Kundgebung: Freiheit für Tomas!

Kundgebung für Tomas Elgorriaga Kunze am 2. Juni 2015 in Freiburg

Am 31. Oktober 2014 wurde Tomas Elgorriaga Kunze in Mannheim verhaftet und sitzt seitdem dort im Knast. Tomas hatte jahrelang unter dem Namen José Gabriel Jiménez in Freiburg gelebt, studiert und bis zu seiner Verhaftung am soziologischen Institut der Uni Freiburg gearbeitet. Tomas war in der baskischen Unabhängigkeitsbewegung aktiv und linker Gemeinderat in der Kleinstadt Hondarribia. 1998 wurde er von den spanischen Behörden unter dem Vorwurf der Unterstützung der baskischen Organisation Euskadi Ta Askatasuna verhaftet und während der Zeit der Kontaktsperre schwer gefoltert.


Nach seiner vorübergehenden Freilassung konnte Tomas nach Deutschland fliehen und hat sich in Freiburg ein neues Leben aufgebaut. Er studierte an der philosophischen Fakultät der Universität Freiburg und arbeitete danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Soziologie. Doch mit der Festnahme im Herbst aufgrund eines internationalen Haftbefehls der französischen Behörden, wo er unter anderem wegen Passfälschung in Abwesenheit verurteilt wurde, endete das Freiburger Exil jäh. Seither versucht Tomas aus der JVA Mannheim heraus mit Hilfe seiner Anwält*innen die drohende Auslieferung nach Frankreich zu verhindern.

Da Frankreich, trotz des Wissens über die Situation der baskischen politischen Gefangenen, Bask*innen nach Spanien ausliefert, ist zu befürchten, dass auch Tomas nach Spanien abgeschoben wird. Folter und Misshandlungen von baskischen politischen Gefangenen sind in Spanien Realität. Daran änderte auch die einseitige Beendigung des bewaffneten Kampfes der ETA im Oktober 2011 nichts. Auch Tomas drohen deshalb, wenn er nach Spanien abgeschoben wird, schwerste Misshandlungen und Folter. Dies gilt es zu verhindern!

Zusätzlich zu den in Frankreich und besonders in Spanien drohenden Verfolgungen ermittelt auch das deutsche Bundeskriminalamt in dem Fall. Die Behörden nutzen nun die Ermittlungen wegen §129a und §129b, um in Freiburg Erkenntnisse über Tomas' Umfeld zu gewinnen.

Wir wollen, dass Tomas nach Freiburg zurückkehren kann und kritisieren aufs Schärfste den Fortbestand von Folterstaaten in Europa!

Wir rufen dazu auf, am Dienstag, den 2. Juni, um 19 Uhr, zum Bertoldsbrunnen zu kommen und an der Kundgebung für Tomas Freiheit teilzunehmen.

Solidarität mit Tomas!
Keine Auslieferung, weder nach Frankreich, noch nach Spanien!
Für eine Gesellschaft ohne Knäste, Folter und Deportation!

 

 

KTS Freiburg

Autonome Antifa Freiburg
Ermittlungsausschuss Freiburg
Fachschaft Politik

Fachschaft Soziologie
Referat für Politische Bildung
Sand im Getriebe
Unbestimmter Zusammenhang

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Eine Woche vor der Kundgebung findet eine Info- und Soli-Veranstaltung in der KTS statt, bei der über den aktuellen Stadt des Auslieferungsverfahrens gegen Tomas und über die Ermittlungen des BKA mit den „Schnüffelparagraphen“ 129a/b berichtet wird. Los geht es um 20 Uhr.

Am 31. Oktober 2014 wurde in Mannheim Tomas Elgorriaga Kunze verhaftet. Ihm droht die Auslieferung an Frankreich. Der 1963 geborene Baske lebte bis zu seiner Verhaftung in Freiburg und arbeitete an der dortigen Universität. Er ist einer der vielen baskischen Flüchtlinge, die wegen des Konflikts zwischen dem Baskenland und den beiden Staaten Spanien und Frankreich das Baskenland verlassen mussten. Tomas hat Ende April den folgenden Text aus der Auslieferungshaft in der JVA Mannheim verfasst, den wir zum 1. Mai veröffentlichen.


Ich versuche hier (im Knast in Mannheim, Anm. der Redaktion) die aktuelle Weltlage so gut es geht weiter zu verfolgen. Seit dem jähen Ende des grossflächigen Versuchs einer sozialen Moderne um 1990 haben sich die Folgen der privatwirtschaftlichen, profitorientierten liberalen Moderne drastisch verschärft. Die immer tragischer verlaufenden Migrations- und Fluchtbewegungen spiegeln paradigmatisch zugleich die Situation der Menschen in Europa, sowie in vielen Regionen der Welt wieder.

Einerseits bringen sie die Ungleichheiten zutage, unter denen immer mehr Menschen innerhalb Europas leiden, was ihre Chance betrifft, Zugang zu Bildung, Gesundheit, Wohnraum und ein menschenwürdiges Einkommen zu erlangen. Dies betrifft ebenso Alteingesessene, wie – verschärft – Neuzugezogene.

Andererseits werden auch die Umstände in den Herkunftsländern der Migrantinnen und Migranten meistens vom neoliberalen Bestreben verursacht, weltweit natürliche und menschliche Ressourcen durch Krieg und Ausbeutung zu enteignen und koloniale Gräben zu vertiefen.
Die Probleme der Menschen im Baskenland gleichen denen der Menschen in ganz Europa. Aber der Konflikt dort, zwischen breiten Bevölkerungsschichten und den beteiligten, zunehmend autoritär agierenden Staaten bietet letzteren ein geeignetes Versuchsfeld, um repressive Sondermassnahmen gegen eine selbstbewusste und sozial aktive Gesellschaft einzusetzen.

Dazu gehören die massive Einschränkung der Meinungs-, Presse-, Demonstrations- und Bewegungsfreiheiten für systemkritischen Menschen und Organisationen. Ebenso die gewalttätige Verfolgung von politisch, gewerkschaftlich, sozial und kulturell aktiven Gruppen und Einzelpersonen mittels Festnahme, Folter, Inhaftierung, Kontrollauflagen, hoher Geldstrafen, Berufsverboten, Bewegungseinschränkungen und Beschlagnahmungen. Zuletzt wurde dies unter pauschalen, medienwirksamen („Terrorismus“-)Vorwürfen intensiviert durch die Kriminalisierung solidarischer Bewegungen (z.B. gegen Zwangsvollstreckungen, oder für politische Gefangene), von Jungendorganisationen, von internationalistischen und ökologischen Initiativen (Askapena, Itoiz, AHT, …), bis hin zu soziokulturellen Vereinen.

Die polizeiliche und juristische Gleichschaltung in der EU, z.B. über EU-Haftbefehle und Schengen-Abkommen, unterstützt bewusst und legitimiert ungeprüft rechtsfreie Räume in deren Mitgliedstaaten, um jeden sozialen und politischen Protest und Widerstand langfristig tot zu schweigen.
Der Weg aus der neoliberalen Sackgasse führt nicht über rassistische Ausgrenzung oder vermeintlich europäische Werte, sondern über den Aufbau von nachhaltigen, demokratischen Gesellschafts-strukturen. Der soziale und rechtliche Rückschritt der letzten Jahrzehnte bietet auch die Chance, diese von Grund auf neu zu gestalten: antipatriarchalisch, ökologisch und solidarisch. Hier, im Baskenland, und überall in der Welt.

 

Quelle: http://www.info-baskenland.de/1555-0-Tomas+Elgorriaga+Kunze+Grussbotscha...