[B][Sp] Graue Wölfe – Nicht nur ein Problem in Kreuzberg

Fasizme gezit yok!

Im Folgenden dokumentieren wir den Text eines Flyers, welcher am Tag des schweren Anschlags in Ankara auf die linke Friedensdemonstration am 9. Oktober verteilt wurde. Er outet einen Verein der Grauen Wölfe in Spandau und dient primär der Information der Menschen im umliegenden Wohngebiet. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass sich in direkter Nähe (U-Bahn Station Alt-Spandau) ein Hasir-Restaurant befindet. Dies macht das dreckige türkisch-nationalistische Duo perfekt, welches wir bereits aus Kreuzberg kennen.

 

Die Angabe im Text, dass die MHP eine Regierungspartei sei, gilt seit den Neuwahlen natürlich nicht mehr. Da dies auf eine Adaption ihrer Themen durch Erdogan zurückzuführen ist, wendet dieser Umstand jedoch nichts ins Positive.

 


 

Liebe NachbarInnen,

 


erschrocken mussten wir feststellen, dass sich in unserer Nachbarschaft eine Versammlungsstätte der rechten, türkisch-nationalistischen Bewegung der „Grauen Wölfe“ befindet: In der Neuendorfer Str. 101 ist der Verein „Hoca Ahmet Yesevi Camii“ beheimatet. Dieser „Türkische Kulturverein“ ist Mitglied des ADÜTDF (Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland), einem Dachverband, der Sammelbecken für in Deutschland lebende und agierende türkischsprachige Rechte ist. Die Mitgliederzahl des Verbandes wird auf bis zu 10.000 geschätzt. Damit stellt er neben der AfD die in Deutschland mitgliederstärkste extrem rechte Organisation dar. Ihr Erkennungszeichen ist ein Grauer Wolf. Er ist beliebts Flaggenmotiv und die Anhänger grüßen sich mit dem sogennanten Wolfsgruß. Ihre offizielle Selbstbezeichnung lautet hingegen Ülkücüs (dt: Idealisten).

 

Das Ziel dieser Bewegung ist eine sich vom Balkan über Zentralasien bis in den Westen des heutigen Chinas erstreckende türkisch-islamische Nation. Ihre Bewunderung gilt den Nationalsozialisten des Deutschen Reiches, mit denen sie wesentliche Positionen und Feindbilder gemeinsam haben. Zu den Letzteren, den erklärten Feindbilder der Bewegung, gehören unter Anderem Kurden, Juden, Christen, Armenier, Griechen, Homosexuelle, die EU, der Vatikan und die Vereinigten Staaten. Nicht zuletzt wird alles Linke mit brutaler Gewalt bekämpft. Während die Bewegung in der Türkei bereits unzählige Morde an den genannten Bevölkerungsgruppen beging und diverse Anschläge verübte, sind in Deutschland solche Gewaltakte bisher selten. Die hiesigen Gegebenheiten werden jedoch intensiv genutzt um die menschenfeindliche Gesinnung zu propagieren und der Bewegung Infrastruktur und Geld zur Verfügung zu stellen. Ein besonderer Fokus liegt auf dem Versuch, türkischsprachige Jugendliche bei Vereinsaktivitäten zu indoktrinieren.

 

Ein Kernstück der Ideologie der Grauen Wölfe ist der Nationalismus, eine Ideologie der Spaltung: An Stelle des gemeinsamen Strebens für eine solidarische und freie Welt, in der der kapitalistische Zwang zur Konkurrenz gemeinsam überwunden wird, setzt er unüberwindbare Grenzen zwischen Menschengruppen und konstruiert wettstreitende Nationalstaaten. Während der Freiheit zugewandte Menschen wissen, dass es einheitliche Kollektive von „Deutschen“ oder „Türken“ nicht geben kann, sondern wir alle unterschiedliche Individuen sind, fantasieren die Grauen Wölfe von der Einheit und Überlegenheit einer „türkischen Rasse“.

Eng damit verbunden ist ihr Islamverstädnis. Es ist geprägt von Arroganz und Rassismus und behauptet die Untrennbarkeit von „Türkentum“ und Islam. Ihre Vorstellung ist, dass dem „Türkentum“ aufgrund „besonderer kultureller“ Eignung ein Führungsanspruch über die gesamte islamische Welt zukomme und einem Türken eine übergeordnete Position gegenüber anderen Menschen im Allgemeinen, aber im Besonderen gegenüber anderen Muslimen zustehe. Während zwar fast alle Ausprägungen von Religion das Glück auf ein „Leben nach dem Tod“ verschieben und sich damit der Befreiung der Gesellschaft im hier und jetzt in den Weg stellen, wird der Glaube der Grauen Wölfe so zu einem Vehikel der Menschenfeindlichkeit.

 

Der Überfall des türkischen Staates auf die links-demokratischen kurdischen Gebiete, das einzige Bollwerk gegen die Barbarei des Islamischen Staates (IS), wird von den Grauen Wölfen entsprechend ihrer Ziele und Ideologien entschieden unterstützt: Die ebenfalls zur Bewegung gehörende Regierungspartei MHP bereitete den Angriffskrieg bereits seit Monaten propagandistisch vor und trägt ihn nun auf parlamentarischer Ebene mit. Auf den Straßen der türkischen Städte attakieren militante Anhänger der Grauen Wölfe Linke und alle als „untürkisch“ Wahrgenommenen. Dabei kommt es nicht erst seit dem Angriff zu zum Teil engen Kooperationen mit den Unterstützern des Islamischen Staates (IS). Selbst einige aus Deutschland in den Dschihad Gezogene wurden zuvor in den Jugendgruppen der Grauen Wölfe sozialisiert.

 

Wir sind es unseren die Freiheit und das Leben liebenden Freunden auf der Welt schuldig uns auch Faschisten in den Weg zu stellen, deren Agieren für uns selbst keine direkten Konsequenzen hat, aber für unsere Freunde das Verderben bedeuten kann.
Eine bessere Welt wird nur möglich sein, wenn wir uns in Solidarität über Staatsgrenzen hinweg üben und nicht zulassen, dass in unser Nachbarschaft für das Verderben agitiert wird.

 

Für die Freiheit! Für das Leben!

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Infoabend: Die Grauen Wölfe – Strukturen und Auftreten des türkischen Ultra-Nationalismus in Deutschland am 02.12.15

In der Kreuzberger Oranienstraße ein Zentrum deutscher Rechtsextremisten? Für die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner unvorstellbar! Ein Brandanschlag auf ein Büro einer Organisation in Kreuzberg, die sich für Minderheiten einsetzt, nur wenige Stunden nachdem dieses mit einer großen Feier eingeweiht wurde? Auch diese Frage würden viele Menschen eher verneinen.

Das liegt daran, dass viele bei Stichwörtern wie „nationalistische Indoktrination von Jugendlichen“ oder „rechtsextreme Gewalt“ eher an deutsche Neonazis in Berliner Außenbezirken oder in der sächsischen Provinz denken als an den linksgeprägten Multi-Kulti Bezirk Kreuzberg. Dabei ist Kreuzberg – wie viele andere von türkischen Einwander*innen geprägten Stadtteile – Aktions- und Agitationsort von türkischen Ultra-Nationalisten und ihrer vielfältigen Vereinsstrukturen.

Auf der Straße sichtbar werden diese Strukturen für die Mehrheit der Bio-Deutschen selten. Liegt doch der Anspruch dieser Kulturvereine vor allem darin, auf die türkische Community einzuwirken. Auf deutschen Straßen sind der Graue Wolf und seine Symbolik nur zu sehen, wenn der Konflikt zwischen türkischem Staat und der kurdischen Bewegung eskaliert oder in identitärer Zurschaustellung nationaler Euphorie im Zuge von gewonnener türkischer Fußballspiele.

Bei diesem Informationsabend wollen wir einen Überblick über den türkischen Ultra-Nationalismus mit seinen Organisationsstrukturen in Deutschland geben. Es soll auch aufgezeigt werden, wie die Grauen Wölfe versuchen, hier Einfluss auf das politische Geschehen zu nehmen.

HDP BerlinReferentInnen:
Alia Sembol (Fachinformationsstelle gegen Rechtsextremismus in München)
Jiyan Durgun (HDP-Berlin)
Ferat Kocak (HDP-Berlin)

Moderation: Marlies Sommer (TOP B3rlin )

Eine Kooperationsveranstaltung von Helle Panke e. V. – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin, HDP-Berlin, TOP B3rlin
Details

    Infoabend: Die Grauen Wölfe – Strukturen und Auftreten des türkischen Ultra-Nationalismus in Deutschland
    Datum: 02.12.2015
    Zeit: 19:00
    Location: Südblock
    Stadt: Berlin
    Adresse: Admiralstr. 1-2