Nach dem KAL-Verbot: wir rufen weiterhin zur Demo gegen Rassismus, Antisemitismus und Nazidreck auf!

Für das Leben!

Antifaschistische Demonstration29.09.2012 – 12 Uhr – Bahnhof Erkelenz

Am frühen Morgen des 23. August durchsuchte die Polizei 48 Wohnungen im Raum Aachen, Düren und Heinsberg, davon elf im Kreis Heinsberg, und händigte den Mitgliedern der “Kameradschaft Aachener Land” die Verbotsverfügung des nordrhein-westfälischen Innenministeriums aus. Neben der KAL wurden die beiden Gruppierungen “Nationaler Widerstand Dortmund” und “Kameradschaft Hamm” verboten. Dies wird in den Medien als ein empfindlicher Schlag gegen die militante Neonaziszene in NRW beschrieben, doch das ist nur eine oberflächliche Betrachtung dessen, was dort eigentlich geschehen ist.

 

Zweifelsohne sind die ausgesprochenen Verbote gegen die Neonazigruppierungen etwas, das nur begrüsst werden und als ein Schritt in die richtige Richtung bezeichnet werden kann. Es kann aber mitnichten vergessen machen, dass die Aktivitäten der KAL in den gut zehn Jahren ihres Bestehens häufig ignoriert, heruntergespielt oder auch geleugnet wurden (wenn etwa Kommunalpolitiker_innen äusserten, es gebe vor Ort keine aktive Naziszene und sich entsprechend weigerten, das vorhandene Problem auch als solches zu erkennen und zu behandeln).

 

Dabei tritt die KAL nicht erst seit Kurzem offen neonazistisch, menschenverachtend und als gewalttätige Schlägerbande auf, sondern seit ihrer Gründung. Massgeblich an der Gründung beteiligte Personen waren darüber hinaus bereits vorher einschlägig vorbestraft. Man kann also mitnichten von einer Gruppierung reden, die sich nach und nach radikalisiert habe, sondern muss von einer Gruppierung sprechen, die die jetzt als Verbotsgründe angeführten Aktivitäten und ideologischen Grundlagen bereits von Beginn an in sich trug.

 

Was sich tatsächlich im Laufe der letzten Jahre änderte, war eine langsam steigende öffentliche Wahrnehmung der Aktivitäten der KAL, was vor allem den Berichten überregionaler Medien, Artikeln in der Lokalpresse, Informationsveranstaltungen in der Region und der Aufklärungsarbeit antifaschistischer Gruppen und Einzelpersonen geschuldet ist. Wo es bislang noch hiess, es gebe in der Region kein größeres Problem mit Neonazis, wurde plötzlich darüber gesprochen. Ignorieren wurde zunehmend schwieriger.

 

Verbote neonazistischer Organisationen erfolgen oft genau dann, wenn ein Totschweigen oder Ignorieren der Aktivitäten eben jener nicht mehr ohne Weiteres möglich ist und wenn man sich Sorgen um einen ernsthaften Imageschaden für die deutsche Demokratie macht. Die gern genannte “wehrhafte Demokratie” lässt ihre Muskeln spielen, um ihr Gewaltmonopol zu sichern. Somit werden Neonaziorganisationen vor allem in ihrer (auch) vorhandenen Eigenschaft als kriminelle Vereinigungen verboten- um die ideologischen Hintergründe geht es dabei weniger. Anderenfalls hätte im Zuge des Verbots der drei Gruppierungen auch die ideologisch auf der gleichen Linie befindliche “Aktionsgruppe Rheinland” verboten werden müssen- dies aber geschah nicht.

 

Was nun die Situation in der Region betrifft, so verschwinden mit dem Verbot der “KAL” die handelnden Personen nicht. Die Gruppierung gab kurz nach ihrem Verbot über ihre Homepage bekannt, weiterhin umtriebig sein und “verschiedene Aktionsformen” nutzen zu wollen. Was gerade letzteres mit Blick darauf bedeutet, dass die “Aktionen” der KAL vor allem in offenem Terror gegen Andersdenkende und Migrant_innen bestanden, kann man sich leider nur allzu leicht denken.

 

Auch die in der Gesellschaft weit verbreiteten rassistischen und antisemitischen Ressentiments, die die Grundlage für das Entstehen von Gruppierungen wie der KAL erst bilden, verschwinden nicht mit dem Verbot einer neonazistischen Gruppierung. Seit den 50er Jahren wurden immer wieder neonazistische Parteien und Organisationen verboten- verschwunden ist der braune Sumpf mitsamt den mannigfachen begünstigenden gesellschaftlichen Faktoren nicht.

 

Deshalb ist die Demonstration nach wie vor ein wichtiges und nötiges Zeichen und wird nicht abgesagt.

Wir geben erst Ruhe, wenn Nazis, Rassismus und Antisemitismus der Vergangenheit angehören!

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Für das Leben – ohne Rassismus, Antisemitismus und „KAL“!


Mehrere antifaschistische Gruppen aus Nordrhein-Westfalen rufen am 29. September 2012 zur Demo „Für das Leben – ohne Rassimus, Antisemitismus und „KAL“!“ in Erkelenz auf.


Als die Morde der Nazi-Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) bekannt wurden, war die Erkenntnis, dass Neonazis über Jahre hinweg nahezu militärisch durchorganisierte Mordanschläge auf Migrant_innen verüben konnten, ein Schock für viele Menschen in unserer Gesellschaft. Für viele war es unvorstellbar, dass bald 70 Jahre nach dem Ende der Nazidiktatur eine Gruppe von Menschen aus rassistischen Gründen ganz gezielt andere Menschen tötete- und dies über einen Zeitraum von mehreren Jahren, ohne von der Polizei gefasst zu werden.

 

Neben den vielen Ungereimtheiten, die nun im Nachhinein bei den ermittelnden Behörden und ganz besonders beim Verfassungsschutz offenbar werden, müssen sich Politik und Gesellschaft fragen, wie es zu den ungeheuerlichen Taten kommen konnte.

 

Leider sind die bisher gegebenen Antworten mehr als unbefriedigend. Die Taten werden als Randerscheinung in einer demokratisch verfassten Gesellschaft angesehen, deren Ursprung in den kranken Köpfen einiger weniger Unverbesserlicher zu suchen sei. Wieder einmal wird der organisierte Neonazismus, aus dem der NSU hervorging, als ein randständiges Problem insbesondere der ostdeutschen Länder dargestellt. Völlig ausgeblendet wird hierbei, dass junge Neonazis erstens mittlerweile in allen Teilen Deutschlands eine Gefahr für Leib und Leben vieler Menschen darstellen, und zweitens, dass ihre Ideologie nicht aus einer pädagogisch begründbaren „Fehlentwicklung“ erklärbar ist, sondern aus den in der Mitte der Gesellschaft verbreiteten rassistischen und antisemitischen Ressentiments selbst.

 

Die uns noch gut in Erinnerung gebliebenen Anschläge von Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Mölln und Solingen, begleitet teilweise von einer pogromartigen Stimmung durch applaudierende „Normalbürger_innen“, haben gezeigt, dass Rassismus und durch ihn motivierte Gewalt in Teilen der deutschen Gesellschaft durchaus auf Unterstützung, zumindest jedoch auf stillschweigende Zustimmung oder Billigung hoffen können. Auch die Tatsache, dass Studien zufolge ein beachtlicher Teil der Deutschen antisemitischen Ressentiments zustimmt, sollte nachdenklich stimmen und zur Auseinandersetzung nicht nur mit organisierten Neonazis, sondern mit dem Alltagsrassismus und -antisemitismus in unserer Gesellschaft motivieren.

 

Auch im Kreis Heinsberg sind neonazistische Strukturen seit einigen Jahren äusserst aktiv. So leben im Kreis mehrere aktive Mitglieder der „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL), unter anderem der Anmelder der im April durchgeführten „Mahnwachen“ der KAL, Gerwin J. aus Erkelenz-Gerderath. Die KAL würdigte die Taten des NSU auf ihre Weise: kurz nach Bekanntwerden der Taten bildete sie auf ihrer Homepage die Comicfigur Paulchen Panther mit dem Schriftzug „Zwickau rulez“ ab. Paulchen Panther wurde im Bekennervideo des NSU, dessen Mitglieder aus Zwickau stammen, dargestellt und führte quasi „moderierend durchs Progamm“. Die Botschaft der KAL, die auf ihrer Homepage auch schon einmal Adolf Hitler zu seinem Geburtstag gratulierte, ist deutlich: die Taten des NSU werden begrüsst und gefeiert. Die Tatsache, dass ein ehemaliges Mitglied der KAL, Falko W. aus Aachen, wegen des Besitzes von Sprengstoff vorbestraft ist, lässt diesen Vorgang durchaus nicht nur als eine Geschmacklosigkeit erscheinen, sondern ist in höchstem Maße alarmierend.


Hier sei ebenfalls erwähnt, dass der mehrfach vorbestrafte „Kameradschaftsführer“ Rene L. in Kelz (östlich von Düren) zurzeit eine Scheune zu einer Art „Braunes Haus“ umbaut, welches nach Fertigstellung ein Ort für rechtsradikale Veranstaltungen wie Konzerte oder Schulungen werden soll.

 

Von den im Kreis Heinsberg lebenden KAL-Mitgliedern gingen schon mehrfach Übergriffe auf Personen aus, die nicht ins neonazistische Weltbild passen. Zuletzt im Umfeld des „Public Viewing“ in der Heinsberger Innenstadt zum Länderspiel Deutschland-Griechenland. Viele Übergriffe und Attacken ereigneten sich in Wassenberg, wo unter anderem eine Rockkneipe überfallen und mit Gaspistolen auf Menschen geschossen wurde.


Der Kreis Heinsberg hat zudem einige hochrangige Neonazi-Persönlichkeiten hervorgebracht, wie den aus Wegberg stammenden stellvertretenden Bundesvorsitzenden der NPD, Udo Pastörs, oder den bundesweit bekannten, militanten Neonazi-Kader Christian Malcoci, der einige Zeit in Wassenberg-Effeld lebte und dessen Söhne ebenfalls als feste Größen in der regionalen Neonazi-Szene auftreten.

 

Es ist an der Zeit, den neonazistischen Umtrieben im Kreis Heinsberg endlich offensiv etwas entgegenzusetzen. Es genügt nicht, immer nur zu reagieren, wenn die Nazis wieder einmal eine ihrer Aktionen durchführen. Es genügt nicht, in geschlossenen Räumen und bei Veranstaltungen verbal Position gegen Rassismus und Antisemitismus zu beziehen. Nötig ist ein deutliches Zeichen, um den Nazis zu zeigen, dass ihre Ideologie und ihre Aktivitäten hier und überall unerwünscht sind. Dafür müssen alle, die den Nazis etwas entgegensetzen wollen, gemeinsam auf die Straße gehen- nicht zum Selbstzweck, sondern um einen Anfang zu machen, dem vielfältige Aktionen folgen müssen.

 

Und dazu rufen wir hiermit auf:
Für das Leben – ohne Rassismus, Antisemitismus und „KAL“!
am 29.09.2012 – 12 Uhr – Bhf. Erkelenz

 

http://29september2012.blogsport.de/