Wohnraum, keine Bratwürste!

KSW - Den Profit im Blick

Mehr als 150 Menschen demonstrierten gegen Wohnraumverwertung in Leipzig.
Ab 16 Uhr fanden sich am Donnerstag, dem 11. Dezember 2014 etwa 120 Interessierte ein, um gegen die aggressive Entmietungspraxis in der Schleußiger Holbeinstraße 28a zu protestieren. Im Verlauf des musikalisch durch die Sambagruppe „Rhythms of Resistance“ begleiteten Lampionumzuges durch Schleußig und Plagwitz, reihten sich spontan weitere Menschen ein. Am Firmensitz der Eigentümerin KSW GmbH war die Menschenmenge auf über 150 Demonstrant_innen angewachsen.

 

Die KSW hatte sich wegen der Anwesenheit von MedienvertreterInnen vorbereitet und versuchte ihrerseits, den Protest mit Glühwein und Bratwürsten zu unterlaufen. An populistischer Unsachlich- und Scheinheiligkeit nur schwer zu übertreffen. Anders als dieser platte Versuch, den Protest mundtot zu machen, hätte ein Verhandlungsangebot tatsächliche Dialogbereitschaft zeigen können. Entsprechend kritisierten das Aktionsbündnis „nowhere“ sowie die Gruppe „the future is unwritten“ in Redebeiträgen die renditeorientierte Verwertung des Wohnungsmarktes und forderten die Entwicklung sozialpolitischer Instrumente sowie Partizipation bei der Entwicklung des Wohnungsbestandes in Leipzig.
 
Zur Demonstration hatte auch das Netzwerk „Stadt für alle“ aufgerufen. Die große Resonanz ermutigt uns, im kommenden Jahr diese Protestform auch an anderen, von Verdrängung betroffenen Wohn- und Flächennutzungsobjekten weiterzuführen.
 
Aktionsbündnis „nowhere“
http://www.nowhere-leipzig.de/

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Nowhere! – Aktionsbündnis

Pressemitteilung

04.12.2014

Demonstration & Lampionumzug zu Leipziger Wohnraumverhältnissen

 

Das Bündnis „Nowhere!“ ruft gemeinsam mit dem Leipziger Netzwerk „Stadt für alle“ zur Unterstützung der Bewohner_innen der Holbeinstraße 28a und anderen Betroffenen von Gentrifizierungsprozessen auf. Die Fälle unverantwortlicher Verdrängungs- und Entmietungspraktiken häufen sich im Zuge von deutlich steigenden Mieten und strukturellen Veränderungen in der Leipziger Wohnungsbestandsstruktur. Stellvertretend für die größtenteils im Dunkeln bleibenden Verdrängungsprozesse (1), stehen die öffentlich gewordenen Beispiele der jüngsten Vergangenheit aus fast allen Stadtteilen wie die Kochstraße (2) und Brüderstraße (3) als auch derzeit unmittelbar betroffene Bewohner_innen, u.a. der Holbeinstraße 28a (4), Bernhard- Göring-Straße 110 (5), Kantstraße 55, 57, 59a-b, 61a-b, 63a-b (6) und Scharnhorststraße 22 (7).


Insbesondere die Situation der Holbeinstraße 28a nach dem Eigentümer_innenwechsel zum Immobilienunternehmen KSW GmbH zeigt exemplarisch auf, mit welcher Rücksichtslosigkeit renditeorientierte Akteur_innen ihre ökonomischen Interessen durchzusetzen versuchen.

 

Nach unzähligen baulichen Schikanen (8) in der Holbeinstraße 28a drangen am 16.11.2014 drei aggressiv auftretende Personen in eine der Wohnungen ein (9) und gaben an, im Auftrag der KSW Räume begutachten zu wollen. Aktueller Hintergrund ist ein Brandschutzgutachten, mit dem die KSW eine Nutzungsuntersagung durch die Bauaufsichtsbehörde herbeiführte, nachdem sie selbst die Brandschutztüren entfernt hatte. Die Stadtverwaltung hat sich damit als direkte Handlangerin von Entmietung instrumentalisieren lassen. Von den Mieter_innen wurde die KSW GmbH schriftlich und telefonisch mehrfach aufgefordert, die Sicherheit im Haus wiederherzustellen, blieb jedoch untätig. Nachdrücklich regte die Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau einen Mediationsprozess (10) an. Dieser konnte keine adäquate Lösung bringen, da die_der Mediator_in das Handtuch warf. Die Vorstellungen der verbliebenen Mietparteien und der KSW lägen zu weit auseinander. Ob dieser Mediationsversuch überhaupt eine konstruktive Lösung im Interesse der Mieter_innen herbeiführen will oder kann, bleibt zu bezweifeln. Derzeit verhält sich die KSW GmbH in keiner Weise kooperativ. Vorschläge werden rundherum abgelehnt, Zusagen bez. einer Begleitung und Unterstützung nicht umgesetzt.

 

Erste Schutzmechanismen seitens der Stadt Leipzig wurden zwar im März 2014 mit der Änderung der Eigentümerziele der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) eingeführt, welche ein Vorkaufsrecht für die Bestandsmieter_innen von LWB-Immobilien sowie die Vereinbarung von Sozialchartas festschreiben. Nutzlos für Mietparteien, die bereits „mit verkauft“ wurden und nur bei konsequenter Durchsetzung mehr als ein Papiertiger. Nur wirksame und angewandte kommunalpolitische Instrumente können die juristisch, aber auch sozialpolitisch fragwürdigen Entmietungen verhindern. Die Stadt Leipzig, die LWB und private Unternehmen müssen umgehend ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden. Es braucht einen sofortigen Verkaufsstopp des städtischen Immobilien- und Liegenschaftsbestandes, sozialen Neubau, eine Aktivierung derzeit nicht nutzbarer Wohneinheiten und niedrigschwellige Sanierungen (11)(12). Außerdem Schutz für bestehende Strukturen vor der ökonomischen Verwertung und die Ermöglichung von gesellschaftlichen Alternativen zu dieser, wie etwa vergünstigte Vorkaufsrechte für gemeinnützige Genossenschaften und selbstbestimmte Initiativen.

 

Die selbstverwalteten, alternativen und kreativen Räume der Stadt sind ihr kulturelles Kapital und sind Motor ihrer Attraktivität. Diese Räume bleiben aber nur Nischen, wenn der aktuellen Entwicklung nur zugeschaut oder sogar dem proklamierten „Boom“ Beifall geklatscht wird. Alternativen zur marktorientierten Wohnraumverwertung sind schließlich nur in Teilen vorhanden und müssen entwickelt werden. Gentrifizierung ist kein Naturgesetz! Wohnen ist kein individuellesProblem, sondern eine soziale Frage. Als solche wollen wir sie auch in den Fokus der Auseinandersetzung um eine gerechte Stadt stellen. Wir halten es dafür für zentral, an hier schon bestehende Mietkämpfe anzuschließen, diese über ihre Gemeinsamkeiten zu verbinden, Betroffene zu vernetzen und als Stellung einer sozialen Frage öffentlich wahrnehmbar zu machen.

 

Deshalb veranstalten die o.g. Gruppen am 11.12.2014 in weihnachtlicher Vorfreude einen Lampionumzug. Beginn ist 16:00 Uhr an der Holbeinstraße 28a, die Route führt entlang der Merseburger Straße über die Karl-Heine-Straße zum Firmensitz der KSW GmbH auf der Karl-Heine- Straße 2 und nach einer Zwischenkundgebung zurück zum Ausgangspunkt.

 

Wir wollen Einfluss auf die stadtpolitische Entwicklung und die daraus folgenden sozialen Verwerfungen nehmen! Wir fordern bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen. Selbstbestimmte Wohn-, Kultur- und Lebensentwürfe müssen für alle erhalten bzw. geschaffen werden. Das kann nur eine Stadtpolitik in realer Partizipation verwirklichen

 

Kontakt

Nowhere! – Aktionsbündnis bei Entmietungs- und Verdrängungsprozessen

nowhere_action@riseup.net

Leipziger Netzwerk „Stadt für alle“ – Diskussions- und Arbeitsplattform für eine soziale und demokratische Stadtentwicklung

http://www.leipzig-stadtfueralle.de/

leipzig@fueralle.org

Veranstaltung auf facebook

https://de-de.facebook.com/events/422708734544951/

 

Quellen

(1) http://www.lvz-online.de/leipzig/citynews/luxus-sanierung-leipziger-miet... (hinter Bezahlschranke)

(2) http://www.vice.com/de/read/news-teerbomben-gegen-leipziger-kiezkiller

(3) http://nachbarschaftbrunnenviertel.wordpress.com/2013/10/20/4/

(4) http://www.holbeinstrasse28a.de/

(5) http://www.l-iz.de/Politik/Brennpunkt/2014/10/Entmietung-ueberall-Die-fr...

(6) http://jule.linxxnet.de/index.php/2014/10/spaete-aber-heftige-nachwehen-...

(7) http://jule.linxxnet.de/index.php/2014/10/teilerfolg-gegen-entmietungspr...

(8) http://www.lvz-online.de/leipzig/citynews/streit-um-elsterwerke-in-leipz...

(9) http://www.holbeinstrasse28a.de/unser-blog/sonntagsbesuch-im-auftrag-der...

(10) http://www.lvz-online.de/leipzig/citynews/streit-um-elsterwerke-in-leipz...

(11) http://www.l-iz.de/Politik/Brennpunkt/2014/10/Entmietung-ueberall-Die-fr...

(12) http://www.leipzig-stadtfueralle.de/index.php/materialdetails/items/stel...

Ich habe mich mit meinem Schild bewusst nicht neben den Lauti, sondern zwischen die Bratwurst- und Glühweinverkäufer_innen gestellt. Soweit ich mitbekommen habe, haben das auch einige Andere um mich herum so gehandhabt. Wir bekamen erstmal das exklusiv für uns hergerichtete Aas angeboten, was natürlich dankend abgelehnt wurde. Tatsächlich kamen auch Diskussionen auf. GXXX hatte einen festgenagelt, der sich nur als Freund des Hauses KSW vorstellen wollte und auch nichts weiter hervorbringen konnte, als sich als der Gute, der die Kultur erst in die Stadt bringt, hervorzutun. Dieser eigenartige Mensch (Typ mit Bart, Sekunde 8 im LVZ Video [1]) konnte auch unsere Kritik überhaupt nicht begreifen, er konnte oder wollte sich nicht darauf einlassen, über den laufenden Verdrängungsprozess der Bewohner_innen der Holbeinstr. 28a zu diskutieren. Das einzige was er tat, war sich ständig zu wiederholen und zu leugnen, dass ein Verdrängungsprozess überhaupt stattfindet, die Mieter_innen könnten ja nach der Sanierung zu einer korrigierten Miete wieder zurück in ihre Wohnräume…

Neben uns fand ein fast identisches Gespräch mit einer Glühweinausteilerin statt, auch sie gab immer wieder den gleichen Mist zum besten. Herr Zochert gab sich dann nach einigen Minuten selbst die Ehre und stieg in die "Diskussion" ein, auch er gab inhaltlich nur das zum Besten, was er auch schon in dem LVZ-Video äußerte und sein Freund des Hauses so von sich gab. Ich hatte das Gefühl, die waren alle ordentlich instruiert, nur das zu sagen, was irgendwer davor festgelegt hatte. Eine vernünftige Diskussion sollte unter keinen Umständen zustande kommen. Uns wurde in dem ganzen Ge- und Zerrede immer wieder vorgeworfen eine negative Einstellung und Abwehrhaltung gegenüber der positiven Stadtentwicklung einzunehmen und somit Kultur zu zerstören. Ausreden durften wir nicht usw. usf.

Ich denke, das sollte eine gezielte Provokation sein, auf die wir zum Glück nicht weiter eingegangen sind. Es war auch ganz gut, diesen netten instruierten Menschen keine Redezeit während der Demo über den Lauti einzuräumen. Die (nur) 150 Menschen die zur Demo waren beziehe ich eher auf die kurze Vorbereitungsdauer, als auf zu wenig Interesse. Bei anderen Demos, die sich mit Verdrängungsprozessen befassen, gab es schon größere Resonanzen.

Grüße, AZ Ulk

 

[1] http://www.lvz-online.de/video/?bctid=3937146146001