Unter dem Motto „Unser Signal gegen Überfremdung“ führte die NPD heute in zwei Städten im Landkreis Ostprignitz-Ruppin Kundgebungen durch. Auf dem Marktplatz in Wittstock/Dosse versammelten sich ungefähr 100 Sympathisanten der Partei, in der Otto Grotewohl Straße in Neuruppin ungefähr 25. Gegen beide Kundgebungen gab es Protestaktionen von Antifaschist_innen und der Zivilgesellschaft.
In Wittstock/Dosse wurde der Kundgebungsplatz der NPD mit Bauzäunen eingefriedet und daran Plakate und Transparente gegen Neonazis und Gewalt, für Vielfalt und Toleranz angebracht. Ungefähr 40 Bürger_innen, darunter auch der Wittstocks Bürgermeister Jörg Gehrmann, sowie 20 Antifaschist_innen protestierten zu dem auf Augenhöhe gegen die neonazistische Versammlung. Plakate gegen Nazis wurden gezeigt und die Redner der NPD Veranstaltung ausgepfiffen.
In Neuruppin organisierte das lokale Bündnis „Neuruppin bleibt bunt“ die Proteste. An diesen beteiligten sich ungefähr 25 Menschen, also ebenso viele wie an der NPD Kundgebung teilnahmen.
Entwicklungen in Wittstock/Dosse
Nachdem die NPD oder dieser Partei nahestehende Personen bereits im vergangenen Jahr vor allem in den Landkreisen Oberhavel, Havelland, Potsdam-Mittelmark und Dahme-Spreewald so genannte „Nein zum Heim - Bürgerinitiativen“ initiierte, zogen jetzt lokal organisierte Neonazis im Nordwesten Brandenburgs nach. In Karstädt (Prignitz) existiert mit „Karstädt WEHR DICH“ seit dem 25. Juli 2014 eine dem örtlichen Neonazimilieu entsprungene Kampagne, in Wittstock/Dosse (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) mit der Initiative „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ seit dem 6. November 2014 eine weitere. Letzt genannte hat im sozialen Netzwerk bereits über 900 „gefällt mir“ Markierungen. Die Message der Betreiber richtet sich, wie in Karstädt, nur zweitrangig gegen die Unterbringung der geflüchteten Menschen, hauptsächlich wird gegen die Asylsuchenden selber gehetzt. „Wir sind aufgebrachte Bürger Wittstocks und wir wollen KEINE Flüchtlinge“, so die Parole einer „Aktionsgruppe Wittstock/Dosse“ auf einer Fotomontage auf der Internetpräsenz der Wittstocker Initiative.
Das plötzliche Auftreten von „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ scheint mit der geplanten Unterbringung von Flüchtlingen im Stadtgebiet zusammenzuhängen. Die Stadt Wittstock/Dosse hatte sich nämlich am 24. Oktober 2014 dazu bereit erklärt, den Landkreis Ostprignitz-Ruppin hierbei zu unterstützen. Zunächst sollen die Flüchtlinge übergangsweise in einer Jugendherberge unterkommen, ab Dezember 2014 jedoch auf „geeigneten und angemessenen Wohnraum“ verteilt werden.
Den Neonazis im Ort, allen voran ihrem mutmaßlichen Anführer Sandy Ludwig, der sich im sozialen Netzwerk unter seinem Spitznamen „Lui“ als Person des öffentlichen Lebens vorstellt und dort auch erlaubt ihn als „Nazi“ zu bezeichnen, scheint dies jedoch überhaupt nicht zu schmecken, sehen sie doch dadurch die Existenz „Deutschlands“ gefährdet.
Schon seit Wochen postet „Lui“, der eigentlich Tätowierer ist, beispielsweise zu diesem Thema auf seiner Seite und sieht sich dabei offenbar selbst als „Kämpfer“. Seit 2012 ist er wieder oft bei Neonaziaufmärschen in der Region zu sehen und sympathisiert mit dem militanten „Nationalkollektiv Weisse Wölfe Terrorcrew“ aus Hamburg. 2014 nahm er u.a. an neonazistischen Versammlungen in Wittenberge, Bad Wilsnack und Brandenburg an der Havel teil. Auch auf der Seite „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ ist er relativ oft aktiv. Dort wurde übrigens, genau wie auf Ludwigs „Lui“-Seite für die heutige Veranstaltung auf dem Markt in Wittstock/Dosse geworben. Offenbar mit Erfolg. Von den 100 Kundgebungsteilnehmer_innen kommen ungefähr 70 % aus der Stadt. Den Rest bildeten zugereiste Neonazis aus Neuruppin, Brandenburg an der Havel, Bad Belzig, dem Havelland, der Prignitz, aus Teltow Fläming und Berlin.
Als besondere Choreo hatten sich die Wittstocker Neonazis schwarze „T-Hemden“ mit weißen Buchstaben ausgedacht, die bei einer entsprechenden Personenzusammenstellung die Wortgruppen „Asylflut aufhalten“ (Vorderansicht) und „Deutschland blutet“ (Rückansicht) ergaben. Ansonsten blieb die Stadtjugend eher im Hintergrund. Die Redner kamen mit Pierre Boddin und Marvin Koch eher aus dem Umfeld der „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“.
Kundgebung in Neuruppin
Die zweite Kundgebung der NPD zum Thema „Unser Signal gegen Überfremdung“ fand heute in Neuruppin, Kreisstadt des Landkreises Ostprignitz-Ruppin, statt. In einem Neubauviertel am Ortrand versammelte der NPD Ortsbereichleiter Dave Trick seine Sympathisanten aus der Stadt, mit denen er, in der Mehrheit, zuvor in Wittstock/Dosse war. Dazu gesellten sich weitere Gesinnungsgenossen aus Ostprignitz-Ruppin, aus Brandenburg an der Havel, Teltow Fläming und dem Havelland. Die Reden hielten Beatrice Koch und Dave Trick.
Neben der Hetze gegen Flüchtlinge wurde hier auch einmal mehr auf die kommende Neonazigroßveranstaltung in Neuruppin hingewiesen. Zum so genannten „Tag der deutschen Zukunft“ am 6. Juni 2015 werden bis zu 500 Neonazis erwartet.
Fotos aus Wittstock/Dosse:
https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157646864612...
Fotos aus Neuruppin:
https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157646860759...
Guter Bericht
Danke für den Bericht.