{HH} Rechte Aktivitäten in Winterhude (Jahresbericht)

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Aus aktuellem Anlass ein kurzer Bericht über rechte Aktivitäten in Winterhude: Über Winterhude ist bislang in puncto rechte Aktivitäten wenig berichtet worden, was vor allem daran lag, dass bis auf die Veranstaltungen im Haus der hiesigen Burschenschaft, wenig Berichtenswertes vorgefallen ist. Das vergangene Jahr war jedoch leider ereignisreicher. Burschenschaft, Identitäre Bewegung, Pegida und Hogesa Unterstützer sowie recht wirr anmutende Gegner der aktuellen Migration nach Deutschland versuchen in Winterhude ihre Propaganda bemerkbar zu machen.

 

Winterhude ist ein Hamburger Stadtteil zwischen der Alster mit ihren Villen und dem historischen Arbeiterstadtteil Barmbek. In der Vergangenheit war Winterhude bis zur Alster politisch durch ein starkes Bildungsbürgertum geprägt, welches sich durch eine verhältnismäßig hohe Wahlbeteiligung und überdurchschnittlich viele Stimmen für die Grünen und die CDU auszeichnete. Die Bio- und Buchladendichte ist auf hohem Niveau, mit dem Kampnagel Areal und dem Goldbekhaus ist für Kultur gesorgt. Nach Norden, Richtung Barmbek weichen die Altbauten dem klassischen Hamburger Klinkerbau, Imbisse und Kneipen komplettieren den Wandel.

 

Aktivitäten der Rechten finden sich so gut wie nur in der Gegend hin zur Alster, also im wohlhabenden Teil Winterhudes. Für Ortskundige: Zwischen U-Sierichstraße, der Gertigstraße, vor allem der gleichnamigen Bushaltestelle und der Alsterbrücke Krugkoppelbrücke.

Die in Winterhude befindlichen Schulen, Gesamtschule Winterhude und die sog. Gelehrtenschule des Johaneum sind bislang ausgenommen von rechter Propaganda.

 

Akteure:

 

  • Identitäre Bewegung

– Wiedergabe eines in Winterhude geklebten Antifaschistischen Plakates –

++++++ In jüngster Zeit konnten wir innerhalb dieses Stadtteils einen ziemlich signifikanten Anstieg rechtspopulistischer Propaganda beobachten, die nach der Entfernung, in regelmäßigen Abständen erneuert wurde. Die Gruppe um die es sich hierbei handelt ist die europaweit agierende „Identitäre Bewegung“ die Teil der neuen Rechten ist.

Sie bilden eine islamophobe Gruppe die auf den Erhalt einer konstruierten europäischen Identität abzielt und bezieht sich indirekt auf einen Ethnopluralismus der eine „kulturelle Reinhaltung von Staaten und Gesellschaften“ anstrebt und nicht zwischen Hautfarben sondern kulturellen Bezugskreisen und Hintergründen unterscheidet. Ethnopluralisten sprechen von der Bedrohung der eigenen kulturellen Identität durch andere „fremde“ Kulturen und begründen ihre Ideologie mit dem von ihnen definierten „angestammten Terretorien der Völker“.

Speziell die „Identitäre Bewegung“ spricht von einer solchen Bedrohung durch den Islam. Ihre Hetze versuchen sie subtil zu verpacken, und Sexismus ist ein wichtiger Teil ihrer Ideologie. Sie versuchen ihren Patriotismus und Rassismus durch den Bau neuer Moscheen und angeblicher „Flutwellenartiger“ Zuwanderung zu legitimieren.

Einige ehemalige Mitglieder der JN (NPD Jugendorganisation) aber auch Burschenschaftler sehen sich als aktiver Teil der IB. Ein Kernelement ihrer Argumentation bildet der sogenannte „große Austausch“ womit nichts geringeres gemeint ist als der „Volkstod“ durch Zuwanderung, beziehungsweise „Rassenverschmischung“.

Die Idee des Volkstodes stammt aus der Zeit der Aufklärung und erfuhr im deutschen Nationalsozialismus seine praktische Renaissance. +++++

 

Desweiteren sind Identitäre auch an anderen Orten in Hamburg aktiv gewesen.

An der Uni, der Hamburger Meile, dem Wandsbeckermarkt und am Dammtor sind jeweils über Nacht kleiner Aktionen abgelaufen in denen die Identitären ihre Propaganda verbreiten wollten.

Berichtet wird dabei vor allem über die Facebookseite der „Identitären Bewegung Großraum Lüneburg“. Im vergangenen Jahr, ist uns zumindest, auch keine öffentlich auftretende Hamburger Gruppe aufgefallen.

Eine weitere Aktion in Hamburg war die symbolische Besetzung der SPD zentrale Hamburgs, bzw. dessen Balkon. Diese Aktion ging jedoch vor allem von nicht Hamburgern aus.

 

Zu guter Letzt sind im Bereich Farmsen-Berne noch sehr viele Identitäre Sticker aufzufinden. Dort werden sie, im Gegensatz zu anderen Stadtteilen zu jeder Tageszeit verklebt. Ein Zusammenhang zwischen den Aktivitäten in Farmsen-Berne und in Winterhude lässt sich nicht feststellen.

Weitere Informationen zu rechten Aktivitäten vor Ort auf: facebook.com/Antifa-309-1557836074461029/

 

  • Burschenschaft Germania

Die in der Sierichstraße ansässige Burschenschaft zeichnet sich durch altbekannte, altbackene Weltvorstellung aus. Deutschtümmelei, Sexismus und ein zu tiefst Konservatives Weltbild werden durch elitäres Denken komplettiert.

Besonderes hervorgetan hat sich die Burschenschaft in den Gegnerschaft zum Gedenken an Deserteure, dem „Gendermainstreaming“ und wie zu erwarten der Flüchtlingspolitik in Hamburg. Besonders die Gruppe Lampedusa in Hamburg ist ihnen ein Dorn im Auge gewesen. Vor zwei Jahren beteiligten die Burschenschaftler sich an nächtlichen Pöbeleien und einem Flaschenwurf in Richtung der St. Pauli Kirche in der Mitglieder dieser Gruppe schliefen.

Sich selbst bezeichnen die Burschen als anti-PC und sehen sich in der Rolle von Bewahrern alter Werte und Kultur.

 

Die Aktivitäten der Identitären sind im direkten Zusammenhang mit der Burschenschaft zu sehen. So ist davon auszugehen das es personelle Überschneidungen gibt, die Aktivitäten der Identitären gehen regelmäßig vom Burschenschaftshaus aus.

Zudem beteiligten sich Mitglieder der Burschenschaft an der AFD Kundgebung am 31.10 beim Hauptbahnhof, dort suchten sie einerseits Kontakt zu potentiellen Unterstützern und traten gleichzeitig aggressiv gegenüber Gegendemonstrant_innen auf. (wodurch sie sich aus der Masse der eher zurückhaltenden AFD Unterstützer hervortaten.)

 

  • Rechte Einzelpersonen

Neben den genannten Gruppierungen waren auch Einzelne bzw. Duos.

Verschiedene Schmierereien und Sticker tauchen immer mal wieder im Stadtteil auf.

Vor allem im Zusammenhang mit größeren politischen Ereignissen, die es auf die Titelseiten der deutschen Presse Erzeugnisse geschafft haben.

Jeweils in den folgenden 2 Tagen auf Hogesa- und Pegida-Kundgebungen die ein großes Medien Echo erlebten oder der Bekanntgabe neuer „Flüchtlingszahlen“ durch das Innenministerium, oder der Bild, fühlten sich anscheinend einige gedrängt ihren Müll zu verbreiten.

Die Hinterlassenschaften waren allesamt ohne viel Vorwissen ausgeführt, ein dünner Marker oder auch mal ein Kugelschreiber, vermutlich selbstgedruckte Sticker und die oft wirren Behauptungen und Aufmachungen zeugen davon. Die Inhalte beziehen sich meistens zumindest Indirekt auf die genannten Ereignisse, z.t. hatten wir jedoch große Schwierigkeiten zu erahnen was diese Leute überhaupt wollen....

Von den weiteren Politischen Entwicklungen in der BRD und im Stadtteil wird die Aktivität dieser Personen vermutlich abhängen.

 

 

 

 

Vorkommnisse:


Exemplarisch hier einige Ereignisse des Vergangenen Jahres

 

  • U-Bahnhof Sierichstraße

Die Plakatwände der U-Bahnstation Sierichstraße sind immer wieder Darstellungsfläche besonders absurder Pöbeleien. Hervorzuheben sind hier die beiden Nächte nach der Hogesa-Kundgebung in Hannover am 15.11.2014. Zu diesem Zeitpunkt tauchten zum ersten mal regelmäßig Schmierereien auf.

Beleidigungen gegenüber Antifas und St. Pauli Anhängern wechseln sich ab mit Pegida- und Hogesa-Tags. Zwischendurch noch der kläglich gescheiterte Versuch eines Hakenkreuzes.

Medium der Wahl war dabei meist ein einfacher Marker oder ein Kugelschreiber.

Seitdem dort ziemlich durchgehend verschiedene linke Sticker und Tags zu finden sind haben die rechten Aktivitäten hier fast vollständig aufgehört.

 

  • Identitäre

In der Nacht vom 26.11 zum 27.11 sind Identitäre entlang der Sierichstraße und in einige Seitenstraßen gegangen und haben massenweise Sticker angebracht und mit Schablonen gesprüht.

Bis auf einige Ausnahmen konnten alle Spuren am nächsten Tag übermalt werden.

Bilder sind unter dem Text.

 

  • Akif Pirinci

Am Samstag, den 5.12.2015 hat Akif Pirinçci bei der extrem rechten Burschenschaft Germania sein neues Buch mit dem Titel „Die große Verschwulung – Wenn aus Männern Frauen werden und aus Frauen keine Männer“ der neu-rechten Prominenz präsentiert.

Wie sie selbst auf der AFD-Kundgebung mitteilten wollte die Burschenschaft mit dieser Veranstaltung „mal wieder für Aufmerksamkeit in eigener Sache sorgen“.

Die Aufmerksamkeit wurde ihnen dann auch zuteil, mehrere Zeitungen berichteten im Lokalteil über die Veranstaltung und die Gegenaktivitäten.

An der Demo Beteiligten sich ca. 200 Personen, die ihren Protest vor dem Haus lautstark kundtaten.

Getreu dem Motto jede Aufmerksamkeit ist gute Aufmerksamkeit wird die Burschenschaft auch weiterhin solche Abende Veranstalten.

 

  • SPD und CDU Büro

In der Nacht vom 22 auf den 23. 12., wurde das örtliche Büro der CDU und das der SPD bemalt.

Es handelt sich dabei um die einzigen beiden Partei Büros in Winterhude.

Auf dem Partei Büro der SPD stand: „ Refugees get out“ und auf dem Büro der CDU: „Stoppt die Invasoren“.

 

 

Wir hoffen das wir euch mit dem kleinen Bericht aus Winterhude einen Einblick verschaffen konnten. Erst in den vergangen Monaten ist uns immer klarer geworden, dass es sich eben nicht um Einzelereignisse handelt, daher haben wir noch nicht besonders viele Bilder und weiterführende Informationen die wir zur Verfügung stellen können.

 

Mit Solidarischen Grüßen und auf ein kämpferisches 2016 – Eure Antifa aus Winterhude

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Herzlichen Dank für die Mühe und gute Arbeit! Wird Zeit sich mal wieder mit der IB in Hamburg auseinanderzusetzen, wir hatten ja lange genug Ruhe vor denen.

Auch in Barmbek Nord wurden mehrfach Flyer von der IB in Briefkästen geschmissen und vereinzelt Aufkleber geklebt.

 

 

sind mittlerweile u.a. auch in Steilshoop, Bramfeld und Barmbek entdeckt worden.

"Die in Winterhude befindlichen Schulen, Gesamtschule Winterhude und die sog. Gelehrtenschule des Johaneum sind bislang ausgenommen von rechter Propaganda."

Das stimmt bezogen auf das Johanneum halt auch nur so halb....Mir ist zwar auch noch nicht aufgefallen, dass es Versuche gab, die Schule von außen durch wirklich rechte Propaganda zu steuern, aber die Schule hat finde ich trotzdem ein Problem diesbezüglich.

Sichtbar wird dieses z.B an dem widerlichem Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. Falls es wen interessiert, kann ich das alles noch genauer ausführen ;)

Wenn du Zeit hast, schreib mal einen Artikel. Interessiert sicher ;)

Auch in Ottensen zuletzt mehrfach IB-Sticker (z.B. wiederholt gegenüber der Steiner-Schule Bleickenallee), dazu Compact (v.a. in der Ottenser Hauptstraße) und zwei einsame NPD-Aufkleber (Kemal-Altun-Platz). Klebedauer weiß ich nicht, aber alle ab oder überklebt ;-)

Die IB Sticker sind an gleicher Stelle um die Bleickenallee Richtung Othmarschen und Hohenzollernring  wieder vermehrt aufgetreten..