Autonomozentristische Verpixelungforderungen im Kontext von Kämpfen Flüchtender

Kurz zu den hier und dort immer wieder auftauchenden Kommentaren, die Bilder von Flüchtenden in Idomeni gehörten doch verpixelt:

Hintergrunderfahrungen dieses Textchens stammen von verschiedenen Stationen der sogenannten Balkanroute. Aktuell sind es Eindrücke aus Idomeni.

 

Punkt eins - Meistens ist alles zugekleistert mit Journalist*innen und Fotograf*innen, die oft ungefragt alles abfotografieren oder filmen, was ihnen vor die Linse kommt und vielversprechend aussieht. Das ist kein Argument, es ihnen gleich zu tun und rücksichtslos nach Bildern zu jagen.

 

Aber: Die pauschale Forderung nach Verpixelung sämtlicher Bilder ist nicht nur nicht klug, sie ist auch mindestens paternalistisch. Die Leute in Idomeni und Nea Kavala beispielsweise sind sich durchaus darüber bewusst, dass Bilder von ihnen gemacht werden - und viele fordern das ein und sehen ihre größte Chance darin, dass Bilder und Berichte von und über sie und die Situation, in die gezwungen werden, um die Welt gehen.

Und diejenigen, die eben das nicht wollen, signalisieren das oft, wenn es in einem Rahmen stattfindet, der nicht gerade große Menschenansammlungen betrifft - auch das ist nicht zu pauschalisieren, wie nichts auf der Welt.

In Calais haben Flüchtende die vergangenen Jahre immer wieder nicht mit Journalist*innen kooperiert oder Bilder von den eigenen Gesichtern verhindert - sie waren durchaus in der Lage zu unterscheiden und deutlich zu machen, was gewünscht ist, und was nicht.

 

Wer hier eine generelle Verpixelung fordert, spricht damit auch gegen den expliziten Wunsch Vieler an, mit ihrem Gesicht und ihrer Botschaft dem Europa,  in dem sie permanentem Rassismus erleben und das sie nicht teilhaben lassen will, ihre Situation deutlich zu machen. Wer hier auf Demos geht oder blockiert, will so oft auch gegen das Vergessen ankämpfen.

 

Es gibt so viele wichtige und kluge Punkte, die Bilder, Videos und Texte von privilegierten Medienmacher*innen zu kritisieren. Die andauernde Darstellung angeblicher Passivität ist einer davon. Aber der Ruf nach einem absoluten Verpixelungsgebot zeugt nur davon, dass Leute keinen Gedanken über ihren "Blasenrand" hinaus denken.

 

(Hiermit seien ein paar Punkte angerissen. Wie es mit der Darstellung von z.B. "Straftaten" aussieht, wäre ein weiterer Punkt. Aber über den Kopf der Leute zu entscheiden, was gut für sie sei, und was nicht, kann nie eine Lösung sein.)

 

Die Verfasserin ist weiß, hat nen deutschen Pass und eine Kamera.

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, dass es den Menschen selbst überlassen werden muss, ob sie mit ihren Gesichtern Politik machen wollen, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen und ja, es ist auf jeden Fall auch zutreffend, dass Geflüchtete (wie jede_r Überhaupt) wissen, wie sie sich wann zu welchem Zwecke anonymisieren, allerdings entbindet der Wunsch eines einer Geflüchteten den/die Fotographierenden nicht von der Verantwortung, die damit einhergeht, wenn unverpixelte Bilder Geflüchterer öffentlich werden und für die Dargestellten negative Folgen haben können. Es stellt sich nämlich die Frage, welche (ex oder im)plitzite Analyse der Funktion von Medien / Öffentlichkeit der eigenen Handlung zur Grunde liegt und diese Analyse kann durchaus bei Fotographierten und Fotographierendem unterschiedlich ausfallen (natürlich meine ich hier nur den kleinenkleinen Rahmen solidarischer Fotomenschen).

Z.B. kann es sein, dass als Geflüchteter dein Gesicht überall abgebildet ist, dass jede und jeder jener adressierten vermeintlichen "Öffentlichkeit" dein Konterfei kennt, mit dir sowas wie "Mitleid" (?) entwickelt und dir daraus kein wie auch immer gearteter Vorteil erwächst, im Gegenteil: wenn du nicht in die Belanglosigkeit der Spektakelwelt-oberflächen entgleitest oder kulturindustriell im Elends-Aufmerksamkeits-Moralismus Diskurs eingepasst wirst, dann kennt dich nach deinem widerständigen Foto auch jeder Cop.

Was ich damit sagen will: politische Strategien von Anonymisierung und (selbstgewählter) Identifizierung und medialer Inzinierung müssten viel mehr mit den Geflüchteten selbst besprochen werden und diese ständige Bedürfnisfixierung Geflüchteter muss ebenso ein Ende nehmen. Solidarische Menschen mit Kamera in der Hand als ihre "Weapon of Choice" müssten mit den Geflüchteten selbst aushandeln, wie unterschiedliche Analysen des Sozialen zu einer gemeinsamen Praxis führen könnten. Die Rolle des Geflüchteten ist nichts (!), was auch nur im Ansatz positiv oder progressiv wäre, der mediale Kampf mit der Kamara sollte GEGEN diese Rolle mit all ihren Facetten und Zuschreibungen stattfinden. D.h., auch beim expliziten Wunsch Betroffener, dagestellt zu werden, sollte mensch versuchen zu erklären, dass "Gesicht zeigen" ALS Geflüchtete_r, und sei es auch noch so widerständig politisch wie persönlich eher schadet, als nützt.

Und nochwas: es kann nicht darum gehen, irgendetwas für die Geflüchteten zu entscheiden (entweder komplett verpixelt oder voll dargestellt), sondern der Mensch mit der Kamera muss sich als das begreifen, was er in diesem Kontext immer schon ist: Teil der aktuellen Situation, welcher er/sie durch die vermeintliche Objektivität der Kamera zu entkommen meint. Es gibt keine Nicht-Position, kein Nicht-Subjekt, unsichtbar und durchsichtig sein des Menschen mit der Kamera. Die Behauptung des abwesend seins des/der Fotographen_in ist ein Privileg, welches mit Progressivität nichts mehr zu tun hat und als Teil einer progressiven Bildkunst überwunden werden muss.

in dem artikel steht ja nichts von objektivität oder unsichtbarkeit von fotoleuten- eher das gegenteil - den geflüchteten ist die anwesenheit von kameras bewusst und sie gehen damit um. wenn menschen nicht verbal kommunizieren können und alles schnell geht, aber sich vor die kamera stellen und ein bild wünschen, erst einmal eine diskussion zu führen, ist genauso schwierig. prinzipiell total viel richtiges an deinem kommentar. bloß lese ich in dem text nicht alles, was du drin zu erkennen scheinst.

den geflüchteten ist die anwesenheit von kameras bewusst und sie gehen damit um.

 

Die Kameras sind sich auch der Flüchtenden bewusst und gehen damit um. Es wird geknipst ein Artikel über eine Aktion geschrieben und munter Bilder darunter gepackt von Menschen die eingewilligt haben fotographiert zu werden. Denn die Kameras interpretieren das es den Flüchtenden egal ist, für was ihr Gesicht verwendet wird. Was wenn Repression eintritt? Ich bekomme davon nichts mit, wenn mensch bei der nächsten Aktion aufgrund der Bilder identifiziert wird und in den Knast kommt. Außerdem müssen wir alle Opfer für die Revolution bringen. Nicht wahr?

 

wenn menschen nicht verbal kommunizieren können und alles schnell geht, aber sich vor die kamera stellen und ein bild wünschen, erst einmal eine diskussion zu führen, ist genauso schwierig.

 

Genau in so einem Fall sollten Fotos mit unkenntlich gemachten Personen veröffentlicht werden. Solange nicht nachgefragt wurde, weißt du nicht ob diese ihr Gesicht z.B. auf einer linksradikalen Plattform unter einem Artikel sehen will bzw. sich im klaren darüber ist was es für Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Vielleicht sollte man mal die fotografierenen Journalisten und Aktivisten selbst fotografieren und die Fotos dann veröffentlichen...

Vielleicht sollte man mal...

 

Ja, vielleicht sollte man man... Bla... mach das... Fahr' los und mach Bilder von Journalisten, wenn du meinst, dass das irgendwas an der Sache ändert.

GLHF!

 

Prinzipiell weckt der Artikel verständnis in mir. Aber ich habe gar nicht mitbekommen, dass eine "Verpixlungs-Debatte" geführt wurde. Von daher wirkt das Thema für mich schon seeeehr aus der Luft gezogen.

Es geht wahrscheinlich um mindestens diese beiden Kommentare:

https://linksunten.indymedia.org/de/hidden/comment/183824

https://linksunten.indymedia.org/de/comment/view/184264

 

Prinzipiell weckt der Artikel verständnis in mir. Aber ich habe gar nicht mitbekommen, dass eine "Verpixlungs-Debatte" geführt wurde. Von daher wirkt das Thema für mich schon seeeehr aus der Luft gezogen.

 

Die ist auch nicht bei "Anne will" gelaufen.. Eine Diskussion wird online spätestens mal wieder seit diesem Artikel und dessen Kommentaren geführt. Du scheinst beides zu ignorieren, anders kann ich mir deine Reaktion nicht erklären.

"Die Verfasserin ist weiß, hat nen deutschen Pass und eine Kamera."

 

Es fällt mir schwer, einen Text ernst zu nehmen, der mit Nationalität, Hautfarbe und Besitztum gekennzeichnet ist. Diese Parallel-Apartheid einiger Antira-Zusammenhänge ist ein so grober theroretischer Irrweg der deutschen Linken, dass es schon wie Realsatire wirkt. Antirassistisch ist es eigentlich keine Unterschiede nach Geschlecht oder Hautfarbe zu machen. Die mit dem critical whiteness aufgekommende Idee eigene Privilegien zu reflektieren, hat mit so einem Schrott sicher nichts zu tun. Also behalt doch deine Hautfarbe in Zukunft einfach für dich, sie interessiert mich nicht!

 

Zum Inhalt: Veröffenlich nur unverpixelte Fotos, wo du von allen auf dem Foto die explizite Einwilligung dazu hast und es gibt kein Problem. Wenn du es aber ohne alle Einwilligungen machst, vielleicht weil du denkst die Leute die so weit vorne laufen werden damit schon kein Ding haben, dann wunder dich nicht wenn es Ärger gibt. So läuft das seit Jahren bei linken Aktionen, warum nicht die gute Praxis einfach weiter machen?

Antirassistisch ist es eigentlich keine Unterschiede nach Geschlecht oder Hautfarbe zu machen. Die mit dem critical whiteness aufgekommende Idee eigene Privilegien zu reflektieren, hat mit so einem Schrott sicher nichts zu tun.

 

Sich als weiße Person mit deutschem Pass zwischen Geflüchteten an der griechisch-mazedonischen Grenze zu bewegen ist nicht mit Privilegien verbunden? Was passierte mit den Journalisten, die von mazedonischen Cops verhaftet wurden? Sie durften ein paar hundert Euro zahlen und durften wieder gehen. Eine Journalistin berichtete davon, dass sie geschlagen wurde.

Was passiert mit Geflüchteten, die festgenommen wurden? Viele wurden misshandelt und behandelt wie Dreck. An ihnen entlud sich der ganze Hass einiger mazedonischer Polizisten gegen Geflüchtete.

 

Die Selbstverortung unter dem Text ist gut und wichtig. Es würde mir schwerfallen den Text wirklich in Gänze Ernst zu nehmen, wenn der Hinweis nicht darunter stünde. Du führst mit deiner Haltung Antirassismus letzten Endes ad absurdum, wenn du wegblendest, dass Geschlecht und Hautfarbe jetzt noch immer mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen verbunden sind. Wer diese Machtverhältnisse und Ungerechtigkeiten nicht erkennen will, sollte von Antirassismus einfach schweigen.

 

Der Verfasser ist männlich, weiß, kein Journalist.

Mir ist der_die Verfasser_in eigentlich weitgehend egal. Es ist ein Text, keine Person. An diesem Text und seinem Sinn würde sich nichts ändern wenn die Person eine andere Hautfarbe hätte. Also spar dir dein Geschwurbel über Privilegien an der Grenze. Das was du schreibst ist zwar richtig, ist aber ein Scheinargument, da es bei einer Diskussion über Verpixelung absolut nichts zur Sache tut. Reflektion von Privilegien gehören da hin wo sie auftreten und nicht als grundsätzliche Kategorisierung von Menschen. Aber macht weiter, bin mir absolut sicher das dieser Schwachsinn durch die Geschichte überholt wird. Es wird euch eben keine halbwegs große Masse an Menschen abnehmen, dass es antirassistisch sein soll, bei jedem Kommentar auf Indy diesen nach Hautfarbe einzuordnen.

 

Der_die Verfasser_in wünscht sich eine Kritik ihres_seines Kommentars ohne Rücksicht auf Hautfarbe, Geschlecht, Nation oder sozio-ökonomischen Status. Weil hier aber einige Probleme damit haben, meinen Kommentar unabhängig davon zu beurteilen, behalte ich diese unglaublich wichtigen Kenndaten meiner Person lieber für mich...;-)

Mir ist der_die Verfasser_in eigentlich weitgehend egal. Es ist ein Text, keine Person. An diesem Text und seinem Sinn würde sich nichts ändern wenn die Person eine andere Hautfarbe hätte.

 

Eben doch. Weil ein Text über die Vorteile von unverpixelten Fotos, der beispielsweise mit "die organisierten Geflüchteten von Idomeni" unterschrieben ist, ein ganz anderen Sinn in der Diskussion annehmen würde als ein Text einer Journalistin mit gesichertem rechtlichen Aufenthaltsstatus und deutschem Pass. "Ahja da schrieben einige Refugees, sie haben kein Problem mit Fotos" ist doch eine ganz andere Information als "Ah, eine Journalistin will weiter unverpixelt fotografieren und weiß von Geflüchteten indirekt, dass sie kein Problem damti haben".

Es macht Sinn, dass man weiß, wer spricht. Natürlich wäre es inhaltlich derselbe Text. Aber auch du wirst nicht abstreiten können, dass du bei Texten hin und wieder schaust, wer die Autoren sind, das mit deinen Vorstellungen von Macht und Hierarchie abgleichst und dir dann deine Meinung darüber bildest.

 

Wenn ich sage, ich finde Positionierungen gut, dann ist das für mich keine Frage, wie ich den Critical Whiteness Ansatz möglich bis in letzter Konsequenz umsetzen will. Im Grunde hat es für mich nichts mit diesem Ansatz zu tun. Critical Whiteness ist ein theoretischer Ansatz, der aufgrund seiner bewussten Anschlussfähigkeit an soziale Kämpfe (was ja  per se nicht schlecht ist) dazu führte, dass es zu Verabsolutierungen und in linken Zusammenhängen zu sektiererischem Verhalten kam. Damit läuft man mit Sicherheit in eine Sackgasse. Trotzdem sind es doch erstmal theoretische Überlegungen, die man sich anhören kann.

Du kannst natürlich jetzt Leute, die einzelne sinnvolle Erkenntnisse wie das Selbstpositionieren in Texten umsetzen, generell in die Schublade "CW-Freak" stecken. Das ist glaube ich genauso falsch.

Wir reden leider an einander vorbei...

 

Ich finde es, genau wie du, schon ein gravierenden Unterschied, ob es sich um Geflüchtete, Beobachtende (z.B. Journalist_innen) oder Unterstützer_innen handelt. Aber das hat sie nun einmal nicht geschrieben. Ich kann höchstens indirekt schliessen, dass eine weiße Deutsche vermutlich keinen Fluchtgrund hat. Aber ein schwarzer Franzose genauso. Ich finde diesen feinen Unterschied schon entscheident. Die Autorin beschreibt eben letztlich durch den "Disclaimer" nicht ihre Perspektive auf den Konflikt vor Ort, sondern ordnet sich nach originär rassistischen und sexistischen Stereotypen (Hautfarbe, Geschlecht) einer Kategorie zu, die für den Inhalt des Texts keine Rolle spielt.

Da erinner ich mal grad an eine Demo vom letzten Jahr. Passt zum Thema.

Deutschland - Nie wieder.

so einfach ist das: solange du dir nicht sicher bist bzw. die explizite erlaubnis hast, musst du als verantwortungsvolle_r Fotograf_in alle gesichter von abgebildeten personen bei politischen aktionen - oder in einem anderen kontext, mit dem man solidarisch ist und der von repression bedroht ist - unkenntlich machen.
bei hoher stafandrohung auch klamotten, schuhe, taschen, etc.
egal ob idomeni oder die straßen von berlin.
im zweifelsfall gegen repression bzw. stigmatisierung - das ist solidarisch, nicht paternalistisch.

So isses.

1. Wer mit einem Foto Politik machen will, indem er oder sie Gesicht zeigt, kann das ja machen.

2. Leute, die auf Fotos oder aufgrund von Fotos erkannt werden, haben dadurch zt erhebliche Nachteile

3. Wer jemanden fotografiert und das Foto veröffentlicht, ohne zu wissen, ob er oder sie damit gerne an die Öffentlichkeit will, handelt rücksichstlos und fahrlässig.

das wars zur "fotodebatte"(wie lächerlich) auch schon.

critical whiteness ist herrschaftsideologie!