Am 4. November marschierten Tausende staatsloyale und radikale Nationalisten durch 15 russische Städte und Kiew. Das Zentrum der Aufmärsche war Moskau. Dort gab es mindestens sechs nationalistische Veranstaltungen zur Feier der nationalen Einheit. Antifaschistischen Protest gab es lediglich in Moskau, mit einer antifaschistischen Protestkundgebung und in Leningrad, wo einige wenige mutige Aktivist_innen den dortigen Aufmarsch massiv störten.
In Moskau kamen, wie Interfax berichtet, mindestens 2.000 radikale Nationalisten zum Russischen Marsch in den südöstlichen Randbezirk Ljublino, wohin einige migrantische Händler_innen aus den Innenstadtbezirken umgesiedelt wurden. Der Zug wurde durch Offizielle der Bewegung gegen illegale Einwanderung (DPNI) und den die Slawische Union angeführt. Die DPNI selbst behauptet, daß sich 4.000 Nationalisten beteiligt hätten.
Neben nationalistischen Monarchisten, orthodoxen Christen, radikalen Nationalisten, nationalsozialistischen Organisationen und anderen militanten Nazis beteiligten sich an dem Marsch in Ljublino Hooligans von Spartak Moskau. Mehrfach wurden Fahnen mit Hakenkreuzen und anderen Nazisymbolen gezeigt. Außerdem gab es offenbar Böller und Feuerwerk. Die Sicherheitskräfte griffen niemals direkt ein, drängten allerdings auf die Einhaltung der Auflagen faschistische Symbole nicht zu zeigen. Festnahmen gab es keine.
Eine weitere Veranstaltung radikaler Nationalisten in Moskau wurde durch die freien Nationalisten und black bloc‘ Nazis von Russkij Obraz durchgeführt. Zu ihrer Kundgebung und den Konzerten unter dem Motto Die Zukunft gehört uns im Zentrum Moskaus, zu dem auch die Gruppe Soprotivlenie (Widerstand) des Naziboxers Roman Senzov aufgerufen hatte, kamen mehr als 1.000 militante Nazihools und andere radikale Nationalisten.
Es gab, wie schon beschrieben, offenbar ein Absprache zwischen den verschiedenen militanten Gruppen, so daß sich im Verlaufe der Konzerte Teilnehmer des Russischen Marsches der DPNI und der Slawischen Union zu den Straight Edge Naziskins von Russkij Obraz / Soprotivlenie hinzugesellten.
Zum Russischen Marsch der Putinjugend Naschi unter dem Motto Alle, wie sie sind (Все Свои) kamen nach eigenen Angaben bis zu 30.000 Menschen. Interfax beruft sich auf die Behörden und meldet, daß es mindestens 20.000 Demonstranten gewesen wären, wobei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung immer noch Menschen kamen.
Schon zu Beginn der Auftaktkundgebung am Bereschkowski Ufer sollen es circa 10.000 regierungstreue Nationalisten gewesen sein. Am Ort der Abschlußkundgebung in der Nähe des Kremls auf der Schevchenko Terrasse am Ufer der Moskva sammelten sich allerdings schon als der Marsch noch lief Tausende Naschisty und interessierte Jugendliche, die sich von seichtem russischen Pop berieseln lassen wollten.
Neben der Veranstaltung von Naschi führte die regierende Partei Edinaja Rossija (Einiges Russland) und seine Jugendorganisation Molodaja Gvardija (Junge Garde auf dem Platz der Revolution eine Kundgebung durch, zu der laut Interfax zwischen 8.000-9.000 Menschen kamen. Da diese Veranstaltung nicht weit von der Abschlußkundgebung von Naschi entfernt stattfand, ist davon auszugehen, daß sich die regierungsloyalen, jungen Gardisten und ihre älteren nationalen Väter sich den anderen kremlnah (entbiologistischen und entethnisierten) imperialen Nationalisten anschloßen.
Weitere nationalistische Aufmärsche wurden in Moskau durch die rechtspopulistische und zum Teil offen xenophobe Liberaldemokratische Partei Russlands (LDPR) ihres Paten Vladimir Zhirinowski durchgeführt. An seiner Kundgebung beteiligten sich 1.500 bis 2.000 Menschen. Außerdem demonstrierten circa 5.000 Studentent moskauer Hochschulen um auf die Eröffnung der Ausstellung Die Orthodoxe Rus‘ aufmerksam zu machen. Lediglich 200 Anhänger der (neo)eurasisch imperialen Ideologie konnte die Eurasische Jugend Union versammeln. Die Sicherheitsbehörden meldeten, daß es zu keinen ernsthaften Ausschreitungen gekommen sein soll. Von Festnahmen wird ebenfalls nichts berichtet.
Die Polizei verschwieg offenbar bewußt, daß am Vormittag mindestens 39 Antifaschist_innen für beinah 3 Stunden festgehalten wurden. Sie kamen von der antifaschistischen Kundgebung und Konzert unter dem Motto Russen – Gegen Faschismus. Mit ihrer Erklärung, daß Antifaschismus keine Nationalität hat machte die Gruppe S2W bei avtonom, das Portal der Libertären Kommunist_innen in Russland, auf die die nationale Rhetorik des antifaschistischen Protest aufmerksam und positionierte sich unmißverstädnlich jenseits nationaler Diskurse. Ich hoffe, dieser Text führt zu einer Intensivierung der antinationalen und antipatriotischen Kritik in der radikalen Linken Russlands und in der Antifa.
Eine weitere antifaschistische Aktionen gab es in Petersburg, wo wirklich verdammt mutige Aktivist_innen den dortigen Russischen Marsch gesprengt haben. Während die Nazis sich mit geistigem Dünnschiß berieseln ließen, stelten sie sich an den Rand, hielten ein Transparent mit der Aufschrift Faschimsmus in den Müll und skandierten Faschisten töten – Behörden decken. Sie wurden relativ schnell angegriffen, wußten sich allerdings zu wehren. Vier Aktivist_innen, die das Transparent hielten, wurden bei der Aktion festgenommen. Die anderen Antifaschist_innen konnten fliehen.
In Kiew fand ebenfalls ein Russischer Marsch unter dem Motto Die Rus‘ besiegt alle seine Feinde statt. Es kamen einige Hundert zumeist ältere Zarenfreunde, russisch orthodoxe Christen und andere reaktionäre Verwirrte. Ihr Rus‘ Imperium besteht im übrigen aus der Ukraine, Weißrussland und dem russischen Kernterritorium.
In 15 weiteren russischen Städten – unter anderem in Tula, Samara und Krasnodar – fanden ebenfalls Russische Märsche statt. Die in circa 60 Städten angemeldeten Demonstrationen und Kundgebungen konnten demnach nicht durchgeführt werden. Der Aufmarsch in Vladivostok wurde von den Veranstaltern nach einem Verbot durch die Stadtverwaltung abgesagt. Allerdings fanden sich ohnehin lediglich 30 junge Nationalisten am Treffpunkt ein. In Novosibirsk dagegen kamen 500 Demonstranten.
Von nennenswertem antifaschistischen Protest in den anderen Städten, außer Moskau unß Peterburg, ist zur Zeit noch nichts bekannt. Offenbar gab es einige Transpiaktionen an den Routen. Außerdem sollen Graffitis gesprüht und Sticker geklebt worden sein. Aber die Aufmärsche waren nie, bis auf in Petersburg, ernsthaft gefährdet. Außerdem zeigt sich, daß selbst die antifaschistische Bewegung, wie in Moskau, auf zum Teil nationale Diskurse Bezug nehmen (muß), um an diesem Tag wahrgenommen zu werden.
übersetzung
gibt es eine übersetzung auf deutsch oder englisch des textes "antifaschismus hat keine nationalität"?
Jaja wenn es ihnen zu gut geht, werden sie nationalistisch
Russland schwimmt im Geld. Das Geld ist zwar sehr ungleich verteilt, aber es ist da. Genug davon, um stolz russisch zu sein. Die nächste kommunistische Revolution findet nicht in Russland statt. Eher in Bolivien.
das auf dem foto....
mit dem faschistengruß, sind ja alles noch (halbe) kinder.........