des Institut fuer Zukunft von Anhängern der Imperium Fighting Championship beobachtet wurde, wie Augenzeugen berichten. Auch der von der Gegenkampagne als zur »rechten Hooligan Szene zugehörig« bezeichnete Benjamin Brinsa soll vor Ort gewesen sein.
Neila Schmidt, Pressesprecherin des Institut fuer Zukunft, spricht daher von einem »gezielten Angriff« auf den sich als progressiv verstehenden Club. Und so unerwartet dieser am Freitagabend auch kam, so gewiss ist für die Betreiber die Bedrohung. »Dass gewaltbereite Kämpfer hier unweit vom Leipziger Zentrum ein solches Großevent durchführen können, schafft nicht nur für unseren Club, sondern auch darüber hinaus, ein enormes Gefahrenpotential«, sagt Schmidt.
Damit bleibt das Gebiet rund um Kohlrabizirkus an diesem Wochenende ein heikles Pflaster. Denn nicht nur die mutmaßlichen Neonazis und ihre Gladiatorenkämpfer treffen sich hier am Sonnabend, sondern auch die Gegenkampagne mobilisiert mit einer antifaschistischen Demonstration an den Austragungsort. Die Veranstalter der »Imperium Fighting Championship« wähnen sich sicher. Ein »gutes« und »konstruktives« Kooperationsgespräch mit der Stadt habe ergeben, dass es »keine Beeinträchtigung in jeglicher Hinsicht durch die unbegründete Demo« geben werde. Mit einem »massiven Sicherheitsaufgebot aus dem ganzen Bundesgebiet« bereite man sich auf alle Eventualitäten vor.
Auch wenn laut Szenebeobachtern dem Imperium-Umfeld also ein solcher Angriff durchaus zuzutrauen wäre, die Aussagen der Augenzeugen stehen gegen die der erst im Nachhinein eingetroffenen Polizei, die sich auf die anwesenden Sicherheitskräfte des Free-Fight-Events vor Ort beruft. Am Abend sollte jedoch klar werden, ob der Kampf der Gladiatoren tatsächlich nur im Ring stattfinden wird, oder der Freitag nur als Aufwärmübung für weitere Angriffe gedient hat. Bereits am Sonnabendnachmittag berichten Augenzeugen von neuen Aktivitäten der Freefight-Fans an den Zäunen, die das Gelände des Clubs IfZ abschirmen. Polizei sei nicht vor Ort.
SARAH ULRICH
Kommentar des Pressesprechers der Polizei unter Kreuzer-Artikel
Ihr Artikel lässt leider allgemein bekannte Fakten und erteilte Auskünfte außer Acht, welche die Sicht der Polizeidirektion Leipzig untermauern:
1) Es ist erklärtes Ziel der linksextremistischen Szene (gewesen), die Kampfsportveranstaltung zu verhindern.
2) Vergleichbares Agieren wird durch Linksextremisten in Leipzig beinahe wöchentlich ausgelebt, weshalb auch hier ein vorabendlicher Sabotageversuch sehr wahrscheinlich ist.
3) Die umgehend eingeleitete Umfeldbestreifung führte zu mehreren Personalienerhebungen. Die Personen waren ausschließlich dem linken Spektrum zuzuordnen und führten u. a. Vermummungs- sowie Schlagschutzutensilien bei sich.
4) Die Meldung des IfZ benannte ich als tendenziös.
5) Die angeblich Eingedrungen waren schlicht private Sicherheitskräfte, welche der Kampfsportveranstalter engagiert hatte.
6) Es bleibt ein Stück weit die Logik auf der Strecke, bei all diesen Umständen Täter aus dem rechten Milieu zu vermuten. Welchen Sinn und Nutzen sollte deren Handeln haben? Und trotz Anwesenheit von Polizei und „zu Hilfe eilender Linker“ lösten sie sich dann in Luft auf?
Das IfZ mag Fachkenntnisse haben, um Musikevents zu organisieren. Hinsichtlich Pressemitteilungen zu Kriminalitätsgeschehen sind dort aber schlicht Laien am Werk. Und worin das Interesse an einer gewissen Tatsachenverzerrung bestehen könnte, dürfte auch auf der Hand liegen. Schade dass Sie die Wertigkeit der Quelle mit uns auf eine Stufe stellen.
MfG
Andreas Loepki
Polizeisprecher