Am 1. Oktober 2013 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe einen Antifaschisten in letzter Instanz vom Vorwurf des Landfriedensbruchs und des Verstoßes gegen das Uniformverbot freigesprochen. Dieses Urteil ist nicht nur erfreulich für den betroffenen Antifaschisten, sondern hat enorme Bedeutung für die gängige Rechtsprechung Karlsruher Gerichte. In der Vergangenheit hatte sich besonders das Landgericht Karlsruhe immer wieder dadurch hervorgetan, das Tragen schwarzer Kapuzenpullover oder Jacken auf Versammlungen als „Schwarzen Block“ und damit grundsätzlich als ein Verstoß gegen das Uniformverbot zu verurteilen. Dieser Praxis ist durch das Urteil des Oberlandesgerichts nun vorerst ein Riegel vorgeschoben.
Demonstrieren? Strafbar!
Dem Antifaschisten wurde vorgeworfen, sich am 1. Mai 2009 bei den Protesten gegen einen Naziaufmarsch in Ulm in einer Gruppe von ca. 150 Personen befunden zu haben, die bereits auf dem Weg zur Auftaktkundgebung von der Polizei angegriffen wurde. Die Gruppe wurde ohne Vorwarnung über mehrere Stunden eingekesselt, ihres Demonstrationsrechts beraubt und immer wieder von PolizistInnen angegriffen. Dieses Vorgehen wurde inzwischen vom Verwaltungsgerichtshof Ulm für unrechtmäßig erklärt, was die Polizei bekanntermaßen nicht davon abhält, diese Taktik immer wieder anzuwenden.
Da der Antifaschist und die Gruppe, in der er sich befunden haben soll, zu Teilen schwarz gekleidet war und eine „suggestiv-militante“ Wirkung auf Außenstehende gehabt haben soll, soll der Angeklagte sich des Landfriedensbruchs und des Verstoßes gegen das Uniformierungsverbot schuldig gemacht haben.
Beweise? Fehlanzeige!
Das Oberlandesgericht Karlsruhe gab nun der Revision des Antifaschisten statt und urteilte, dass das Urteil des Landgerichts Karlsruhe gleich aus mehreren Gründen keinen Bestand haben kann. Alleine aus Mängeln in der Beweiswürdigung ist der Angeklagte freizusprechen. So beruht seine Identifikation durch die Polizeibeamten ausschließlich auf einem blauen Rucksack, den der Angeklagte während seiner ED-Behandlung mit sich führte und einem blauen Rucksackriemen, der auf einem Polizeivideo zu erkennen ist. Laut OLG Karlsruhe reicht dies jedoch nicht aus, den Antifaschisten eindeutig zu identifizieren. Dabei sieht das OLG selbst bei einer eindeutigen Identifikation des Angeklagten deutliche Bedenken. So schließt das Landgericht Karlsruhe nur aus der Anwesenheit in einer Personengruppe auf die willentliche Beteiligung an einem „Schwarzen Block“, ohne Feststellungen über den Dauer des Aufenthalts in der Gruppe oder die Möglichkeit diese zu verlassen zu machen. Eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs ist auf dieser dünnen Grundlage nicht möglich.
Kapuzis sind keine Uniform!
Das OLG ist der Ansicht, dass auch in einer neuen Hauptverhandlung keine Feststellungen getroffen werden können, aus denen sich ein Schuldspruch wegen unbefugten Tragens von Uniformen rechtfertigen könnte. So bezieht sich das Gericht in seinem Urteil auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 1138/81 / Brokdorf-Beschluss) und sieht es als möglich an, dass auch zivile Kleidungsstücke eine verbotene Uniformierung auf Versammlungen darstellen können, dies allerdings nur in sehr engen Grenzen. Die getragenen Kleidungsstücke müssen einer Uniform „gleichartig“ sein, was sie laut Urteil nur sind, wenn sie „nach Form, Farbe, Schnitt und sonstiger Aufmachung von der allgemein üblichen Bekleidung abweichen[n]“. Somit dürfen auf Versammlungen durchaus die gleichen Kleidungsstücke getragen werden, solange sie nicht den Eindruck von Uniformen hervorrufen. Da dem Versammlungsgesetz laut OLG allerdings ein sehr enges Verständnis von Uniformen zu Grunde liegt, ist das Tragen schwarzer Kleidung auch innerhalb eines „Schwarzen Blocks“ nicht strafbar. Grundlegend für dieses Uniformverständnis ist der „Ausdruck einer über die jeweilige Versammlung hinausreichende Verbindung, einer quasi-militärischen Organisation.“ Die getragenen Kleidungsstücke müssen nicht nur einer Uniform gleichen, sie müssen auch die Zugehörigkeit des Trägers zu einer militärähnlichen Gruppierung symbolisieren. Genau diese Zugehörigkeit zu einer auch außerhalb des bestimmten Anlasses bestehenden Gruppierung ist bei einem „Schwarzen Block“ nicht gegeben.
No Justice – No Peace!
Dieses längst überfällige Urteil unterbindet nun vorerst die Praxis des Karlsruher Landgerichts, das Tragen schwarzer Kapuzenpullover als Uniformierung zu verurteilen. Inzwischen wurden bereits noch laufende Verfahren eingestellt und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen Freisprüche des Amtsgerichts zurückgezogen. Trotz dieses erfreulichen Urteils dürfen wir uns keine Illusionen darüber machen, dass Polizei, Politik und Justiz die Beteiligung an „Schwarzen Blöcken“ grundsätzlich gerne unter Strafe stellen würden. So sieht das OLG Karlsruhe sein eigenes Urteil als „Ergebnis einer möglicherweise verunglückten Gesetzesfassung“. Es geht davon aus, dass das Uniformverbot eigentlich auch „Schwarze Blöcke“ erfassen sollte und bedauert nahezu, dass dieses Verhalten nach korrekter Auslegung der aktuellen Gesetzeslage straffrei ist.
Resumé
Was ja auch der Inbegriff der Identitätskrise und inneren Destabilität der Linken ist, fehlendes über ein Event-Verhalten hinausgehendes bis ins Privatleben übergreifendes solidarisches Bewusstsein.
Uniform
Angenehmes Urteil*
Aber ich denke schon das Kapus, grad psychologisch, in ihrer Wirkung, nach innen wie nach außen, einer Uniform recht nahe kommen.
Ich finds cool Kapus anziehen zu können, um so für die Ärsche etwas schwerer identifizierbar zu werden. Aber es hat halt, denk ich, auch Nebenwirkungen -und keine guten.