2.500 Menschen bei der Demonstration in Bremen „Refugees Welcome – Gegen Rassismus und Abschottungspolitik!“

Luftballons

In Bremen haben gestern unter dem Motto „Refugees Welcome – Gegen Rassismus und Abschottungspolitik!“ rund 2.500 Menschen demonstriert. Zu der Demonstration hatte ein Aktionsbündnis aus politischen Initiativen, FlüchtlingsaktivistInnen und Geflüchteten aufgerufen. Die breite Teilnahme zeigt, dass viele BremerInnen zur Solidarität mit Geflüchteten entschlossen sind – aber auch, dass die Geflüchteten selbst hier auf die Straße gehen und für ihre Rechte kämpfen: „Die Menschen fliehen, weil sie fliehen müssen. Aber sie nehmen damit auch ihr unveräußerliches Recht in Anspruch, sich auf die Suche nach einem Leben in Freiheit und Sicherheit zu machen“, äußert sich Torsten Schlusche vom Aktionsbündnis. Übersetzungen in Englisch, Französisch, Arabisch und Farsi sorgten dafür, dass möglichst viele TeilnehmerInnen der Demonstration möglichst viel verstehen konnten.

 

Unmittelbarer Anlass der Demonstration war die teils menschenunwürdige Situation Geflüchteter in Bremen. In einem Redebeitrag verwies ein junger Geflüchteter aus Sierra Leone auf die beengten und unhygienischen Zustände im Großzelt auf der Werderinsel. Zu seiner eigenen Lage sagte er, dass er nach dem Tod seiner Eltern „einfach einen Ort brauche, wo es eine Perspektive gebe, jemand zu sein“. Ähnlich äußerte sich am Schluss der Demonstration auch ein Geflüchteter aus Syrien: „Es geht nicht darum, uns finanzielle Hilfen zu geben. Wir können auf eigenen Füßen stehen. Was wir brauchen, sind Möglichkeiten.“

Zu den Gründen für die unwürdige Unterbringung vieler Geflüchteter – 1000 Menschen müssen in Bremen derzeit in Großzelten leben – verwiesen viele Beiträge der Demonstration auf den seit Jahrzehnten verfehlten Sozialen Wohnungsbau in der Stadt. Insbesondere richtete sich die Demonstration gegen den zunehmend repressiven staatlichen Umgang mit Geflüchteten. So erklärt zum einen das Bremer Jugendamt zur Zeit immer mehr Minderjährige per Altersfestsetzung für volljährig – mit dem Ziel, Jugendhilfemaßnahmen abzulehnen. Zum anderen diskutiert die Bundesregierung derzeit die dritte massive Asylrechtsverschärfung binnen eines Jahres. Die geplanten Maßnahmen wie die Zwangsunterbringung für sechs Monaten in Erstaufnahmelagern und die Leistungskürzungen unterhalb des Existenzminimums bezeichnete eine Sprecherin der Flüchtlingsinitiative Bremen als „umfassendes Entrechtungsprogramm für schutzsuchende Menschen“.

Der Widerstand gegen die geplanten Asylrechtsverschärfungen rückt schon sehr bald wieder in den Fokus des Aktionsbündnisses, wenn sich vom 7.-9. Oktober die Ministerpräsidenten der Länder in Bremen treffen. „Wir werden den Protest gegen die geplanten Eingriffe in die Rechte geflüchteter und traumatisierter Menschen auch gegenüber den politisch Verantwortlichen lautstark auf die Straße bringen“, so Gundula Oerter vom Aktionsbündnis.

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Nun, 2500 Teilnehmer*innen sind eher ernüchternd, waren schlicht; zu wenige.

Und ja, der zitierte refugee hat ja recht: "Was wir brauchen, sind Möglichkeiten.“

Aber welche Möglichkeiten sollen dies sein? Was und wo sollen all diese traumatisierten Menschen arbeiten, vorausgesetzt, sie haben die Sprache dann gelernt. Diese Fragen stellen sich viele. Und die Antwiort darauf kann, auch aus linksradikaler Perspektive, nicht: "Offene Grenzen für alle" sein.  Dass durch die Flüchtlingen die Konkurrenz im eh schon beschissenen Niedriglohnsektor steigt, das haben viel begriffen. Nur nicht die AbiturientInnen, die wohl das Gros der Demo-TeilnehmerInnen stellen.

2500 teilnehmer*innen wären ein starkes signal gewesen, aber es waren deutlich weniger. Wie man auf den etwa auf den fotos sehen kann, bestand der blackblock aus vier leuten.

Die primären Fragen sind nicht wo die Menschen arbeiten sollen, zumal Wirtschftsinstitute und Behörden offen gelegt haben, dass der Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze zu besetzten hat; gerade für Jugendliche die eine Ausbildung suchen. Die primäre Frage ist, wie lange sich die Republik eine Struktur geben will, die Menschen nicht nach ihren Bedürfnissen und ihrer Art, sondern allein nach ihrer Verwertbarkeit zu integrieren sucht. Die Antwort kann sehr wohl "Offene Grenzen für alle" sein. Gerade die Beseitigung aller Grenzen, aller Auflagen für Geflüchtete die sie zu Menschen dritter Klasse werden lässt, kann nur die folgerichtige Antwort sein.

 

Die Abschottungspolitik verbunden mit der Frage nach Verwertbarkeit als Zugangsvoraussetzung zur Partizipation am Wohlstand hat nie funktioniert. Gerade die BRD mit ihren überquellenden Bundesmitteln und einem sinnlosen Sparzwang setzt EU Weit das falsche Signal. Einen Umbau wie es die USA in den 30ern mit dem "New Big Deal" gemacht hatte und damit eine wirtschaftliche Blütezeit erreichte, wäre ein realpolitisch leistbarer Strukturumbau der nicht nur Geflüchteten zugute käme. sondern gesamtgesellschaftlich eine Umverteilung des Wohlstands zugunsten der präkeren Lohnarbeiter_innen, der maginalisierten Gruppen und vor allem der abgehängten Jugend bedeuten würde. zudem stabiliserte es den Mittelstand, was innerhalb der bestehenden kapitalistischen Struktur sowohl politisch als auch wirtschaftlich den Effekt mit sich bringt, dass höhere Investitionen und eine höhere Rendite dort ankommen, wo sie seit Jahrzehnten in der BRD fehlen, bei der von Armut/Altersarmut betroffenen Gesellschaft. Wenn jedoch wie gegenwärtig ein Prozent der Bevölkerung beinah 99 Prozent der Wirtschaftsleitung auf ihren Privatkonten zurückhalten und der größte Teil der Gesellschaft sich um den Rest in Konkurrenz und Diskiminierungen gegenseitig wegzureißen suchen, darf es nicht verwundern, das Geflüchtete nun als neuer Konkurent auf dem Markt von den bereits abgehängten verstanden werden und Rassismus als Mittel der Ausgrenzung vom Markt und patriarchales Machtstreben strukturell verfestigen und so ein Klima schaffen, wie es in den 20er Jahren bereits existierte und völkische Bewegungen begünstigt. All diese Koflikte sind hausgemacht und haben keinen Zusammenhang zu den Geflüchteten und auch nicht zu ihrer Zahl.

 

Sie liegen gang allein in der gesellschaftlich einstudierten und verfestigten Verwertungslogik und im strukturellen Rassismus begründet. Unabhängig von realpolitisch notwendigen Integration- Wirtschafts- und Investitionsmaßnahmen ist jeder Versuch erst dann von Erfolg gekrönt, wenn die Spaltungen der Gesellschaft die durch Staat, Religion, Kapital, Nationen in den letzten Jahrzehnten massive Konkurenzen, Gewalt und Diskriminierungen als Mittel um den Kampf um Ressourcen beschleinigt haben, abgebaut und aufgeklärt würden, wenn die überquellenden Mittel nicht mehr allein in Richtung der Eliten per Gesetz geschoben würden und es eine gesamtgesellschatfliche Diskussion über den Generationsvertrag, das Schul- und Bildungswesen sowie über eine Inkludierende statt Integriende Gesellscahft verhandelt würde, bestünde eine realistische Chance auf eine emanzipatorische Entwicklung. Gegenwärtig GEflüchtete gegen im Inland materiell und sozial Abgehängte auszuspielen und daüber den Arbeitsmarkt und den Wettbewerbsvorteil auf deren Rücken auszutragen, führt entweder zu einem massiven Anstieg von Repression und Gewalt oder zum Zusammenbruch. Das ist im Anschluss zu reparieren wesentlich Ressourcenaufwendiger und bildet die Gefahr einer permanent in Fraktionen zerfallenden Gesellschaft bei denen auch Eliten ihren Status verlieren und ihnen Terror droht. Geflüchtete müssen dort Schutz finden können, wo sie ihn suchen und die Gesellschaften die unter Strich weltweit die meisten Güter und Strukturen nutzen, sind verpflichtet, sich eine Verwaltung zu geben, die dies ermöglicht.

 

Ansonsten wäre das der Beweis, das diese im Wohlstand verhallende Gesellschaft nie etwas anderes war als das Produkt einer Spätkapitalistischen Masse, die nie Werte wie Menschlichkeit und Würde über alles gestellt hat, sondern bereits an diese ein Preisschld gehangen hat und damit in Fragen wie die Gegenwärtigen zu Flucht und Migrantion schon lange vor der Problematisierung jede Legitimation zur Beantwortung der Fragen verloren hatte, das sie nur noch in den Mustern des Kapitals und nicht mehr in denen einer menschlichen Gesellschaft lagen.

 

Die nächten zehn Jahre werden zeigen, ob das Produkt aus alledem eine kapitalistisch organisierte re-faschisiserung Europas bedeutet bei dem am Ende alle verlieren werden oder, ob genug Kräfte aus allen Teilen der Gesellschaft sich ein entsprechendes Bewusstsein zulegen und eine soziale bzw. emanzipatorische Antwort auf die Fragen des 21. Jahrhunderts finden.

 

Ein Abiturient