[WE] Zur Kritik am bürgerlichen Naziprotest

Vorderseite Flyer 06.02.

Auf der Kundgebung des BgRs verteilten wir am 06. Februar Flyer, mit folgendem Inhalt: Warum der Protest gegen Nazis die Aufforderung an eine andere Gesellschaft impliziert. Es ist wieder einmal Februar in Weimar. Der mehrfach verurteilte Neonazi Michel Fischer führt wieder seine KameradInnen durch Weimar. Erneut kommen Hunderte zusammen, um gegen den "Trauermarsch" zu demonstrieren. Soweit so gut - bis zum nächsten Februar. Die Proteste des Bündnisses "Weimar gegen Rechts" sind darauf ausgelegt den Nazis punktuell den öffentlichen Raum zu nehmen. Dies gelingt auch an diesem Tag sehr gut.
Eine Bestimmung der Ursachen, warum es denn überhaupt Nazis im "bunten Deutschland" gibt findet jedoch nicht statt. Raum für Kritik.
Dieses Flugblatt ist orientiert am Redebeitrag der Antifa Suhl/Zella-Mehlis zum 1. Mai 2015 in Saalfeld.
Sich allein mit Nazis praktisch auseinanderzusetzen führt zu den Ritualen, wie wir sie Tag für Tag erleben: Rechte Gruppierungen  melden eine Versammlung an, eine linke Gruppe eine Gegenveranstaltung, auf der sich dann alles tummelt vom Stadtrat bis zu Autonomen. Es wird am Gitter gerüttelt und vielleicht noch ein paar Parolen gerufen. Eine inhaltliche Verortung, warum mensch gegen Nazis demonstriert, außer aus historischem Bewusstsein, fehlt.
Neonazis bilden in der BRD -also einem bürgerlich kapitalistischen Staat- den Exponent der Menschenfeindlichkeit, mit der Bejahung der nationalsozialistischen Barbarei in ganz Europa. Ihre Ideologie ist geprägt von Rassismus und äußert sich in Ausgrenzungsmechanismen gegenüber all denen, die nicht in die vermeintliche Volksgemeinschaft passen. Die geläuterte deutsche Nachkriegsgesellschaft, bedient in ihrem Staat jedoch genau so menschenfeindliche Ausgrenzungsmechanismen, wie es sich die Nazis im aktuellen Ausmaß nur wünschen könnten. Rassismus ist instituionell in der deutschen Mehrheitsgesellschaft verankert. So wird beispielsweise Anhand der Hautfarbe festgelegt, wer "Deutscher" ist und wer "Geflüchteter". Auch der Staat, mit den bürgerlichen Parteien setzt eine rassistische Praxis durch, in der Geflüchtete nach ihrer Nützlichkeit (-wie alle anderen auch) für die BRD bewertet werden. Hierbei werden auch aus bürgerlichen Kreisen Deutschland als Wirtschaftsstandort und Geflüchtete als potentielle Arbeitskräfte, also als verwertbare Objekte betrachtet. Menschen, die als unnütz gelten, werden so schnell wieder abgeschoben. Aufgrund dieses Nützlichkeitsgedanken befürchten die Neonazis, dass was sie (und alle anderen auch) bereits sind, nämlich überflüssig zu werden, dass sie im Hauen und Stechen, um eine gesicherte Existenz zu kurz kommen. Für die AntisemitInnen und RassistInnen um Fischer ergibt sich die falsche Konsequenz und zwar die Vernichtung all derer, welche augenscheinlich für ihre eigene Überflüssigkeit in der Welt verantwortlich sind, anstatt das System Kapitalismus als ganzes zu hinterfragen, wird sich auf einige wenige vermeintlich schuldige Akteur*innen beschränkt.
Aus der Erkenntnis, dass die herrschenden Verhältnisse in aller gänze Überwunden werden müssen, kann praktischer Antifaschismus erfolgen.
Praktischer Antifaschismus muss jene Verhältnisse verstehen und als erstes da angesetzt werden wo Standortschutz und die Verteidigung jener Verhältnisse propagiert werden, z.B. in dem Motto „Weimar für alle! Alle für Weimar!“. Besonders da muss Antifaschismus wirken, wo das falsche Bewusstsein der Nazis und Bürger zu Tage tritt. Das gilt bei der Verhinderung der menschenverachtenden Propaganda der Nazis, wie auch bei den Versuchen des Staates Menschen in das Elend abzuschieben aus dem sie geflohen sind.
Die Ablehnung der herrschende Verhältnisse schließt die Ablehnung Deutschlands und allem was dazu gehört mit ein, denn auch in einem "bunten Deutschland" werden immer Menschen ausgegrenzt, in das Elend abgeschoben und/oder als "Sozialschmarotzer*innen diffamiert und das nur weil sie nicht als verwertbar erscheinen. 

Wir fordern deswegen das individuelle Glück für jede*n!
Für die befreite Gesellschaft!

Es bleibt dabei. Den deutschen Täter*innen keine Träne!

 

Antifa Koordination Weimar im Februar 2016

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Ihr sprecht (schreibt)  mir von der Seele!

Aber vollstens!!!

Wie sehen div. "Anti-Nazi-Proteste" derzeit wirklich aus ?

Freundliches Bekanntentreffen in einer Kaffee/Teerunde, oft sogar ohne entsprechende Plakate und Transparente, dass  später hinzu gekommene DemoteilnehmerInnen erst gar nicht wissen, welche Ansammlung es überhaupt ist.

Dann Rufverbote gegen Nazis seitens  der bürgerlichen "anständigen" sogen. Anti-Nazi-ProtestiererInnen.

Hinzu kommen Kungeleien mit der anwesenden Polizei................

Politiker, die sich  "wohlwollend"  mal blicken lassen und  ihre üblichen Sonntagsreden halten, die lieben BürgerInnen möchten doch mal bitteschön mehr Zivilcourage zeigen..........,- die aber ständig kriminalisiert wird.

Jene Politiker die aber von sich aus selbst Taten sehen lassen.

Bündnisse werden gegründet, die sich entweder gegenseitig behindern oder gern als Konkurrenz meiden (ausgrenzen)!

Projektangebote - vielfach ausgezeichnet - dürfen bitteschön nicht "unbequem"  sein.

Außer dem üblichen  "Hilfe-Hilfe"  Geschrei nach der Feststellung verstärkter Naziaktivitäten und - wenn überhaupt, - dann oft nur mit rein symbolischen Aktionen, meint man dann seine so genannte Demokratie-Pflicht gerecht worden zu sein..

Wenn  Bündnissen oder auch Städten/Gemeinden  bewußt  ein vom Land  ein bewußtnicht gefördertes Projekt anbietet, so bekommt

bekommt man  entweder  fast nie eine Antwort oder meist eine "faule" Ausrede.

Mich wundern von den Bürgerlichen beklagten  "Ausschreitungen"  der Autonomen Antifa überhaupt nicht mehr, sie sind ein Ausdruck der Ohnmacht durch politisches Versagen!

So kommen wir nicht weiter.

Schon lange bezweifle ich den wirklich ernsthaften Willen der Politiker, glaubwürdig ein Zeichen zu setzen!

Ich habe mich vom Demogeschehen zurück gezogen, weil ich es satt habe, mich weiter verarschen zu lassen!

Ich weiß auch, dass ich damit nicht die EINZIGE  bin!

Ja ich gebe euch völlig Recht!

 

Das ist leider nur die eine Seite der Medaille, umgekehrt ist es genau so schwierig. Möchte mensch aus bürgerlichen Anti-Nazi Protesten die lokale Antifa unterstützen bzw. vernetzen kommt oft ein symobilsches "verpiss Dich". Das passiert eben leider zu oft.

 

Leider gehöre ich zu diesen "bürglichen Pissern" , aber dennoch ist mir aktiver Antifaschismus eine Herzensangelegenheit.

 

solidarische Grüße

Ich denke hier kommt es auf die Ernsthaftigkeit des Versuches an, wenn bürgerliche gleichzeitig Handshakes mit cops durchführen oder das bunte deutschtland abfeiern dann wird das ganze ad absurdum geführt.

 

damit muss auch einher gehen sich nicht ständig von antifaschistischen aktionen zu distanzieren.

Tach,

 

damit muss auch einher gehen sich nicht ständig von antifaschistischen aktionen zu distanzieren.

 

Dabei geht es dann aber auch um die Frage nach der Anschlussfähigkeit antifaschister Aktionen. Ich gehöre auch zu den, allerdings 'linksversifften',  bürgerlichen Pisser_innen und muss mir in Bezug auf meine Ernsthaftigkeit m.E. nichts vorhalten lassen.

 

Es müsste sinnvollerweise und zumindest ein Dialog darüber möglich sein, inwieweit Antifa-Aktionen Widersprüche beinhalten und ob es jeweils auch einen Plan gibt, der ohne 'antifaschistische Volksdiktatur' in eine bessere Welt führt. Bei allem Respekt: Einen Plan, wer den (Scheiss-)Job der Cops ersatzweise machen soll, bis alle Faschos von allein gestorben sind oder zu guten Menschen wurden, habe ich noch nicht gehört. Und mal unter uns: Ich habe aus ganz bürgerlichen Pisser-Motiven heraus keinen Bock auf ewige Strassenschlachten (womöglich mit Toten wie zwischen 1918 und 1933, die es auch nicht verhindert haben). Es muss anders gehen, wenn es Erfolg haben soll. Beispiel: In Leipzig haben sich im letzten September Antifas von Merbitz vorführen lassen. Er hat immer genau soviel gestichelt, dass es jede Menge Bilder gab, die er haben wollte; von entglasten Haltestellen und sonstigem Unsinn, den die 'bürgerlichen Pisser' auch bei gutem Willen nicht als sinnvollen Widerstand erkennen.

 

Antifaschismus ist so wichtig wie lange nicht mehr! Aber auch die Antifa darf ihre Gesellschaftsentwürfe gelegentlich auf Realitätsbezüge überprüfen, die über den aktuell notwendigen Widerstand gegen die Faschos hinausgehen. Dazwischen, zwischen Antifa und Faschos, gibt's nämlich noch mehr Menschen die etwas gegen Nazis haben und tun.

 

Mar