[P] Das Wandern ist des Müllers Lust

Antifaschistische Aktion
Am heutigen Mittwoch fand ein weiterer unsäglich rassistischer Pogida-Aufmarsch, wieder angemeldet vom rastlosen Christian Müller, am Potsdamer Hauptbahnhof statt. Auch wenn im Vorfeld wieder diverse Gerüchte und  Aussagen wie „Wenn die Gutmenschen ein weiteres Asylheim am Schlaatz bauen, werde ich dieses abfackeln und zwar mit Insassen!!!“ kursierten, schien es insgesamt, als wäre an alllen Fronten Routine in die wöchentlichen Aufmärsche gekehrt.

Noch vor Beginn der Pogida-Demonstration führte eine antifaschistische Demonstration von Alt-Nowawes über die Lotte-Pulewka-Straße zum Hauptbahnhof. Unter dem Motto „Nu Pogodi, Pogida“ liefen 250 Menschen in Richtung des Neonazi-Aufmarsches, nicht zuletzt, um diesen zu verhindern. Außerdem stellten sich bei den angemeldeten Kundgebungen "Refugees Welcome" auf der langen Brücke und einer Veranstaltung des Bündnisses "Potsdam bekennt Farbe" etwa 500 Menschen dem Irrsinn entgegen.


Als Veranstalter Christian Müller seine Versammlung eröffnen wollte, kam es zu einer Störung der Veranstaltung durch eine lärmende Kiste, die am Auftaktort auf einem Fahrrad angebracht war. Die Polizei brauchte mehr als zehn Minuten unterhaltsamer Bemühungen und einen Bolzenschneider, um den Kasten erfolgreich in Gewahrsam nehmen zu können. Die Neonazis entfernten sich unterdessen um hundert Meter und brachten dort ihre Propaganda unter die anwesenden knapp 50 Pogida-Anhänger_innen. Der Dresdner Pogida-"Stargast" Jens Lorek erstattete nach eigenen Aussagen später Anzeige gegen die Polizei, da diese die Pläne des Fahrrades nicht schon vorher durchschaut hatte.

Neben dem bereits bekannten Sebastiano Graziani war die Verschwörungsszene heute mit Jens Lorek prominent vertreten. Lorek erlangte zweifelhafte Berühmtheit, weil er Mitte der 2000er von Aliens entführte Menschen anwaltlich betreute. In der Neonaziszene ist er eher bekannt, weil er als Anmelder von Aufmärschen in Freital und Heidenau in Aktion trat. Antifaschist_innen, wiederum, dürften Jens Lorek kennen, weil er lächerliche "statistische Methoden" anwandte, um die Teilnehmer_innenzahl von Pegida festzustellen.
Ihr kurzer 400 Meter Marsch führte Pogida über die Lange Brücke zum Stadtschloss. Dort hielt Sebastiano Graziani dann eine seiner ewiglich währenden Reden. In dieser beklagte er wie üblich den Bevölkerungsaustausch in Deutschland durch die Geflüchteten, den im 2. Weltkrieg an den Deutschen begangenen "Bombenholocaust" und verstieg sich zudem in einem wirr-rassistischen Vergleich der Situation in Mazedonien, (wo Refugees seit langer Zeit unter menschenverachtenden Bedingungen festsitzen) mit der Belagerung von Konstantinopel (durch das Osmanische Reich im Jahr 1453). Damit war die Spitze des völkisch-rassistischen Eisberges aber noch lange nicht erreicht: Graziani wünschte sich, dass statt syrischen Geflüchteten Wolgadeutsche aufgenommen würden (Historischer Fakt: "Deutsch" sind die "Wolgadeutschen" weil sie vor 1768 im Deutschen Reich lebten, danach zogen sie ins Russische Reich). 
Der einzige Lichtblick war hier die Ausdauer der Gegendemonstrant_innen, die die Reden fast restlos übertönten.
Nachdem dieses Elend überstanden war, zog der Aufmarsch über seine kümmerliche Strecke wieder zurück, sie riefen neben dem üblichen "Wir sind das Volk" auch „Hasta la vista antifascista“ und „Linksfaschisten in die Kisten“.
Am Ausgangsort wieder angekommen, nutzte der Aufmarsch-Anmelder Christian Müller die Gelegenheit, munter Gerüchte unter seine Anhänger_innen zu streuen. Er berichtete, dass ihm berichtet wurde, dass ein Taxifahrer berichtet habe, dass es "neulich" am Rewemarkt im Schlaatz zu einer Vergewaltigung gekommen sei. Vor dem Markt hätten "betrunkene Ausländer" gestanden. Er wisse nicht, ob es einen Zusammenhang gäbe, habe aber Angst vor dem Frühling und dem Sommer, weil er sich frage, was dann mit "unseren" Frauen und Kindern passiere. Die Antifa müsse dumm sein und werde außerdem vom Staat bezahlt - das habe neulich ein Antifa-Aussteiger bei dem Bärgida-Aufmarsch berichtet.
Danach verstreuten sich die Pogidas, unter denen sich Gäste aus diversen Ecken Ostdeutschland befanden - so den Vorankündigungen Glauben geschenkt werden will. 
Für die nächste Woche plant der Pogida-Müller (der ankündigte, erstmal weiter machen zu wollen) wohl eine Strecke in Babelsberg.
Dann vielleicht mit 40 Leuten, die Woche darauf mit 30, dann...

Selbst wenn Podiga sich abschafft, heißt das nicht, dass irgendetwas besser ist!
Nur wenige Kilometer von Potsdam gibt es Städte, wie Rathenow und Nauen, in denen das Ausmaß an rassistischer Moblilisierung schon lange unerträglich ist.
Noch ein paar Kilometer weiter sterben Menschen an Europas Außengrenzen, die vor beispiellosen Menschenrechtsverletzungen und Krieg fliehen.
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