15 Uhr am Eselsbrunnen (Alter Markt), Kundgebung gegen Polizeigewalt, Willkür und Protektion | 21 Uhr großes Soli-Konzert in der Reil78, zur Unterstützung des Betroffenen!
Nachdem die Bullen im August bei einer Demo gegen die NPD mehrere Demonstranten schwer verletzt haben und nun die Ermittlungen vor sich hindümpeln und wohl bald eingestellt werden, wurde für diesen Samstag eine Kundgebung angemeldet. Es wird mehrere Redebeiträge geben, und einige Abgeordnete von Grünen/Linke werden auftreten um ihre Solidarität zu bekunden...
Wir, als Initiative gegen Polizeigewalt Sachsen Anhalt, wollen uns daran insofern beteiligen, als das wir genug von der Scheiße haben, und wir, wenn wir schon nicht ernsthaft darauf hoffen können, dass unser Recht auf Versammlungsfreiheit und körperliche Unversehrtheit in Zukunft respektiert wird, zumindest dafür sorgen wollen das die Bullen, die am 7. August mehrere Menschen schwer verletzten dafür zur Rechenschaft gezogen werden, und nie wieder in Polizeiuniform ihre Gewaltaffinität ausleben können.
Daher unterstützen wir die Kundgebung des Bündnis gegen Rechts, und werden dort einen eigenen Redebeitrag halten. Außerdem wollen wir gemeinsam kämpfen für eine Kennzeichnungspflicht in Sachsen-Anhalt und überhaupt. Wenn der Staat generell Straffreiheit für seine Bullen geltend machen möchte, dann soll er es uns wenigstens ins Gesicht sagen, und sich nicht mehr hinter Formulierungen wie "Wir konnten den Beamten leider nicht identifizieren" verbergen können!
Fragt man Bullen danach, was sie denn vom Knastsystem halten, so wird man wohl lobende Worte hören, und Geschwafel über die unbedingte Notwendigkeit und Alternativlosigkeit des Knastes. Dann sollen sie doch bitte auch dort hingehen, wenn sie selbst das enorme Maß an erlaubter staatlicher Gewalt noch überschreiten...
Schluss mit Straffreiheit, Korpsgeist und Protektion.
Schluss mit Polizeigewalt!
Polizeigewalt: Keine Notwehr , Kein Einzelfall, Kein Ausrutscher – vorallem aber kein Zufall
Auch nur Menschen?
PolizistInnen, das sind ja auch nur Menschen. Damit wird gerne für Verständnis geworben, sei es für willkürliche Maßnahmen der Polizei, für "hartes Durchgreifen" oder als Rechtfertigung bei "Fehlverhalten". Natürlich, sind es auch nur Menschen. Nicht unbedingt Menschen mit denen man sich gerne in seiner Freizeit auf ein Bier treffen möchte oder mit denen man nett reden kann, aber doch Menschen. Natürlich machen diese Menschen in ihrem -selbstgewählten- Scheißberuf Fehler. Das alles ist wohl wahr.
Das Absurde ist jedoch: Wenn es um die Konsequenzen ihrer Fehler geht, dann sind es plötzlich keine Menschen mehr. Polizistinnen und Polizisten werden dargestellt als wären sie unzurechnungsfähig. Aus "vereinzelten Fehltritten" wird dann schnell eine "verständliche Stressreaktion", "Notwehr" oder gar eine notwendige Vollzugsmaßnahme zur "Abwehr potentieller Gefahren". Für das was sich einige PolizistInnen in ihrem Beruf so leisten, würden "normale Bürger" die nächsten 7 Jahre im Knast verbringen.
Straflosigkeit als gängige Praxis
Polizisten erschossen in Thüringen einen Menschen [1], den ein Hotelier nach einer TV-Fahndung für einen gesuchten Mörder hielt, durch die geschlossene Hotelzimmertür. Erst nachdem der Mann verblutet war stellte sich heraus, das er es nicht war. Die Polizisten, wurden freigesprochen, da sie sich in einer "starken Stresssituation" [2] befanden, und ihre Zeigefinger dabei wohl unbewusst ihre beiden Dienstwaffen auslösten.
Wenn selbst solche "Skandalfälle" – die keineswegs außergewöhnlich sind – zu keiner Verurteilung der involvierten PolizistInnen führen, dann muss man sich fragen, ob es überhaupt Fälle gibt, in denen Polizeigewalt Konsequenzen hat (außer natürlich für die Opfer, die regelmäßig eine Gegenanzeige erhalten, und deren Verfahren oftmals zur Verurteilung führen).
Eine unabhängige Ermittlungs-Instanz, die quasi die Polizei kontrolliert, und gegen gewalttätige PolizistInnen ermittelt, gibt es im sog. "Rechtsstaat" nicht [3]. Dementsprechend gering ist die Menge verurteilter PolizistInnen: Bei mehr als 1400 Ermittlungsverfahren gegen PolizeibeamtInnen in Nordrhein-Westfahlen, kam es 2010 nur zu 17 Verurteilungen [4]. Entweder sind PolizeibeamtInnen also derart unfehlbar, dass tatsächlich 99 Prozent der Anschuldigungen frei erfunden sind, oder Ermittlungen unter Kollegen laufen auf Korpsgeist, Korruption und Protektion hinaus.
Jede und jeder, der/die schoneinmal Polizeieinsätze beobachten durfte weiß, dass die erste Variante wohl nicht der Grund sein kann. Oft genug führen sich Polizistinnen und Polizisten auf, als wären sie unantastbare Richter und Henker, die zur Durchsetzung von "Law and Order" nach eigenem Gutdünken draufknüppeln, zutreten und manchmal auch schießen dürfen.
Schlecht für das Image des Rechtsstaats
Dass man unter KollegInnen gerne beide Augen zurdrückt, ist bei dem Typ Mensch, der sich bei der Polizei seinen VW Passat verdient, nicht sonderlich überraschend. Was will man schon von einem Menschen erwarten, der für Geld selbst noch die unsinnigsten und willkürlichsten Gesetze durchsetzen würde. Für den selbsternannten "Rechtsstaat" und seine PolitikerInnen stellt das Ganze hingegen ein Legitimationsproblem dar, auch wenn natürlich 80% der Wählerschaft der Regierungsparteien aus gesetzestreuen, ehrlichen, anständigen Springer-LeserInnen besteht, die bei der ersten Gelegenheit die Arbeitslager wiedereinführen würden. Übrig bleiben 20%, die das Ganze nicht so locker sehen, oder vielleicht selbst schonmal bei der Lichterkette oder der Atommüllbegutachtung von den Bullen vor die Schnauze bekommen haben.
Selbst in der SPD, sind wohl einige PolitikerInnen wenig begeistert, wenn die Polizei die eigenen Gesetze nicht befolgt, und damit "das Vertrauen in den Rechtsstaat gefährdet". Da unter den SPD-Mitgliedern jedoch auch ein bedeutender Anteil Arbeitslagerfans ist, und man vorsichtig schauen wollte, wieviele WählerInnen man wohl mit einem Vorgehen gegen die straffreien Prügelbullen verprellen würde, entschied sich die SPD in Sachsen-Anhalt dann tatsächlich für einen "Mitgliederentscheid über die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte" [5].
Das überraschende Ergebnis: Eine Mehrheit von 58% [7] stimmte für eine Kennzeichnungspflicht mittels "rotierender Nummer". Natürlich werden selbst wenn diese Kennzeichnungspflicht kommt immernoch die allermeisten Fälle eingestellt werden, schließlich entscheidet die Polizei darüber, ob sie die Namen zu den Nummern herausgibt oder nicht, und das wird man wohl so gut es geht vermeiden.
Kennzeichnungspflicht in Sachsen Anhalt?
Bedeutet dieser Mitglieder-Entscheid in der SPD nun, dass die Bullen in Sachsen Anhalt bald nicht mehr völlig anonym zuschlagen dürfen? Das sollte man meinen, wenn man bedenkt, dass die SPD mit der CDU regiert, und die Opposition (Grüne/Linke) sogar eigene Anträge [6] für die Kennzeichnungspflicht eingebracht haben. Somit wären die Konserven von der CDU theoretisch überstimmt. Aber so einfach ist das natürlich nicht. So wie "Rechtsstaat" nicht bedeutet, dass jedeR zu seinem/ihrem Recht kommt, bedeutet "Parlamentarische Demokratie" natürlich nicht, dass die Mehrheit im Parlament entscheidet. Parlamentarische Demokratie bedeutet in diesem Fall, dass die SPD sich gegen ihren rechten Koalitionspartner wenden müsste, und damit wohl die Koalition gefährdet wäre. Da es der SPD in der Regel nicht um Inhalte geht, sondern darum möglichst an der Macht zu bleiben, wird wohl die Meinung der Mitglieder einfach ignoriert werden, und aus Liebe zu Macht und CDU, gegen eine Kennzeichnungspflicht gestimmt werden. Die treudoofen SPD-Mitglieder werden sicherlich Verständnis dafür haben, dass ihre Meinung, zwar gefragt war, jedoch leider nicht berücksichtigt werden konnte. Auch von den Abgeordneten der SPD wird wohl keineR den Arsch in der Hose haben, sich gegen die eigene Fraktion ( freiwilliger Fraktionszwang) zu stellen, und von seinem/ihren Recht Gebrauch zu machen, frei abzustimmen.
Am 12. Dezember wird nun im Landtag über die Kennzeichnungspflicht debattiert. Ob es bereits an diesem Tag zur Abstimmung kommt, ist dank der Maßnahmen zur "Unverständlichkeit und Schwammigkeit amtlicher Informationen und Drucksachen" nicht ersichtlich.
Gegen die ganze Scheiße
Wir halten also fest: Es herrscht momentan praktisch Straflosigkeit für Bullen. Sie dürfen mit DemonstrantInnen und GesetzesbrecherInnen beinahe tun und lassen was sie wollen. Wenn die Polizeikamera alles mitgefilmt hat? Dann gab es eben einen Tritt von einer Demonstratin und es war Notwehr (vor Einführung der hochgetragenen Kameras war es in der Regel ein Schlag, aber das würde man ja auf den Bändern sehen, daher neuerdings immer "Tritt"). Selbst wenn sie es mal zu sehr krachen lassen: Sie sind immernoch anonym. Untereinander gilt die Omerta, dass heißt niemand hat den Kollegen oder die Kollegin beim Prügeln gesehen.
Selbst wenn sich also ein Bulle findet, der Willens ist im Namen der Gerechtigkeit gegen die eigenen KollegInnen zu ermitteln, so lässt sich die Identität einfach schlicht nicht feststellen (obwohl die Bullen erstaunlich gut die Identität von DemonstrationsteilnehmerInnen anhand von Videoaufnahmen feststellen können...). Das Ergebnis: Nicht nur, dass dieser Staat uns mit seinen Gesetzen in unserer Freiheit einschränkt wo es ihm gerade in den Kram passt, er ermöglicht seinen BeamtInnen auch noch ungestraft und willkürlich ihre Aggressionen gegen uns herauszulassen.
Wir müssen es zumindest versuchen
Dass selbst PolitikerInnen die im Landtag sitzen diese Praktiken verurteilen und dafür kämpfen, dass zumindest die Polizeigewalt nicht mehr in ihrer derzeitigen Form stattfinden kann, zeigt uns, dass es eine interessierte Öffentlichkeit gibt. Sicherlich sind es nicht viele, die sich für das Schicksal außerparlamentarischer politischer AktivistInnen interessieren. Sicherlich sind ihre Forderungen nicht weitreichend genug. Dennoch: Irgendwo müssen wir anfangen, das sind wir all denen schuldig, die tagtäglich von Bullen beleidigt, geschlagen und misshandelt werden.
Selbst im "Rechtsstaat" muss es doch möglich sein, dass der Beruf "PolizistIn" nicht automatisch ein Freifahrtschein für übertriebene Gewaltanwendung ist. Dafür wollen wir kämpfen. Für ein Ende der Straflosigkeit. Für unabhängige Ermittlungen. Für die Kennzeichnugnspflicht. Für Öffentlichkeit und Problembewusstsein. Und natürlich für Solidarität mit den Betroffenen.
Die Initiative gegen Polizeigewalt unterstützt daher das laufende Verfahren, und insbesondere den schwerverletzen Betroffnen, dem es mittlerweile zum Glück wieder recht gut geht. Wir wollen ihm helfen, den Täter, der ihn so schwer verwundete, dass er sein Leben lang bleibende Schäden davontragen wird, zur Rechenschaft zu ziehen. Wir wollen ihm helfen die schwierige finanzielle Situation, die so ein Gerichtsverfahren mit sich bringt, zu bewältigen. Und wir wollen dafür kämpfen, dass sich PolizistInnen in Zukunft beim Zuschlagen und Zutreten bewusst sein müssen, dass sie womöglich die Konsequenzen für ihr Handeln zu tragen haben.
Initiative gegen Polizeigewalt Sachsen Anhalt
igpg.blogsport.de
(Dieser Text ist nicht der Redebeitrag, den Redebeitrag vom Samstag werden wir ggf. später veröffentlichen)
Soliparty und Konzert
Am Samstagabend (1. Dezember) wird es eine große Soli-Party für den Betroffenen geben. Das Ganze beginnt um 21 Uhr im linken Hausprojekt Reilstraße 78 (rei78.de). Neben mehreren Bands, gibt es DJ's auf 2 Floors, veganes Essen und Cocktails, wir freuen uns über alle solidarischen Menschen, die mit uns gegen die ganze Scheiße feiern wollen.
Live-Acts:
A Shade Higher (Poppunk Dessau)
Ohja (Raggae/Ska/Fusion Halle)
The Gregors
KommandoKauz
Mila Stern
*swish *
Kritikrave & Mable
DJ Partigiano
&more
Wir wünschen euch viel Spasz bei der Party und würden uns sher freuen wenn ihr 15 Uhr mit uns zur Kundgebung kommt.
Eure Initiative gegen Polizeigewalt, Sachsen Anhalt
Quellen/Verweise:
[1]http://de.wikipedia.org/wiki/Friedhelm_Beate
[3] http://www.amnesty.de/themenbericht/polizeigewalt-im-brennpunkt
[6]http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/intra/landtag3/ltpapier/drs/6/d0334dan_6.pdf
http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/intra/landtag3/ltpapier/drs/6/d0329gge_6.pdf
Aktuell...
Ich sehe es genauso wie die IGPG Sachsen Anhalt. Einzelfälle sind nicht die polizeilichen Übergriffe, die polizeiliche Willkür bzw. im Allgemeinen unverhältnismäßige und das „Gewaltmonopol“ missbrauchende Polizeibrutalität- nein, das hat System. Einzelfälle sind lediglich die Aufklärung bzw. Verurteilung selbiger.
Und hier mal wieder ein exzellentes Beispiel für alltägliche Polizeiwillkür und Machtmissbrauch: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/leibesvisitation-bei-schuelern-entbl...
Da gibt’s wohl keine andere Alternative als: (A)
31. August Halle Jahrestagsdemo
Unter dem Motto "Täter, Ermittlungsbehörde, Staatsanwalt: Ziemlich beste Freunde" wird am 31. August 2013 in Halle die erste Jahrestagsdemo wegen des Polizeiübergriffs stattfinden. Die Ermittlungen wurden zwar bereits einmal eingestellt, mussten aber im März aufgrund nachweislicher "Versäumnisse" und "Ermittlungsfehler" der Bullen wiederaufgenommen werden. Seit dem passiert nicht viel, und es ist zu erwarten dass es zur erneuten Einstellung kommen könnte. Um dagegen jetzt schon eine breite Öffentlichkeit zu schaffen und Halle wenigstens ein bisschen auf die Nerven zu gehen, findet die ZBF Demo nun am 31. August statt.
http://zbf.blogsport.de
Alerta.