„Wer hier kauft, kauft Ärger“ lautete das Motto einer Protestkundgebung, an der sich am Abend des 18.8.2016 ca. 200 Menschen vor der Rigaer Straße 71-73 beteiligten. Auf dem Areal will der Investor CG Gruppe das Carré Sama-Riga errichten.
Der Gesprächsführer des Unternehmens Christoph Gröner bezeichnet den geplanten Neubau, bei dem etwa 120 Wohnungen und vier Gewerbeeinheiten entstehen sollen, als soziales Projekt für den gesamten Kiez.
Zu Beginn der Kundgebung wurden kurze Videoclips gezeigt, in denen die CG Group ihre Vision einer von Rendite und Investitionen geprägten Stadt vorstellen. Einkommensarme Menschen kommen in diesem Bild gar nicht vor. In kurzen Redebeiträgen wurde verdeutlicht, dass hier nicht nur ein Grundstück bebaut, sondern der Friedrichshainer Nordkiez so verändert werden soll, dass Menschen mit wenig Einkommen dort nicht mehr leben können, also verdrängt werden wie bereits im Selbstverständnis-Video des Unternehmens.
Dagegen wehren sich seit mehreren Monaten Mieter_innen aus dem Friedrichshainer Nordkiez. Es gab bereits Anfang Mai kleinere Kundgebungen, einen Kiezspaziergang am 12.6. und eine Kiezdemonstration am 17.7. gegen das Carré Sama-Riga. Der Abbruch der alten Basalthäuser, die auf dem Areal standen, hat die Widerstandsbereitschaft der Nachbar_innen nur gestärkt. Es wurde deutlich, dass hier ein Investor mit der Arroganz der Macht Fakten schaffen will.
Bei der Kundgebung am 18.8. wurde der Film „Mietrebellen“ vor der Baustelle gezeigt. Er dokumentiert die vielfältigen Mieter_innenkämpfe in Berlin in den letzten Jahren. Im Anschluss gab es eine Diskussion mit dem Regisseur des Films und Soziologen Matthias Coers sowie Aktivist_innen der Stadtteilinitiative „Keine Rendite mit der Miete/Friedrichshain“.
Wie verhindern wir das Nobelprojekt?
Schnell stand die Frage im Mittelpunkt, wie wir uns als Nachbar_innen auch im Friedrichshainer Nordkiez so organisieren können, dass wir das Nobelprojekt verhindern können. Dabei wurde schnell klar, dass sich auf Politiker_innen niemand verlassen will. Wichtig ist die Selbstorganisierung vor Ort. Dabei wurde betont, dass es gerade im Friedrichshainer Nordkiez gute Voraussetzungen gibt. So steht das Hausprojekt Rigaer Straße 94 für einen jahrelangen Widerstand gegen Investorenträume. Die Polizeieinsätze im Gefahrengebiet Rigaer Straße haben es mit sich gebracht, dass die Nachbar_innen sich besser kennengelernt und gemeinsam gegen die Repression gewehrt haben. Der Widerstand gegen das Carré Sama-Riga könnte ein Projekt sein, wo die unterschiedlichen Nachbar_innen eine gemeinsame Praxis entwickeln können. Veranstaltungen wie die am 18.8. dienen auch dazu, über die Gründe des Widerstands zu informieren und im Stadtteil die eigene Unterstützer_innenbasis zu stärken. Sollte die BVV die Baugenehmigung für das Nobelprojekt erteilen, geht der Widerstand in die entscheidende Phase. Angedacht sind dann Aktionen wie Baustellenblockaden etc. Zudem ist bekannt, dass die CG Group weitere Projekte von einer ähnlichen Dimension in anderen Teilen Berlins plant, beispielsweise der Xberg-Tower am Halleschen Ufer 40-60. Auch Kundgebungen vor der CG-Zentrale in der Bismarckstraße wären eine Protestmöglichkeit.
Soziale Netzwerke im Stadtteil
Wichtig ist aber immer die Arbeit im Stadtteil, die sich nicht auf die Verhinderung eines Projekts wie das Carré Sama-Riga beschränken sollte. Dazu gehört auch der Kampf gegen die Zunahme der prekären Arbeitsverhältnisse, die mit dem Boom von Imbissen, Spätverkäufen, Restaurants im Kiez verbunden sind. Diese Arbeitsverhältnisse sind von informellen Absprachen statt erkämpften Rechten geprägt. Oft ist es dort schwer, Kämpfe zu führen. Doch der Arbeitskampf bei einem Spätkauf in der Samariterstraße in den Jahren 2011/12 zeigt, dass auch dort solche Kämpfe möglich sind.
Weitere Infos und Pressestimmen dazu gibt es hier: berlin.fau.org/news/art_111229-140434.
Noch ein Lesetip zu einem Text, der sich mit den Sozialen Netzwerken in den USA befasst, die Arbeits- und Mieter_innenkämpfe in einer Organisation bündeln wollen: zweiter-mai.org/solidarische-netzwerke-ein-leitfaden
Weitere Informationen:
Keine Rendite mit der Miete/Friedrichshain
mietenstoppfriedrichshain.blogsport.de
Bitte nicht vergessen, wie die 94 gerettet wurde
Bei der Verteidigung der Rigaer94 waren militante Angriffe gegen die "Stadt der Reichen" ein wichtiger Faktor. Deshalb sei daran erinnert, dass im rahmen des TagX-Konzepts auch mindestens ein Fuhrpark der CG-Gruppe in Leipzig abgefackelt wurde, um den Nordkiez zu unterstützen. Wer das jetzt außen vorlässt, vernachlässigt, dass es eine militante Grundhaltung braucht, um mehr zu erreichen, als ein paar Reformen oder die parlamentarische Kontrolle von Gentrifizierung. Es kann nämlich auch sein, dass die BVV keine Zustimmung gibt, und dann so tut, als ob alles gut wäre im Fhainer Nordkiez.!
vielfalt der aktionsformen
Wir wollten aus der Anti-AKW-Beweung lernen, dass die Vielfalt der Ationsformen sinnvoll ist. Es gibt nicht den einen Weg zum Erfolg, wie sich ja bei der Rigaer 94 zeigte. Sicherlich wäre das Hausprojekt ohne die große und vielfältige Solidarität schon geräumt. Aber die Betonung liegt auf Vielfältig. Gäbe es nur die militanten Angriffe und keine Soidarität bis ins liberale Bürgertum wäre die Räumung schon längst vollzogen worden. Es ist doch der große Erfolg, dass es bei der 94 nicht gelingt, die ganze Sache zum Sicherheitsproblem zu machen, dass repressiv gelöst werden muss. Das zeigte ja die große Solidarität der letzten Monate und dann hat schließlich die Justiz zunächst einmal eine Deeskalation bewirkt und wir wissen alle, die näcshte Zuspitzung kommt bestimmt.
Sollie die BVV die Zustimmung zu dem Carree Sama-Riga nicht geben, wäre das doch ein großer Erflg der Protestbewegung in seiner gesamten Breite. Schließlich wurde ja im Bauausschuss bereits grünes Licht für das Projekt gegeben. Wenn dann die Parteien so tun, als wäre alles wieder gut, hieße das für den Stadtteilwiderstand, gar nichts ist gut, aber wir haben gezeigt, dass wir Erfolge erzielen können. Ein Kapitallrojekt wurde verhindert, aber weiterhin werden Menschen tagtäglich auf dem Jobcenter sanktioniert, zwangsgeräumt etc. Dass heßt, wir müsstne es hinkriegen, mit Solidarischen Netzwerken genau hier einzugreifen. Eine verhinderte Zwangsräumung, ein Zahltag im Jobcenter, sind konkrete antikapitalistische Aktinen und sie tragne noch zur Selbstermächtigung der Menschen bei. Aus Betroffenen werden Aktivist_innen. Das ist die Grundlage für die Erzeugung von Klassenbewusstein und dann können wir auch weitere Dinge in Angriff nehmen.
Kundgebung im Beitrag des Deutschlandfunk
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2016/08/19/wo_berlin_noch_wirk...