[MV] 100 Menschen für Klassenkampf statt Rassismus in Greifswald

Klassenkampf statt Rassimus!

Etwa 100 Menschen gingen am Samstagnachmittag unter dem Motto "Internationale Solidarität statt Rassismus!" in der Hansestadt Greifswald auf die Straße. Rund zwei Stunden zog die Demonstration anlässlich des 1. Mai durch die Stadt. Angriffe durch Polizei oder Neonazis blieben aus.

 

Gegen 15 Uhr sammelten sich die Menschen auf dem Greifswalder Nexöplatz. Von dort aus startete die Demonstration in Richtung der großen Plattenbaugebiete Schönwalde 1 und 2. Auf einer spontanen Zwischenkundgebung, auf der Kreuzung Anklamer Straße/Hans-Beimler-Straße, wurde zunächst ein Redebeitrag über die Geschichte des 1. Mai verlesen. Dem Beitrag folgten, mit Ausnahme der Demonstrant_innen, an dieser Stelle noch wenige Menschen. Desto weiter sich die Demo jedoch in die Trabantenviertel bewegte, desto mehr Interessierte fand sie auch. In Schönwalde schauten dann zahlreiche Menschen aus den Fenstern der Arbeiterschließfächer und konnten mit klaren Lautsprecheransagen auf das Anliegen des Umzuges hingewiesen werden. Eine große Zahl an Flugblätter wurde verteilt, oft verbunden mit einem interessanten Gespräch. Auf einer zweiten Kundgebung an der Kreuzung Dubnaring/Ernst-Thälmann-Ring kam zunächst eine Vertreterin der Frauengruppe Offemsiv zu Wort, die zur Unterdrückung der Frau im Kapitalismus sprach und deutlich machte, dass die Überwindung des Kapitalismus nur mit der Überwindung des Patriarchats einhergehen kann. Ihr folgte ein jugendlicher Redner, der auf die bereits in der Schule deutlich spürbaren Auswirkungen der Konkurrenz- und Verwertungslogik einging. Die verständlich geschriebenen Beiträge wurden von zahlreichen Umstehenden verfolgt. Viele unterbrachen ihre Tätigkeiten, um den Worten der Sprecher_innen zu folgen, einige bekundeten ihre Zustimmung.

 

Im weiteren Verlauf schlängelte sich der Umzug durch die Betonschluchten von Schönwalde 2. In beiden Neubauvierteln leben aufgrund der dezentralen Unterbringung zahlreiche Refugees, sodass konsequent darauf geachtet wurde, auch mit englischen Parolen und Ansagen auf das Demonstrationsanliegen aufmerksam zu machen. Ihren Abschluss fand die Aktion schließlich am Stadtteilzentrum Kiste in der Makarenkostraße. In einem finalen Wortbeitrag ging ein Sprecher der Interventionistischen Linken aus Rostock auf die Folgen kapitalistischer Stadtgestaltung, Aufwertung und Verdrängung ein und zeigte Möglichkeiten des Widerstands auf.

 

Während aus den Lautsprechern noch abschließende Worte zu Veranstaltung hallten, tauchte am Rande ein alter Bekannter auf. Der ehemalige Neonaziführer von Greifswald, Maik Spiegelmacher, der ab den 1990er bis Anfang der 2000er Jahre mit seinen Nazi-Skinfreunden die Stadt terrorisierte, versuchte Fotos der Demoteilnehmer_innen anzufertigen. Nach sofortiger Enttarnung, griffen Antifaschist_innen zu, woraufhin auch die Polizei einschritt und Spiegelmacher seine Fotos löschen musste.

 

Trotz der geringen Teilnehmer_innenzahl, war die Vortagsdemo in Greifswald wohl eine der besten linksradikalen Aktionen in Mecklenburg-Vorpommern seit geraumer Zeit. Entgegen dem sonst so oft praktizierten Konzept der plakativen Militanz und Abschottung gegenüber Außenstehenden, versuchten die Demonstrant_innen permanent die Bevölkerung anzusprechen. Durch gut lesbare Transparente und eine deutliche Farbgebung wurde schnell klar, welche politische Idee der Aktion zu Grunde liegt. In Flyern und Lautsprecherdurchsagen wurden die Probleme der Menschen aufgegriffen und eigene Lösungen präsentiert. Gerade in den Stadtteilen, in denen besorgte Rassist_innen seit Monaten versuchen Stimmung gegen Refugees zu machen, stellte der Umzug ein wichtiges Gegengewicht gegen diese Hetze dar. Es konnte deutlich gemacht werden, dass es nicht die Geflüchteten sind, die für die prekäre Lage vieler Anwohner_innen verantwortlich sind, sondern dass sie Klassengeschwister im Kampf gegen den Kapitalismus sind. Aufgerufen zu der Demonstration hatte die Defiant Antifa Greifswald, deren Anliegen es war eigene politische Inhate im Zuge des 1. Mai auf die Straße zu tragen und sich nicht von marschierenden Neonazis das Thema diktieren zu lassen.

 

Die Auseinandersetzung mit Faschisten jedweder Couleur, die bereits am 1. Mai geführt werden musste, erwartet antifaschistische Aktivist_innen am kommenden Wochenende erneut. Dann wollen Neonazis von NPD und Kameradschaften in Demmin aufmarschieren und den Tag der Befreiung und die Leistungen des Roten Armee im Kampf gegen Nazi-Deutschland verunglimpfen. Gegen dieses alljährliche Vorhaben kündigt sich erneut Widerstand an. Doch auch dieser Abwehrkampf muss geführt werden. Wir wachsen an unseren Aufgaben!

 

Weiterer Bericht: Defiant Antifa

Fotos: Nils Borgwardt

Mobivideo zum 8. Mai: https://www.youtube.com/watch?v=1fyPlNryArk

 

Anreiseinfos zum 8. Mai:

 

Berlin

Hamburg

Greifswald

Rostock facebook.com/events/1079988965394115/

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"(...) wohl eine der besten linksradikalen Aktionen in Mecklenburg-Vorpommern seit geraumer Zeit."

Ja das hört sich auf jeden Fall super an. Klasse dass ihr das auf die Beine gestellt habt. Weiter so! Solidarische Grüße aus dem Süden!

die beste Alternative zu dem was man meistens aus dem Osten hört: in den Randbezirken sei eh alles verloren und da könne man als Linker gar nicht mehr hin. Ihr habt gezeigt, dass das geht. Halt mit vielen, klasse Sache und weiter so. Freue mich sehr, dass basis-orientierte Aktionen anscheinend immer mehr FreundInnen finden - eben die, die es ernst meinen mit der Revolution!

Redebeitrag auf der 2. Kundgebung:

 

Genossinnen und Genossen!

Der 1. Mai ist kein Feiertag. Er ist kein Tag nationaler Arbeit. Er ist kein Tag, der bei Demonstrationen des DGB enden darf. Er ist der Kampftag der Unterdrückten und Ausgebeuteten. Wenn Nazis an diesem Tag versuchen ihre menschenverachtende Hetze zu verbreiten, wenn Land, Stadt und Polizei ihnen dafür den Raum bereiten, dann stellen wir uns Ihnen entgegen. Aber wir stellen uns auch gegen die Idee der sozialen Partnerschaft und des falschen Friedens mit den Verhältnissen. Wir wissen, dass Armut kein Zufall ist, deshalb lassen wir auch Widerstand kein Zufall sein. Gegen die herrschenden Zustände hilft nur der organisierte Widerstand von unten: im Klassenzimmer, im Hörsaal oder im Betrieb.

Längst vergessen ist der kurze Augenblick im Sommer, als die europäischen Grenzen für alle offen schienen. Längst vergessen der Moment, als die Menschen in Griechenland ein Ende der Entbehrungen forderten. Lichtblicke waren es, wenn auch nur kleine!

Doch sie sind gewichen. Verdrängt durch die normale, alltägliche Scheiße, die uns alle umgibt.  Heute zählt wieder nur die Frage der Verwertung. Politik unterteilt Menschen nach Nützlichkeit. Bildungsreformen werden verabschiedet, um junge Menschen zu brechen und an den Arbeitsmarkt anzupassen. Eltern können weder Schulsachen noch Spielzeug finanzieren, obwohl sie zwei Jobs haben und ihre Kinder nur noch selten sehen. Menschen werden aus ihren Wohnungen geworfen. Die Angst vor dem weiteren Abstieg und vor weiteren Demütigungen auf dem Amt sind so präsent wie das ständig leere Konto.

In Deutschland erleben wir eine Normalität in der Ausgrenzung, Ausbeutung und Zwang zu akzeptierten Formen des Lebens gehören. Eine Normalität, in der Menschen von so wenig Geld leben müssen, dass sie von jeglicher gesellschaftlicher Teilhabe abgeschnitten werden. Eine Normalität, in der das Bildungssystem nur darauf ausgerichtet ist, junge Menschen für die Interessen des Kapitals zu optimieren, und den Konkurrenzgedanken zu verfestigen. Eine Normalität, in der Menschen ihre Wohnungen verlieren und für Ladendiebstahl und Schwarzfahren ins Gefängnis gehen. Eine Normalität, in der Flüchtlingsunterkünfte brennen und Menschen abgeschoben werden. Dieser Normalität stehen wir unversöhnlich gegenüber!

Weltweit gehen in diesen Tagen Menschen auf die Straße, schlagen zurück im Kampf für ein besseres Leben. In Frankreich rebellieren die Jugendlichen. In Spanien wehren sich ganze Viertel gegen Zwangsräumungen. Wir sind solidarisch mit all diesen Kämpfen. Doch Angst und Frustration sowie die permanente Kontrolle über unser Leben und die Unnachgiebigkeit des kapitalistischen Systems spalten und vereinzeln uns. Vereinen wir uns deshalb trotz alledem als Jugend im Zorn und Widerstand gegen die staatlichen Versuche uns diese beschissenen Lebensbedingungen aufzuzwängen. Gegen die Bullen und Jugendgerichtshilfe, die diese durchsetzen sollen, gegen Bildungsapparate, die uns Konkurrenz, Wettbewerb und Verwertung lehren wollen. Kämpfen wir für unsere Idee einer Welt jenseits von Ausbeutung und Unterdrückung, und die Vorstellung eines solidarischen Zusammenlebens mit der Möglichkeit freier Entfaltung.

Jetzt ist Schluss mit Netflix and Chill!

Deshalb rote Jugend voran:

Solidarität und Klassenkampf für Revolution und Kommunismus!

Herzlich Willkommen an alle, die hier zusammengekommen sind, um einen kämpferischen Auftakt für dieses Wochenende des 1.Mai zu setzen. Schön, dass ihr alle da seid.

Wie jedes Jahr bietet auch dieser 1. Mai wieder den Anlass für zahlreiche Organisationen, ihre Klientel mit reichlich Folklore und Bockwurst zu beglücken. Und wie sollte es auch anders sein auch die Nazis lassen es sich nicht nehmen, uns auf den Sack zu gehen. Grund genug,uns mit der Geschichte dieses Feiertages und der Zerschlagung der Arbeiterbewegung unter dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen.

Der internationale Arbeiterkampftag, welcher nach den Ereignissen der Haymarket Riots zur Erreichung des 8-Stunden Tages international begangen wurde, stand auch in der deutschen Arbeiterinnenbewegung in einer langen Tradition. Um ihn zu begehen, mussten die Beschäftigten vielfach in den Streik treten, mit dem Risiko ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Der Tag bot den Anlass, die aktuellen politischen und sozialen Kämpfe auf die Straße zu tragen und ein internationales Zeichen der Solidarität unter den Unterdrückten zu setzen.

1933 wurde er schließlich durch das NS-Regime zum Feiertag, zum „Tag der nationalen Arbeit“. Dahinter stand das Ziel die Bedeutung des Tages zu ändern, vom Ausdruck des Internationialismus hin zu einer Glorifizierung der sogenannten „deutschen Arbeit“.

Er wurde mit gewaltigen Paraden begangen, welche vor gigantischen von Albert Speer konzipierten Bühnen endeten. Wo noch im Jahr zuvor Betriebsgruppen und Gewerkschaftsverbände demonstrierten, marschierte nun die Volksgemeinschaft durch die Städte des Landes. Die Unternehmer führten in der Parade die Belegschaften an.

Auf den Feiertag folgte am 2.Mai die Zerschlagung der Gewerkschaften und deren Eingliederung in die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Für die Nazis stellten die Gewerkschaften mit ihrer traditionell marxistischen Ausrichtung die größte Bedrohung ihrer Macht dar, welche es zu brechen galt. Denn während der Arbeiterschaft die Vergesellschaftung des Eigentums vorschwebte, vertraten die Faschisten eine Ideologie der Ungleichheit. Sie wollten über die Volksgemeinschaft die Einheit zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten erreichen. Aus diesem Grund marschierten die Arbeiter der Ähre (die Bauern), Die Arbeiter der Stirn (die Unternehmer) und die Arbeiter der Faust (das Proletariat) gemeinsam. Die größte Unterstützung fand der Nationalsozialismus im Kleinbürgertum, welches sich zum einen von Forderungen ihrer Angestellten und zum anderen vom Konkurrenzdruck des Finanzkapitals bedroht sah. Die Volksgemeinschaft schaffte hier Abhilfe, da sie den Klassenkampf durch den Hass auf das sogenannte jüdische Finanzkapital, Asoziale und Minderheiten wie Sinti und Roma ersetzte.

Die konkrete Umsetzung dieser Idee bedeutete die massenhafte Inhaftierung von Gewerkschaftern, SPD- und KPDlern, die zwangsweise Eingliederung der Gewerkschaften in die Deutsche Arbeitsfront und die Abschaffung des Streikrechts.

Ein Großteil der Bevölkerung ging voll im neuen System auf und verinnerlichte das gängige autoritäre Konzept des nach oben buckelns und nach unten tretens, welches uns leider auch heute schwer zu schaffen macht.

Statt für bessere Verhältnisse für sich und ihre nächsten zu kämpfen, ließen sie sich zum Krieg gegen fremde Länder und zum Genozid an Jüdinnen und Sinti und Roma bewegen.

Die Geschichte Europas ist der Grund, weshalb wir heute hier stehen. Wir sind Schüler, Auszubildende, Studenten, Handwerker und Arbeiterinnen und Angestellte, welche gegen die menschenverachtende Ideologie des Faschismus und für eine Wiederbelebung des Ursprünglichen Gedankens des 1. Mai eintreten. Wir stellen die internationale Solidarität unter den Ausgebeuteten gegen die Beschränktheit und Menschenverachtung nationalistischen Denkens. Wir wollen den Kampf aufnehmen gegen die beschissenen Verhältnisse, welche so viele von uns krank machen und welche tagtäglich, weltweit abertausende Menschen in den Tod treiben. Wir wollen nicht in einer Welt leben in welcher wir zu bloßen Werkzeugen der Kapitalvermehrung abgestuft werden, um nach Belieben unser Arbeitgeber ausgetauscht und weggeschmissen zu werden. Wir kämpfen stattdessen für Verhältnisse in denen die Arbeit den einzigen Zweck hat unsere Bedürfnisse und die Bedürfnisse unserer Mitmenschen zufrieden zu stellen, in denen wir nicht weggeschmissen, drangsaliert und um die Früchte unserer Arbeit betrogen werden und darüber hinaus dazu gezwungen werden Almosen vom Staat zu erbetteln. Gerade diese Verhältnisse sind es aber, welche viele in die Arme von Rassisten, Nazis und Populisten treiben.

Einer Partei wie der AfD, welche zu einem großen Teil aus Eliten besteht und deren Parteiprogramm erahnen lässt, dass sie eine Politik des sozialen Kahlschlags vorantreibt, gelingt es mit Hilfe ihres Rassismus gerade die Menschen zu ködern, welche sie mit ihrer Politik ins absolute Elend stürzen würde. Es ist das alte Spiel, statt sich gegen Harz IV, Leiharbeit und beschissene Arbeitsbedingungen aufzulehnen, zündet der deutsche Michel lieber ein AsylbewerberInnenheim an.

Aus diesem Grund ist der Kampf gegen Nazis und Rassisten und der Kampf gegen Ausbeutung für uns untrennbar miteinander verbunden, denn ein Antifaschismus, welcher auskommt ohne die soziale Frage zu stellen und unser Wirtschaftssystem grundlegend abzulehnen wird von Beginn an zum Scheitern verurteilt sein. Denn der Kapitalismus ist bekanntlich nicht ohne den Faschismus zu haben.

Wenn man sich dieser Tage in der Welt um guckt, entdeckt man glücklicherweise auch Quellen der Hoffnung und Inspiration. Statt wie die Lämmer eine Arbeitsmarktreform nach der anderen über sich ergehen zu lassen haben sich viele Menschen in Frankreich dazu entschlossen, sich gegen ihre Regierung zur Wehr zu setzen und für ihre Interessen einzustehen. Sie kämpfen gemeinsam mit allen Ausgeschlossenen der Gesellschaft und lassen sich dabei nicht von Verschwörungstheoretikerinnen und Antisemiten in die Irre führen, sondern schmeißen sie konsequent von ihren Versammlungen.

In diesem Sinne

Lassen wir den ursprünglichen 1.Mai wieder aufleben!

Hoch die internationale Solidarität!

Ausgebeutete aller Länder vereinigt euch!