§278a-Verfahren in Österreich - Unsere Solidarität gegen ihre Repression

Antispeziesistische Aktion (grün/schwarz)

Ab dem 02.03.2010 müssen sich 13 österreichische TierschützerInnen und TierbefreierInnen in einem mehrmonatigen Prozess für die vermeintliche Bildung und Unterstützung einer Kriminellen Organisation nach §278a verantworten. Das Verfahren und die vorangegangenen Ermittlungen haben nicht das Ziel Straftaten zu ahnden, sondern die politische Arbeit und die Überzeugungen von TierbefreierInnen zu kriminalisieren. Aber die AktivistInnen der Tierbefreiungsbewegung zeigen sich alles andere als eingeschüchtert: Zur Unterstützung der Betroffenen wird zu vielfältigen Solidaritätsaktionen aufgerufen und am Tag des Prozessauftaktes, dem 02.03., ist ein globaler Aktionstag angekündigt. Darüber hinaus veröffentlichte die Offensive gegen die Pelzindustrie eine Stellungnahme, in der die Solidarität mit den Angeklagten verdeutlicht, aber auch die Handlungsstrategien der TierbefreierInnen gegen die Kriminalisierung durch Polizei, Staatsschutz und Justiz verteidigt werden. Nicht weniger als 50 Organisationen aus verschiedenen Ländern unterstützen diese Solidaritätserklärung.

 

Schluss mit der Kriminalisierung legitimen Protests gegen die Ausbeutung der Tiere!

 

Stellungnahme der Offensive gegen die Pelzindustrie zum Prozessauftakt gegen 13 AktivistInnen der Tierbefreiungsbewegung in Österreich


Während auf den Pelzfarmen unzählige Tiere gefangen gehalten werden, um aus ihren Fellen 'Pelz' zu verarbeiten, ihr Leben von den Nutzenkalkülen der Pelzindustrie bestimmt ist und Modekonzerne weiter munter den Auftrag zum Töten geben, wird denjenigen der Prozess gemacht, die ihre Stimme gegen die Ausbeutung und Tötung nicht-menschlicher Individuen erheben. Es sind nicht die sogenannten Pelzfarmer und die Profiteure der Pelzindustrie, sondern es sind 13 Tierschutz- und TierbefreiungsaktivistInnen, die ab März 2010 auf der Anklagebank sitzen. Im Mittelpunkt des mehrmonatigen Verfahrens steht nicht die Verfolgung einzelner Straftaten, sondern die Vorstellungen und Handlungsstrategien der TierbefreierInnen selbst. Kriminalisiert wird das Aufbegehren gegen eine mörderische Ideologie und Praxis, die Tiere im Akkord tötet. Der Vorwurf der Bildung einer Kriminellen Organisation nach §278a StGB ist unverhohlener Ausdruck von politischer Strafjustiz. Die Angeklagten verdienen nicht die Verurteilung, sondern unsere Solidarität.

 

Die Befreiung der Tiere als Perspektive


Die Nutzung von Tieren gilt den meisten Menschen als ihr gutes Recht. Dabei ist es keineswegs naturgegeben, dass Tiere auf den Status von verwertbaren Ressourcen reduziert werden, sondern ein Ergebnis politischer und sozialer Auseinandersetzungen. Während diejenigen, die an der Ausbeutung profitieren, jede Erinnerung an tierliche Bedürfnisse und Interessen zugunsten ihres Herrschaftsanspruchs delegitimieren, versuchen die TierbefreierInnen den Schreien der Tiere Gehör zu verschaffen. Sie fordern die Befreiung der Tiere, nicht nur aus den Käfigen, sondern auch aus der ihnen zugewiesenen Stellung in der Gesellschaft. Folgerichtig setzen sie sich für die Abschaffung jedweder Form der Nutzung und Ausbeutung von Tieren ein und verleihen ihren Überzeugungen nicht nur über Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch über Proteste und Kampagnen Ausdruck.

 

Die Zusammenarbeit und das planmäßige Vorgehen von TierbefreierInnen im Rahmen von Kampagnen hat sich in der Vergangenheit als erfolgreiche kollektive Handlungsstrategie erwiesen. Es gibt etwa nach unzähligen erfolgreich beendeten Kampagnen in Deutschland und Österreich kaum noch Modehäuser, die Echtpelz vertreiben. Allem Gerede um eine vermeintliche Wiederkehr von „Pelz“ zum Trotz sinken die Absatzzahlen kontinuierlich, die Pelzindustrie selbst steht vor dem Zusammenbruch. Dass genau zu einem Zeitpunkt, an dem TierbefreierInnen über die Veränderung von Konsumgewohnheiten hinaus Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse nehmen, nun eine der heftigsten Repressionswellen einsetzt, ist alles andere als ein Zufall. Vielmehr ist das Verfahren ein deutlicher Ausdruck davon, dass das Geflecht von Polizei, Staatsschutz und Staatsanwaltschaft gewillt ist, ihre Vorstellungen von zulässigen Meinungsäußerungen, Organisationsversuchen und politischen Handlungsmöglichkeiten mit aller Macht durchzusetzen.

Die Offensive gegen die Pelzindustrie hat seit Jahren immer wieder zu Kampagnen gegen Warenhauskonzerne und Bekleidungsunternehmen aufgerufen und sieht in dem Verfahren nicht nur einen Versuch eine erfolgreiche Strategie der Tierbefreiungsbewegung zu kriminalisieren, sondern einen Versuch eine aktive soziale Bewegung zu zerschlagen.

 

Staatliche Repression als Reaktion


Im gegenwärtigen Verfahren nach §278a geht es nicht vorrangig um die Beteiligung an einzelnen Straftaten, sondern jedwede politische Betätigung wird in Anklageschrift und Beweisführung moniert, ob es sich um Kundgebungen vor Modehäusern, Recherchen bei Tierausbeutungsbetrieben, die Vernetzung mit anderen AktivistInnen oder die Planung und Durchführung von Kampagnen gegen die Pelzindustrie und Tierversuchsunternehmen handelt. Den 13 angeklagten Tierschutz- und TierbefreiungsaktivistInnen, denen ab März 2010 ein mehrmonatiger Prozess bevor steht, wird vorgeworfen, eine Kriminelle Organisation gegründet zu haben, die über Jahre hinweg Einfluss auf politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse genommen haben soll. Um den abstrakten Anschuldigungen Nachdruck zu verleihen, wird ein Zusammenhang von legalen Demonstrationen, Aktionen des Zivilen Ungehorsams und illegalisierten Protesten konstruiert und das Gespenst einer von terroristischen Handlungslogiken inspirierten Tierbefreiungsbewegung heraufbeschworen. Dass die Anschuldigungen tatsächlich nebulös bleiben und die Beweisführung fadenscheinig daher kommt, ist dabei nicht etwa auf Unfähigkeit der Ermittlungsbehörden zurückzuführen, sondern Ausdruck einer gezielten Kriminalisierung politischer Arbeit.

 

Im Zuge der Ermittlungen kam es bereits zur jahrelangen Bespitzelung von AktivistInnen weit über den Kreis der Beschuldigten hinaus. Die ErmittlerInnen schreckten dabei auch nicht davor zurück private Telefongespräche abzuhören, Kameras und Wanzen in und um Wohnräume zu installieren oder Computer und Konten heimlich auszuspähen. Ihren Höhepunkt erreichte die Repression mit der Verhaftung von 10 Angeklagten und einer breit angelegten Durchsuchungsaktion von Wohn- und Vereinsräumen im Mai 2008. Um das Großaufgebot moderner Sicherheitstechnologien und die anmaßenden Angriffe auf die Freiheitsrechte der Betroffenen zu legitimieren, bedurfte es auch des strafrechtlich alles andere als unumstrittenen Paragraphen 278a. Nur hierdurch konnte die Eingriffschwelle für das repressive Vorgehen derart vorverlagert werden, dass jegliche politische Betätigung Anlass der Verfolgung durch Polizei, Staatsschutz und Staatsanwaltschaft bot.

 

Von der Repressionswelle betroffen sind nicht nur die Angeklagten selbst, sondern alle Organisationsformen der TierbefreierInnen. Jede politische Initiative für eine Änderung des gegenwärtigen Mensch-Tier-Verhältnis wird in die Nähe organisiert-krimineller Strukturen gerückt, AktivistInnen unter Generalverdacht gestellt.

 

Solidarität mit den TierbefreierInnen als Antwort


Dem entgegen unterstreichen wir mit aller Deutlichkeit: Anmaßend sind nicht die Forderungen die Gewalt gegen Tiere zu beenden, sondern die Delegitimierung des Protests durch Polizei, Staatsschutz und Justiz. Unerträglich sind nicht die Proteste, Kampagnen und vereinzelte illegalisierte Aktionen, sondern der Verfügungsanspruch über Tiere, der in letzter Konsequenz in die Gefangenhaltung und Tötung unzähliger nicht-menschlicher Individuen führt. Proteste gegen diejenigen Bedingungen, die in die Vernutzung und Vernichtung von Tieren führen, sind nicht kriminell sondern unabdingbare Notwendigkeit, um das gegenwärtige Mensch-Tier-Verhältnis zu verändern.

 

Im diesem Sinne solidarisieren wir uns mit den Angeklagten. Wir fordern die sofortige und unbedingte Einstellung des §278a-Verfahrens.


Offensive gegen die Pelzindustrie

 

UnterstützerInnen:

AG gegen Tierversuche Universität Bielefeld | Antispeziesistische Aktion/Bündnis gegen Tierausbeutung Tübingen | Antisepziesistische Offensive Göttingen | Basisgruppe Tierrechte, Wien | Berliner-Tierrechts-Aktion (BerTA) | die tierbefreier e.V. | die tierbefreier e.V. - Ortsgruppe Hamburg | die tierbefreier e.V. - Ortsgruppe Hameln | die tierbefreier e.V. - Ortsgruppe Bonn | die Tierfreunde e.V. | free animal e.V. | Hamburg Vegan | Karlsruhe Vegan | Kieler Initiative für Tierbefreiung | Initiative gegen die Pelztierfarm Schirmer und Partner, Rochlitz/Sachsen | Menschen für Tierrechte Würzburg | Nandu | Regensburg TierrechteAktiv e.V. | Stiftung Hof Butenland - Lebenshof für Tiere | Teens 4 Animals | Tierbefreiung-Hamburg.org | Tierbefreiungs-Soli-Vokü Hamburg | Tierrechts-Aktion-Nord (TAN) | Tierrechtsaktion Chemnitz-Erzgebirge | Tierrechtsaktion Ulm | Tierrechts AG Mainz | Tierrechts Bewegung Flensburg | Tierrechtsbündnis Berlin-Vegan | Tierrechtsgruppe Bonn | Tierrechtsgruppe Dresden | Tierrechtsgruppe Giessen | Tierrechtsinititiative Mühlheim an der Ruhr | Tierversuchsgegner München | Venga - vegane Hochschulgruppe Universität Bielefeld | What's inside, Tierrechtsgruppe Sauerland

Aliberation Ireland | AIP - Atacca l’industria della pelliccia, Italy | Anima - foreningen for alle dyrs rettigheder, Denmark | Djuren Rätt, Sweden | Escada-Campaign (int.) | CAFT UK - Coalition to Abolish the Fur Trade | CAFT Ireland | Loomade Nimel, Estonia | National Animal Rights Association Ireland | Nettverk for dyrs frihet, Norway | Oikeutta Elaimille, Finland | Respect voor Dieren, Netherlands | SHAC - Stop Hundigton Animal Cruelty (int.) | Speak Campaigns, UK | Win Animal Rights, USA

 

Weitere Informationen:

Großdemonstration und globaler Aktionstag:

Finanzielle Unterstützung:

Neben öffentlichen Solidaritätsbekundungen sind die Angeklagten vor allem auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Hierfür stehen mehrere Solikonten bereit.

  • Spendenkonto Deutschland:
    Rote Hilfe e.V.
    Kto-Nr: 191100462
    BLZ: 44010046
    Zweck: § 278a
  • Spendenkonto Österreich:
    Grünalternative Jugend Wien
    Kto-Nr. 01910815873
    BLZ: 14000
    Zweck: Antirep2008
    IBAN: AT451400001910815837
    BIC: BAWAATWW