linksunten Archiv

ja doch, war ein tolles erlebnis gestern für mich.

das erste mal, dass ich überhaupt an einer "Demo" teilgenommen habe und dann gleich noch ein paar stündle in ner hübschen gemeinschaftszelle verbringen durfte.

ich versuche hier jetzt das geschehene, soweit es mir möglich ist, wertungsfrei darzustellen:

Eine Gruppe von ca.40-50 linken Menschen traf sich gestern ca. gegen 18.40Uhr am Vorderausgang des Cannstatter Bfs. War ein bunt gemischter Haufen mit vielen Leuten jungen Alters und ein paar "Ältere" (sie würden sich selbst wohl nicht als "Alt" bezeichnenen), der sich nach kurzer Zeit in Richtung Wilhelmsplatz aufmachte.

Ursprünglich war geplant den Treffpunkt der Konzerteilnehmer zu blockieren doch die Polizei hatte Vorsorge getroffen und ließ uns nicht durch. Zudem hatte sich das rechte Lager gesplittet, so dass ein paar wenige in Cannstatt sich trafen (ich schätze ca. 25), der Großteil der Glatzen aber sich entweder schon in Untertürkheim (Stadtteil v. Stuttgart wo das Konzert stattfand) vor einem türkischen Döner getroffen hat oder sich noch auf den Weg befand.

Die Fahrt mit der SBahn nach Uth wäre natürlich schneller gewesen, aber die durften wir nicht benutzen.

Okay, dann nehmen wir einfach die U13, steigen alle in den vorderen Wagen ein und bewundern das Schauspiel von 4 Kastenwägen, die mit Blaulicht unseren Wagon "absichern". Nach dieser Begleitung war klar, dass es uns nicht leicht gemacht werden würde die Bahn in Untertürkheim zu verlassen, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Wir schafften es nichtmal einen einzigen Fuß aus der Bahn zu setzten!

An jedem Eingang 3 Polizisten und weitere in der Hinterhand als Verstärkung.

Bei mir spielte sich die Szene mit einer rothaarigen Polizisten ab, die sofort nachdem die Tür geöffnet wurde ihren Fuß hineinstellet und demonstrativ mit beiden Hände ihren Knüppel hinter der Schulter hielt und Drohungen aussprach. Ein Kollege stand ihr zur Seite, der allerdings besonnener die Sache anging und keine Provoaktionen in unsere Richtung äußerte, während zwischen diesen beiden ein Hundekopf herausragte, welcher wild mit den Zähnen fletschte und von einem grimmig dreinblickenden Beamten gehalten wurde.

Gut.....wir durften natürlich nicht raus und standen erst einmal 10min in Untertürkheim bis es die Beamten sich mit uns im Wagon gemütlich gemacht hatten und wir unsere Fahrt zur Endhaltestelle Hedelfingen fortsetzten.

Müssig zu erwähnen, dass es natürlich noch andere Fahrgäste im vorderen Abteil gab, die nichts mit uns zu tun hatten, sondern einfach von der Arbeit oder vom Einkaufen kamen und vor wirkliche Probleme gestellt wurden, die Bahn zu verlassen. Eine Dame schaffte es leider nicht und musste mit ihren Einkäufen den Abend mit uns verbringen. Tut mir echt leid für dich......falsches Abteil leider.....

In Hedelfingen wurden wir von der Einsatzhundertschaft Stuttgart mit dem Einsatzleiter Hr Lohrendt in Empfang genommen bzw. wurden erst einmal dazu angehalten uns zu setzten und zu warten. Eine Lady von uns hatte sich nach dem Einstieg der Polizei schon länger mit einem Beamten unterhalten, wurde aber plötzlich in Hedelfingen hinausgezogen und von 3 Beamten auf dem Bahnsteig festgehalten (einer saß auf ihr, die anderen sicherten Beine und Füße). Ich kann nicht sagen was vorgefallen ist und wer hier überreagiert hat......ich wollte es nur erwähnen, dass es nicht in Vergessenheit gerät. Ich sah sie später in "Warteraum" der Polizei wieder, sie schien eine aufs Auge gekriegt zu haben, die Brille war zum Glück noch heil, aber sah mir nach nem kleinen Schock aus, wie sie so dassaß und ständig zitterte.

Ich glaube es müsste 19.15uhr gewesen sein, als wir in Hedelfingen einliefen. Die U13 gehörte mehr oder weniger freiwillig uns, die Fahrgäste die auf die Abfahrt warteten, wurden auf die folgende Bahn vertröstet (20min Wartezeit) und standen in der Kälte.

Was nun passierte kann man getrost eine unglaublich schlechte Organisation und Vorbereitung von Seiten der Polizei nennen.

Wir wurden einzeln, teilweise mit Hände auf den Rücken und Kabelbinder, teilweise ohne, aus der Bahn geleitet und durften auf unser "Taxi" zur Polizeiwache Cannstatter Wasen warten. Die Polizei hatte scheinbar nicht mit sovielen Personen gerechnet, denn um kurz nach 20Uhr war die Bahn zwar endlich leer und somit bereit zur Weiterfahrt, aber 20 von uns standen noch draußen und mussten zum Teil nochmals eine halbe Stunde warten, bis auch sie den Blicken der ca. 70 Zuschauer, die sich nach und nach angesammelt hatten, entzogen wurden.

Angekommen in der Polizeiwache wurden wir im Wartezimmer abgestellt, machne saßen schon in Büros oder warteten wo anders. Einige bekamen den Kabelbinder los und wurden per Handschellen an die Bank gebunden, andere durften ihren Kabelbinder noch ein paar Stündchen behalten.

Ich schätze, dass wir so gegen 21Uhr nach und nach in die Zellen geleitet wurden. Die Mädls hatten eine für sich und die Männer wurden glaube ich auf zwei Zellen (vielleicht auch 3 Zellen bin mir nicht sicher) verteilt. Manchen von uns hatte man schon von seinen Gegenständen befreit, mache liefen auch ohne Handschellen oder dergleichen rum und andere wiederum hatten noch Handschellen, aber trugen noch Geldbeutel, Zigarreten, Stifte, Aufkleber und andere Sachen mit sich. Dementsprechend wurden auch ein paar Beamte von ihrem Vorgesetzten zusammengestutzt, als man merkte, dass die Zelle "verschönert" wurde und von der frisch gestrichenen weisen Wand wenig übrig war.

Die Stimmung innerhalb der Gefangen war sichtlich gelöst, es wurde gesungen, politisch diskutiert, aber auch ganz normale Alltagsgeschichten erzählt. Zeit hatten wir ja. Ich hatte mein Handy noch bei mir und so war es dann kurz nach 22Uhr als ich zum Personalien aufnehmen und fotografieren wieder nach oben geführt wurde. Den Kabelbinder bin ich dann nach ca. 2,5h losgeworden (interessante Erfahrung so gefesselte Hände, sehr schwierig zum Pinkeln) und wurde abermals (müsste das 3 mal gewesen sein) durchsucht, anschließend kamen die Fotos und zurück gings in die Zelle, dürfte dann gegen 22.30uhr gewesen sein.

Meine vorherigen Zellengenossen war auch noch da, teilweise hatten sie aber noch ihre Sachen bei sich und waren demnach einfach noch nicht "abgearbeitet" worden, wie es die Polizisten gerne ausdrückten.

Es vergingen weiter 45min in einer angenehmen Atmossphäre aus singen, reden, randalieren bis ich zu meinem Erstaunen entlassen wurde. Ich bekam noch einen Verweis für den Konzerort mit den Konsequenzen 3 Tage Haft, falls ich dort aufgefunden worden wäre und durfte dann gehen.

Andere hatten einen Verweis für Bad Cannstatt (witzig....dann hätten sie die auch gleich wieder einsperren können :D ) oder für den kompletten Bereich Obere Neckarvororte (Hedelfingen, Wangen, Ober- und Untertürkheim).

Man erzählte sich noch seine Erlebnisse, fragte sich, wann denn der Rest entlassen würde (es waren wohl noch 15 Männer, die länger warten mussten) und ging dann nach einer Zeit auseinander.

Ich habe dann noch erfahren, dass keiner über Nacht bleiben musste und der letzte gegen 1uhr nach Hause gehen konnte (fahren noch viele Bahnen.....)

Alles in allem ein hochgradig interessanter Abend für jemanden wie mich, der so etwas noch nicht erlebt hatte......Lesen kann man viel, aber sowas live zu erleben, ist dann doch nochmal was anderes.

Ich rate deshalb auch den Leute in Zukunft einfach mal mitzugehen......plant ein bisschen Zeit ein, man kann nie wissen wie lange es dauert und seit net zu Sauer wenn ihr plötzlich allen Freiheitsrechten beraubt seit........so ist das Leben eben.......

Mit freundlichen Grüßen

blubb

p.s.

falls ich was vergessen habe, so schreibts doch bitte noch dazu :)