[S] Offener Brief zur Auseinandersetzung um das rechtsoffene Black-Metal Konzert am 14. 11 im Club Zentral

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Anlässlich offensichtlicher Falschdarstellungen bei dem Versuch die rechtsoffene Veranstaltung am 14. November im Club Zentral mittels einer breit veröffentlichten Gegendarstellung zu relativieren, sehen wir uns gezwungen, den in diesem Zusammenhang geäußerten Behauptungen des Popbüro Region Stuttgart zu widersprechen und zu den Ereignissen an besagtem Abend erneut Stellung zu beziehen.

 

Zur Vorgeschichte: Am Samstag, den 14. November fand im Club Zentral des Jugendhaus Mitte in Stuttgart ein Black-Metal Konzert mit international geladenen Bands statt. Getragen und unterstützt wurde die Veranstaltung vom Popbüro Region Stuttgart, einer halb städtischen, halb durch den Verband Wirtschaftsförderung Region Stuttgart finanzierten Einrichtung.

Spielen sollte bei dem Konzert unter anderem die Band Sturmkaiser aus Italien, die dem Spektrum des National-Socialist-Black-Metal (NSBM) zugeordnet wird und diverse Verbindungen in die faschistische Musikszene besitzt.

 

Zu Beginn muss festgehalten werden, dass die Veranstaltung mit dem geplanten Auftritt der NSBM Band Sturmkaiser aus Italien unterstützt vom Popbüro wochenlang beworben wurde. Die kurzfristige Absage dieses Auftrittes durch die Veranstalter ist erst nach massivem Druck von außen erfolgt - einfache Hinweise zum Background der Band schon lange im Vorhinein der Veranstaltung genügten hierbei nicht. Hinzu kommt, dass es, bis auf Aussagen des Popbüro-Verantwortlichen Kai Swoboda, keine handfesten Beweise dafür gibt, dass Sturmkaiser wirklich keinen Auftritt im Rahmen des Konzertes hatten. Fest steht allerdings, dass die Band den frühen Abend des 14. November im Backstageraum des Club Zentral verbrachte, während AntifaschistInnen nach Gesprächen mit dem Swoboda unmittelbar des Hauses verwiesen wurden.

Nicht weniger inakzeptabel ist unsägliche Versuch des Popbüros, die eindeutig rechte Band in der im Nachhinein veröffentlichten Gegendarstellung zu entpolitisieren.

Eine Band, die mit Titeln wie "Hail Victory" um sich wirft, auf zahlreichen Konzerten zusammen mit eindeutigen Nazibands spielt (u.a. am 06. und 07. Juni 2009 in Tschechien und dem thüringschen Kirchheim mit u.a. Goatmoon und Sekhet) und bereits Tonträger auf einem einschlägigen Label (Nebelfee Klangwerke) des bekannten deutschen Nazimetalers Hendrik Möbus (Mitbegründer der NSBM Band Absurd) veröffentlicht hat, lässt sich schlichtweg nicht unpolitisch reden. Auch der Verweis auf die halbherzige und phrasenhafte Distanzierung der Band von Politik kann diese Fakten nicht verwischen.

 

Zur weiteren Klärung der Ereignisse im Club Zentral ist es weiterhin unabdingbar, die falschen Behauptungen der Gegendarstellung zum Publikum der Veranstaltung entschieden zu widerlegen.

So wird hier geschrieben, dass "sich im Publikum keine offensichtlich rechtsradikalen Besucher" befunden haben und es auch "keine entsprechenden Äußerungen oder Handlungen" aufgefallen seien.

 

Dem stehen Beobachtungen von AntifaschistInnen, wie auch Äußerungen des Verantwortlichen des Popbüro Region Stuttgart an besagtem Abend entgegen.

So konnten Personengruppen mit Bekleidungsstücken der Nazimarke "Thor Steinar" (weitere Informationen zu der Kleidermarke u.a. unter http://investigatethorsteinar.blogsport.de) und Aufnähern der bekannten NSBM Band Burzum, eine Person mit einem offen zur Schau getragenen Tattoo der sogenannten "Schwarzen Sonne" (Symbol, dass im NS im Rahmen des Aufbaus einer SS-Schule geschaffen wurde), sowie das Rufen der rassistischen Losung "White Power" als Begrüßungsformel, in nur wenigen Minuten Präsenz vor und innerhalb des Club Zentral ausgemacht werden.

Diese Vorkommnisse lassen sich nicht durch den Verweis auf subkulturelle Eigenheiten oder verschiedene Interpretationsmöglichkeiten relativieren, sondern sind klare Erkennungszeichen ausgelebter und propagierter faschistischer Ideologie.

 

Der verantwortliche Mitarbeiter des Popbüro Region Stuttgart, Swoboda, wurde daraufhin mehrmalig von AntifaschistInnen in Gesprächen auf das anwesende Klientel aufmerksam gemacht.

Den Aufforderungen, von seinem Hausrecht gebrauch zu machen, entsprechende Personen unmittelbar der Veranstaltung zu verweisen und die Hintergründe für das Ausfallen der Band Sturmkaiser, wie auch eine klare Distanzierung von deren menschenverachtenden Texten vor dem anwesenden Publikum kundzutun, ist dieser allerdings nicht im Geringsten nachgekommen.

Seine Reaktionen reichten vielmehr vom Eingeständnis der ihm geschilderten Situation und der anschließenden Zurückweisung der Forderungen mit dem Hinweis auf mögliche unberechenbare Reaktionen des rechten Publikums, bis hin zum direkten Rausschmiss der AntifaschistInnen. Jene dürfen sich im Übrigen nun auf Strafverfahren gefasst machen, da Swoboda sie nachträglich wegen "Nötigung" bei der Polizei anzeigte.

 

Kurz zusammengefasst: Dass offen präsentierte faschistische Symboliken, Handlungen und Äußerungen an jenem Abend "den sofortigen Abbruch der Veranstaltung zur Folge gehabt" hätten, wie es die Gegendarstellung glauben machen will, ist schlichtweg unwahr. Vielmehr scheinen hier engagierte AntifaschistInnen das eigentliche Dorn im Auge der Veranstalter gewesen.

 

Anstatt der Veröffentlichung einer Entschuldigung für das Mitorganisieren einer Veranstaltung in deren Rahmen sich offensichtliche Neonazis ungestört bewegen konnten und für das wochenlange Bewerben einer Band, die sich in einem kulturellen Spektrum bewegt, in dem der Nationalsozialismus glorifiziert, der Massenmord an Jüdinnen und Juden gefeiert und rassistische und antisemitische Welterklärungsmuster weiter hochgehalten werden, gehen die Verantwortlichen im Rahmen ihrer Erklärung gar nicht erst auf ihr unverantwortliches Handeln ein. Sie relativieren die Vorkommnisse, verbreiten Falschdarstellungen und versuchen als eigentliches Problem das antifaschistische Engagement während und nach diesem Abend herauszustellen.

Im Hinblick auf dieses Vorgehen ist es schlicht unerträglich und eine Verhöhnung aller wirklichen und engagierten AntifaschistInnen, dass die Verantwortlichen zum Abschluss ihrer ersten Erklärung nach dem Vorfall nichts Besseres wissen, als sich selbst für ihre Aktivitäten gegen Rechts zu loben.

 

Uns ist unverständlich, wie gerade von Seiten einer pädagogischen Einrichtungen die nachträgliche Rufklitterung wichtiger sein kann, als die wahrheitsgemäße Darstellung der problematischen Situation am Abend des 14. November.

 

Als Konsequenz aus den Vorkommnissen fordern wir das Popbüro Region Stuttgart hiermit öffentlich dazu auf, die kompletten Einnahmen aus dem Konzert der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten zu spenden!

Dieser überparteiliche Zusammenschluss von Verfolgten des Naziregimes, WiderstandskämpferInnen und AntifaschistInnen aller Generationen arbeitet seit 1947 gegen wiederaufloderndes faschistisches Gedankengut und setzt sich für eine würdige antifaschistische Gedenkkultur ein.

Die Spende kann natürlich nicht als Entschuldigung für das Verhalten um den 14. November verstanden werden. Dieses lässt sich mit Geld nicht aufwiegen.

Jedoch könnte dieser aufrichtige Schritt die Bereitschaft, faschistischen Tendenzen zukünftig in anderer Form zu begegnen, glaubwürdig unterstreichen.

 

Zudem ist eine weitere politische Auseinandersetzung mit den Ereignissen definitiv vonnöten. Eine solche ist jedoch nicht mit einer oberflächlichen Veranstaltung zur Betrachtung, Einordnung und Klärung von gewissen Symboliken, wie sie das Popbüro nun als Konsequenz aus den angeblichen "Missverständnissen" plant, abgehandelt.

Vielmehr gilt es, tiefergehende Diskussionen zu faschistischen Tendenzen in Subkulturen und zu sonstigen kulturellen Ablegern faschistischer Ideologie, wie auch zum Umgang mit Grauzoneninterpreten und rechten Gästen auf Veranstaltungen zu initiieren und in breite Kreise zu tragen. Einen ersten Schritt für eine hoffentlich konstruktive Auseinandersetzung zu diesen Themen sehen wir in der Veröffentlichung dieses offenen Briefes.

 

Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart

im November 2009

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Es is einfach nur ne Frecheit ,dass so bekannte Veranstaltungsbüros sich mit solchen Veranstaltungen abgeben.Das selbst so bekannte Veranstalter zu offensichtlich faschistischen Bands greifen , lässt tief blicken

 

FIGHT FASCISM

Wenn alles so schwarz-weiss wäre, wie man das glauben mag. Die Band bewegt sich in Aussagen und Symbolik ganz einfach in einer Grauzone. Versuch dich erst einmal richtig zu informieren, bevor Du Urteile abgibst - die Veranstalter müssen das machen und das braucht eben oftmals etwas Zeit.

 

Wenn Du darin eine Frechheit siehst würde ich Dir vorschlagen mal über den Sachverhalt nachzudenken, dass an diesem Konzerttag friedliche Konzertbesucher vom offensichtlich linksextremen Mob mit Pfefferspray und Schlagstöcken angegriffen wurden. Darüber hinaus werden  aus dem "anti-faschistischen" Umfeld Verleumdungen in die Welt gesetzt und persönliche Kommunikation verhindert. Sprich: gezielte Fehlinformation, öffentliche Diskredditierung von Einzelnen (vermeintlichen politischen Gegnern, was in diesem Falle ein Witz ist), Gewaltausübung, Gewaltandrohung und Anonymität der Beteiligten. Mach mal einen kurzen Vergleich zu einem totalitären, faschistischen System? Na? Fällt was auf?

Auch die in diesem offenen Brief gennannten Sachverhalte werden nicht wahrheitsgemäß widergegeben. Wie bereits in der Gegendarstellung mitgeteilt, kommunizieren wir lediglich mit realen Personen, die sich persönlich an uns wenden. Angebot zum Kaffee steht immer noch. Emails mit Terminwünschen gerne an paul.woog@region-stuttgart.de.