Antifa, wir müssen reden! - Und das nicht erst seit gestern.

AfA Platte

In dem Versuch des Lower Class Magazine, eine Kritik der Demonstration am 8. Dezember in Marzahn abzuliefern, finden wir einige Punkte, die abgesehen vom Rest ernst zu nehmen sind. Hier werden wir nun versuchen, mehrere Aspekte zu beleuchten aus der Perspektive einiger, die vom LCM wohl zum B bzw. C-Bereich Aktivist_innen gezählt werden.

 

Außenwirkung und Propaganda


Es wurde sich im Vorfeld der Demo damit beschäftigt, wie mensch möglichst viele Anwohner_innen aus den Kiezen rund um das geplante Containerlager erreichen kann. Neben Gesprächen die Zusammenhänge wie Hellersdorf Hilft aber auch andere tagtäglich vor Ort führen, gab es auch große Verteilaktionen von Flugblättern im Vorfeld der Demo am 8. Dezember. Darin wurden Inhaltlich die rechten Demos kritisiert die Asylpolitik und zur Demo aufgerufen um die Nazis zu stoppen. Das dies erfolgreich war und viele Haushalte erreichte, zeigt nicht zuletzt dass die Nazis der Bürgerbewegung Marzahn auf Facebook deshalb rum heulen.

 

Auch während der Demo wurden Flyer verteilt, Problem ist nur, dass nach 18 Uhr in Marzahn kaum ein Mensch auf den Straßen ist. Die Parolen erreichten so auch nicht viele, was bei dem Scheiß der gestern teilweise gerufen wurde auch nicht weiter schlimm ist. Uns geht es nicht, im Gegensatz zu einigen anderen die ihr revolutionäres Subjekt in den Marzahner Platten vermuten, darum möglichst wenig radikale Kritik zu artikulieren um Anschluss zu finden. Aber Parolen mit „Hammer, Sichel und Gewehr“ sind einfach nur peinlich...

 

Schildkrötenformation


Die Demonstration war eine mehr oder wenig klassische Antifademonstration, so weit so schlecht. Was das jetzt in Marzahn so besonders macht, wissen wir nicht. Eine black-block Antifa Demo erscheint uns in den meisten Fällen als reine Selbstbespaßung für die „Szene“, sei es nun in Friedrichshain oder Kreuzberg. Unterschied ist lediglich, dass es in Marzahn um was viel wichtigeres gehen sollte, nämlich die Bekämpfung eines rassistischen Mobs der sich seit Wochen formiert und die Frage, was geschehen muss um Pogrome zu verhindern wenn die Geflüchteten im nächsten Jahr hier her müssen.

 

Das abheben auf „die DurchschnittsmarzahnerIn“ wirkt auch ein bisschen befremdlich, abgesehen von sozialchauvinistischen Bildern können wir uns nicht vorstellen, was das LCM damit jetzt meint. Und wer immer noch darauf abhebt, dass rassistischen Wutbürgern (egal ob in Marzahn oder anderswo) nichts anderes einfällt, als „ihr kommt doch jar nich von hier“ zu schreien, der setzt seine Prioritäten verdammt falsch! Strategien und Konzepte, wie der massiven rassistischen Mobilisierung zu begegnen ist, müssen her. Bis auf die Debattenbeiträge, die wenig neues enthielten, kam aber bisher kaum etwas dabei rum. Wir würden mal vermuten, dass bis auf wage Vorstellungen wie „die DurchschnittsmarzahnerInnen“ so ticken das LCM wenig Zeit darauf verwendet hat, in Marzahn mal mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Ansonsten wäre ihnen klar geworden, dass Sprüche wie „ihr kommt doch jar nich von hier“ nicht aufkommen, weil A-Zonen Antifas durch den Kiez laufen, sondern Abwehrmechanismen sind.


Sinn oder Unsinn der Demo


Nach dem kurzem Stück vom Eastgate landete die Demo dann an der Ecke Landsberger Allee / Blumberger Damm, nicht Niemandsland, sondern die Kreuzung an der die Brachfläche liegt, auf der das Containerlager errichtet wird. Warum standen wir dort? Weil dies wochenlang der Auftaktort der Nazis war. Gestern waren keine Blockaden geplant, aber im Endeffekt konnten wir den Nazis ihre Lieblingsroute vermiesen und die Kreuzung als neuralgischen Punkt blockieren. Kein großer, aber ein kleiner Erfolg.

 

Die Parteien


Die Parteien, die als einzig wahrnehmbares Zeichen (abgesehen von Antifas) seit Wochen ihre Infostände gegen die Nazis veranstalten, fanden sich mehr oder weniger zufällig an der Ecke wieder. Weder war es ein taktisches Kalkül der Antifa-Demo, noch freuen sich die Parteien über schwarz-gekleidete Antifas die ihren Tee schnorren. Aber ehrlich gesagt waren SPD, Grüne und Linke für gestern Abend auch scheißegal, an keinem Punkt in die Aktion mit einbezogen. Als einzige wurde Petra Pau eingeladen einen Redebeitrag zu halten. Von taktischen Bündnissen mit der Linken kann mensch auch wenig halten, die Entscheidung sie in Marzahn einzuladen sollte allen „Ortskundigen“ einleuchtend sein. Sie hat als eine der wenigen Politiker_innen relativ hohes Ansehen in Marzahn und redet keinen Bullshit, kritisiert die Asylpolitik klar und positioniert sich gegen die Verniedlichung der rechten Montagsdemos. Wenn wegen ihr wenigstens ein paar linksgesinnte Marzahner_innen mehr zu unser Kundgebung kamen, ein strategischer Kompromiss der Sinn macht.

 

Stadtteilarbeit


Dankbar haben wir natürlich die gut gemeinten Tipps des LCM gelesen, wer hätte gedacht, Demotourismus allein stoppt keine Nazis? Während im Sommer 2014 in Hellersdorf eine Veranstaltungsreihe, kostenloses Festival und andere Angebote geschaffen wurden, um auch in „Friedenszeiten“ linke Inhalte gegen Rassismus und die Beschissenheit der Gesellschaft zu verbreiten, hatten sich die A-Bereich Aktiven schön rausgehalten, so ging die antirassistische Aktionswoche und das Rand_Gestalten Festival mit geringer Beteiligung an den meisten vorbei. Ein Ansatzpunkt um nachhaltiger linke Strukturen aufzubauen.

 

Abgesehen von ein paar Formulierungen (wer immer noch nicht gecheckt hatte, dass das Konstrukt der „Fremdenfeindlichkeit“ das Problem, nämlich Rassismus (!) verleugnet...) konnten wir dem Textende wenig entnehmen. Anstatt eure Zeit beim schreiben eines so lamen Kommentar zu verschwenden, kommt doch einfach mal ins La Casa in Hellersdorf auf ein Bier und bekommt einen Eindruck davon, wie's aussieht mit „Stadtteilarbeit“ und anderen Konzepten . Das dabei strategische Bündnisse (auch mit Linken und Piratenpartei) teilweise eine Option seien müssen, mag schmerzlich zu verkraften sein für die Revolutionäre des LCM, aber für Menschen, die antifaschistisch aktiv sind in Stadtteilen wie Marzahn-Hellersdorf, notwendiges Übel. Das die Parteiinfostände am 8. Dezember nicht dazu zählen, wäre einfach heraus zu finden. Sie sind der jämmerliche Versuch der „demokratischen Parteien“ ein „Zeichen“ gegen die rassistischen Montagsdemo zu setzen. Das machen sie auch ohne antifaschistische Demo.

 

Strategiedebatten - Konzepte


Während einige nun trotzig sind, weil sie ihren geliebten A-Bereich verlassen mussten und ihre Zeit verschwendet haben für eine provinzielle und nur semi-erfolgreiche Demonstration in Marzahn, sind andere Leute dabei sich Gedanken zu machen, wie es weitergeht. Die Nazis werden nächsten Montag wieder mehrere Hundert Rassist_innen auf die Straße kriegen.

Und dann gilt es wieder auf der Straße zu sein, dann mit Blockaden um die Nazis ihr Demoevent zu nehmen.

 

Infos dazu findet ihr bei Antifaschistisches Kollektiv Marzahn-Hellersdorf 

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Ich habe das meiste ähnlich empfunden wie ihr es hier beschreibt. Den Artikel von LCM habe ich als die aktuellen Zustände verkennend gelesen. Denn momentan handeln wir leider nicht aus einer Position der Stärke gegenüber dem Mob in Marzahn, Buch und anderswo. Daher finde ich die strategische Vorgehensweise in MArzahn absolut richtig. Das ein paar Leute wie die revos ihre Folklore-Show da abziehen müssen ist bedauerlich, aber passiert auch sonst überall. Und dass es eine black-block-demo war, liegt glaube ich nicht zuletzt an den Erfahrungen der letzten Wochen wo Nazis versucht haben die Demo anzugreifen oder andere durch den Kiez gehetzt haben. Ich finde aus Selbstschutzgründen es verständlich wenn Menschen sich in dieser Situation durch bestimmte Dinge zu schützen versuchen. Dass das nicht Stadtteilarbeit im Sinne des LCM ist, sollte klar sein, aber für jemanden wie mich der voher 2-3 Mal in Marzahn war, wäre es seltsam dort jetzt Stadtteilarbeiz zu machen. Das mache ich in meinem Kiez, wo ich lebe und mich mit der Zeit auch verankert habe.

 

Allerdings bräuchte es andere Formen des Widerstandes, z.B. eine Demo Samstags vormittags oder so, viele Leute wo auch Familien etc. mitkommen könnten. aber wer solls organisieren? Habe gestern eine Linkenpolitikerin gefragt, wieso die nicht ihre Basis dort mobilisieren, um eine Kiezstruktur aufzubauen gegen diese Scheiße (ich stimme dem taktischen Bündis wie oben genannt vollkommen zu, wir sind dort minoritär!! und da kann mensch sich seine/ihre Bündnisparter_innen leider nicht wie auf dem Silbertablett aussuchen). Die meinte jedenfalls es seien vor allem ältere Leute, die ihre Basis darstellen würden, und die hätten vor allem Angst oder sie würden halt ihren Arsch nicht hochkriegen. Aber ich denke selbst wenn dem so ist, könnten sie trotzdem auch jenseits der montagsdemo was organisieren um den Rassist_innen dort das Wasser abzugraben. Aber ehrlicherweise muss ich zugeben auch nicht zu wissen, was in Marzahn alles im Hintergrund läuft.

 

bleibt zu hoffen, dass nächste Woche noch mehr leute kommen und dieser Mob endlich nicht laufen kann!!!

Dir ist schon bewusst, dass wir a) ca. 50 Leute nach Marzahn mobilisiert haben und b) dort vor Ort eine der wenigen Gruppen sind, die dabei helfen praktisch etwas aufzubauen. Wenn z.B. "Flüchtlinge verteidigen, Arbeiter vereinigen" zu folklorisch ist, dann tut´s uns leid. Aber dann hast du mit klassenkämpferischer Politik scheinbar auch nicht viel zu tun.

Über die wichtigen Debatten die Praxis nicht vergessen: Nächsten Montag, 15. Dezember ab 17 Uhr Blockade des Naziaufmarsch in Marzahn!

 

Achtet auf aktuelle Ankündigungen unter

Liebes AKMH,

 

wir würden gerne auf die Kritik antworten (und der Autor - nicht das LCM, wir sind zwar nicht viele, aber bei uns steht jeder für die eigenen Texte ein - hat sicher auch ein bisschen zu polemisch formuliert. Aber Kritik, die ad hominem ist, (a lá "Anstatt eure Zeit beim schreiben eines so lamen Kommentar zu verschwenden") hat leider den Nachteil, dass wir auf die nur Antworten können, wenn wir dann sagen: "Aber nein, wir tun ja auch noch dieses und jenes und dieses da". Und das ist uns dann doch etwas zu anonymitätsschädigend.

 

Zum Rest: "Dankbar haben wir natürlich die gut gemeinten Tipps des LCM gelesen, wer hätte gedacht, Demotourismus allein stoppt keine Nazis?" - tja, das das eine Trivialität ist, das haben wir auch bemerkt, hat der Autor sogar reingeschrieben. Wenn´s aber so trivial ist, wieso ist dann Demotourismus die bei weitem häufigste Aktivität (mittlerweile für ganz erlebnisorientierten bisweilen gar bis Wien oder Warschau).

 

Auch das La Casa ist uns nicht unbekannt, und wir waren bestimmt schon auf mehr als "ein" Bier dort. Aber Fakt ist doch, jenseits von aller Polemik: Jenseits von den akuten "oha-es-brennt"-aktionen passiert in diesen Kiezen wenig, und das ist keine Kritik an den wenigen, die dort die Fahne hochhalten, sondern an denen, die nur zum Demotourismus hinfahren. Kampagnen zur Bekämpfung akuter Probleme sind nicht falsch. Aber ohne die Flankierung durch tägliche Kleinarbeit eben nutzlos. Weil´s dann immer und immer wieder brennt und man immer und immer wieder hinfahren muss.

 

Die Debatte um Bündnispolitik ist eine lange, und sicher kann man, zumal unter konkreten Bedingungen dort, die Linke separat diskutieren. Bei Grünen und SPD ist es - aus in dem Text genannten Gründen - völlig unverständlich, warum man denen die Kritik erspart. Letztlich nutzen die doch nur solche Events, um ein "linkes" Image aufzupolieren, das sie längst nicht mehr haben.

Es handelt sich bei diesem Indymedia Linksunten Artikel um kein offizielles Statement vom Antifaschistischen Kollektiv Marzahn-Hellerdorf !

Stellungnahmen des AKMH werden auf http://akmh.blogsport.eu/ gepostet. 

und im zweifelsfall gibt es crosspostings auf indymedia, Facebook etc.

 

Oben steht lediglich "Infos dazu findet ihr bei Antifaschistisches Kollektiv Marzahn-Hellersdorf ". Nicht mehr

Macht sich dieses Lower Class Magazine langsam nicht etwas zu wichtig?

Ich bin vor einiger Zeit schon auf das LCM gestoßen. Die Recherchen zu den Faschos auf dem Maidan oder die Berichte aus Dersim fand ich wirklich professionell, gerade für das schlichte Online-Format. Ich denke eher, dass die (wer auch immer da mitmischt) noch ne Spur breiter auftreten sollten (Print, Video, Podcast, kp.)!

Abgesehen davon: Die hier gemachten Argumente machen meiner Ansicht nach durchaus einen Sinn. Ich denke die provozierende Ausdrucksweise ist nur Mittel zum Zweck, um uns zur Reflexion zu bringen. Bin selbst gerne auf Antifa-Kaffeefahrt (gegen überregionale Mobilisierung ist der Autor wohl auch kaum) und werde natürlich weiter Busfahren bis die Scheisse aufhört! Aber wir müssen tatsächlich darüber nachdenken, auch im eigenen Interesse, wie wir unsere politischen Werte und Ansichten in die Gesellschaft bekommen. Ich sehe hier keinen Widerspruch. Das Problem ist eher, wir tun's zu selten. Ich persönlich hab in vielen Jahren soviel unorganisierte Leute kennengelernt, die ansprechbar waren für linksradikale Politik. Die möchten häufig langfristig auf einer vertrauenswürdigen Basis mit der lokalen Antifa zusammenarbeiten, in erster Linie aber ihre Thematik bespielen. Sei es Recht auf Stadt, Antira, Antisexismus, Antimilitarismus,.. Für sie sind die gegenwärtigen Verhältnisse und die Politik der BRD/EU oft genauso unerträglich, wie für unsere Szene. Wir sollten darüber nachdenken Wege zu finden, diese Leute irgendwie politisch zu empowern und zu radikalisieren.

Sehr ich ähnlich. Lcm kommt mir immer mehrvor wie nen vice Abklatsch. Kaum recherche hauptsächlich nur persönliche Meinung. Analyse sieht anders aus.

Hört hört, die "Revolutionäre" sprechen:



 

Wenn z.B. "Flüchtlinge verteidigen, Arbeiter vereinigen" zu folklorisch ist, dann tut´s uns leid


Mitglieder von " Revolution" haben sich bisher in Marzahn kaum gezeigt als aktive Gruppe, bis Montag 8.12. wo ihre völlig unangebrachten Parolen ("Arbeiter Arbeiter... ) den meisten Menschen in der Demo und am Rand die (Fremd)Schamesröte ins Gesicht trieb. Zum Glück möchte Mensch fast sagen, haben die Revos bis auf ein paar Mobi Plakate für eine Demo von anderen Gruppen nichts auf die Reihe bekommen in Marzahn.

 

Leider wird diese Lücke nicht von vernünftigen Gruppen gefüllt.

Die Revos werden sich auf kurz oder lang selbst entsorgen auf der Müllhalde linker Bewegungsgeschichte.

 

Aber hey, who knows vielleicht lassen sie in Marzahn ja die Arbeiter_innen Massen auferstehen als Avantgarde der Plattenbauten... Sagt bescheid wenns so weit ist und ihr eure Arbeiter gefunden habt die "Flüchtlinge" verteidigen wollen. Dann verzeihe ich euch sogar euren paternalismus...

 

Bis dahin ruht euch nicht auf den ohnehin schon kleinen Erfolgen anderer in Marzahn-Hellersdorf aus, ihr habt NICHTS getan.