Der Zwei-Päpste-Schwindel von 2014

Papstrochade

Der Zwei-Päpste-Schwindel von 2014 war eine bürokratische Konstruktion in der Endzeit der römischen Papstkirche, deren Auftreten den einsetzenden Zerfall des traditionellen Machtapparats markiert. Nach dem Papstmord von 1978 und den beiden Fehlschlägen Woytila und Ratzinger, welche 2012 zur Papstabschaffung (indymedia-Suchbegriff) geführt hatten, als sich abzeichnete dass auch die zweite Chance einen Willen zur Emanzipation aus der babylonischen Gefangenschaft des militärisch-industriellen Komplexes zu entwickeln ungenutzt blieb, fand sich die Rumpfkirche in einer desolaten Situation:

 

Ein Viertel der Weltbevölkerung sah sich durch eine Organisation vertreten deren Umfang und Reichweite von der Struktur vieler kleinerer Bezugsgruppen mit Leichtigkeit übertroffen wurde. Unter der Käseglocke der Staatsgewalt war sie selbst zu einem Machtapparat verkümmert, der mit seiner Freisetzung dem internationalen Wettbewerb nicht gewachsen war, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Symptome der Verstaatlichung der Kirche unter dem demokratischen Totalitarismus sorgten zudem für einen Skandal nach dem anderen. In ihrer Hilflosigkeit klammerte sich die denkfaule Hierarchie daher an einen Pseudopapst der die Geschichtsklitterung an die Stelle des Glaubensbekenntnisses setzte.

 

Da dessen Für und Wider eine Frage der persönlichen Lebensgestaltung ist, und sich darüber im offenen Konflikt gegen ein totalitäres System nicht sinnvoll debattieren lässt, blendet diese Darstellung den subjektiven Aspekt gezielt aus. Eine religiöse oder areligiöse Autorität die nicht vom totaldemokratischen Staat instrumentalisierbar ist ist ohnehin nicht möglich. Diese Neutralität war zudem ausschlaggebendes Element für die Anfangserfolge der Aufstandsbewegung in Nordafrika, darüber wurde dort nicht gestritten bevor der faschistische Überfall auf Libyen das Sicherheitsgefühl der Region zerrüttet hatte. Mehr noch, wann immer es der globalisierten Ausbeutung und Unterdrückung des Casino-Kapitalismus misslingt den agnostischen Konsens fremdbestimmt zu spalten, teilt und erneuert er sich ohnehin ständig auf selbstbestimmte Weise. Hier soll es daher rein analytisch um die Frage gehen was der närrische Kapitän der von Mandats wegen schon gar keiner mehr ist mit dem leckenden „Kirchenschiff“ auf der offenen See der kapitalistischen Globalisierung macht und ob es das aushält.

Vorweg muss ausgesprochen werden dass sich das Entfallen des Mandats nicht aus der Globalisierung des Personals ableitet. Auch ein Italiener an der Stelle wäre nicht besser dran. Nach dem Papstmord war die Europäisierung des Postens wohl ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn die Auswahl zu hinterfragen ist, dass beim zweiten Versuch versäumt wurde einen Schritt weiter zu gehen und die Rolle zu globalisieren ist wenigstens eine der Ursachen dafür dass es nicht gelungen ist von innen heraus eine geistige Souveränität wiederherzustellen. Umgekehrt dürfte die Personalie Woytila die Ursache dafür gewesen sein dass dem außeritalienischen kein außereuropäischer Papst folgte – vielleicht hätte die Papstkirche dann den demokratischen Totalitarismus überlebt.

Der Zwei-Päpste-Schwindel der dem Zusammenbruch Ratzingers folgte entstammt dem Prinzip welches dieser einst die „Negation der Negation“ nannte: Der nahzeitliche Personenkult wird zelebriert um eine dazu antagonistische Personengruppe zu vergrämen, seine Intention formuliert sich jedoch nicht aus sondern erscheint als totale Positivität. Und da es für eine derartige Polarisierung gar keine soziale Grundlage gibt, ist sie nur in doppelter Form möglich, wodurch neben den damit übergangen Pius-Traditionalisten und Befreiungstheologen eine dritte Gruppe erzeugt wird, deren Mitglieder eigentlich weder inhaltliche Anhänger des einen noch des anderen sind – die Schnittmenge ist ja durch den zeitlich dazwischenliegenden Papstmord gesperrt – sondern sich aus einem bloßen Machtspiel heraus motivieren das sich um die Vertuschung des Mordes dreht.

Wird die „Heiligsprechung“ als ein Vorgang aufgefasst der orientierungslose Aufmerksamkeit auf die historische Person richten soll, oder sich wenigstens weltlich so widerspiegelt, so wäre dieses Attribut zuallererst für das Opfer des unaufgeklärten Mordes angebracht – denn sobald der aufgeklärt ist wäre auch die tatsächliche historische Rolle der unmittelbar davor und danach kommenden Personen transparenter. In Form des „Kuhhandels“ an Personengruppen wie er jetzt vollstreckt wurde erscheint die Geste jedoch wie ein Ablenkungsmanöver: Drängt all diejenigen beiseite die mehr als Personenkult im Sinn haben, so will Pseudopapst Bergoglio damit offenbar sagen. Wem die Definition von Religion als organisierte Verdrängungsideologie schlussendlich nutzt scheint ihm dabei nicht bewusst bzw. relevant. In der weltlichen Politik ist dergleichen schon mit dem „Nobel-Preis“ geschehen: Sei es dass der aus Propagandazwecken aufgeteilt oder gleich auf ganze Institutionen verstreut wurde um kurzfristige ideologische Selbstbefriedigung zu inszenieren wie im Syrien-Krieg. Sakrale Gesten könnten sich jedoch auch dann aufs Nahzeitliche herablassen wenn sie auf propagandistische Instrumentalisierungen verzichteten.

Aber hier wird an dem akkumulierten Potential umfangreichen Bezugsgruppen ihre Themen vorzugeben eine Einweg-Ausschlachtung betrieben: Indem die Aufmerksamkeitslenkung die motiviertesten Randgruppen systematisch übergeht, ist die Erneuerung der Bedeutung der Geste ausgeschaltet und ihre Wirkung lässt mit der Erschöpfung des Potentials nach. Oder genauer gesagt, der Wert der Auswahl welche damit getroffen wird geht zurück, bis sie ganz an Bedeutung verliert. Am Ende ist es nur noch ein Karnevalsorden.

Im papstkirchlichen Glaubensbekenntnis ist von der „Gemeinschaft der Heiligen“ die Rede. Das ist, wenn den Beteuerungen Glauben geschenkt werden kann, keine fremdbestimmt aufgestellte Hierarchie sondern ein deren Schöpfung vorausgehendes Ding, nicht das Kirchengebäude selbst sondern der tragende Untergrund worauf es sich errichtet. Die Papstkirche sagt von sich sie habe es nicht erfunden sondern vorgefunden, so wie sie das auch von der Dreifaltigkeit sagt. Die zwei Päpste dieser Bezugsgruppe exemplarisch hinzuzufügen wie die beiden vergebenen da unwissenden Übeltäter welche die römische Kreuzigung flankierten, gefährdet durch die mit diesem Resultat verbundenen Machtspiele die Qualität der Bezugsgruppe. Womöglich würde der eine oder andere, wenn die Generationen feststellen sollten dass ihr Geist das Zeitliche überdauert, auf natürliche Weise seinen festen Platz im Glaubenserbe finden, doch dann würden sie nicht mehr als Fremdkörper zugeordnet. Es sind, wie selbst papstkirchliche Stellungnahmen einräumen mussten, Schönwetterheilige, die wegen der Theatererfordernisse ihrer Produktion von der Ewigkeit nicht im Winter gefeiert werden könnten, weil die Masseninszenierung welcher der transzendentale Ablasshandel dient keinen Frosteinbruch vertrüge – und nur ums Spektakel ist es gegangen, nicht um die Wirklichkeit.

Aus dem Kontext des demokratischen Totalitarismus herausgehoben haben sie beide nichts Bleibendes hinterlassen – der eine weil er es so wollte aber allein gegen diesen nicht weit kam, der andere weil er vermeinte damit etwas noch Schlimmerem entgegenzuwirken und sich darin täuschte. Vielleicht liegt hier auch der Schlüssel zum Scheitern Lucianis, der als dritter bzw. nullter Versuch zählen mag das Problem zu lösen an dem auch seine Nachfolger scheiterten. Dass der erste davon den Doppelnamen des Toten übernahm und der zweite zum Einfachnamen höherer Häufigkeit zurückkehrte lässt die vertane Chance erahnen – hätte Woytila gleich einen außereuropäischen Namen angenommen anstatt die gescheiterte Konstruktion seines Vorgängers, dann wäre vielleicht eine sinnvollere Entwicklung denkbar gewesen.

Wenn die Glaubensvorstellung von der „Gemeinschaft der Heiligen“ als transzendentaler Bezugsgruppe im weltlichen Kontext mit der Vielfalt der Arten vergleichbar ist, dann gilt das Wort eines afrikanischen Kirchenfunktionärs der die Genmanipulation mit der Sklaverei gleichsetzte – dann ist die Instrumentalisierung der Prozedur zur kurzfristigen Pflege des Machtapparats in ihren gesellschaftlichen Auswirkungen auf dieselbe Weise zu bewerten, als Ausdrucksform einer Unfreiheit gegen welche keinerlei Einhegung ausreicht. Sobald die herrschende Lüge und Komplizenschaft mit dem totaldemokratischen System auf die Definition des kirchlichen Selbstverständnisses übergreift, so lehrt die Erfahrung, führt sie dazu dass letzteres innerhalb historisch relativ kurzer Zeiträume verkümmert. Der Verfasser gibt daher die Prognose ab, dass spätestens in ein, zwei Generationen entweder die Entscheidung Bergoglios annulliert ist oder die Papstkirche als zusammenhängende Struktur nicht mehr existieren wird. Dieser Niedergang wird sich um so schneller vollziehen je enger sich die Verflechtung mit dem selbstzerstörerischen politischen System der Demokratie darstellt, welches in diesem Zeitraum entweder die Menschheit mit in seinen Untergang zu reißen droht, oder selbigen ohne sie verwirklicht. Die beiden instrumentalisierten Päpste, die sich wenn sie es könnten über den Schwindel wenigstens so lautstark beschweren dürften wie über die Schändung ihres verfügten letzten persönlichen Willens, sind so im doppelt negativen Sinne (Schein-)„Heilige der letzten Tage“ – nicht nur durch die nahzeitliche Attributierung mit all ihren geschilderten Fragwürdigkeiten sondern auch dadurch dass die Art ihrer Funktionalisierung die Endzeit der Papstkirche markiert.

Bereits bei der Ernennung Ratzingers ist darüber spekuliert worden er könne der letzte Papst sein. Wer versuchte diesen Mutmaßungen auf den Grund zu gehen fand jedoch nicht mehr als ein unbestimmtes Bauchgefühl welches daran versagte sich stringent aus einer Quellenlage zu begründen. Dass diese Vermutung bestätigt wurde, nachdem sich abzeichnete dass diesem sogar der emanzipatorische Wille abging die weltlichen Herrschaften in seinem Gefolge ob ihrer menschenverachtenden Politik zurechtzuweisen, hat u.a. zu der Ernennung des Pseudopapstes geführt dem der Zwei-Päpste-Schwindel historisch anzulasten ist. Unfähig zur Realität, da dem Repressionsdruck des im Todeskrampf (indymedia-Suchbegriff) seiner Eigenmacht versinkenden Staats nicht gewachsen, versuchte sich Ratzinger auch noch in seinem Scheitern an einer Lüge, und nahm einen Rücktritt wie ein weltlicher Repräsentant für sich in Anspruch, anstatt die Annullierung seines Antritts geltend zu machen wie ein apostolischer Kreuzgemahl. Doch wenn die dafür vorliegenden Gründe objektiv sind, dann waren sie es nicht erst 2012 sondern schon 2006 und demnach wäre die „zweite Chance“ nie wirklich genutzt worden. Durch das Beharren Ratzingers dennoch Papst gewesen zu sein ist sie allerdings definitiv als verspielt zu bewerten. Von einer apostolischen Kontinuität kann unter diesen Umständen keine Rede mehr sein, nicht zuletzt da das Ausmaß der jetzt versuchten Fälschung über diesen offenkundigen Sachverhalt in der Kirchengeschichte unübertroffen ist.

Was bewegt jemanden, der sich mit der Kirche persönlich verbunden sieht, dieser dieselbe Dummheit und Ignoranz aufoktroyieren zu wollen mit der das weltliche System der Demokratie sich zugrunde richtet? Wie schon bei Woytila und jetzt bei Bergoglio war sicherlich Hochmut ein ausschlaggebendes Motiv. Anstatt den Mut zur Wahrheit aufzubringen und die Demokratie als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verurteilen, versuchten die letzten Päpste erst aus Hilflosigkeit, dann aus Naivität, dann aus Ignoranz und schließlich aus Dummheit sich und ihre Schutzbefohlenen damit zu arrangieren. Dabei sah es zunächst durchaus so aus als wäre Ratzinger trotz seines lückenhaften Verständnisses für die post-atomaren Generationen klug genug eine Wiederholung der Kardinalfehler seines Vorgängers zu vermeiden, namentlich der willenlosen Kollaboration mit den Verbrechen des Imperialismus. Dass er an an dieser Versuchung scheiterte, und damit das von ihm getragene Papsttum auf den Müllhaufen der Weltgeschichte beförderte und das vielleicht letzte noch aus ihrer Frühgeschichte erhaltene emanzipatorische Potential des „Freiraums Kirche“ unwiederbringlich vergeudete, lehrt die Nachkommenden den Konstruktions- bzw. Geburtsfehler der Institution: Der autoritäre Wahn, der sich aus der ursprünglichen Opposition gegen den römischen Imperialismus erhob, weil diese der Verunreinigung durch römische Penetration und Ausspähung nicht in dem Maße entgehen konnte wie es für einen sauberen Schnitt erforderlich gewesen wäre.

Vor einem „erneuten Mittelalter“ mit kapitalistischen Destruktivkräften ist vielfach gewarnt worden, es sei wohl kaum zu überleben, insbesondere für die Menschheit als solche. Jetzt hebt mit den Waffen der Technologie der alte tödliche Aberglaube an eine „Mitte“ erneut dazu an alles zu verschlingen. Doch es ist ein geometrischer Irrtum, die Mitte einer Landmasse wird nicht von einer Hoheit bestimmt sondern durch den Meeresspiegel. Um ihrer Gründungsaufgabe gerecht zu werden müsste sich die Kirche der Gegenwart diametral gegen den Staat der totalen Demokratie aussprechen wie gegen die spätrömische Löwenfütterung. Das setzt freilich eine innere Reinigung voraus die alle trifft die sich am staatlichen Missbrauch mitschuldig gemacht haben. Dies wurde von den letzten Päpsten versäumt, die Motive dafür dürften von Feigheit bis Eitelkeit reichen. Der spätsowjetische Satellitenstaat an an dem sich Woytila abarbeitete verhält sich dabei zum demokratischen Imperialismus wie der Splitter zum Balken der kirchlichen Überlieferung – dadurch dass die Papstkirche daran versagte sich der existentiellen Bedrohung entgegenzustellen, die der demokratische Totalitarismus für die Menschheit ist, verfehlte sie ihre historische Berufung. Denn einen höheren Zweck als dass so etwas wie unter Herodes und Pilatus nie wieder geschehe hatte sie nie.

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