Nach über 30 Verhandlungstagen ist ein Urteil im Prozess gegen die acht wegen Schlepperei Angeklagten noch immer nicht in Sicht. Mit tausenden aufgezeichneten Telefonaten, einer ungeklärten Anzahl an Observationen, einigen Hausdurchsuchungen und bis zu acht Monate andauernder Untersuchungshaft wird wieder einmal klar, wie umfassend die Auswirkungen des Repressionsapparats sein können. Die Festnahmen der Angeklagten, von denen einige in der Refugeebewegung aktiv waren, folgten unmittelbar auf die Proteste gegen die Abschiebungen einiger Aktivisten aus der Bewegung im Sommer 2013.
Außerdem legt dieser Prozess vor allem eines offen: den institutionellen Rassismus der Justiz und der Exekutive. Die Untersuchungshaft wurde monatelang verlängert, argumentiert mit Fluchtgefahr wegen „mangelnder Integration“ und bei den Ermittlungen stand „racial profiling“ mehr schlecht als recht getarnt mit der „Berufserfahrung der Beamten“ an der Tagesordnung. Verhandelt wird in deutscher Sprache, die Übersetzungen nehmen meist nur einen Bruchteil der Zeit ein, tausende Aktenseiten auf deutsch verunmöglichen eine unabhängige Prozessvorbereitung für die Angeklagten. Rassistische und paternalistische Kommentare aus dem Senat gehören ebenso zum Prozessablauf, der das Leben der Angeklagten dem Rhythmus der zermürbenden Verhandlungstage unterwirft.
Der §114 FPG, der die entgeltliche Förderung des illegalisierten Grenzübertritt mit einer Haftstrafe von bis zu 10 Jahren kriminalisiert, wird vor allem wegen seiner weiten und unkonkreten Formulierung kritisiert, ist aber vor allem im Kontext eines rassistischen Grenzregimes zu sehen, der Schlepperei zu einer notwendigen Dienstleistung macht. Dass diese unter gegebenen kapitalistischen Verhältnissen oft – wenn auch nicht immer – gegen Bezahlung über die Bühne geht, sollte eigentlich nicht überraschen. Die Vorstellung einer grausamen Mafia, die Geflüchtete ausbeutet und misshandelt, lenkt ab von der Härte der europäischen Grenzpolitik – plötzlich wird vom „Schutz der Flüchtlinge“ geredet, wo es doch eigentlich um die Kontrolle bzw. Verhinderung von Migration geht.
Aktuell wird in den Medien wieder vermehrt von „Flüchtlingsströmen“ vor allem aus Syrien gesprochen und über die Wiedereinführung von Grenzkontrollen und einer „gesamteuropäischen Lösung“ diskutiert. Dabei wird auch immer wieder von Festnahmen von „Schleppern“ berichtet. Migration wird so als etwas Kriminelles oder zumindest Problematisches dargestellt, Migrant_innen als anonyme Massen, die es zu verwalten gilt und bei der nächstmöglichen Gelegenheit abzuschieben.
Gegen diese Vorstellung, gegen die Kriminalisierung von Migration werden wir am Samstag 18.10. auf die Straße gehen und unsere Solidarität mit den acht Angeklagten im aktuellen §114-Fall ausdrücken.
Freispruch für die Angeklagten! Weg mit §114!
Gegen Kriminalisierung von Migration
Bleiberecht für Alle!
Smash 114 - Decriminalize Migration Aufruf zur Demo am SA,18.10./15.00/ Marcus-Omofuma-Denkmal (Museumsquartier) mehr Infos, Prozessberichte und Termine auf solidarityagainstrepression.noblogs.org