Köln: "Hier marschiert der nationale Widerstand"

Mut zur Hässlichkeit – Orks in Köln

Der rechts anpolitisierte Stammtischdeutsche braucht nicht viel, um zur Tat zu schreiten. Ein klares Feindbild, ein paar Dosen Bier und einige Kameraden mit ähnlicher Gesinnung, und schon kann´s losgehen. Als imaginierter Gegner durfte diesmal der „Salafist“ herhalten, den die „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) als den für die Unbill des deutschen Volkes verantwortlichen Schädling ausgemacht haben. Dass mit „Salafist“ einfach „Ausländer“ gemeint war, konnte man schon im Vorfeld in diversen Foren der Promillekreuzritter nachlesen. Also auf nach Köln.

 

Auch mit ein paar Stunden Abstand lässt sich der 26. Oktober 2014 in Köln nur schwer in Worte fassen. Rund 2500 Anhänger, die Bullen sprechen sogar von 4000, der sogenannten „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa), versammeln sich unmittelbar vor dem Kölner Hauptbahnhof und übertreffen alle Befürchtungen, die man vor diesem Sonntag hatte.

 

Angesetzt ist die Veranstaltung für 15 Uhr. Doch schon einige Stunden früher tummeln sich die selbsternannten Beschützer der deutschen Bevölkerung, bekleidet mit den neuesten modischen Ergüssen rechter Modelabels, rund und innerhalb des Hauptbahnhofs. Man darf sich frei bewegen, offen den Hitlergruß präsentieren und Passanten angehen. Die Polizei spannt in weiser Voraussicht ein Absperrband vor dem Hauptbahnhof und lässt dem ausgelassenen Treiben seinen Lauf ohne Anstalten zu machen, in irgendeiner Weise einzugreifen.

 

Auf der Domseite des Bahnhofs rufen im Vorfeld verschiedene antifaschistische und kurdische Gruppen zu einer Gegendemo auf, an der rund 1500 Menschen teilnehmen und klar ihre Ablehnung gegenüber dieser Zusammenrottung von Faschisten auf der Gegenseite zum Ausdruck bringen.

 

Dass es sich bei der HoGeSa keineswegs um eine „für alle Seiten offene Bewegung“, wie es im Vorfeld seitens der Organisatoren hieß, handelt, wird wohl auch dem letzten Besucher klar, als SS-Siggi samt Entourage aus Dortmund eintrifft und mit einem lauten Knall der Startschuss für einen Live-Auftritt der rechten Band Kategorie-C gegeben wird. Dabei handelt es sich wohl um ein Novum in der Bandgeschichte, dermaßen offen auf einem der zentralsten Plätze eine Großstadt auftreten zu dürfen. Derweil vertreiben sich einige HoGeSa Aktivisten die Zeit damit, verschiedene Versuche zu unternehmen zur Gegendemo auf der Domseite vorzudringen. Diese werden zwar von einer Hundertschaft zurückgedrängt, dürfen aber völlig unbehelligt ihrer Wege gehen. Die mit Abstand größte Zusammenkunft von Faschisten in Deutschland und ein paar mahnende Worte reichen, wohingegen bei linken Demos regelmäßig ausgiebig gepfeffert und gekesselt wird.

 

Nach der Auftaktkundgebung und mit Beginn der Demo offenbart sich, was man im Vorfeld erwartet hatte: Ein riesiger Naziaufmarsch in Köln! „Hier marschiert der nationale Widerstand“, schallt es durch die Kölner Innenstadt. Nun drehen die HoGeSa Aktivisten erst richtig auf. Jedoch nicht etwa wie so oft angekündigt gegen „Salafisten“, sondern gegen Passanten die sich am Rande des Demozuges aufhalten und Journalisten. Am Ebertplatz durchbrechen sie die Absperrungen. Flaschen, Steine und Böller fliegen, ein chinesischees Restaurant wird attackiert. Nun zeigen die 2500 offenkundig rechten HoGeSa Anhänger wofür sie wirklich kämpfen: Ausländerhass und Ausgrenzung.

 

Die Polizei fährt nun schweres Gerät auf, ist mit der Situation aber völlig überfordert. Formal wird die Demo gegen 16:00 in der Tunisstraße aufgelöst, einkesseln will man aber nach Bekunden der Einsatzleitung niemanden. So läuft die Demo, die nun immer aggressiver wird, ihre geplante Route zum Hauptbahnhof zurück, um dort den Schlussakt einzuläuten. Ein Bullenwagen wird umgeworfen, wieder fliegen Böller und Flaschen. Die Tumulte weiten sich bis auf die ersten Gleise des Hauptbahnhofs aus, immer mehr Krankenwagen rücken an um unbeteiligte Passanten zu versorgen. Der Bahnverkehr auf den S-Bahn Gleisen ist über Stunden lahmgelegt. Trotz alledem findet die Abschlusskundgebung wie geplant statt.

 

Dieser Sonntag in Köln zeigt so klar wie nur irgend möglich, dass es sich bei der HoGeSa keineswegs um eine Gruppe handelt, die sich dem Kampf gegen ISIS und den Salafismus verschrieben hat. Vielmehr hat die rechte Szene in Deutschland eine neue Plattform gefunden, in der sie ihre menschenverachtenden Ideen in die Öffentlichkeit tragen können. Hoffentlich nie wieder ohne massiven Widerstand.

 


 

– Von C. Stahl / lowerclassmag.com

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ist auch auf linksunten zu finden:

https://linksunten.indymedia.org/de/node/125839

Mensch möge über das nachdenken, was in den letzten Jahren immer wieder auf Antirep. Veranstaltungen gesagt wurde und was ja auch stimmt. Die Fußballszene (so unsymphatisch wie sie hier auch ist) ist schon länger das repressive Experimentierfeld. Der hessische Innenminister möchte nun prüfen lassen ob solche Demos in Zukunft nicht verboten werden könnten, auch "wenn die rechtlichen Hürden dafür hoch seien". Das ein solches Verbot neben solchen Demos, die sich nach der Steilvorlage nun sicher wieder selbst zersetzen verboten werden, wäre angesichts des bödsinnigen Inhalts kein Verlust. Linke Demos die allerdings im Wochentakt mit essenziellen Inhalten ebenso verboten werden könnten, wären ein Desaster.

Man sollte sehr gennau darauf schauen, das man nicht in den pro-Repressionstenor einfällt, der sich langsam zusammenballt. Aus unserer Sicht genügt es vollkommen "linke Demostandarts" für solche Demos zu wünschen, was als minimalbesetzung die Hälfte Bullen im Vergleich zu Demonstranten, mindestens 50 Festnahmen und mindestens 30 Zivis bedeutet. 

Der rechts anpolitisierte Stammtischdeutsche

Das ist übrigens auch eine Art rassistisches oder nationalistisches Klischee - denn der "deutsche Mob" in Köln war keinesfalls nur deutsch, das rechte Pack kam auch aus Italien, Belgien, Holland, England, Polen...

Weiß einer von euch ob Andreas Lehnert auch dabei war

Was geht eigentlich mit Bildern? War niemand von Recherche Nord am Start oder von linkesfotoalbum?