Für den 25. Februar 2009 plant der saarländische Landesverband der
neonazistischen NPD die Durchführung eines so genannten Politischen
Aschermittwochs in der Festhalle im Saarbrücker Stadtteil Schafbrücke.
Mit politischen Reden und einem abendlichen Konzert soll ihr
politisches Fußvolk auf das „Superwahljahr 2009“ eingestimmt werden.
Die saarländische NPD rechnet, nachdem sie bei der Landtagswahl 2004
nur knapp an der 5% - Hürde scheiterte, mit einer realistischen Chance
bei den Wahlen am 30. August den Einzug in den Landtag zu schaffen.
Deshalb setzt ihr Parteivorstand alle Hebel in Bewegung um ihre
Mitglieder für den anstehenden Wahlkampf zu mobilisieren und zu
motivieren. Bei diesem verfolgt die NPD eine moderne Strategie. So
verbreitet sie beispielsweise über Musik oder Elemente aus der
heidnisch-germanischen Mythenwelt Aspekte ihrer rassistischen und
antisemitischen Ideologie und hat dadurch Zugänge zu unterschiedlichen
Jugendkulturen gefunden. In Zusammenarbeit mit neonazistischen
Kameradschaften kann sie Jugendlichen eine rechte Erlebniswelt bieten,
die über eine hohe Anziehungskraft verfügt. So wählte bereits bei den
Landtagswahlen 2004 jeder zehnte Erstwähler im Saarland die NPD.
Nazis und die soziale Frage
In ihrer Propaganda setzt die NPD immer wieder auf aktuelle Themen.
Seien es die Hartz-IV-Reformen, der Irakkrieg oder die aktuelle
Finanzkrise. Dabei präsentieren sie sich als „Globalisierungsgegner“,
„Kämpfer für Arbeitsplätze“, „Freunde des palästinensischen Volkes“
oder schlicht als „Antikapitalisten“. Neonazis versuchen offensiv
Ängste und soziale Proteste für sich zu nutzen. Sie benutzen einfache
Parolen, deren Umsetzung die komplexen gesellschaftlichen Probleme
lösen sollen. Dabei stellen sie vor allem angebliche „deutsche“
Interessen gegen „internationale“ Interessen. Doch strebt die NPD
keinesfalls die Herstellung sozialer Gleichheit aller hier Lebenden an,
sondern will diejenigen, die nicht in ihr rechtes Weltbild passen,
explizit nicht daran teilhaben lassen. In ihrer internen
Schulungsschrift konstruiert sich die NPD daher als „eine
nationalistische Partei gegen alle anderen Parteien“ also gegen die
Ausländer, Randgruppen und dem internationalen Großkapital dienen,
nicht aber den Deutschen. (vgl. NPD-Parteivorstand: Argumente, S. 25)
Dazu zählt die NPD auch folgerichtig linke Parteien und deren Politik.
Antisemitismus als Konstante im Hintergrund
Wenn die NPD vollmundig gegen das „Großkapital“ agitiert, darf man sich
keine Illusionen darüber machen, wen im speziellen sie als zu
bekämpfenden Gegner ausmacht. Die „Kapitalismuskritik“ der NPD ist eng
mit dem klassischen politischen Antisemitismus verknüpft. Wenn etwa ihr
Parteivorsitzender Udo Voigt von raffendem und „schaffendem
Kapital“ spricht, greift er wörtlich die Formulierungen der
NSDAP-Programmatik auf. Gerade die vermehrte Propaganda um soziale
Fragen bringt antisemitische Stereotype zum Vorschein:
„Es handelt sich bei der Globalisierung um das planetarische Ausgreifen
der kapitalistischen Wirtschaftsweise unter der Führung des Großen
Geldes. Dieses hat, obwohl seinem Wesen nach jüdisch-nomadisch und
ortlos , seinen politisch-militärisch beschirmten Standort an der
Ostküste der USA.“(vgl. NPD-Parteivorstand: Argumente, S. 19)
Die entsprechende Ideologie ist bei den NPD-Anhängern konstant zu
finden und wird bei passender Gelegenheit auch öffentlich zur Schau
getragen, beispielsweise bei Demonstrationen unter dem Motto „Keine
Steuergelder für den Synagogenbäude oder in hämischen Kommentaren zum
Tod von Paul Spiegel, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in
Deutschland. Auch die Band „Carpe Diem“, die am Aschermittwoch auf der
NPD-Veranstaltung in Saarbrücken-Schafbrücke auftreten soll, macht sich
vor allem mit solchen Liedtexten bei seinem Publikum beliebt.
Die NPD in Saarbrücken-Schafbrücke
Bei dem NPD-Ortsverband
Saarbrücken-Schafbrücke handelt es sich neben dem Ortsverband Ottweiler
um einen von zwei Ortsverbänden über die die NPD im Saarland verfügt.
Als ihr Vorsitzender fungiert der ehemalige „Republikaner“ Bernd
Ehrreich, der auch als Kandidat für die diesjährigen Wahlen zum
Stadtrat Saarbrücken und für die Regionalversammlung Saarbrücken
antreten will.
Die Festhalle in Saarbrücken-Schafbrücke, die der NPD regelmäßig durch
die Stadt Saarbrücken zur Verfügung gestellt wird, diente bereits für
zahlreiche neonazistische Veranstaltungen und Konzerte als
Veranstaltungsort. So fand beispielsweise am 30. Juni 2007 in der
Festhalle Saarbrücken-Schafbrücke ein von der NPD Saar veranstaltetes
Konzert mit ca. 300 Besuchern aus dem gesamten Bundesgebiet und dem
Ausland statt. Ein für diesen Tag in Ulm geplantes und dann verbotenes
Neonazikonzert europäischer Rechtsrock-Bands wurde kurzfristig nach
Saarbrücken-Schafbrücke verlegt. Ermuntert durch das Entgegenkommen der
Saarbrücker Stadtverwaltung und der saarländischen Polizei konnten die
Neonazis so die Verbotsverfügung in Baden-Württemberg umgehen. Fast auf
den Tag genau ein Jahr zuvor am 1. Juli 2006 verhinderten über 700
Polizisten eine antifaschistische Kundgebung in Merzig und ermöglichten
so einer 50-köpfigen NPD-Demo die Verbreitung ihrer Propaganda in
Saarlouis und Merzig.
Leistet Widerstand!
Dieses Mal wollen wir gemeinsam mit möglichst vielen Menschen aktiv
werden, um der NPD in ihre braune Suppe zu spucken und ihnen ihren
Politischen Aschermittwoch so richtig vermiesen. Deshalb rufen wir
dazu auf mit möglichst vielen kreativen Aktionen im Vorfeld und an dem
Tag der Veranstaltung selbst aktiv dagegen vorzugehen. Außerdem rufen
wir dazu auf sich an Kundgebungen und Aktionen in
Saarbrücken-Schafbrücke am 25. Februar zu beteiligen.
Achtet auf aktuelle Ankündigungen
Der Aufruf wird bisher unterstützt von:
Antifa Saar/Projekt AK
Antinationale Offensive Saarbrücken
Saarbotage - Antifainfoportal für Saarland und Umgebung
Weitere Unterstützer melden sich bitte bei der Antifa Saar
Quellen:
«Kein Bock auf Nazis. Eine Zeitung des Antifaschistischen Pressearchivs Berlin und des Antifa Infoblatts.
«Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD). Eine Handreichung des apabiz e.V.
«Antifaschistisches AutorInnenkollektiv in Zusammenarbeit mit der Antifa Saar: Kein schöner Land. Faschistische Strukturen und Aktivitäten im Saarland. Saarbrücken, 2000.
«Reuter, Timo: Neonazismus im Saarland - Die organisierte Naziszene in Deutschlands kleinstem Bundesland in: Lotta #30.
«Reuter, Timo: Klein, aber nicht zu unterschätzen - Das Saarland und seine Neonazis in: Der Rechte Rand - Nummer 110.
V.i.S.d.P. Georg Elser Max-Braun Straße 15 66111 Saarbrücken
Update Montag 21.00 Uhr
Update zu den geplanten Aktionen gegen den politischen Aschermittwoch der NPD in Saarbrücken
Stand: Montag, 23.02.2009 21.00 Uhr
Infonummer, „Nazizüge“ und Pfarrer, die nicht stören wollen
Mobilisierung zur Störung & Verhinderung der NPD-Veranstaltung
Seit Anfang Februar mobilisiert die saarländische NPD zu einem „Politischen Aschermittwoch“ zur Festhalle in Saarbrücken-Schafbrücke. Als Redner sind der saarländische Landesvorsitzende der NPD Frank Franz, der NPD-Generalsekretär Peter Marx und der Spitzendkandidat für die nächsten Wahlen zum NPD-Bundesvorstand Udo Pastörs angekündigt. Für ein musikalisches Rahmenprogramm soll die Rechtsrock-Band „Carpe Diem“ und der Nazi-Jammer-Barde Frank Rennicke sorgen.
Seit etwa zwei Wochen mobilisiert die Antifa Saar / Projekt AK gemeinsam mit anderen Gruppen zum Protest gegen die Naziveranstaltung. Neben der Antinationalen Offensive Saar und dem antifaschistischen Infoportal Saarbotage, haben mittlerweile auch die DKP Saar, die Jusos und die Falken angekündigt, die Nazis an diesem Tag nicht ungestört lassen zu wollen. Auch verschiedene Gewerkschafter haben ihre Unterstützung zugesagt. Treffpunkt für die Gegenaktionen ist nach wie vor um 16.00 Uhr der Bahnhof in Saarbrücken-Schafbrücke (400 bis 500m von der Festhalle entfernt).
In verschiedenen Saarbrücker Stadtteilen wurden bereits über 10.000 Flyer verteilt und schätzungsweise 250 Plakate geklebt (das ist für saarländische Verhältnisse relativ viel)
Die Antifa-Mobilisierung an sich hat mittlerweile bereits für mehr politischen Aufruhr gesorgt, als die Naziveranstaltungen in Saarbrücken-Schafbrücke der vergangenen Jahre.
NPD nicht zum ersten Mal in Schafbrücke
Denn die NPD Saar hat in den vergangen Jahrzehnten immer wieder auf die städtische Festhalle in Schafbrücke zurückgreifen können und dort Nazikonzerte, Bundesparteitage und weitere Veranstaltungen abgehalten. Nach intensiver Presse- und Aufklärungsarbeit durch antifaschistische Gruppen verabschiedete der Saarbrücker Stadtrat im letzten Jahr eine Klausel gegen die Vermietung städtischer Räume an rassistische, faschistische und antisemitische Gruppierungen. Zum ersten Mal wurde unter Berufung auf diese Klausel der NPD die Festhalle in Schafbrücke dieses Mal ganz offiziell verweigert. Diese Entscheidung wurde aber mit Beschluss vom 19. Februar 2009 vom saarländischen Oberverwaltungsgericht in Saarlouis gekippt.
Bunt statt braun…
Konnten die Naziveranstaltungen in Schafbrücke in den letzten Jahren meistens vollkommen ungestört ablaufen, so kündigt seit gestern auch ein Initiativkreis um einen evangelischen Pfarrer aus Schafbrücke an, unter dem Motto „Bunt statt braun“ gegen die Naziveranstaltung protestieren zu wollen – allerdings 1 km vom Geschehen entfernt. Man weiß nicht recht ob er die Nazis oder die Gegenaktionen für problematischer hält. So heißt es in seinem Aufruf gegen Ende auch bezeichnenderweise:
„Ich distanziere mich als Aufrufer zu dieser Versammlung ausdrücklich schon jetzt von allen Versuchen, die NPD-Veranstaltung in der Festhalle zu stören oder zu verhindern. Leider ist die NPD eine - noch - erlaubte
Partei. Damit gelten die demokratischen Rechte auch für deren Veranstaltungen. So ist das in einem Rechtsstaat“
Angeblich hat sich auch schon die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz als Rednerin für diese Kundgebung angekündigt. Den gesamten Aufruftext und das Plakat des Initativkreises aus Schafbrücke findet ihr hier.
Der Pressesprecher der Antifa Saar / Projekt AK, Alexander Breser, erklärte hierzu:
„Wir freuen uns, dass unsere Ankündigung den Nazitreff am Aschermittwoch nicht ungestört über die Bühne gehen zu lassen, nun auch noch den Kreis um einen Pfarrer aus Schafbrücke und angeblich auch die Saarbrücker Oberbürgermeisterin zu einer weiteren Kundgebung ermuntert hat. Eine gemeinsame Absprache hätten wir allerdings für sinnvoller gehalten und werden im Nachgang zum Aschermittwoch einen gemeinsamen Austausch anstreben. Unser Ziel wird es aber nach wie vor sein, die NPD-Veranstaltung in der Festhalle zu stören oder zu verhindern. Sollte dies nicht möglich sein, wollen wir unseren Protest aber zumindest in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort der Nazis zum Ausdruck bringen.“
Die Nazis…
Die NPD hat für den 25.02.2009 noch eine Pressekonferenz angekündigt. Die Veranstaltung in der Schafbrücker Festhalle soll um 18.00 Uhr beginnen. Einlaß ist bereits ab 17.00 Uhr.
Die Nazis aus dem Umfeld der NPD Rheinland-Pfalz werden im Zug anreisen. Folgende Route haben die Nazis angekündigt:
Ludwigshafen Hauptbahnhof 16.03 Uhr, Lu-Mundenheim 16.07, Lu Rheingönnheim 16.10, Limburgerhof 16.13, Schifferstadt 16.16, Böhl-Iggelheim 16.20, Hassloch 16.24, Neustadt Hbf 16.32, Lambrecht 16.37, Neidenfels 16.40, Weidenthal 16.45, Frankenstein 16.48, Hochspeyer16.53, Kaiserslautern 17.03, Kindsbach 17.11, Landstuhl 17.15, Hauptstuhl 17.19, Bruchmühlbach-Miesau 17.23, Homburg Saar 17.31 Uhr,
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Infonummer für den 25.02.2009: 0175/1436433
Unter dieser Nummer könnt Ihr aktuelle Infos zur Situation in Schafbrücke abfragen.
Rechtliche Tipps gibt es hier. Bitte durchlesen!
Ein Ermittlungsausschuß (EA) der Antifa, für den Fall von Festnahmen ist bereits organisiert.
Wir bitten Euch nicht unter dem Einfluss von Alkohol oder sonstigen Drogen auf den Gegenaktionen zu erscheinen. Eure veränderte Wahrnehmung gefährdet ansonsten Euch selbst und andere!